Unsere Mütter, unsere Väter

Da kann man nur noch den Kopf schütteln. Gerne mit dem Finger auf die "bösen" Deutschen und ihre NS Vergangenheit zeigen. Aber wenn es um die eigene Rolle in dieser traurigen Zeit geht, dann wird es problematisch. Ganz ähnlich in Russland. Nichts darf den "Ruhm" der Roten Armee schaden.....

68 Jahre ist das nunmehr her und, so könnte man meinen, es sieht noch immer nicht nach einer sachlichen und kritischen Sicht in eigener Sache aus.
 
Die geplante Ausstrahlung der Serie "Unsere Mütter - unsere Väter" im polnischen TV löst Proteste aus: "Unsere Mütter, unsere Väter" im polnischen Fernsehen gezeigt - SPIEGEL ONLINE

Hat eine unserer Forumskollegen Kenntnisse im Polnischen und kann so berichten, wie die Berichterstattung/Diskussion in den polnischen Medien sich gestaltet?

Ich weiß bloß aus der Verwandtschaft meiner Lebensgefährtin, dass die meisten jungen Menschen die PiS nicht mehr wirklich ernst nehmen. Es sind halt die religiösen, die den erzkonservativen Sender Radio Mariya hören - der selbst von Teilen der Amtskirche mit Argwohn betrachtet wird - die noch die PiS wählen. Ich würde davon ausgehen, dass in der Rzeczpospolita, die seit den Kaczynskis deutlich nationalkonservativer geworden ist, eher gewettert wird, als in der Gazeta Wyborcza. Also dies nur mal als die wesentlichen Kontrapunkte.
 
Ich hatte eigenlich einen längeren Text verfasst, der mir leider abhanden kam, aber kurz zusammengefasst zeigt der Film höchstens einige Teile davon wie brutal und pervers es im Krieg und insbesondere in Nazideutschland damals zuging.

Ansonsten vermittelt der Film Botschaften plump formuliert wie "wir wollten ja nicht, ..mussten aber tun", "keiner wollte den Krieg und ist begeistert von den Nazis" und erinnert mich letztlich stark an den wohl berühmtesten Nachkriegsspruch "Wir haben ja von nichts gewusst".

Auf jeden Fall wäre ein Treffen nach dem Krieg schon alleine aus dem Grund nicht mehr möglich gewesen, als dass höchstens 1 Protagonist überhaupt hätte überleben können. Damit meine ich Charlotte.
 
Wenn also heute jemand danach fragt, warum etwa polnische Ortsbezeichnungen im betreffenden Film verwendet werden, würde ich nicht mit political correctness argumentieren, sondern kurz auf den Sachverhalt selbst eingehen. - Ob gewollt oder nicht, in gewisser Weise wird durch die Verwendung der polnischen Sprache ein Bezug zur Gegenwart hergestellt, der letztendlich die Konsequenz vor Augen führt, die aus dem Verhalten der im Film dargestellten Zeitgenossen resultiert, - nämlich die Flucht und die Vertreibung der dt. Bevölkerung, und somit das Ende der dt. Kultur und Sprache in diesen Räumen.
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Es ist aber historisch nicht korrekt, und daran muss sich so ein Film messen lassen.

Ganz im Gegenteil würden die korrekten, für heutige Ohren teilweise exotischen Bezeichnungen wie z.B. "Königsberg", "Danzig" oder "Posen" dem Zuschauer vermitteln, dass es sehrwohl früher deutschsprachige Gebiete im heutigen Polen und anderen Ländern gab und zudem auf die Eroberung und Verlust der Gebiete, insbesondere für die deutschsprachige Bevölkerung, hinweisen.
 

In einigen Punkten gebe ich der Kritik recht, z.T. hat mich die mediale Reaktion auf den Dreiteiler auch verwundert. Überzogen ist die Kritik aber in puncto Verharmlosung bzw. Täter-Opfer-Umkehr. Es wurde sehr wohl der Sündenfall der einzelnen Personen gezeigt - mit Ausnahme von Victor vielleicht, der tatsächlich nur in Notwehr handelte und immer irgendwie zwischen den Fronten stand.
Die Darstellungsform von fünf Freunden, die vielleicht atypisch für ihre Zeit waren, weil einer von ihnen Jude war, mag man kritisieren, man mag es aber auch schlicht der Erzählform geschuldet sehen.

