Die Schlacht an den pontes longi.

@ Fahrt zur Weser:

Wenn man das Land zwischen Ems und Lippe verwüsten will, wäre es noch wesentlich dümmer, die Truppen an der Weser auszuschiffen.

Was jetzt? Die Quellen durch göttliche Eingebung ersetzen? Woher wisst Ihr überhaupt von anderen Zielen des Germanicus in diesem Jahr? Eine Strafexpedition zu den Chatten, eine zu den Brukterern. Evt. war noch der Besuch des Schlachtfeldes geplant. Dann wäre - wenn man Kalkriese als dieses Schlachtfeld ansieht - eine Landung bei Greven doch äußerst sinnvoll. Im Falle des Falles musste Germanicus nur die Ems erreichen, während Varus sich zum Rhein hätte retten müssen.
/QUOTE]

Hallo Riothamus,
hier verwechselst Du zwei Szenarien,
1. Spekulation. Wenn er die Weser hochgefahren ist, dann wurde das Ganze Land zwischen den Orten Amisia und Lupia verwüstet;
2. Tacitustext. Er fährt die Ems hoch, trifft sich mit allen am vorbestimmten Fluss und verwüstet das Land zwischen Ems und Lippe, entfernt sich dabei nach Osten bis zu den äußersten Brukterern und ist jetzt plötzlich "haud procul", aber dennoch etwa doppelt soweit entfernt vom "Varusschlachtfeld Kalkriese", als er es vom Ort der Ausschiffung aus war.
Da er dort am Treffpunkt alle Truppen beisammen hatte, also auch die Überlebenden der Schlacht (von denen ja einige in Richtung Südwest aus dem Gemetzel in Richtung Rhein stiften gegangen sein müssen), warum sagen die ihm nicht, dass er bloß etwa 20/25 Meilen nach Osten gehen braucht.
Nein, er macht erst einen Bogen zum Verwüsten, Gegner sind nicht groß da, die paar Brukterer erledigt Stertinius nebenbei. Jetzt schickt er noch Caecina vor, einen Weg durch die Wildnis zu erkunden (also müssen die Überlebenden ja die richtige Richtung angegeben haben) und zieht dann grob in Richtung Nord-Norwest nach Kalkriese.
Das, Riothamus nenne ich dumm - außer in Kalkriese war nicht die Varusschlacht und Germanicus ist vielleicht weiter nach Osten gezogen. Das erklärt dann auch, weshalb nun Arminius auftauchte, der sicher sein Stammesgebiet vordergündig schützen wollte und sich nach Verfolgung zur unentschiedenen (?) Schlacht stellte und damit Germanicus stoppen konnte, immerhin.

Grüße
Ostfale

PS: Saltus = Wald, Waldgebirge ???
 
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1. Ich verwechsle die Szenarien durchaus nicht.
2. Du vertauscht die Reihenfolge. Er zog bis zu den Weitesten/Grenzen der Brukterer. Dann verwüstete er das Land zwischen Ems und Lippe, wo, von der Ems aus gesehen durchaus die entferntesten Brukterer wohnten.
3. Tacitus behauptet nicht, dass er in der Nähe des Schlachtfeldes war. Ich gehe davon aus, dass Du meinen diesbezüglichen Post (müßte #158 sein) noch nicht gelesen hast.
4. Wenn er das Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet hat, bleibt das Gebiet der Brukterer zwischen Ems und heutigem Teutoburger Wald übrig. Hat Germanicus dies auf dem Rückweg verwüstet, kommt er Kalkriese wieder näher.
5. Stertinius wird zum Plündern und Verwüsten ausgesandt. Dazu ist Reiterei besser geeignet. Die Brukterer sind nicht vorbereitet. Germanicus, kommt nicht von Westen, sondern von Norden. Daher kann sich die Reiterei so frei bewegen und zusätzliches Gebiet heimsuchen. Infanterie kann ja nur einen sehr begrenzten Raum abdecken.
6. Caecina wurde nach dem Treffen nicht ausgeschickt. Das steht nicht im Text.
7. Ich nenne das einen überzeugenden Plan. Erst als er von Arminius, der wahrscheinlich erst jetzt auf Gemanicus zweiten Feldzug des Jahres reagieren konnte, gelockt wird, versucht er ihn zu fassen.
8. Von den Städten ist keine Rede, sondern von den Flüssen. Wäre Germanicus an der Weser gelandet, hätte er in ein Irrenhaus gehört.

