Beziehungen Deutschland-Großbritannien 1890-1914

Clark: "Die Briten waren durch die deutsche Flottenrüstung viel weniger beunruhigt, als immer behauptet wird. Von 1908 an ist klar, dass das Deutsche Reich den Rüstungswettlauf auf den Meeren verloren hat. Umso genauer beobachten die Briten die russische, amerikanische und japanische Flotte."

Diese Einschätzung legt Clark in seiner Analyse der britischen Haltung in der Juli-Krise 1914 bis zum Kriegsausbruch zugrunde. Sie beruht auf einer bemerkenswerten Fehleinschätzung der neueren Literatur, die eine Revision der älteren Beschreibung (bei Clark wird die "Revision" an Marders Grundlagenwerk festgemacht) des maritimen Rüstungswettlaufes gebracht haben.

Richtig ist zunächst die inzwischen eingetretene Revision des Bildes von der „dreadnought-Revolution“. Die Autoren wie Sumida und Lambert haben eine Neuinterpretation der Fisher-Reformen vorgelegt, die auf die umfassenden technologischen, strategischen und taktischen Veränderungen abstellten (kulminiert im Schlagwort“ flotilla defence“), und sich vom „Zählen“ des Neubauten-Wettlaufes an „Schlachtschiffen“ zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich in den politischen Auswirkungen verabschiedet hat. Die Einzelheiten zu diesen "Revolutionen" können in den entsprechenden Werken nachgelesen werden.

Die Autoren stellen jedoch zugleich die Friktionen fest, die zwischen Politik und Militär, speziell Royal Navy, in diesen Fragen geherrscht haben. Und zugleich bestätigen sie den umfassenden Einfluss des deutsch-britischen Rüstungswettlaufes, der auf diese Reformen 1. über die begrenzten finanziellen Ressourcen, 2. über die laufend veränderte Kräftelage und 3. über die weitgehende Nordsee-Bindung eingewirkt hat.

Wenn Clark hier richtig auf die Neuinterpretation der britischen Strategie 1904/14 hinweist, so ist sein Schluss über die zu relativierende Bedeutung des deutsch-britischen Gegensatzes falsch. Das Gegenteil ist der Fall, wie bei Lambert, Sumida etc. nachzulesen. Zugespitzt

- war einserseits der britische Fokus der Flottenrüstung global, und waren hierauf die Reformen ausgerichtet

- band der Rüstungswettlauf bei den „dreadnoughts“ (mit dem Kontrahent Deutsches Reich) andererseits wesentliche britische Ressoucen, so dass die technologischen, strategischen und taktischen Reformen mit ihrer eigentlich globalen Ausrichtung „steckenblieben“.

Die globale und „blue water“-Ausrichtung der Royal Navy zu betonen, heißt somit nicht, den deutsch-britischen Gegensatz als vernachlässigbar und 1914 als entschieden zu betrachten. Die im Rüstungswettlauf erzwungene Bindung der Kräftemasse in der Nordsee stand sogar diametral dieser an sich globalen Sicherung des Empire und den global steigenden Herausforderungen entgegen. Die „revisionistische“ Literatur hebt damit den deutsch-britischen Gegensatz in seiner Bedeutung nicht auf (und das hat auch keiner der Autoren so dargestellt, das ist vielmehr der Fehlschluss von Clark) sondern stellt ihn im Gegenteil verschärft dar.
Dass der Rüstungswettlauf 1914 quasi durch die Bauprogramme entschieden war, ist kein inhaltlicher Widerspruch zu der fortbestehenden Antagonie. Clark unterliegt hier einem erstaunlichen Missverständnis des Forschungsstandes. *

Einzelheiten zum angesprochenen Forschungsstand können im Forum u.a. unter den Stichworten Sumida und Lambert gefunden werden.

Basierend auf dieser 1914 bestehenden Konfrontation durch die Ressourcenbindung, und auf den innerbritischen Kontroversen über die weitere navy-gestützte Sicherung des Empire (die potenziellen Gegner dieser Szenarien waren global USA, Frankreich und Russland, und vor der Haustür das Deutsche Reich durch die prekäre Nordsee-Fesselung) ist dann das „wie“ der britischen Politik in der Juli-Krise zu erklären. Bis in die letzte Juli-Dekade hinein bestand in der britischen Politik die Grundausrichtung, bloß "Zuschauer" einer eskalierenden kontinentalen Krise zu sein.

In diesem Rahmen einer begrenzten Aufmerksamkeit und eines begrenzten Interesses wurde dem Zweiverband vermittelt, nicht mit einem britischen Kriegseintritt zu kalkulieren, während dem Deutschen Reich vermittelt wurde, nicht mit einem außenstehenden Großbritannien in der Eskalation zu rechnen. Zu den drei fundamentalen Aspekten später (Crowe-Memo vom 24./25.7.1914, finanzielle Einflüsse der City, Kriegsplanung), die die britische Haltung veränderten (Mombauer, Origins).