Warum begeistert dich die Kritik so?
 
El Quijote: Ich finde schon, dass der Film gefährlich nahe an eine gewisse Täter-Opfer-Umkehr bzw. Verharmlosung kommt.

Die dt. Soldaten (und damit die Deutschen?) werden durch den Krieg zu "Tätern" ... es wirkt schon so, als könnten sie nichts dafür, das es einfach die Wirkung eines Krieges ist.

Nun, bis zu einem gewissen Punkt mag das ja auch stimmen - aber was (durch den Focus der Handlung auf die Zeit ab 1941) völlig wegfällt ist, wer denn nun dafür gesorgt hat, dass Hitler an die Macht kam und diesen Krieg führen konnte. Der Film geht mir zu stark in die Richtung, dass es nur gaaanz wenige "böse Verbrecher" unter den Deutschen gab (die, die ohne Not Verbrechen begehen, weil sie böse, grausam, egoistisch sind) ... der Großteil der Deutschen blieb unschuldig, sauber oder war ein Opfer der Umstände. Ich hätte gedacht, das Märchen von "Adolf Hitler und einer kleinen Gruppe von verbrecherischen Nazis" wäre schon lange widerlegt.

Ich kann jetzt nicht sagen, dass mich die Kritik "begeistert", aber sie bringt einige der Punkte deutlich zum Ausdruck, die bei mir beim Anschauen der Fernsehproduktion ein allgemeines Unbehagen auslösten, das mich auch zu dem Urteil brachte, dass es sich nicht lohnt, den Film nochmal geschweige denn mit einer Schulklasse (evtl. auch nur in Auszügen) anzuschauen.

Vor allem wächst bei mir ein gewisses Unbehagen, wenn man diese Produktion in Zusammenhang mit anderen Produktionen / Sendungen / Ereignissen stellt (die unsäglichen Aussagen Barings bei Lanz' Talkshow, die dort fast unwidersprochen blieben und die der Gastgeber auch noch bestärkte nur als ein Beispiel ... oder die Aussagen von Günter Grass).

Eine solche Produktion - mit dem Anspruch, mit dem sie antritt - zeigt nicht fünf Freunde, die ja evtl. durch eine Laune der Geschichte vielleicht tatsächlich alle unschuldig waren bzw. unschuldig zum Täter wurden ... diese Fünf stehen für "Unsere Mütter, unsere Väter" - also für alle Deutschen. Und genau dann passt diese Botschaft nicht mehr.
 
Papa_Leo in gewissen Punkten stimme ich mit dir überein. Und zwar bemängele auch ich persönlich, dass nicht nur diese Filmreihe sondern eigentlich alle die sich mit dieser Thematik beschäftigen eine Linie ziehen die genau zwischen Böse und Gut trennt, hauptsache es können sich möglichst viele Zuschauer mit der Situation identifizieren ohne das Unbehagen zu empfinden, dass diese Grenze vielleicht nirgends existiert!

Ich wünsche mir nichts mehr als dass wir endlich damit aufhören so manisch ängstlich mit dem Thema umzugehen, sondern (respektvoll!) reflexiv! Und wer weiß, wenn man mal nüchtern an die Problematik herangeht kommt man evtl sogar zu der Erkenntnis was wirklich die Misstände des 3. Reichs ausmachte und vor allem was nicht! Wenn wir jetzt Hitler und seine "Schergen" dämonisieren und heute jeder in Grund und Boden gestampft wird der es wagt zu behaupten dass Hitler evtl. sogar tierlieb war, werden wir nie etwas vom 3. Reich lernen sondern es als grausame Fabel an unsere Kinder weitergeben. Man hat zu viel Angst davor etwas positives über diese Zeit zu sagen aus Sorge jemand könnte damit sympathisieren. Aber damit zwingt man die nachwachsende Generation doch in ein Extrem. Entweder man akzeptiert das so als Absolutes Böses, oder man fasst das als Lüge auf und behauptet das Gegenteil ohne die Fakten wissen zu wollen. Sobald man auf der einen Seite anfängt etwas zu verteufeln, wird es auf der anderen Seite zum Idol. Geht man rational mit der Sache um werden die klaren Zusammenhänge sichtbar.