Die Möglichkeit, dass es sich um die Städte handelte ist hier rein sachlich nicht gegeben: Die Überlieferung ist hier schlüssig. Es gibt noch einen Punkt der gegen die Städtetheorie spricht: Die Brukterer müssten woanders gewohnt haben, denn sonst hätte Germanicus die Cherusker in Ruhe gelassen, damit sie ihn auf dem Rückweg überfallen konnten.
 
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Wie El Quijote im Beitrag 23 schrieb, zog Germanicus mit dem Heer zurück bis (zur) Amisia, schickte die Reiterei los zur Küste und gab Caecina den Auftrag über Land zum Rhein zu ziehen. Ich denke, so war die Reihenfolge im Satz. Nun, Riothamus, da lässt sich am Text trefflich interpretieren. Klar müssen die Massen an Leuten irgendwo lang marschiert sein, nicht nur in zwei, auch in drei oder vier Heersäulen. Und ob der Chef dem Caecina schon ein, zwei Tage vor Amisia den Marschbefehl zum Rhein gegeben hat, steht dort nicht wirklich. Du nennst das "den Text interpretieren", hab ich wieder was gelernt

Ich nenne das eher Quellenkritik. Im Text steht kein "und". Text und eine Englische Übesetzung gibt's hier. Dem Heer ward dies Befohlen. Caecina mit seinen Truppen das. Das muss nicht als zusammenhängender Satz übersetzt werden, wie das Semikolon im Text beim Perseus-Projekt suggeriert. Dann muss sich das 'mox reducto' auch nicht auf Caecina 'qui suum militem ducebat' beziehen. Es steht somit nicht im Text, dass Caecina den Befehl an der Ems bekam. Damit kann auch das Schlachtfeld an den Pontes Longi östlich der Ems gesucht werden. Weiteres habe ich schon oben gepostet. Aus Gründen der Sachkritik erschien mir dies erst sogar notwendig. Da sich aber die Möglichkeit ergeben hat, dass es parallele Bohlenwege zum Weg des Germanicus gab, ist es weniger wahrscheinlich, aber immer noch möglich.

Man kann sogar noch weiter gehen: Nach 'Sed Germanicus' stände dann, im Sinne einer Gleichzeitigkeit, was Germanicus tat, ab 'Caecina', was Caecina tat. Dazu müsste man aber annehmen, dass Tacitus hier eine Niederlage verschleiern will. Auch dies wäre kein Eingriff in den Text. In einem anderen Post dieses Threads schrieb ausführlicher dazu. Wir mögen das nicht für sehr wahrscheinlich halten, sollten es aber im Hinterkopf behalten.
 
c) sich an wissenschaftlich nachvollziehbare Tatsachen zu halten, und antike Quellen bestenfalls in abstrahierter Form zu referenzieren.

Welche "wissenschaftlich nachvollziehbare Tatsache" verrät Dir denn, das Germanicus in dem Jahr überhaupt einen Feldzug durchführte? Welche legt Dir die Existenz einer Person mit dem sonst nicht bekannten Namen 'Arminius' nahe?

Eine Quelle ist kein Selbstbedienungsladen, in dem man, was einem gefällt einkauft. Wenn man sie grundsätzlich akzeptiert, muss man begründen, was man streicht/ ändert. Wenn man sie nicht grundsätzlich akzeptiert, muss man begründen, wenn man doch etwas akzeptieren will.
 
Dass Aachen eine römische Gründung war - im Übrigen eine lange bekannte Tatsache, ob nun Militärstützpunkt oder zivile Siedlung, das ist nach dem Artikel die eigentliche Neuheit - ist lange bekannt. Das ändert nichts an dem typischen Merkmal für karolingischen Mörtel, seine rosa Färbung aufgrund von Ziegelgruß/mehl. Und somit bleibt Corvey auch weiterhin karolingisch.


@Riothamus: Ich gehe auch weiterhin davon aus, dass man die Tacitus-Stelle so verstehen muss, dass man sich erst an der Ems trennte und nicht danach und dass das Schlachtfeld westlich davon zu suchen ist. Denn schlißelich hatte man sich an dem vorbestimmten Fluss zusammengefunden: apud praedictum amnem convenere. Es ist m.E. nur logisch, dass man bis dorthin auch auf dem Rückmarsch gemeinsam marschierte. Und wie gesagt, Tacitus unterteilt in Heer und Legionen. Gemanicus führte das Heer an die Ems zurück, er verschiffte die Legionen und gab der Reiterei unter Pedo und Caecina mit seinen Soldaten die nämliche Befehle zur Rückkehr: reducto ad Amisiam exercitu legiones classe, ut advexerat, reportat. Hier ist doch Tacitus geraffter Stil wunderbar erkennbar - und doch soll er zwei Worte für die Truppen benutzt haben, die mit Germanicus eingeschifft wurden?
Was für deine Auffassung spräche, wären die drei PPP reducto, iussa und monitus.
 