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* wobei Details bei Clark wie die unzureichenden Zitate im JoMH, „1908“ oder „Japan“ außer Acht bleiben können.
 
Da Marders Resümee, welches anders als von Clark behauptet nicht im Gegensatz zur neueren Literatur steht, nicht allen bekannt sein dürfte, hier noch die Zusammenfassung (Marder, From the Dreadnought to Scapa Flow, Vol. I, S. 432):

"... what poisoned Anglo-German relations was, basically, the security problem-the British belief that Germany aimed at Continental, ... How else could one account for the creation of a great fleet in addition to a formidable army? The rapid expansion of the German Navy was proof of what Grey called Germany's 'itch to dominate', and was giving her the weapon, combined with the massive German Army, for achieving this ambition. This was the inflexible belief both of British statesmen and of the general public. The German Naval Attache recognized this as clearly as did Metternich when he wrote in 1907: 'The steadily increasing sea-power of Germany constitutes the greatest obstacle to England's freedom ofpolitical action. This is the central point of the unsatisfactory relations of the two nations to one another. All other frequently advanced grounds - competition in commerce, industry, and shipping, partisanship during the Boer War, etc. - are side issues.' If the words in italics (those of the present writer) were changed to read 'danger to England's security', the statement would exactly represent the British position. Now, the naval rivalry did not cause the war; but it ensured that when war did break out, Great Britain would be on the side of Germany's enemies ."

Dabei geht es Marder nicht darum, ob diese strategische Einschätzung korrekt war oder irrtümlich festgesetzt. Sie bestand, und gab die Basis ab für die Diskussionen ab dem 24.7.1914.

Es traten drei weitere wichtige Faktoren hinzu, die Clark entgegen des Forschungsstandes vernachlässigt:

1. die Befürchtungen über den Ausgang des Krieges (die sich mit Crowe auch auf einen möglichen Sieg einer frz.-russ. Allianz bezogen)
2. die gegebenen Kriegspläne mit ihrer "Erfolgsprognose" (siehe oben, "Armageddon")
3. die "City", und der befürchtete ökonomische Kollaps durch die Krise und einem folgenden möglichen Kontinentalkrieg, und der dadurch erzeugte Druck auf die Positionierung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Neben der oben zitierten Fehldeutung der aktuellen Literatur zum maritimen Rüstungswettlauf und seiner Rückwirkung auf Großbritannien wird ein weiterer Aspekt verkannt: die ökonomische Zuspitzung in der letzten Juli-Woche, und der über liberale und konservative Kreise dadurch erzeugte Druck auf die Regierung bzw. das Umschlagen der Meinung in den Finanzkreisen der City.

Die Panikreaktionen der Öffentlichkeit schlugen sich in den letzten Juli-Tagen voll auf die Finanz- und Wirtschaftsmärkte nieder. Dieser Aspekt wird zB von Ferguson aufgegriffen, jedoch völlig unzureichend und in eher populärwissenschaftlicher Weise.

Fach-Literatur dazu, insbesondere die neusten Publikationen von Roberts zum shutdown der Börsen, zum Goldabfluss der Zentralbank, und zu Panikreaktionen in Bezug auf die nun erwarteten ökonomischen Folgen eines Kriegsausbruches:

Roberts, Richard, Saving the City: The Great Financial Crisis of 1914 (2013)
Roberts, Richard, ‘The London Financial Crisis of 1914,’ in: Baubeau, Patrice und Anders Ogren (Ed.) Convergence and Divergence of national Financial Systems: Evidence from the Gold Standards, 1871-1971 (2010) S. 161-177.
Roberts, Richard, Brian Reading and Leigh Skene, Sovereign Rescues: How the forgotten financial crisis of 1914 compares with 2008-2009 (2009)
Seabourne, Teresa, ‘The summer of 1914,’ in: Forrest Capie and Geoffrey Wood (Ed.), Financial crises and the world banking system (London 1986) S.77-119.
Morgan, E. Victor, Studies in British Financial History (London 1952)
Wormell, Jeremy, The Management of the National Debt of the United Kingdom, 1900- 1932 (London 2000)

Diese in wenigen Tagen eskalierte Kriegsangst führte zum Zusammenbruch der Börse, außerdem intervenierten die Finanz- und Industriesektoren der "City" auf allen politischen Kanälen, dass ein europäischer Krieg auch ohne Beteiligung Großbritanniens zum Zusammenbruch des Handels führen würde.

In der Politik verdichtete sich damit das Bild, dass ein "unbeschadetes" Beiseite-Stehen - quasi eine Zuschauerrolle - Großbritanniens in dem drohenden kontinentaleuropäischen Krieg FRA/RUS/DR/ÖU nicht denkbar ist. Vom erwarteten Schadenseintritt wurde gleichgültig, ob sich GB direkt beteiligt oder auch nicht. Die Position derjenigen, die bis zum 29.7.1914 eine Nicht-Interventions-Rolle von Großbritannien zur Abwehr von Schäden und Verlusten vertraten, sich unter keinen Umständen in diesen Krieg hineinziehen um lassen, wurde dadurch schwer erschüttert und letztlich der Boden entzogen.