Ich hoffe sehr, dass mich nun keiner versucht in die rechte Ecke zu schieben. Ich habe mit einem Migrationshintergrund eine gewisse Außenperspektive auf Deutschland und wünsche nur, dass wir (ja ich sehe mich als Deutscher) aus diesem "post-Nationalsozialismus" herauswachsen. Darunter fällt auch, um wieder zum Thema zu kommen, dass die Filmindustrie damit aufhören sollte Kapital aus diesem Kapitel zu schlagen (gerade was die Judenvernichtung betrifft! Der Zuschauer sitzt für 90minuten emotional berührt vor dem Fernseher und reiche Menschen werden von noch reicheren Menschen in schicken Anzügen dazu beglückwünscht und mit Preisen überschüttet. Mehr ist das ganze für uns gar nicht. ) und gerade diese Unreife der deutschen Bevölkerung auszunutzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde, im Umkehrschluss schon. Wie gesagt, alles nette junge Leute, die durch die Umstände "verdorben" werden, sie sind also alles Opfer der Umstände.
Wenn nun diese Fünf eben für alle Deutschen stehen - und das ergibt sich für mich durchaus aus dem Titel der Produktion - dann waren alle Deutschen Opfer der Umstände ... und als wirkliche Verbrecher / Täter bleiben dann nur Hitler und einige Wenige.
 
Ich finde, im Umkehrschluss schon. Wie gesagt, alles nette junge Leute, die durch die Umstände "verdorben" werden, sie sind also alles Opfer der Umstände. Wenn nun diese Fünf eben für alle Deutschen stehen - und das ergibt sich für mich durchaus aus dem Titel der Produktion - dann waren alle Deutschen Opfer der Umstände ... und als wirkliche Verbrecher / Täter bleiben dann nur Hitler und einige Wenige.

Moin

Warum ziehst du zwischen "Opfern der Umstände" und Tätern so eine klare Trennlinie?

"Unsere Mütter und Väter" waren 1933 noch Kinder und hatten mit Politik nix am Hut. Sie sind in den Schlamasel reingewachsen und waren in dieser Hinsicht Opfer des Systems!
Die fünf Filmfreunde stehen eben für diese Jugendlichen und nicht für alle Deutschen dieser Zeit!

Das sie "Opfern der Umstände" waren, heißt aber doch nicht, dass sie später nicht auch zum Täter werden konnten! Und gerade dies wird in dem Film (bes. in der Figur des Friedhelm) doch auch ganz klar gezeigt!

Gruß
Andreas
 
Charlotte wurde ja auch zum Täter als sie die jüdische Ärztin verpfiffen hat. Komischerweise wird sie in der verlinkten Rezension fast gar nicht erwähnt.
 
Moin

Warum ziehst du zwischen "Opfern der Umstände" und Tätern so eine klare Trennlinie?

"Unsere Mütter und Väter" waren 1933 noch Kinder und hatten mit Politik nix am Hut. Sie sind in den Schlamasel reingewachsen und waren in dieser Hinsicht Opfer des Systems!
Die fünf Filmfreunde stehen eben für diese Jugendlichen und nicht für alle Deutschen dieser Zeit!

Das sie "Opfern der Umstände" waren, heißt aber doch nicht, dass sie später nicht auch zum Täter werden konnten! Und gerade dies wird in dem Film (bes. in der Figur des Friedhelm) doch auch ganz klar gezeigt!