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Nun, und Caecina führte seine Soldaten an. ;)

Aber ich habe ja schon geschrieben, dass ich mittlerweile die Verortung der Schlacht an den Pontes Longi westlich der Ems für wahrscheinlicher halte. Nur lässt der Text selbst auch andere Interpretationen zu.
 
Ich bin auch ein Formulierungsheld:

...eine lange bekannte Tatsache [...] ist lange bekannt.

Wollte sagen: Aachen als römische Gründung ist lange bekannt, das Faktum, dass es sich um eine zivile Siedlung handelte, ändert nichts an der Verwendung bestimmter Baumaterialen, weder für die Römer- noch für die Karolingerzeit.
 
Hallo Riothamus,
zum Verständlichmachen mir aufgefallener militärischer "Ungereimtheiten" hier noch ein paar Gedanken:
1. In der Kampagne in 14 gegen die Marser operiert Germanicus mit "zwölftausend Legionssoldaten, Sechsundzwanzig Kohorten der Bundesgenossen und acht Reiterschwadronen" (Übersetzung Sontheimer). Unter anderem passiert folgendes: "Der Caesar teilte die kampfbegierigen Legionen, um ein desto größeres Gebiet zu verwüsten in vier Kampfgruppen. Eine Strecke von fünfzig Meilen verheerte er mit Feuer und Schwert." Zwar gibt Tacitus hier nur die Länge an, aber die vier Kampfgruppen werden logischerweise ja nebeneinander tätig gewesen sein, so dass die Breite der Schneise der Verwüstung auch gern um die 15/20 Meilen betragen konnte, wenn nicht noch mehr. Insgesamt hatte er dafür etwa 27000 Mann zur Verfügung.
Ein Jahr später, im zweiten Feldzug, hatte Germanicus, inklusive Chauken etc. nahezu die drei- bis vierfache Anzahl Kämpfer zur Verfügung, eher mehr als weniger.
Die verwüsten aber ein Gelände zwischen Ems und Lippe, welches offensichtlich viel kleiner ist, wobei er hier kaum ernsthafte Gegner fürchten muss, da die Brukterer fliehen und den Rest Stertinius mit leichten Truppen erledigte.
Frage, warum benötigt der dafür solch ein Riesenheer?
Im ersten Feldzug in 15 hatte er mit ähnlich großer Truppe die Chatten erledigt und Segestes von seinen Belagerern befreit. Da war er sicher schon im Gebiet der Cherusker, führte sein Heer aber dann ohne weitere Kämpfe zurück.

Kommen wir zum Grund und Ziel seines zweiten Feldzuges.
Inzwischen war offenbar Arminius nicht untätig und warb Kämpfer an. Bei Tacitus lesen wir: "Dadurch wurden nicht nur die Cherusker, sondern auch die angrenzenden Völkerschaften aufgewiegelt und Inguiomerus, der Oheim des Arminius, der bei den Römern seit langem in Ansehen stand, zum Anschluss bewogen. So wuchs die Besorgnis des Caesar. Und damit nicht die ganze Wucht des Krieges auf einmal hereinbreche, schickte er Caecina mit vierzig römischen Kohorten, um den Feind zu zersplittern, durch das Gebiet der Brukterer an den Fluss Amisa (Ems)"
Ich lese klar heraus, besonders wenn ich das römische Aufgebot betrachte, dass es keineswegs darum ging, einzig die Brukterer zu maßregeln, sondern der Ursache allen römischen Übels, Arminius, an den Kragen zu gehen. Um jenen nicht misstrauisch zu machen, ist es listig, erst einen kleineren Teil der Truppen (Caecina) auftreten zu lassen. Außerdem kann so auf zwei mögliche Reaktionen des Arminius (der nach den kürzlichen Angriffen auf Marser und Chatten sicher die Römer beobachten ließ - ich denke, so klug wird er schon gewesen sein) reagieren.
1. Greift Arminius den Caecina an, kann Germanicus mit den auf dem Fluss nahenden Truppen ihm den Rückweg abschneiden und in die Zange nehmen. Na gut, die Ems wäre dann weniger geeignet, die Weser schon, oder? Es soll irre gewesen sein, auf der Weser anzureisen? Mit der Truppenmacht, inklusive der Chauken (und Friesen?) soll er sich im Nachteil befunden haben und riskant operieren? Im ersten Feldzug des Jahres war er doch auch schon in der Nähe oder bei den Cheruskern? Im Gegenteil, Caecina als Lockvogel mit vier Legionen loszuschicken um Arminius zu ermuntern ihn mit allen seinen Truppen anzugreifen um ihn dann von hinten zu überraschen, wäre, so er es denn vorgehabt hat, einfach militärisch genial! Möglicherweise hatte Arminius aber den Braten gerochen.
2. Wenn alles ruhig bleibt, trifft man sich halt am vorbestimmten Fluss. Hat sicher stilistische Gründe, hier den Namen nicht zu nennen. Wäre aber schon klug, wenn es denn gegen die Cherusker ginge, die Weser zu nehmen.
Ich weiß, ich weiß "Tacitus hat ausdrücklich von den Flüssen/Strömen Ems und Lippe geschrieben!"
Ich frage, hat er das wirklich? So ganz logisch wirkt der überlieferte Text nicht, aber sollte ja nur eine spekulative Vermutung von mir sein.