Diese Lageanalyse vermengte sich
1. mit der militärisch-politischen, auf die noch eingegangen werden muß.
2. mit dem Blockade-Kriegsszenario und der "Short-War-Illusion".
 
Offen sind unverändert die Lageaspekte, die zum überraschenden und sehr schnellen Kippen der britischen Haltung zum Kriegsausbruch führte.

Sie sind oben angedeutet:

1. die politisch-strategische Lageanalyse von Crowe nach dem ÖU-Ultimatum, der sich kettenartig letztlich die Akteure anschlossen.
2. die Eskalation in der City in den letzten Julitagen
-> beide Aspekte suggerierten katastrophalen Schaden für GB sowie Gleichwertigkeit des Schadens, egal ob man sich heraushält oder am Krieg beteiligen würde.
3. der Strategiestreit um den "schnellen" Krieg und die strategische Fehlkalkulation betreffend Wirksamkeit der britischen Blockade.

Alle drei Aspekte sind als Einheit zu sehen, jeder für sich notwendige Bedingung, und erklären in Summe und Kombination "hinreichend" die Wende.

Die vorsichtig optimistische Lageanalyse zum deutsch-britischen Verhältnis bis zum Juni 1914, vor der Krise, beschreibt Otte, The Foreign Office Minds:

"For his part, Crowe argued that the force of geopolitical circumstances would lead to some form of realignment between Britain and Germany. The developments in South Eastern Europe carried ‘the growing risk of a weakened Austria and a strengthened Russia’. This alone was ‘more likely to bring and keep us and Germany in touch than any amount of twaddle, Tirpitzian or otherwise, about naval standards and arithmetical equations’. Indeed, during the recent convulsions in the Balkans, Berlin had cooperated loyally with British diplomacy in an effort to contain the crises there. Tyrrell interpreted this as vindication of Britain’s recent policy towards Germany: ‘I have always thought that once the two Gov[ernmen]ts could find their common field of action, they would be found acting together almost automatically. For that reason I have always thought the efforts to create cooperation when one’s interests are substantially in opposition a mistake: artificial ententes make for bad relations."

Genau diese "Automatik" des Acting Together funktionierte hier nicht, aus bestimmten aufzuzeigenden Gründen.

P.S. Nebenbei ist die Auslassung von Crowe ganz interessant, um ein differenziertes Bild zu bekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwei weitere "Eckpunkte" in der Wahrnehmung des Verlaufes der Julikrise im Foreign Office (bis zum 24.7.1914 war die Zuspitzung auf den Europäischen Krieg nicht wirklich begriffen worden):

1. die nicht ernsthaft bezweifelte Vermutung in London, dass hinter einer harten Haltung von ÖU nur eine Zusage des Deutschen Reiches auf Beistand gegen Russland stecken könne

2. die Unberechenbarkeit der Entscheidungen in der deutschen Zentrale in Berlin, sozusagen der Nebel der Krise. Plakativ äußerte sich dazu Goschen, britischer Botschafter in Berlin mit deutschen Wurzeln:

"Indeed, Goschen was painfully impressed by the confusion at the very heart of German politics:
'I must say that on coming to Berlin I expected to find order in affairs developed to the highest point. What I do find is more muddle, more confusion, than I have found in any country during my 35 years experience. Chaos is the only word for it – and the admitted failures of German diplomacy during recent years is [sic] the result thereof.'
Cartwright’s pointed question as to who was master at Berlin was one that preoccupied many European diplomats. The Kaiser’s volatile public and private persona, his ‘impulsive nature’, were a source of concern for the ‘Foreign Office mind’. Tyrrell summed up the German ruler as ‘a man of words – a truly modern Emperor: in fact, the Winston [Churchill] of Germany’"


Hierbei ist nicht wichtig, ob diese Einschätzung des Chaos in Berlin und der Unberechenbarkeit aus Sicht der britischen Diplomatie zutreffend oder völlig überzogen gewesen ist. Wichtig ist, dass dieser Eindruck vorherrschend war (findet sich allerdings nicht nur in der britischen, sondern querbeet in der internationalen Diplomatie) und Entscheidungen mit beeinflusste.

Zur umlaufenden Bezeichnung "Winston of Germany" hat Otte übrigens einen Aufsatz verfasst.
 
Die Julikrise ist immer noch schwer zu begreifen. Gerade nach der Marokkokrise teil verbesserten sich die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich. Man sprach schon cordial relations. Und Nicolson, nicht gerade ein Freund der Deutschen, bescheinigte Kiderln-Wächte, nach dessen Tod im Dezember 1912, dass dieser ehrlich um den Erhalt der Einigkeit der Mächte und den Frieden bemüht gewesen sei. Beim Neujahrsempfang 1913 sprach Wilhelm anglegentlich mit dem britischen Botschafter Goschn, ganz anders als im Jahre zu vor. Wilhelm sprach gegenüber den Briten von Freunden.
Grey machte Bethmann dem Vorschlag mäßigend auf die Öffentlichkeit der beiden Länder einzuwirken. Bethmann nahm an und beide Politiker äußersten sich in ihren Parlamenten eentsprechend. Im Zuge der Balkankriege hat man gemeinsam schlimmers verhütet, wobei Berlin die erhebliche Verärgerung seines Bündnispartners in Kauf nahm. Es wurde auf verschiedenen Ebenen an der Wiederherstellung des Vertrauens gearbeitet.
 