Gruß
Andreas


Die klare Trennlinie kommt evtl. daher, dass ich mich sehr lange und intensiv mit dem Widerstand von Jugendlichen (Swingjugend, Weiße Rose, z.T. Edelweißpiraten) im 3. Reich beschäftigt habe ... und von daher irgendwo schon auch die Möglichkeit sehe, dass man sich nicht von den Umständen zu Tätern machen lassen muss (ja, ich weiß, dass Hans und Sophie Scholl dem neuen Regime zunächst recht positiv gegenüber standen - aber genau das zeigt, dass es für diejenigen, die "in das Schamassel reingewachsen" sind, Alternativen gab).

Evtl. hast du mich missverstanden oder ich hab mich zu doof ausgedrückt:
"Das sie "Opfern der Umstände" waren, heißt aber doch nicht, dass sie später nicht auch zum Täter werden konnten! Und gerade dies wird in dem Film (bes. in der Figur des Friedhelm) doch auch ganz klar gezeigt!"

Mein Empfinden (ich hab die Filme aber auch nur einmal gesehen) war eher: Man wird durch die Umstände zum Täter, der Krieg (die Grausamkeit des Feindes, der Gefangene erschießt, der mit Partisanenüberfällen arbeitet, der fanatische Kommissare in der Armee hat) macht die unschuldigen Jungs zu Verbrechern. Damit liefert er eine Version des 3. Reiches und des Russlandfeldzugs, die aus meiner Sicht problematisch ist (z.T. weil sie nicht stimmt bzw. einseitig ist: die Grausamkeit der Russen wird gezeigt und die der dt. Seite abgeschwächt). Jemand, der vom 2. Weltkrieg wenig weiß (und dazu zählen eine große Zahl unserer Jugendlichen), bekommt aus meiner Sicht ein etwas einseitiges Bild.

Die Filmkritik bringt es mMn hier auf den Punkt: "Dass die fünf sympathietragenden Figuren des Films, drei Männer und zwei Frauen, auch einen Juden miteinschließen, mag gut gemeint sein, erzeugt aber genau jenes trügerische Bild, welches das deutsche Publikum offenbar so gerne wiederholt sehen möchte. Es ist keinesfalls repräsentativ für jene ‚Generation‘, die die Serie zu porträtieren vorgibt: Im Kleinen wird hier eine ausgelassene Party- und Multikultifamilienfriedlichkeit vorgegaukelt, die selbstverständlich auch den jüdischen Teil der Gesellschaft herzlich miteinschloss, allerdings dann bloß das Pech hatte, durch einen Krieg getrennt worden zu sein, der teils dazu führte, dass deutsche Männer ungewollt auch schlimme Dinge tun mussten.
Der Historiker Ulrich Herbert traf in seiner Kritik in der „taz“ den Nagel auf den Kopf: Diese Fünfer-Gruppe im Film erscheine wie aus der Zeit gefallen, da die Mehrheit der Deutschen die Juden damals tatsächlich ganz einfach ‚weghaben‘ wollten. Nicht den Swing, sondern das „Dritte Reich“ feierten sie stürmisch, sie glaubten blind an den „Endsieg“ und die kommende deutsche Weltherrschaft unter ihrem heiß geliebten und vergötterten „Führer“ Adolf Hitler. Die Erschießung eines jüdischen Mädchens kann in diesem Film wieder nur ein SD-Standartenführer (Sylvester Groth) verantworten, der als schmieriger Sadist überzeichnet ist, während die rechtschaffenen Brüder Wilhelm und Friedhelm fassungslos dabei zuschauen müssen.
Kurz: Dieser Film stellt die Deutschen einmal mehr so dar, wie sie gerne gewesen wären, aber eben tatsächlich in der breiten Masse niemals waren. In „Unsere Mütter, unsere Väter“ sind die Nazis einmal mehr die ‚Anderen‘, während die Gruppe der fünf Sympathieträger hier so agiert, wie es sich heutige Deutsche von ihren ‚Eltern‘ nur vorstellen können und wollen. Tatsächlich aber verhielt es sich so, wie Herbert schreibt: „Unsere Väter und unsere Mütter waren eben nicht nur junge Leute, die einfach nur leben wollten, es wegen des Krieges aber nicht konnten, wie es der Film suggeriert. Es handelte sich um eine hoch ideologisierte, politisierte Generation, die den deutschen Sieg, den Sieg des nationalsozialistischen Deutschlands wollte, weil sie ihn für richtig hielt.“
 
... und von daher irgendwo schon auch die Möglichkeit sehe, dass man sich nicht von den Umständen zu Tätern machen lassen muss (ja, ich weiß, dass Hans und Sophie Scholl dem neuen Regime zunächst recht positiv gegenüber standen - aber genau das zeigt, dass es für diejenigen, die "in das Schamassel reingewachsen" sind, Alternativen gab). ...