Obwohl Caecina schon teils durchs Bruktererland gezogen war, wird das nun nochmals besucht und erst, als sie bei den äußersten Brukterern sind, wird das ganze Land, nicht weit vom "teuto burgiensis saltu", zwischen Amisia und Lupia verwüstet. Jetzt erst gibt Tacitus eine Angabe zum Ort der Varusschlacht, den er offensichtlich kennt.
Wenn Kalkriese dieser Ort war, 30/40 km vom möglichen Treffpunkt an der Ems entfernt, warum gibt er den Hinweis nicht schon früher (Bsp: ..trafen am vorbestimmten Fluss ein, nicht weit erntfernt vom...), sondern erst jetzt, wo Germanicus davon weiter entfernt ist als zu Beginn? Spricht nicht besonders zwingend für Kalkriese als Varusschlachtfeld...

Grüße
Ostfale
 
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Ich weiß, ich weiß "Tacitus hat ausdrücklich von den Flüssen/Strömen Ems und Lippe geschrieben!"
Ich frage, hat er das wirklich? So ganz logisch wirkt der überlieferte Text nicht,
Worin genau ist der Text nicht ganz logisch?


Obwohl Caecina schon teils durchs Bruktererland gezogen war, wird das nun nochmals besucht und erst, als sie bei den äußersten Brukterern sind, wird das ganze Land, nicht weit vom "teuto burgiensis saltu", zwischen Amisia und Lupia verwüstet.
Ja, Caecina zog von Vetera zur Ems, entweder direkt oder ein Stück weit der Lippe entlang. Darüber haben wir keine Auskunft. Nach dem Treffen an der Ems zog man offenbar zunächst südöstlich. Dann war man in der Nähe des Schlachtfeld.

Jetzt erst gibt Tacitus eine Angabe zum Ort der Varusschlacht, den er offensichtlich kennt.
Warum? Er weiß ja auch nicht mehr, als dass sich der Ort in der Nähe (nicht weit von) einem Ort befunden habe, wo nun die Römer waren. Riothamus hat sogar darauf hingewiesen, dass es letztlich nur der Saltus war, in dem das Schlachtfeld lag, welcher in der Nähe lag.