Es wurde auf verschiedenen Ebenen an der Wiederherstellung des Vertrauens gearbeitet.

Wurde die Vertrauensbasis, die bis Ende 1913 miteinander "erarbeitet" wurde, nicht dadurch beschädigt - wenn nicht gar zur Gänze zerstört - das Berlin durch geheime Kanäle von einer bevorstehenden Marinekonvention zwischen England und Russland erfuhr, welche Grey trotz besseren Wissens leugnete? Wie konnte man jetzt noch auf deutscher Seite von einer Vertrauensbasis sprechen? Obwohl Einzelheiten nicht bekannt wurden, musste in Berlin der Verdacht aufkommen dass England "falsch" spielt. Vertrauen setzt Ehrlichkeit voraus und daran schien es auf englischer Seite zu mangeln. Zu dem Gefühl der "Einkreisung" kommt in der Julikrise jetzt noch die Aussicht auf ein "Erdrückt-werden" durch die Triple-Entente, wenn nicht jetzt dann aber später um so sicherer. Die fehlende Vertrauensbasis zwischen Deutschem Reich und Großbritannien trug dazu bei, den "Sprung ins Dunkle" zu wagen - wenn nicht jetzt, wann dann!? Deshalb waren auch sämtliche Vermittlungsbemühungen von englischer Seite während der Julikrise nicht zielführend.

Wäre es eventuell denkbar, dass ein Spiel mit "offenen Karten" durch Grey (bei deutschen Nachfragen an England in puncto Marinekonvention GB-Russland) zu einem anderen Ausgang der Julikrise (diplomatischer Erfolg ÖU, kein Krieg mit Serbien bzw. kein Präventivkrieg durch das Deutsche Reich) hätte führen können?
 
Ich glaube eher nicht. Denn an den eigentlichen Tatbestand, der von den Männern der Wilhelmstraße als bedrohlich, um nicht zu sagen beängstigend, empfunden wurde, hätte sich ja nichts geändert.

Grey war in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite war er durchaus willes die Triple Entente zu verteifen und auszubauen, auf der anderen wollte er aberauch durchaus gute Beziehungen zum Deutschen Reich unterhalten. Seine Priorität lag aber eindeutig bei der Triple Entente. Und es ist darauf hinzuweisen, das diese Verhandlungen eine unmittelbare Folge der Liman von Sanders Krise waren und auf nicht unerhebliche russischen Druck zustande gekommen sind. Und die Briten waren von den Russen durchaus erpressbar. Als Stichworte mögen Persien und Indien genügen.

Bethman war schwer getroffen und sprach in diesem Zusammenhang vom letzten Glied der Kette der Einkreisung. Da war sie wieder da, die Einkreisungsphobie. Das hier das Vertrauen erschüttert wurde, das klar und ein zukünftiges erfolgreiches friedenserhaltendes Krisenmanagement wie in den vergangenen Jahren, war zumindest in Frage gestellt.

Hervorragend und sehr erschöpfend zu diesem Komplex ist Stephen Schröder, Die englisch-russische Marinekonvention. Das Werk ist übrigens in deutsch und zum Thema sicher ein Standardwerk.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube eher nicht. Denn an den eigentlichen Tatbestand, der von den Männern der Wilhelmstraße als bedrohlich, um nicht zu sagen beängstigend, empfunden wurde, hätte sich ja nichts geändert.

Es bestand doch nun subjektiv die Gefahr, dass sich England (heimlich) dem Zweierverband aus Frankreich und Russland auch vertraglich anschloss; denn so musste es in den Augen der deutschen Politik jetzt aussehen. Die Bedrohungslage wäre dann zukünftig höher einzuschätzen, nämlich dass ein solcher Dreierverband Deutschland förmlich erdrücken wird, ungeachtet aller deutscher militärischer Planung und Aufrüstung? Kommt es zu dem Dreierverband - Deutschland hätte es ja nicht verhindern können -, so konnte man sich in Berlin von jeglichen "Weltmacht-" wie auch Großmachtansprüchen verabschieden, dann war man der feindlichen Koalition ausgeliefert, musste sich anpassen ohne provokant zu sein.

Deutschland setzte im Juli alles auf eine Karte, auch das "Restvertrauen", was zwischen England und Deutschem Reich übrig geblieben war: Erstens in der Hoffnung England vermutet nicht Berlin hinter der Politik Wiens, zweitens der Ein- und Durchmarsch durch Belgien bliebe folgenlos. Insofern kann man auch argumentieren dass es gerade dieses "Vertrauen" war, was das "Zündeln am Pulverfass" ermöglichte?

