Verluste britischer Schlachtkreuzer am Skagerrak 1916

Kann eigentlich das mitgeführte Schweröl als Brennstoff so explodieren, dass es das Schiff zerstört?

Die Explosionen sind unbestritten nach den britischen Untersuchungskommissionen durch die Treibladungen und Granaten verursacht, erst in den Türmen bzw. Ladekammern, dann in den Magazinen. In dem oben zitierten Warship-Band zur Invincible sind die Details enthalten, und physikalisch berechnet. Ich kann das mal einstellen.

Die habe ich oben in den Einzelschilderungen übernommen.
 
Die Explosionen sind unbestritten nach den britischen Untersuchungskommissionen durch die Treibladungen und Granaten verursacht, erst in den Türmen bzw. Ladekammern, dann in den Magazinen. In dem oben zitierten Warship-Band zur Invincible sind die Details enthalten, und physikalisch berechnet. Ich kann das mal einstellen.

Die habe ich oben in den Einzelschilderungen übernommen.

Das war mir klar, daß die schweren Explosionen nur durch die getroffenen Munitionskammern erzeugt worden sind.

Aber nochmal die Frage, konnte das Schweröl zur Explosion gebracht werden, doch maximal durch starke Hitzeentwicklung in Brand gesetzt werden, aber nicht explodieren?
 
Aber nochmal die Frage, konnte das Schweröl zur Explosion gebracht werden, doch maximal durch starke Hitzeentwicklung in Brand gesetzt werden, aber nicht explodieren?
Explosiv ist Schweröl nicht. Das kann nur brennen . Explosiv sind flüchtige Treibstoffe wie Kerosin und Benzin.
 
Zuletzt bearbeitet:
Explosiv ist Schweröl nicht. Das kann nur brennen . Explosiv sind flüchtige Treibstoffe wie Kerosin und Benzin.

Theoretisch könnte sich in halbleeren Tanks eine Gasphase über dem Schweröl bilden.

Die Explosionswucht, bei dem derart große, gepanzerte Schiffe binnen Sekunden bzw. Bruchteilen davon zerrissen werden, ist aber nur durch die freigesetzten Energiewerte aus den Magazinen erklärbar.
 
Wobei hier die Frage ist, wie hoch die Viskosität des damaligen Schweröls war und bei welcher Temperatur es gelagert wurde. Eine höhere Temperatur, wie z.B. 60 Grad Celsius, um die Pumpfähigkeit zu erhöhen erzeugen auch einen höheren Dampfdruck und damit eine höheres Gefahrenniveau.
Weis man eigentlich ob die Öl-Bunker inertisiert wurde? Das sollte mit den Rauchgasen der Kessel eigentlich möglich sein. Nur braucht man auch dazu entsprechende Leitungen.

Apvar
 
Typischerweise wurden die Öltanks vertikal zum Kiel, in verschiedenen Segmanten eingebaut, in Doppelböden oder Doppelwänden. Das bedeutet: unterhalb des Gürtelpanzers, unterhalb der Wasserline.

Flashpoints wurden von der Royal Navy zwischen 175 und 200°Fahrenheit gefordert (80 bis 93° C). Die Erwärmung wurde nach den Tanks, vor den Brennern vorgenommen, auf etwas über 40° C, was zunächst einmal für die Pumpen ausreichte. Unmittelbar vor dem Brenner wurde das bis auf einige Grad (Sicherheit wegen flash-backs) unter dem Flashpoint angehoben, auf 70-80°C.

Wie gesagt: mit den Explosionen der drei Schiffe hier haben die Ölvorräte nichts zu tun, sondern die Munitionskammern.
 
99 Jahre Skagerrakschlacht haben - wohl nachvollziehbar - keine besonderen Spuren hinterlassen. Wesentliche neue Publikationen werden wohl vermutlich 2016 erscheinen. Reichlich Fakten zum Ablauf, insbesondere die heftige britische Diskussion zum "Jutland-Skandal" und die politischen Auseinandersetzungen um Beatty und Jellicoe sind oben erwähnt. Ein kurzes Resümee zum Verlauf:

Aus der Betrachtung der Kräfteverhältnisse und der Flottenstärken hatte die größte "konventionelle" (meint hier artilleristisch: noch ohne Waffenwirkung der Flugzeuge) Schiffsschlacht der Geschichte kaum Folgen. Die britische Blockade blieb bestehen, die deutsche Hochseeflotte eingeschlossen und als "fleet in being" auf die Bewachung der Ostseeeingänge und der Ausfahrt der UBoote durch die Deutsche Bucht beschränkt. An sich sind das schon beachtliche Folgen (Gross, Epkenhans), wenn man an die weiter bestehende Abschnürung Russlands denkt.