Ja, die Möglichkeit des Widerstandes gab es (natürlich) und ich bewundere auch all die, die es gewagt hatten!!! Doch werfe ich niemandem vor diesen großen Mut nicht gehabt zu haben!

...Mein Empfinden (ich hab die Filme aber auch nur einmal gesehen) war eher: Man wird durch die Umstände zum Täter, der Krieg (die Grausamkeit des Feindes, der Gefangene erschießt, der mit Partisanenüberfällen arbeitet, der fanatische Kommissare in der Armee hat) macht die unschuldigen Jungs zu Verbrechern. ...

Dies ist ein Punkt, den man eigentlich nur ganz individuell betrachten kann! Man sollte jede Person so sehen, wie sie vor dem Krieg, im Zivilleben war und wie während des Krieges. Es gibt Leute, die schon in Friedenszeiten eine ausgeprägte kriminelle Energie und einen Hang zur Gewalttätigkeit hatten. Diese Leute konnten sich an der Front hemmungslos auslassen.

In den sehr lesenswerten Tagebuch-Aufzeichnungen des Willy Peter Reese "Mir selber seltsam fremd", kann man hingegen sehr gut den anderen Fall sehen, wie sich ein pazifistischer Schöngeist zu einem verrohten Frontschwein wandelt.


Die Filmkritik bringt es mMn hier auf den Punkt: "Dass die fünf sympathietragenden Figuren des Films, drei Männer und zwei Frauen, auch einen Juden miteinschließen, mag gut gemeint sein, erzeugt aber genau jenes trügerische Bild, welches das deutsche Publikum offenbar so gerne wiederholt sehen möchte. ...
Ja, sehe ich genauso!
...Kurz: Dieser Film stellt die Deutschen einmal mehr so dar, wie sie gerne gewesen wären, aber eben tatsächlich in der breiten Masse niemals waren. In „Unsere Mütter, unsere Väter“ sind die Nazis einmal mehr die ‚Anderen‘, während die Gruppe der fünf Sympathieträger hier so agiert, wie es sich heutige Deutsche von ihren ‚Eltern‘ nur vorstellen können und wollen. Tatsächlich aber verhielt es sich so, wie Herbert schreibt: „Unsere Väter und unsere Mütter waren eben nicht nur junge Leute, die einfach nur leben wollten, es wegen des Krieges aber nicht konnten, wie es der Film suggeriert. Es handelte sich um eine hoch ideologisierte, politisierte Generation, die den deutschen Sieg, den Sieg des nationalsozialistischen Deutschlands wollte, weil sie ihn für richtig hielt.“

Das sehe ich eher nicht so. Habe da als Beispiel immer meine Eltern (beide Jahrgang 1922) und deren Verwandtschaft vor Augen. Sie hatten sich in dem System, in dem sie aufgewachsen waren eingerichtet; ja, insofern ideologisiert aber politisiert, nein. Man lebte in einem vorgegebenen System und machte sich keine/kaum Gedanken über politische Alternativen. Man hatte es ja nicht gelernt.


Gruß
Andreas
 
Charlotte wurde ja auch zum Täter als sie die jüdische Ärztin verpfiffen hat. Komischerweise wird sie in der verlinkten Rezension fast gar nicht erwähnt.

Wenn man böse sein möchte, könnte man... Die verratene Ärztin, Lilija, war Ukrainerin und Jüdin. Der vaterländisch gestählte, katholische Pole mag keine...
 