@Turgot: die Buchempfehlung "Stephen Schröder" ist klasse, habe mal in den Excerb reingelesen, aber 89 Euronen sprengt den Rahmen...
 
Wäre es eventuell denkbar, dass ein Spiel mit "offenen Karten" durch Grey (bei deutschen Nachfragen an England in puncto Marinekonvention GB-Russland) zu einem anderen Ausgang der Julikrise (diplomatischer Erfolg ÖU, kein Krieg mit Serbien bzw. kein Präventivkrieg durch das Deutsche Reich) hätte führen können?

Von Turgot werden die entsprechenden Punkte bereits genannt. Obwohl die Geheimniskrämerie von Grey in "bester Absicht" als "Schutz" von Bethmann gedacht war, um den anglophoben Kräften, wie Tirpitz oder Falkenhayn, keinerlei zusätzliche Argumente zu liefern, konterkarierte die geheime und halbherzige Durchführung der Gespräche diese Intention und bewirkte ausgerechnet bei Bethmann und auch bei Moltke das Gegenteil und überzeugte gerade sie, wie unten von Turgot ausgeführt, von der Idee der "Einkreisung". Allerdings mit starkem "kulturpessimistischem" Blick nach Osten.

Bethman war schwer getroffen und sprach in diesem Zusammenhang vom letzten Glied der Kette der Einkreisung.

In diesem Sinne waren die anglo-russischen Gespräche in der Anlage durch Grey objektiv und faktisch für den Rüstungswettlauf nicht bedeutsam, aber sie verstärkten bei Bethmann und Moltke die Bedrohungsvorstellung. Hauptsächlich aber vor dem Hintergrund der Bedrohungsvorstellung durch das russsiche Reich, das in seinen Möglichkeiten in 1914 deutlich in den Regierungskreisen - vor allem durch Moltke - überzeichnet wurde.

Insofern verstärkten die anglo-russischen Gespräche - als ein Moment - im Juli 1914 sicherlich die Bereitschaft im DR ein militärisch hohes Risiko einzugehen, indem man Ö-U militärische Unterstützung zusagte.

In der psychologischen Bedeutung, und Turgot wies bereits auch auf die Liman v. Sanders Affäre hin, können beide Äffären verglichen werden. Diese Affäre am Bosporus hatte in der russischen Regierung und der russischen Öffentlichkeit die bellizistische Haltung nicht unerheblich verstärkt.

In diesem Sinne kamen Mitte 1914 in diesen beiden Ländern psychologische Faktoren zum Tragen, die die subjektiv denkbaren Entscheidungsspielräume der Regierungen und der Armee in Richtung auf eine kriegerische Lösung reduzierten. Sie waren, ohne sie entschuldigen zu wollen, alle die "Kinder ihrer Zeit" und dachten natürlich in diesen Kategorien, wie einem kriegerischen Sozialdarwinismus und dazu kann man als typischen Vertreter dieser Sicht, die Person von Falkenhayn anführen.

Und es mutet rückwirkend in der Tat erstaunlich an, das die "schlechten Taten" schneller das Vertrauen zwischen GB und dem DR reduzieren konnten wie die positiven Erfahrungen aus 1913, in denen kooperativ Lösungen für den Balkan gefunden wurden und ebenso eine Lösung für die Kolonien zwischen GB und dem DR jederzeit möglich gewesen wäre.

Es gab absolut keine Probleme zwischen GB und dem DR, die objektiv gesehen einen Krieg hätten rechtfertigen können. Das gilt nebenbei auch für das objekte Verhältnis zwischen dem DR und Frankreich und Russland.

Der "unkontrollierte" Stress kam vom Balkan, wo die Büchse des "Nationalismus" und seiner ethnischen Konflikte nach zwei Kriegen unkontrolliert weiterhin wirkte.
 
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Franz-Ferdinand schrieb:
Es bestand doch nun subjektiv die Gefahr, dass sich England (heimlich) dem Zweierverband aus Frankreich und Russland auch vertraglich anschloss; denn so musste es in den Augen der deutschen Politik jetzt aussehen.

Ein Vertrag hätte durch das britische Parlement müssen und dadurch wäre es auch öffentlich bekannt geworden.

Die Geheimdiplomatie funktionierte aber nur ohne Parlament.:)
 
Ein Vertrag hätte durch das britische Parlement müssen und dadurch wäre es auch öffentlich bekannt geworden.