Während Beatty trotz seiner unvorsichtigen Vorgehensweise und verlorenen Battlecruiser kaum kritisiert wurde, konzentrierte sich alles auf Jellicoe, der offenbar die Chance verpasst hatte, ein zweiter Nelson zu werden. Sein "Abdrehen" wegen der Torpedophobie und Scheers dritte "Gefechtskehrtwende" verhinderten einen durchschlagenden Erfolg.

Viele Betrachtungen der eingetretenen Verluste - sozusagen in theoretischer "Hochrechnung" auf ein längeres Gefecht der beiden Hauptschlachtflotten - verkennen, dass die Verluste unter Fishers Battlecruiser und ihre besonderen Bedingungen nicht auf die Hauptflotten übertragbar waren und hier ganz andere Kräfteverhältnisse und "Standfestigkeiten" herrschten.

Dass Jellicoe den Sieg anstrebte, zeigt seine anschließende Verfolgung nach dem Fehler des Abdrehmanövers. Viele Mosaikstücke sind inzwischen beigetragen: die fehlerhafte Verwertung der Room40-Nachrichten, das Unvermögen, derart große Verbände große Verbände geschlossen zu führen (eine Teilung der britischen dreadnought-Geschwader zur Zangenbildung wäre machbar gewesen, hatte aber doktrinäre Grenzen), das Problem der britischen AP-Munition (Frühzünder) etc. pp. Über die Schlacht sind anschließend Ströme von Tinte geflossen.

Scheers zweimalige Flucht mit drei Kehrtwenden zeigt aber, wie die Protagonisten die "Erfolgschancen" einschätzten: ein durchgeschlagenes Hauptgefecht hätte den Großteil der deutschen Hochseeflotte gekostet, mit sicher wesentlichen, aber relativ verkraftbaren britischen Verlusten. Folge wäre die Öffnung der Ostseeblockade und die enge Blockade der deutschen Bucht gewesen (hier wäre der UBootkrieg im bekannten Rahmen wegen der erheblich erschwerten "Ausschleusung" der Boote und den vermutlich engen und kaum mehr durchlässigen Minensperren jedenfalls kaum so erfolgt). Die Auswirkungen auf die deutschen Möglichkeiten, mittels der neutralen Niederländer und Skandinavier die britische Blockade spürbar zu unterlaufen, wären unübersehbar gewesen.

Churchills Zitat, Jellicoe hätte an einem Nachmittag als einziger Mensch den Krieg verlieren können, kann also umgedreht werden: er hätte ihn vielleicht doch wesentlich abkürzen können.

Phantasien über ein Kriegsende 1916/Anfang 1917 im weltgeschichtlichen Verlauf führen dann aber doch zu weit, obwohl der Gedanke über die Auswirkungen eines - theoretisch möglichen - deutlichen Sieges von Jellicoe sehr weit ausgreift. Unabhängig von den Phantasien wären die Auswirkungen einer deutlichen deutschen Niederlage wohl beachtlich gewesen, wie auch immer man "beachtlich" verstehen mag.

Weiter will ich aber zu diesem Effekt eines einzigen Nachmittags 1916 nicht phantasieren.
 
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Phantasien über ein Kriegsende 1916/Anfang 1917 im weltgeschichtlichen Verlauf führen dann aber doch zu weit, obwohl der Gedanke über die Auswirkungen eines - theoretisch möglichen - deutlichen Sieges von Jellicoe sehr weit ausgreift. Unabhängig von den Phantasien wären die Auswirkungen einer deutlichen deutschen Niederlage wohl beachtlich gewesen, wie auch immer man "beachtlich" verstehen mag.
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Ich denke, auch wenn der Navalismus und die Flottenrüstung immer ein großer Einfluß beigemessen wird, vor allem in der Vorkriegszeit, so ist der Krieg zur See ab 1914 doch nur ein mehr oder weniger großer Nebenkriegsschauplatz. Das Flottenrüsten, hatte mehr Nährwert in der Bedrohung und der politischen Anwendung zur Außenpolitik, als letztlich der Nutzen im Krieg zur See.

Das mussten alle Protagonisten des Seekrieges, vor allem in der Nordsee an der direkten Seefront zwichen dem DR und den Engländern festgehalten werden, der Krieg wurde nicht im Kampf entschieden, sondern in der zersetzenden Macht der Untätigkeit der Massen und der an Bord der Schiffe herrschenden unnötigen Klassengesellschaft.