Wenn die Kritik Recht hätte, würde es sich bei dem Dreiteiler tatsächlich um Geschichtsklitterung handeln. Da sie aber in Teilen überzogen ist, entlarvt sie den Dreiteiler nicht als Geschichtsklitterung, sondern behauptet nur, dass es sich um Klitterung handele. In dem Dreiteiler kommen ganz unterschiedliche Deutsche vor, die unterschiedlich ideologisiert sind aber dennoch alle irgendwie, irgendwo, irgendwann zu Tätern werden - und zwar nicht, wie behauptet wird - aus wirklichen Zwangslagen heraus. Es ist Friedhelms Idee, die Bauern durchs Minenfeld zu jagen. Charlotte weiß als einzige, dass Helena(?) Jüdin ist, niemand zwingt sie, Helena zu verraten, Wilhelms Entschluss, seinem Bruder gegen die Kameraden nicht zu helfen, ist ebenfalls seine ganz eigene Entscheidung, und Greta sucht zur Förderung ihrer Karriere die Nähe zur SS. Sturmbannführer Dorn nutzt später das Verhältnis zwischen Greta und Victor für seine Zwecke aus und schickt Victor ins Lager. Am Ende des Krieges behauptet er, er habe ihm (und anderen Juden) das Leben gerettet. Ghettoauflösungen, "Partisanen"-Erschießungen, Strafaktionen gegenüber der Zivilbevölkerung, sprich die wichtigsten Aspekte des Vernichtungskriegs kommen vor. Wie kann man da von Klitterung sprechen?
 
Wenn man böse sein möchte, könnte man... Die verratene Ärztin, Lilija, war Ukrainerin und Jüdin. Der vaterländisch gestählte, katholische Pole mag keine...
Gemeint war die von Chrono verlinkte deutsche Kritik, nicht die polnische Kritik an der Darstellung des Antisemitismus in der Armija Krajowa.
 
El Quijote: Hm ... die Argumentation ist mir nun nicht ganz einsichtig: Die Kritik ist "in Teilen überzogen" und daher ist der Grundvorwurf, dass dieser Dreiteiler eine gewisse Geschichtsverfälschung darstellt nicht haltbar? Ist die Grundaussage der Wehrmachtsausstellung denn auch nicht mehr haltbar, weil einige wenige Fotos nicht das zeigten, was die Verantwortlichen der Ausstellung meinten, dass sie zeigten - und die Verantwortlichen damit auch "in Teilen überzogen"?

Du magst die Kritik in (vielen) Teilen überzogen finden - ich finde sie in vielen (nicht allen) Teilen passend. Übrigens sieht das nicht nur der Autor der verlinkten Kritik so, sondern auch Ulrich Herbert in der taz (http://www.taz.de/!113239/):