Ist das so? Wie verhielt es sich denn mit der seit 1904 bestehenden "Entente Cordiale" zwischen Großbritannien und Frankreich? Auch hier wurden keine rechtlichen (vom Parlament gebilligte, damit öffentlich bekannte) Verpflichtungen seitens Großbritanniens gegenüber Frankreich eingegangen? Auch ohne Verpflichtung stand man Frankreich in den Marokko-Krisen zur Seite? Faktisch kam GB um den Kriegseintritt zugunsten Frankreichs 1914 nicht umhin (Deckung der französischen Küste durch die Home Fleet) obwohl die "(Bündnis)Verpflichtung" nicht vorlag. Der Eintritt in den Krieg aufgrund des deutschen Überfalls auf Belgien war doch ein (legaler) Notgriff, denn später (Griechenland) nahm man es mit der Neutralität der Kleinstaaten britischerseits auch nicht so eng! Ein Rückzug auf rein "vertragliche Verpflichtungen" gegenüber Frankreich und der theoretisch mögliche "Nicht-Kriegseintritt" im August 1914 hätte das Verhältnis zu Frankreich zerstört und dem Ansehen Großbritanniens in den Augen der Welt sehr geschadet. So unterlag Großbritannien keinen vertraglichen wohl aber moralischen Verpflichtungen.

Konnte man den in Berlin ausschließen, dass es sich bei den anstehenden Verhandlungen zwischen London und St.Petersburg bezüglich der Marinekonvention um einen "Geheimvertrag" handelte? Als Geheimvertrag wäre es wahrscheinlich nicht um eine Aussprache im Parlament gekommen.

Die Gefahr des Zwei-fronten-Kriegs war seit dem französisch-russischem Beistandspakt faktisch da. Diesem begegnete das Deutsche Reich mit Aufrüstung und verbesserter militärischer Planung, wie beispielsweise kürzer Mobilisierungszeit. Das erwiderte der Zweier-Verband auf französischer Seite mit der 3-jährigen Dienstpflicht und russischerseits mit dem Ausbau der strategischen Bahnen nach Westen, was auch hier zu einer letztlich verkürzten Mobilisierungsphase führen würde. Diese "Qualitative Verbesserung" sah man zeitlich um 1916/17 erreicht - ab dann wäre auch der bestehende Feldzugsplan (Schlieffenplan) nicht mehr umsetzbar. Zu dieser "Phobie" gesellt sich jetzt die Erkenntnis über britisch-russische Verhandlungen, und, schlimmer noch: es wird britischerseits geleugnet! Auch wenn sich durch eine Marinekonvention die Bedrohungslage des Reichs objektiv nicht (weiter) verschlechterte, so führte sie doch bei den Protagonisten im Generalstab subjektiv zu einer Verfestigung des bereits seit 1912 angedachten Präventivkriegsgedanken, bildet bildlich gesprochen den Schlussstein.
 
Die Julikrise ist immer noch schwer zu begreifen. Gerade nach der Marokkokrise teil verbesserten sich die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich. Man sprach schon cordial relations. Und Nicolson, nicht gerade ein Freund der Deutschen, bescheinigte Kiderln-Wächte, nach dessen Tod im Dezember 1912, dass dieser ehrlich um den Erhalt der Einigkeit der Mächte und den Frieden bemüht gewesen sei. Beim Neujahrsempfang 1913 sprach Wilhelm anglegentlich mit dem britischen Botschafter Goschn, ganz anders als im Jahre zu vor. Wilhelm sprach gegenüber den Briten von Freunden.
Grey machte Bethmann dem Vorschlag mäßigend auf die Öffentlichkeit der beiden Länder einzuwirken. Bethmann nahm an und beide Politiker äußersten sich in ihren Parlamenten eentsprechend. Im Zuge der Balkankriege hat man gemeinsam schlimmers verhütet, wobei Berlin die erhebliche Verärgerung seines Bündnispartners in Kauf nahm. Es wurde auf verschiedenen Ebenen an der Wiederherstellung des Vertrauens gearbeitet.

Die diversen Entspannungen im deutsch-britischen Verhältnis konnten in der Juli-Krise nicht wirken. Otte, The Foreign Office Mind 1865-1914, erklärt das wie folgt:

- ein britischerseits wahrgenommener, inzwischen unterstellter "Kontrollverlust" bei möglichen diplomatischen Krisen. 1914 - vor dem Attentat! - ist voll von pessimistischen Darstellungen zur Entwicklung der Weltlage, zu Veränderungen der Kräftekonstellationen, zur künftigen globalen Bedrohungslage von Großbritannien durch Russland, zur nach britischer Wahrnehmung nicht auzuhaltenden "desintegration" von ÖU mit nicht mehr kalkulierbaren Reaktionen Russlands, Österreichs und Deutschlands.

- weil die Entspannung "oberflächlich" blieb: die Entspannung beim maritimen Wettrennen wurde darin gesehen, dass DR, am Rande seiner finanziellen Kapazitäten, die Rüstung auf das Heer gegen Frankreich und Russland umorientieren müsse, überdies sich nicht aussschließlich gegen GB, sondern auch auf die französische und russische Marinerüstung konzentrieren, also "aufteilen" müsse. Wenn Du oben Wilhelm zitierst: Tage vor den "britischen Freunden" fand die Besprechung vom Dezember 1912 statt, genannt "Kriegsrat". Auslöser: Großbritannien und die klare diplomatische Note, dass ein deutscher Angriff auf Frankreich Großbritannien in einen Krieg ziehen würde. Nichts zeigt deutlicher, dass diese Kernaspekte der Politik deutlich zu trennen sind von Entspannung in nachgeordneten, "peripheren Fragen".