Wenn Kalkriese dieser Ort war, 30/40 km vom möglichen Treffpunkt an der Ems entfernt, warum gibt er den Hinweis nicht schon früher (Bsp: ..trafen am vorbestimmten Fluss ein, nicht weit erntfernt vom...), sondern erst jetzt, wo Germanicus davon weiter entfernt ist als zu Beginn? Spricht nicht besonders zwingend für Kalkriese als Varusschlachtfeld...
Jetzt diskutierst du wieder die Varusschlacht und nicht die pontes longi.
Sei's drum. Tacitus stellt die Situation so dar, als sei es nicht primäres Ziel des Feldzuges gewesen, die Legionen zu bestatten, sondern als sei Germanicus dieser Gedanke erst gekommen, nachdem man die Brukterer geschlagen hatte. Auslöser könnte gewesen sein, dass man den Adler der 19. Legion bei ihnen zurückerobert hatte. Denn das erwähnt Tacitus genau im Satz vor dieser Entscheidung. Muss aber gar nicht. Es kann auch schon vor dem Feldzug Germanicus' erklärtes Ziel gewesen sein, das Schlachtfeld zu besuchen. Das ist letztlich egal, bevor man so eine delikate Sache in die Hand nimmt, wie den Besuch eines Schlachtfeldes und die Bestattung der dort herumliegenden Legionen, was ja auch, gerade wenn man um Pietät bemüht ist, Kräfte bindet, säubert man erst mal das Rückzugsgebiet. Genau das hat Germanicus getan. Er hat das Rückzugsgebiet gesäubert.
Kommen wir zurück zur Eroberung des Adlers. Bei der Begehung des Schlachtfeldes ist von aus der Kriegsgefangenschaft entronnenen Römern die Rede. So wie der Adler der 19. Legion den Brukterern entrissen wurde, konnten bei ihnen auch Kriegsgefangene befreit werden (noch Jahre später werden ja Gefangene aus der Varusschlacht befreit). Möglicherweise waren es gerade die, welche Germanicus auf das Schlachtfeld aufmerksam machten.
 
Noch etwas,

(Tac.Ann.I/1): „Der einzige Krieg, der in dieser Zeit noch andauerte, war der gegen die Germanen; er sollte mehr die Schande des unter Quintilius Varus verlorenen Heeres tilgen als den Wunsch nach Ausdehnung des Reiches oder sonst einem den Einsatz lohnenden Preise dienen.“

Dieser Text macht doch mehr als deutlich, unter welchem Ziel die Feldzüge des Germanicus standen. Erst werden die Hauptverbündeten (Marser und Chatten)als ernsthafte Gegner ausgeschaltet, dann geht es aber deutlich gegen die Cherusker unter Arminius.
Eine Verwüstung des Gebiets zwischen Ems und besonders der Lippe macht da eher weniger Sinn, hatte doch Tiberius erst vorher die Verbindungen zwischen Amisia und dem Rhein wieder herstellen lassen. Offensichtlich solte diese Route/Gegend weiter genutzt werden.
Ebenso ließ sich auf wiederhergestellten Wegen trefflich nach Amisia marschieren, oder?
 
El Quijote,
wenn ich die Varusschlacht bei Kalkriese anzweifele, gebe ich doch damit der Pontes-Longi-Schlacht am selben Ort mehr Wahrscheinlichkeit, oder?
 
Aber wenn nur die Verwüstung des Gebiets ein Ziel war zwecks Säuberung des Rückzugsgebietes, macht es doch (Kalkriese als Varusschlachtort gesehen) keinen Sinn! In welche Richtung folgt er Arminius nach der Bestattung, diese konnte er doch vorher nicht wissen! Sollte sich dies nördlich des heutigen Teutoburger Waldes abgespielt haben, immerhin wird von sumpfigen Gelände geschrieben, macht er ja wieder nach Süden einen Umweg, kann dann gleich zu Fuß der Lippelinie zum Rhein folgen (die "Emsflotte" fährt dann leer zurück).
 
Ja natürlich, die Kriegsgefangenen können überall hergewesen sein, bei den Marsern, Chatten auch, ebenso bei Segestes möglicherweise. Hier ist gut spekulieren, vielleicht ist auch alles richtig. Die Beute wurde ja wohl aufgeteilt. Aber es ist auch von Überlebenden die Rede: "Die Leute, die diese Niederlage überlebt hatten und der Schlacht oder der Gefangenschaft entronnen waren,...".
Ich denke, Germanicus hat zu Beginn des Feldzuges genau gewusst, wo was passiert ist...
 
Noch etwas,

(Tac.Ann.I/1): „Der einzige Krieg, der in dieser Zeit noch andauerte, war der gegen die Germanen; er sollte mehr die Schande des unter Quintilius Varus verlorenen Heeres tilgen als den Wunsch nach Ausdehnung des Reiches oder sonst einem den Einsatz lohnenden Preise dienen.“

Dieser Text macht doch mehr als deutlich, unter welchem Ziel die Feldzüge des Germanicus standen. Erst werden die Hauptverbündeten (Marser und Chatten)als ernsthafte Gegner ausgeschaltet, dann geht es aber deutlich gegen die Cherusker unter Arminius.
Eine Verwüstung des Gebiets zwischen Ems und besonders der Lippe macht da eher weniger Sinn, hatte doch Tiberius erst vorher die Verbindungen zwischen Amisia und dem Rhein wieder herstellen lassen. Offensichtlich solte diese Route/Gegend weiter genutzt werden.
Ebenso ließ sich auf wiederhergestellten Wegen trefflich nach Amisia marschieren, oder?
Ach so, dann ist Germanicus also mit der Flotte über Land zu dem Ort Amisia gefahren...

wenn ich die Varusschlacht bei Kalkriese anzweifele, gebe ich doch damit der Pontes-Longi-Schlacht am selben Ort mehr Wahrscheinlichkeit, oder?
Nicht unbedingt. Es sei denn, du könntest sinnvoll nachweisen, dass die Varusschlacht östlich von Kalkriese lag.