Zitat: "Nun sind die fünf Protagonisten um 1920 herum geboren und gehören einer Generation an, die alle Sozialisationsinstanzen des NS-Staates durchlaufen hat und in der der Anteil der NS-Begeisterten besonders groß war. Der Jubel über den Anschluss Österreichs, über die großen Siege, der Stolz auf das Neue Deutschland: Das alles finden wir hier nicht. [ok, der Film setzt ja auch erst 1941 wirklich ein] Wie in allen NS-Verfilmungen, so kann auch in diesem die Zustimmung zum NS-Staat, die Begeisterung für Hitler, der radikale Nationalismus, die nationalsozialistische Überzeugung selbst und die heiße Hoffnung, „wir“ mögen den Krieg gewinnen, nicht oder nur in einer schalen Karikatur gezeigt werden.
Die fünf Protagonisten sind wie aus der Zeit gefallen. Als der Film einsetzt, im Frühjahr 1941, hatte die Begeisterung für Hitler, den Nationalsozialismus und den Krieg nach dem Sieg über Frankreich gerade ihren Höhepunkt erreicht. Zu dieser Zeit, da sind sich alle Historiker einig, wurde das Regime von der großen Mehrheit der Deutschen unterstützt.
Davon sieht man hier nichts. Nichts von dem Vertrauen und der Liebe, die Hitler gerade aus der Jugend entgegenschlug. Nichts von der festen Überzeugung, dass Europa von Deutschland beherrscht werden müsse. Und dass es besser wäre, die Juden wären weg. Nicht, dass sie umgebracht werden sollten – aber weg sollten sie sein. Und ganz normale Deutsche, wie hier beschrieben, waren die Juden selbst in den Augen derjenigen Deutschen nicht, die den Nazis eher reserviert gegenüberstanden.
Es ist offenbar nach wie vor nicht möglich, jemanden darzustellen, der mit hellem Sinn und fester Überzeugung – und ohne dabei abnorm zu wirken – für den Nationalsozialismus eintritt. Die fünf Protagonisten sind am Ende alle Opfer oder sie stellen sich gegen den Nazi-Staat: Wilhelm, der Offizier, desertiert und bringt seinen Vorgesetzten um. Friedhelm, ein zynisch gewordener Wehrmachtssoldat, erschießt am Ende einen SS-Offizier. Selbst als Charlotte eine Jüdin denunziert, tut sie es mit schlechtem Gewissen. Greta wird nach langer Haft wegen Wehrkraftzersetzung schließlich hingerichtet. So wären die Deutschen gern gewesen.
Die Nazis sind hingegen die üblichen Charaktermasken. Ein geiler Gestapo-Mann aus dem Reichssicherheitshauptamt, der ein Verhältnis mit der Geliebten eines Juden hat und sie schließlich ins Gefängnis bringt. Der Nazi-Offizier ist ein Säufer und übler Schleifer. Der SD-Mann, der ein jüdisches Kind erschießt und später Partisanen jagt, ist der Inbegriff eines mordgierigen Satans.
...
Die Nazis, das sind in diesem Film nicht unsere Mütter und Väter, sondern die anderen.
Nun könnte man einwenden, der Film zeige eben nicht die typischen Deutschen – auch nicht die typischen jungen Deutschen, sondern eher abseits stehende, potenziell kritische ... Jugendliche. Das mag sein, nur sind dann Titel und Duktus des Films ganz irreführend. Das wäre dann so etwas wie „Weiße Rose II“. In eine solche Tradition möchte man sich hineinträumen, aber sie steht nicht zur Verfügung.
Unsere Väter und unsere Mütter waren eben nicht nur junge Leute, die einfach nur leben wollten, es wegen des Krieges aber nicht konnten, wie es der Film suggeriert. Es handelte sich um eine hoch ideologisierte, politisierte Generation, die den deutschen Sieg, den Sieg des nationalsozialistischen Deutschlands wollte, weil sie ihn für richtig hielt.
Das aber kann man nicht oder noch nicht darstellen. Wir müssten dazu die pädagogische Perspektive ganz einstellen, so wie sie in diesen Tagen in vielen Zeitungen propagiert wird: „Diskutiert das in den Familien! Dies ist der neue Konsens über den NS“, hieß es nicht nur in der FAZ. Lässt man das weg, müsste man zeigen, mit welcher Inbrunst viele Deutschen bis kurz vor Schluss an den Endsieg geglaubt haben. Dass es nicht nur naive Dummköpfe waren, die Hitler vertrauten. Und dass sie nicht nur erduldeten, was geschah, sondern wollten.
Aber solange man nicht einmal einen weder sadistischen noch naiven oder verrückten Menschen vorführt, der völkisch denkt, den Krieg für richtig hält, im Krieg gegen die Sowjetunion keine Kompromisse akzeptiert, der die Juden weghaben will und auch die Euthanasie als im Grunde richtig erachtet, der also die „völkischen Lebensgesetze“ als die harte, aber unausweichliche, im Kern schöne Grundlage des Lebens ansieht – so lange werden wir nicht verstehen, was da geschehen ist."



Selbstverständlich kann man Filme (wie auch Bücher u.a.) verschieden wahrnehmen und interpretieren. Meine Interpretation / Wahrnehmung ist, dass der Dreiteiler nicht hält, was er versprochen hat, dass er stellenweise Geschichte durch Einengung der Perspektive, durch Weglassen verfälscht oder bestimmte, leicht schräge Eindrücke entstehen lässt und dass dazu schon fast eine Tendenz entstanden ist (andere Beispiele sind ja z.T. schon angeklungen).
 
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