- massiver Vertrauensverlust: als Urheber der Julikrise - falsch oder richtig, kann dahingestellt bleiben, hier kommt es nur auf den Vertrauensverlust an - wurde eine deutsche Rückgarantie für ÖU-Kriegsabsichten und aggressives Vorgehen auf dem Balkan gesehen. Dass dieses deutscherseits verheimlicht bzw. dementiert wurde, machte den Vertrauensverlust nur schlimmer.

- massive britische Fehleinschätzung des Ernstes der Krise im anfänglichen Verlauf der Juli-Krise, und insbesondere Fehleinschätzung des Willens der sonstigen Akteure zum "Zuschlagen" bis zum österreichischen Ultimatum, kombiniert mit gleichzeitig wirkmächtigen Anti-Kriegs-Gruppen in der britischen Gesellschaft in der Juli-Krise bis in die letzte Dekade des Julis 1914 hinein. Das innenpolitische "Kippen" in Großbritannien verstärkte die Dramatik der Abläufe. Mit der Zuspitzung wurde jede frühere Vertrauensbasis im deutsch-britischen Verhältnis bedeutungslos, was die Dramatik nur verschärfte.

Die vorherige deutsch-britische Entspannung konnte aufgrund dieser Rahmenumstände keinerlei Wirkung in der Juli-Krise zeigen. Darin kann man auch keinen Widerspruch sehen, sondern dies ist geradezu Teil der Krisendynamik. Wenn man die Betrachtung sozusagen auf den Kopf stellt, könnte man umgekehrt plausibel annehmen: schärfere britisch-deutsche Spannungen im Vorfeld des Sarajewo-Attentats hätten sicher eine ganz andere Bewertung des deutschen Risikokalküls von B-H, nämlich Abschreckung vor einem "Blankoscheck", bewirkt. Das zeigt gerade das Zurückschrecken vor der diplomatischen Drohkulisse des Dezember 1912. Die deutsch-britische Entspannung wäre dann - fatalerweise! - ein Faktor, der die Politik des "kalkulierten Risikos" sogar begünstigt hat.

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Bevor das untergeht: Oben hatte ich mit den neueren Darstellungen zur britischen Kriegsentscheidung in der Juli-Krise begonnen: was hältst Du von den Erklärungsansätzen?
 
Zu dieser "Phobie" gesellt sich jetzt die Erkenntnis über britisch-russische Verhandlungen, und, schlimmer noch: es wird britischerseits geleugnet! Auch wenn sich durch eine Marinekonvention die Bedrohungslage des Reichs objektiv nicht (weiter) verschlechterte, so führte sie doch bei den Protagonisten im Generalstab subjektiv zu einer Verfestigung des bereits seit 1912 angedachten Präventivkriegsgedanken, bildet bildlich gesprochen den Schlussstein.

Mit der Phobie liegst Du richtig, Hoffmann nennt das "Besessenheit" und listet im Anhang 68 Quellen seit Oktober 1912 mit deutschen Spekulationen über einen Präventivkrieg auf.

Die Einschätzung der Bedeutung der Gespräche und Ereignisse um die Marinekonvention entspricht dagegen der älteren Literatur um Hölzl und Rauh (aufgewärmt und konträr zum Forschungsstand von McMeekin und Münkler). siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/f58/d...kommen-1912-14-a-32681/index7.html#post710126
#121, 126, 128ff.
 
Franz-Ferdinand schrieb:
Ist das so? Wie verhielt es sich denn mit der seit 1904 bestehenden "Entente Cordiale" zwischen Großbritannien und Frankreich? Auch hier wurden keine rechtlichen (vom Parlament gebilligte, damit öffentlich bekannte) Verpflichtungen seitens Großbritanniens gegenüber Frankreich eingegangen? Auch ohne Verpflichtung stand man Frankreich in den Marokko-Krisen zur Seite? Faktisch kam GB um den Kriegseintritt zugunsten Frankreichs 1914 nicht umhin (Deckung der französischen Küste durch die Home Fleet) obwohl die "(Bündnis)Verpflichtung" nicht vorlag. Der Eintritt in den Krieg aufgrund des deutschen Überfalls auf Belgien war doch ein (legaler) Notgriff, denn später (Griechenland) nahm man es mit der Neutralität der Kleinstaaten britischerseits auch nicht so eng! Ein Rückzug auf rein "vertragliche Verpflichtungen" gegenüber Frankreich und der theoretisch mögliche "Nicht-Kriegseintritt" im August 1914 hätte das Verhältnis zu Frankreich zerstört und dem Ansehen Großbritanniens in den Augen der Welt sehr geschadet. So unterlag Großbritannien keinen vertraglichen wohl aber moralischen Verpflichtungen.

Ja.