Aber wenn nur die Verwüstung des Gebiets ein Ziel war zwecks Säuberung des Rückzugsgebietes, macht es doch (Kalkriese als Varusschlachtort gesehen) keinen Sinn!

Warum das denn nicht? Wenn ich in Bedrängnis gerate oder gar eine Niederlage erleide, möglicherweise auch nicht zu meinem temporären Flottenstützpunkt an der Ems zurückkehren kann, dann möchte ich doch möglichst störungslos und ohne in jedem Wald einen Hinterhalt befürchten zu müssen, zurück zur Lippe und Richtung Rhein kommen. Selbstverständlich macht da dies Säuberung des Gebietes, durch das meine Fluchtwege gehen Sinn.

In welche Richtung folgt er Arminius nach der Bestattung, diese konnte er doch vorher nicht wissen!
Das sagt ja auch keiner. Du setzt voraus, dass Germanicus nach Kalkriese wollte, um Varus zu bestatten. Das kann so sein, kann aber auch nicht so sein. Wie gesagt, der Gedanke kommt ihm nach Tacitus erst, nachdem er den Adler der 19. Legion erobert hat. Ob wir das Tacitus glauben müssen, sei dahingestellt. Das Arminius sich vor Germanicus Richtung Ems zurückziehen würde, dürfte allerdings eher unwahrscheinlich sein. Dessen Interesse musst es sein, die Römer möglichst weit von ihren Stützpunkten an Rhein, Lippe und temporär an der Ems wegzulocken.

Sollte sich dies nördlich des heutigen Teutoburger Waldes abgespielt haben, immerhin wird von sumpfigen Gelände geschrieben, macht er ja wieder nach Süden einen Umweg, kann dann gleich zu Fuß der Lippelinie zum Rhein folgen (die "Emsflotte" fährt dann leer zurück)

Es ist nun mal ausdrücklich überliefert, dass er die Legionen auf der Flotte zurückfuhr, wie er sie herangebracht hatte (wörtl. Tacitus) und schließlich die von Vitellius ins Watt geführten Truppen, um den Tiefgang der Flotte zu minimieren, in eine durch Sturm verstärkte Springflut gerieten. Mit dieser ausdrücklichen Überlieferung müssen wir umgehen.
 
