Natürlich hat sich Japan seit der Restauration der Meji-Zeit geöffnet, neue Märkte erschlossen und wurde besonders von den verschiedenen Nationen unterstützt die sich einen Vorteil erhofft hatten oder auch geglaubt hatten eine weitere Kolonie zu ergattern deren Schätze man ausbeuten konnte.
Aber wie immer in der Geschichte spielen auch weltpolitische Gründe eine gewichtige Rolle.
Wir haben also die Ausgangslage bei Antritt des Kaisers Meji 1868, dass sich Japan wirtschaftlich, politisch und militärisch öffnet und die verschiedenen Nationen die um Auftragsgunst und Einfluss buhlen.
Als wesentliche Ereignisse würde ich hier folgende erwänen:
Von 1871 bis 1873 führte Japan einige Handelsmissionen unter Leitung des Iwakura Tomomi in Europa und mit den USA durch.
Infolge dessen 1873 die aufstrebende Nation Japan seinen Auftritt bei der Weltausstellung in Wien hatte. Und die ersten YEN-Scheine in Frankfurt am Main gedruckt wurden.
(Quelle:
Meiji-Zeit ? Wikipedia)
Desweiteren haben meine Vorredner bereits festgehalten, dass Japan weder die Bodenschätze noch das Prestige einer Fernöstlichen Kolonie wie Indien oder China hatte, zudem gesellten sich innereuropäische Probleme, welche sicherlich das kleine Japan aus dem europäischen Fokus nahm, ehe sich die großen Mächte darüber hermachen konnten.
- So haben wir die Situation, dass am 04.07.1870 der vakante spanische Thron dem Hohenzollernprinzen Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen angeboten wird, was im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 mündete.
- Die Briten erkaufen am 24.11.1875 vom osmanischen Khedive in Ägypten den Löwenanteil der Aktien des Suezkanal, welches die britische Prioritäten wieder nach Indien und auf die Kontrolle dieses Seeweges fixiert.
- 1882 sind Briten und Franzosen mit Revolten und Aufständen im mittleren Osten und Ägypten beschäftigt.
- 11.02.1889 Kaiser Mutsuhito (Meji) gibt Japan eine Verfassung nach preußischem Vorbild.
- 1892 schließen Russland und Frankreich ein schutzbündnis, das europäische Kräftegleichgewicht gerät in schieflage.
- 1893 Weltwirtschaftskrise trifft die USA und Europa (spätestens jetzt haben die Regierungen erstmal andere Sorgen als Japan auf ihrer Agenda)
- Vom 1.04.1894 bis April 1895 kam es zwischen Streitigkeiten um den Status von Korea zum Krieg zwischen dem Kaiserreich China und dem Kaiserreich Japan, den Japan aufgrund seiner modernen Streitkräfte in einer Serie von Kämpfen gewann.
- Amerika und Spanien bekommen sich im april 1898 wegen streitigkeiten um Kuba in die Haare, im Spanisch-Amerikanischen Krieg.
- John Hay fordert am 06.09.1899 alle Großmächte zu einer "Politik der offenen Tür" in China auf, was allen Fraktionen gleiche Rechte garantiert.
- Beim sog. Boxeraufstand in China fällt der Fokus der Großmächte auf China und das modernisierte Japan? Es beteiligt sich sogar mit einer Truppe am Entsatzkorpse für Peking, und etabliert sich als Partner der europäischen Großmächte in Fernost.
- 1904 schließen Frankreich und England ihr Bündnis "Entente cordiale" welches Deutschland weiter isoliert. Deutschland hat folglich größeres Interesse an Europa als Fernost. Die Briten und Amerikaner sehen in Japan einen "Partner" und fokusieren sich ebenfalls eher auf Europa bzw. Kuba und Spanien, Portugal hadern mit dem Freiheitswillen ihrer Kolonien. Russland ist vollauf mit dem Osmanischen Reich im Balkan beschäftigt und China nach dem Boxeraufstand weiterhin eine Beute der Großmächte
- ebenfalls 1904 kommt es zwischen Japan und Russland aufgrund beidseitiger Expansionsbemühungen und Uneinigkeiten betreffend der Mandschurei und Korea zum Krieg. Japan kann sich in einer Reihe von Kämpfen gegen Russland behaupten und erringt einen Sieg über eine Großmacht. (Mit diesem Krieg steigt Japan endgültig in die Riege der Großmächte auf)
- 1910 Portugal wird Republik.
- 1911 Italien marschiert in Lybien ein und erklärt dem osmanischen Reich den Krieg.
- 1912 erheben sich Montenegro, Griechenland, serbien und Bulgarien gegen das osmanische Reich. (1. Balkankrieg)
- 1914 tja, in Europa gehen die Lichter aus und die Kolonien bzw. das ferne Japan schließt sich den Alliierten an um die deutsche Kolonie Tsingtau zu besetzen, wodurch es weiterhin als Partner verstanden wird und nicht als Beute.
(Quelle: "Das Jahrtausendbuch" ISBN: 3-89905-033-9)
Ihr lest vermutlich diesen Beitrag und wundert euch, was soll der quatsch?
Ich will damit lediglich verdeutlichen, dass die Restauration und Öffnung Japans zu einer Zeit geschah, wo vieles "Althergebrachte" bereits im Umbruch war.
Spanien wurde als Kolonialmacht immer weiter verdrängt, Portugal ebenso. Briten und Franzosen waren in Afrika oder dem mittleren Osten mit geostrategisch wichtigeren Ereignissen konfrontiert, Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland am Balkan bzw. in Europa "gebunden". Das osmanische Reich am Zusammenbrechen und China von den Großmächten zerstückelt. Die USA auf dem amerikanischen Kontinent gebunden.
Jahre zuvor und Japan wäre vielleicht genauso zersplittert und zerrupft geworden wie China oder Afrika, doch der Zeitpunkt war günstig.
Alle damaligen Großmächte waren andersweitig beschäftigt und haben Japan quasi Unterschätzt, als Japan dann schließlich eine gewisse Schlagkraft und Macht besaß verstand es sich, sich stehts als Partner zu positionieren. Während die Welt im 1. wK versank konnte Japan seinen Einfluss im Pazifik ausbauen.
Oder kurz gesagt:
Ich glaube, dass Japan solange als kein lohnendes Ziel galt, bis es mächtiger wurde. Als es aber mächtiger wurde machte es sich als Partner der europäischen großmächte im Paziki unverzichtbar und nutzte die Gunst um gegen China zu agieren. Und quasi ohne dass es großartig bemerkt worden wäre, war aus dem Feudalstaat eine moderne Großmacht des frühen 20. Jahrhunderts geworden.
Grüße
WW