Du sprachst ja von einer vertraglichen Bindung. Die Marinegespräche wurden, mit deutscher Nachhilfe, der britischen Öffentlichkeit bekannt. Es kam zur entsprechenden Anfrage in Parlament, in der Grey die Wahrheit ableugnete. Ich persönlich bin mir nicht so sicher, ob beispielsweise die Triple Entente ein dauerhafte zukunft gehabt hätte. Sie war in der britischen Öffentlichkeit nicht mehr so beliebt; ich spiele gezielt auf Russland an. Die "Zumutungen" in Persien und Afghanistan waren immer wieder Streitpunkte. Wenn ich mich korrekt erinnere stand im Jahre 1915 die Erneuerung auf der Tagesordnung und wenn Deutschland einfach zugewartet hätte, dann wären für das Reich möglicherweise hoch interessante Perspektiven entstanden.
 
Ja.

Du sprachst ja von einer vertraglichen Bindung. Die Marinegespräche wurden, mit deutscher Nachhilfe, der britischen Öffentlichkeit bekannt. Es kam zur entsprechenden Anfrage in Parlament, in der Grey die Wahrheit ableugnete. Ich persönlich bin mir nicht so sicher, ob beispielsweise die Triple Entente ein dauerhafte zukunft gehabt hätte. Sie war in der britischen Öffentlichkeit nicht mehr so beliebt; ich spiele gezielt auf Russland an.
Die "Zumutungen" in Persien und Afghanistan waren immer wieder Streitpunkte.

Wenn ich mich korrekt erinnere stand im Jahre 1915 die Erneuerung auf der Tagesordnung und wenn Deutschland einfach zugewartet hätte, dann wären für das Reich möglicherweise hoch interessante Perspektiven entstanden.


Nicht zu vergessen der Doggerbank Zwischenfall, als die auslaufende russische Pazifikflotte Ende Oktober 1904 auf der Höhe von Hull mehrere englische Fischerboote irrtümlich torpedierte was beinahe zu einem britisch - russischen Krieg geführt hätte.
 
Nicht zu vergessen der Doggerbank Zwischenfall, als die auslaufende russische Pazifikflotte Ende Oktober 1904 auf der Höhe von Hull mehrere englische Fischerboote irrtümlich torpedierte was beinahe zu einem britisch - russischen Krieg geführt hätte.

Da wurde ja sehr schnell und überraschend von interessierten Kriesen wieder dem Deutsche Reich die Schuld gegeben. Die britische Presse war da nicht zimperlich.
 
silesia schrieb:
Mit der Phobie liegst Du richtig, Hoffmann nennt das "Besessenheit" und listet im Anhang 68 Quellen seit Oktober 1912 mit deutschen Spekulationen über einen Präventivkrieg auf.

Der Begriff kommt von mir.

Turgot schrieb:
Bethman war schwer getroffen und sprach in diesem Zusammenhang vom letzten Glied der Kette der Einkreisung. Da war sie wieder da, die Einkreisungsphobie. Das hier das Vertrauen erschüttert wurde, das klar und ein zukünftiges erfolgreiches friedenserhaltendes Krisenmanagement wie in den vergangenen Jahren, war zumindest in Frage gestellt.

Zu den englischsprachigen Zitaten kann ich aus bekannten Gründen nicht Stellung nehmen.

Schon aus wirtschaftlichen Gründen hätten Großbritannien, Frankreich und das Deutsche Reich kein krieg gegeneinander führen dürfen. Man betrieb Handel in gewaltigen Umfang miteineinander und es gehörte keine prophetische Begabung dazu, um die enormen Schäden vorauszusehen.

Davon einmal abgesehen, ist die Rolle Großbritanniens in der Julikrise wohl die, die am wenigsten Schuld auf sich geladen hat. Grey, da stimme ich vollkommen zu, hat zu Beginn der Krise, und mit ihm das ganze Foreign Office, den Fokus auf eigene Probleme, Stichwort Irland, gerichtet und damit ist hier ein Versagen der britschen Diplomatie zu konstatieren.

Als die Briten endlich bemerkten was los ist, war Grey seine Rolle nicht eben glücklich. Er verabsäumte es deutlich und unmissverständlich Poasition zu beziehen; obwohl Lichnowsky nach Berlin ganz klare Signale sendete.

Die Entspannung konnte aufgrund der Blocksituation m.E. nicht weiter gedeihen, obwohl Berlin immer in Richtung London Interesse an mehr bekundete. Man war den Briten ja auch wirklich sehr weit entgegengekommen und hat, Flottenrüsten einmal ausgekelammert, die Streitpunkte beigelegt. Nur Grey war "verliebt" in die Triple Entente; nicht ganz unverständlich ,denn die bot Großbritannien erheblich mehr als ein Bündnis mit dem Deutschen Reich. Nur war man sich im Foreign Office auch der Risikien, übrigens auch in Paris, bewußt und hat diese in Kauf genommen. Man war schlicht egoistisch und rücksichtslos.

Auf Seiten Londons gibt es kein Äuqivalent zu Bethmann Weltbrandtelegramme nach London. Das ist ein Versäumnis.
 
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