Ach ElQuijote,

war nicht Bestandteil meiner vermuteten Verwechslung (Fluss statt Ort) durch einen Kopisten, dass sich der Ort Amisia nahe oder an der Weser befunden haben könnte? Es gab diesen Ort ja unzweifelhaft (nur ist dessen Lage auf der Karte von Ptolemäus nicht am selbigen Fluss - die Breite, östlich vom Harz, könnte passen, zur Längengradangabe ist Ptolemäus eh sehr sehr ungenau). Und Caecina sollte doch nach Amisia marschieren...
Deine Aussage, er "befriedet" die Gegend um sich ungestörter bei Bedrängnis zurückziehen zu können, ist doch auch nur Vermutung..
Wenn ich immer wieder Kalkriese als Varusschlachtort anführe, dann doch nur um die Zweifelhaftigkeit desselben zu vermuten, da dann der Weg des Germanicusheeres, original dem überlieferten Text folgend (südlich um dasselbe bis zu den äußersten Brukterern und dann nach Richtungswechsel nordwestlich draufzu) recht unlogisch erscheint. Ob ihm die Ehrung der Gefallenen erst nach dem Anblick des Legionsadlers in den Sinn kommt, wage ich leicht in Zweifel zu ziehen.
Auch wird er keine Angst vor Arminius (Furcht vor Niederlage) gehabt haben. Sicher konnte er nach den Informationen der letzten Jahre ziemlich gut einschätzen, wie groß dessen Aufgebot war. Nicht umsonst holt er sich Verstärkung von den Chauken und tritt selbst mit allen Legionen und weiteren Hilfstruppen an, die er hat.
Mit der Truppenmacht zerstört man nicht ein unwesentliches Randgebiet, sondern ein Großteil der Versorgungsbasis des Gegners und zieht erst dann ab, wenn er merkt, dieser stellt sich nicht oder nur in für Römer ungünstigem Gelände und/oder der Herbst ist im Anzug.
Dann plant man für das nächste Jahr, zeitig und komplett mittels der schnelleren Schiffe - und noch überraschender - wieder ins Kernland des Feindes einzufallen um ihm den Rest zu geben. Nur wenn Germanicus dort operiert, zwingt er den Feind sich zu stellen, denn der Herbst ist weit.
Das dieser Feind sich dann als hartnäckiger und stärker herausstellte, als angenommen, zwang Germanicus dann doch zur Rückkehr. Tatsächlich kommt er ziemlich "gerupft" am Rhein an, Caecina ist durch die Uneinigkeit der Germanen auch mit knapper Not entkommen.
Zur Durchführung eines neuen Feldzuges im Jahre 17, was der Kaiser dann, warum auch immer, verhinderte, kam es dann nicht mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
war nicht Bestandteil meiner vermuteten Verwechslung (Fluss statt Ort) durch einen Kopisten, dass sich der Ort Amisia nahe oder an der Weser befunden haben könnte? Es gab diesen Ort ja unzweifelhaft (nur ist dessen Lage auf der Karte von Ptolemäus nicht am selbigen Fluss - die Breite, östlich vom Harz, könnte passen, zur Längengradangabe ist Ptolemäus eh sehr sehr ungenau).

Der Amisia liegt bei Ptolemaios, der die Koordinaten der Weser ziemlich korrekt wiederzugeben mag, nördlich von Novaesium. Anzunehmen, dass er an der Weser lag, entbehrt jeglicher Grundlage. Das steht also völlig außerhalb jeder Diskussion. In wissenschaftlichen Kreisen gilt es als Unverschämtheit mit wilden, nicht haltbaren Hypothesen anderen Wissenschaftlern die Zeit zu rauben, indem man die in die Pflicht nimmt, diese zu widerlegen.

Deine Aussage, er "befriedet" die Gegend um sich ungestörter bei Bedrängnis zurückziehen zu können, ist doch auch nur Vermutung..
Gegen Vermutungen hat doch auch niemand etwas gesagt. Aber die Vermutungen sollten nach Möglichkeit nicht gegen den Textbefund oder gegen den archäologischen Befund gehen und aus dem luftleeren Raum gegriffen werden sondern auf den Befunden und auf Logik basieren. Wir wissen, Germanicus zog von den Brukterern zum Varusschlachtfeld. Es gibt Indizien dafür, dass Kalkriese das Varusschlachtfeld war, es ist sinnvoll, das Rückzugsgebiet vorher zu säubern. Das ist logisch. Aber anzunehmen, dass Corvey römisch war, obwohl es dort keine römischen Funde oder Befunde gab oder anzunehmen, dass mit Amisia und Luppia, obwohl sie mehrfach als flumen oder amnem bezeichnet werden und von der Flotte die Rede ist, Orte waren auf der Karte des Ptolemaios (wobei unterstellt wird Tacitus oder ein Kopist habe sich vertan, aber nie in Betracht gezogen wird, dass vielleicht Ptolemaios sich vertan habe) ist gegen jede Information die wir haben. Zumal der Ort Amisia laut Ptolemaios am Rhein gelegen haben müsste.

Wenn ich immer wieder Kalkriese als Varusschlachtort anführe, dann doch nur um die Zweifelhaftigkeit desselben zu vermuten, da dann der Weg des Germanicusheeres, original dem überlieferten Text folgend (südlich um dasselbe bis zu den äußersten Brukterern und dann nach Richtungswechsel nordwestlich draufzu) recht unlogisch erscheint. Ob ihm die Ehrung der Gefallenen erst nach dem Anblick des Legionsadlers in den Sinn kommt, wage ich leicht in Zweifel zu ziehen.
Das darfst du gerne in Zweifel ziehen, es wird aber von Tacitus ausdrücklich so gesagt.