Das ist die Ironie der Geschichte, aber genau die Waffenteile, die durch offensive Schlachten den Krieg nicht zu entscheiden vermochten, gaben ohne Kampf im Hafen durch mutige Matrosen dem Krieg das Ende oder zumindest den Stein des Anstoßes und damit ziele ich nicht auf die Zeichen der Dolchstoßlegende ...
 
Selbst wenn man aus den Ergebnissen 1916 eine qualitative Überlegenheit der deutschen Flotte hochrechnen würde (nicht alle Faktoren wie Munition, Feuerleitung, taktische Ausbildung, Panzerung, kritische Stellen wie Munitionskammern usw.), kann doch nur der Schluss gezogen werden, dass die numerische Überlegenheit der Briten nicht zu knacken war.

Ein Kampf größerer Verbände hätte zwar den Briten schmerzliche Verluste zufügen können, aber jegliche eigenen Verluste hätten früher oder später die französische und die russische Flotte aufgewertet. Ich sehe keine Chance für die Hochseeflotte, mehr als psychologische Erfolge zu erzielen.

Die Aktionen in der Ostsee, insbesondere Unternehmen Albion, zeigen die Möglichkeiten der deutschen Flotte, aber eben auch die numerischen Begrenzungen.
 
... so ist der Krieg zur See ab 1914 doch nur ein mehr oder weniger großer Nebenkriegsschauplatz. ...

Das ist sicher richtig, so wie das Ergebnis im Juni 1916 ausgefallen war.

Die Bedeutung der weiteren Sperrung der Baltikzugänge, die nach einer klaren Niederlage Scheers entfallen wäre, ist jedoch im Hinblick auf Russland nicht zu unterschätzen.

Ebenso führte das Patt in der Nordsee auf deutscher Seite (Scheer äußerte sich dazu in dem oben zitierten Memorandum nach der Schlacht) direkt wieder in den uneingeschränkten UBoot-Krieg. Mit den bekannten Folgen (USA).
 
Und passend zum Hundertjährigen hat John Brooks nun eine neue Darstellung der Seeschlacht heraus gebracht, die - anders als zB eher ganz detaillierte quantitative und technische Analysen wie bei Campbell - auf die Informationslage der Hauptakteure, die minutiöse Darstellung des Verlaufes (unter Korrektur zahlreicher falscher "charts" der OD der beiden Admiralitäten oder falscher Darstellungen in den Memoiren), und die operativen Bewertungen den Fokus legt.

Brooks: The Battle of Jutland, 2016
https://books.google.de/books?id=sb...jAA#v=onepage&q=brooks battle jutland&f=false

An der Bewertung der oben im Thema beschriebenen "Eingangs"-Verluste von Indefatigable und Queen Mary ändert sich nichts. Diese sieht Brooks ebenfalls auf das Konto von Beatty als Führer der BCF, der BattleCruiserForce:

- durch die hastige Kursbefehle eingangs des "kontaktes" mit Hipper verdoppelte sich der Abstand Beattys zu den schnellen Schlachtschiffen ("5th BS") auf 10 Meilen.
- durch zu schnelles, hektisches Aufschließen auf Hipper ohne schon konstante Kurse zur Feuerleitung geriet er in die "effektive" Reichweite Hippers, ohne selbst "akkurat" schießen zu können.
- das zu enge Aufschließen in den Bereich, der die Durchschlagskapazitäten von Hippers Schiffen erhöhte, die Barbetten und Türme gefährdete, damit die Munitions- und Korditlager.
 
Nach dem Lesen, und obwohl einige der klassischen offenen Fragen weiter offen bleiben:

das ist dann wohl das derzeitige Standardwerk zum Verlauf und den Dispositionen (und die Ergänzung zu dem technisch-artilleristisch geprägten Standardwerk von Campbell)
 
Wieder mal eine beachtenswerte Publikation zum Seekrieg 1. WK im JoMH, Oktober and 2019.

War as It Might Have Been: British Sea Power and the First World War,” by David Morgan-Owen, The Journal of Military History 83:4 (October 2019): 1095-1131
This article explores debates over whether Britain could have adopted a more “indirect approach” during the First World War (1914–18). It shows that convincing arguments that British sea power offered a legitimate alternative to the strategy of attrition on the Western Front never received due consideration because of shortcomings in Britain’s strategic decision-making apparatus. Britain might have fought the First World War very differently, and it might have been in its interest to have done so.
 
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