@Louisa
Eines vorweg, m.E. war das faschistische Italien ein totalitärer Staat.
Noch eines, jedes totalitäre Regime ist eine Diktatur, aber nicht jede Diktatur ist ein totalitäres Regeme. Jede Diktatur hat autoritäre Züge, egal worauf sich die "Autorität" beruft (Nation, Nationalismus, Militär, Anti-... etc.), aber auch jedes totalitäre Regime hat als Teilmenge autoritäre Züge.
Soweit so gut.
Das Thema, das Du w.o. ansprichst, autoritär <=> totalitär, eigenet sich hervorragend für eine geschichtsphilosophische Diskussion, da diese Kategorien einen hohen historischen Abstraktionsgrad aufweisen. Fraglich bleibt, ob eine solche Diskussion hinsichtlich des Verstehens immer hilfreich ist.
Wenn ich, was nichts heißen muß, die Kategorie "Totalitarismus" einführe, beginne ich nicht mit Hannah Arendt, sondern mit Literatur, und zwar Orwell "1984" und Goldings "Herr der Fiegen".
Dieter hat in #9 freundlicherweise eine Zitat zum italiensichen Faschismus eingestellt, ich erlaube es mir zu verwenden, in dem ich durch blaue Markierung wesentliche Kennzeiche totalitärer Herrschaft abstrahierend von der konkreten italiensichen Situation hervorhebe.
Ihre wesentlichen Elemente waren:
- Extrem nationalistische, populistische Herrschaftsform mit ausgeprägtem Führerkult.[1]
- Radikaler, gewalttätiger Antikommunismus.[2]
- Irredentismus, das Bestreben, weite Teile der kroatischen Ostküste der Adria für Italien zu annektieren.
- Nachdrückliche Ästhetisierung von Politik und die Betonung des voluntaristischen Zuges der Politik, also des Vorrangs des Willens vor der Ökonomie. Der Faschismus knüpft hier an den Futurismus und seine Theorien an.[3]
- Der umfassende Gebrauch von politischen Symbolen wie Fahnen, Marschkolonnen und Uniformen in rituellen Massenzeremonien.
- Ein an der Antike ausgerichteter Traditionalismus, der sich besonders im Kult der römischen Vergangenheit äußerte, zugleich aber auch eine revolutionär-dynamische Selbstdarstellung und entsprechende, expansive Politikansätze.[4]
- Ein korporatives Wirtschaftsmodell mit nach Produktionszweigen gegliederter Organisation, mit einem das Parlament ersetzenden Plenarorgan („Kammer der Fasci und der Korporationen“, Camera dei Fasci e delle Corporazioni, seit 1938/39) und einem aus Partei- und Staatsfunktionen gemischten Organ, dem Großen Faschistischen Rat (Gran Consiglio del Fascismo, seit 1922, seit 1928 Staatsorgan), an der Spitze.
- Die ideologische Verherrlichung und Anwendung von Gewalt;[5] auch in der Tradition von Georges Sorel.[6]
- Parteienkritik, wie sie etwa der Soziologe Robert Michels betrieb, und Selbstverständnis als (während der Bewegungsphase 1919 bis 1922) Anti-Partei, bzw. danach als Massenpartei eines neuartigen Typus.
- Ob es sich beim italienischen Faschismus um eine autoritäre oder eine totalitäre Bewegung handelte, ist in der Forschung umstritten.[7]
M.