Auch wird er keine Angst vor Arminius (Furcht vor Niederlage) gehabt haben. Sicher konnte er nach den Informationen der letzten Jahre ziemlich gut einschätzen, wie groß dessen Aufgebot war. Nicht umsonst holt er sich Verstärkung von den Chauken und tritt selbst mit allen Legionen und weiteren Hilfstruppen an, die er hat.
Gerade weil er sich die Hilfstruppen holt, die als unsichere Kandidaten einzuschätzen sind, gerade weil er mit eine solchen Militärpräsenz auftritt zeigt er doch, dass er Respekt vor Arminius hatte und die Schlacht auf dem als avia bezeichneten Gelände bestätigt die Notwendigkeit dieses Respekts.


Mit der Truppenmacht zerstört man nicht ein unwesentliches Randgebiet, sondern ein Großteil der Versorgungsbasis des Gegners und zieht erst dann ab, wenn er merkt, dieser stellt sich nicht oder nur in für Römer ungünstigem Gelände und/oder der Herbst ist im Anzug.
Er verwüstete das ganze Gebiet zwischen Ems und Lippe. Das war kein Randgebiet. Die Lippelinie war ein eisenzeitliches Zentrum. Lies mal die archäologische Literatur zur Eisenzeit in Westfalen.

Dann plant man für das nächste Jahr, zeitig und komplett mittels der schnelleren Schiffe - und noch überraschender - wieder ins Kernland des Feindes einzufallen um ihm den Rest zu geben. Nur wenn Germanicus dort operiert, zwingt er den Feind sich zu stellen, denn der Herbst ist weit.
Das dieser Feind sich dann als hartnäckiger und stärker herausstellte, als angenommen, zwang Germanicus dann doch zur Rückkehr. Tatsächlich kommt er ziemlich "gerupft" am Rhein an, Caecina ist durch die Uneinigkeit der Germanen auch mit knapper Not entkommen.
Zur Durchführung eines neuen Feldzuges im Jahre 17, was der Kaiser dann, warum auch immer, verhinderte, kam es dann nicht mehr.
Ich glaub, hier bringst du dann Ereignisse der Jahre 15 und 16 durcheinander, oder? Jedenfalls war der Besuch des Schlachtfeldes der clades Variana schon auf dem zweiten Feldzug in diesem Jahr. Zunächst war man ja ins Gebiet der Chatten eingefallen. Dann erst ins Gebiet der Brukterer, welches man flächendeckend (im Rahmen damaliger Möglichkeiten) verwüstete, dann hatte man das Varuschlachtfeld besucht, dann Arminius verfolgt und kehrte schließlich zurück. Diese Umkehr muss gegen Mitte September gewesen sein, jedenfalls gerät Germanicus bei der Tag- und Nachtgleiche (22./23. September) in den Sturm/die Springflut. Im Jahr 16 dann schifft er in der Mündung der Ems aus.
 
Ja, beim Letzten hab ich mich vertan, das ärgert mich. Am Kern der Aussage, Germanicus kann Arminius nur auf dessen Gebiet stellen, aber unerheblich.
 
Hallo Salvus,

wozu sollte Germanicus auf seinem Feldzug 15 n.Chr. großartig Geld mitnehmen? Er hatte nicht mehr viel, denn er musste seinen Legionen doch das Erbe vom Stiefvater (und einiges mehr) auszahlen. Und die Legionäre, denke ich, haben ihren kleinen Schatz mitgeführt - und teilweise in der Schlacht bei den Pontes Longi eingebüßt.

Das wirft dann zwei Fragen auf:

1.
Die generelle Frage ist doch, wenn ich ich als Legonär in einen Feldzug gehe und ich weiß, daß dies ein Kriegszug gegen einen starken Gegner, der immerhin sechs Jahre vorher drei römische Legionen vernichtet hat werden wird, ob ich dann wirklich mein Geld mitschleppe. Oder lasse ich dies lieber in einem befestigten und bewachten Lager am Rhein? Oder vieleicht in einem Hort am Rhein?

2.
Wenn die Legionäre ihren "kleinen Schatz" wirklich mitgeführt haben, dann finde ich es zumindest sehr eigenartig, daß es im Münzspektrum von Kalkriese z.B. keinerlei Münzen der zweiten Altarserie der Lugdunum-Asse (geprägt 10-14 n.Chr.) gibt. Das gleiche gilt für die 13 n. Chr. neu einsetzenden Gold- und Silberprägungen. Und wenn der Germanicus aus eigener Schatulle Zahlungen an die Legionäre geleistet hat (was ich nicht bezweifle), dann sollten diese Münzen wohl mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Germanicus Gegenstempel oder auch einen Tiberius Gegenstempel gehabt haben. Aber auch hier gibt es in Kalkriese keine Spur.
 
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