Neue Entdeckungen bei Stonehenge

Seit den 70er Jahren verfolge ich die Ausgrabungen / Entdeckungen wie gleichermaßen sämtliche um Stonehenge aus dem Boden schießenden Theorien - das umso mehr, als Verwandte im sehr nahen Salisbury (8 miles) wohnen, die ich oft besuche, mithin auch das megalithische Rätsel.
Vielleicht sollte "man" tatsächlich einmal die immer neuen Ausgrabungen und deren Ergebnisse abwarten, um ein "vorläufig abschließendes" Fazit zu ziehen, bevor man parallel zu neuen Entdeckungen neue Thesen aufstellt.
Dies ist lediglich ein Rat, da ich ein gebranntes Kind bin: In einem (einstigen) Archäologie-Forum schossen nahezu tagtäglich neue Spekulationen ins Kraut...
FD
 
Anscheinend war Stonehenge ein Teil eines größeren Kulturzentrums.

Und "Stonehenge war nicht allein":

Gewaltiger Steinkreis nahe Stonehenge entdeckt - Wissen - Sddeutsche.de

"Stonehenge war nicht alleine: Der Steinkreis in England, den Archäologen jetzt in der Nähe gefunden haben, liegt tief unter der Erde - und ist gewaltig.
...
Wissenschaftler haben in England in der Nähe von Stonehenge einen gewaltigen, mehr als 4500 Jahre alten Steinkreis gefunden. Mit Hilfe von Radarsonden sei es gelungen, eine Anordnung von bis zu 90 Steinen zu rekonstruieren, die in C-Form einst einen Durchmesser von 500 Metern hatte, erklären die Forscher."
 
Bzgl. der Baumstamm-Kreise bei Stonehenge ist nun eine Vordatierung nach Radiokarbon-Untersuchungen erfolgt: die Anlagen zu vermutlich kultischen Zwecken ist ca. 800 Jahre älter als die Steinformationen.

Huge Timber Monument in England Has Been Found To Predate Stonehenge by 800 Years - ScienceAlert
Date breakthrough at prehistoric site in Avebury - BBC News

Eine ältere Meldung zu der Entdeckung der Kultstätte:
Steinzeitliche Kultstätte: Forscher entdecken Stonehenge aus Holz - SPIEGEL ONLINE

Interessant wäre, die Datierungen mit den Besiedlungsschüben auf der Insel abzugleichen.
 
Ganz schön kompliziert mit den ganzen Henges in England (Stonehenge, Woodhenge, Blue(stone)henge ...). Dass man nicht durcheinander kommt, sollte man sich das mal auf einer Karte ansehen. Die aktuell datierten Holzpalisaden-Kreise, auf die Silesia hinweist, sind ca. 37 km nördlich von Stonehenge in der Nähe des Steinkreises von Avebury. Der verlinkte Spiegel-Artikel berichtet über einen Fund 900 m von Stonehenge entfernt. Woodhenge befindet sich 3,2 km nordöstlich von Stonehenge bei Amesbury. Blue(stone)henge befindet sich 1,6 km südöstlich von Stonehenge. Sorry, wenn es verwirrend ist :)
 
Gerade weil es verwirrend ist: Besten Dank für die erläuternden Hinweise.

Der ältere Spiegel-Artikel mit den "Holzkreise" hat demnach nicht denselben Bezug bzw. betrifft dieselben Objekte wie bei den nun aktuellen Datierungen? Das sind zwei verschiedene Standorte?
 
Meinem Verständnis nach sind es zwei unterschiedliche Standorte. Avebury ist ca. 37 km nördlich von Stonehenge. Die englischen Presselinks berichten auch von der Originalausgrabung 1987, während der Spiegellink von neuen Entdeckungen (2010) berichtet, die 900 m von Stonehenge entfernt sind. Auch der Durchmesser scheint unterschiedlich zu sein.
 
Weiter zu Avebury:

Archaeologists Find That Prehistoric Stone Circle Has A Hidden Square | IFLScience

Archaeologists Find That Prehistoric Stone Circle Has A Hidden Square:

It turns out that a massive prehistoric stone megalith known as the Avebury stone circle is actually a square.

The megalith was built over a period of centuries around 5,000 years ago near the village of Avebury in Wiltshire, UK. The Neolithic monument is one of the biggest stone henges of its kind in the world, measuring 330 meters (1,082 feet) in diameter. It originally consisted of 100 huge standing stones with a central obelisk. Some of the inner stones measure up to 4.8 meters (15.7 feet) high, with the obelisk measuring 6.4 meters (21 feet) in height.

Using a combination of soil resistance surveys and ground-penetrating radar, archaeologists led by the University of Leicester have now discovered “hidden” missing stones, which show that the earliest structures at the site were in the shape of a square.
 
Es gibt eine neue Publikation in der PNAS, die einen Erklärungsansatz über Herkunft und zeitliche Sortierung der megalithischen Strukturen in Europa vorstellt:

Publikation derzeit im freien download als early edition
Radiocarbon dates and Bayesian modeling support maritime diffusion model for megaliths in Europe

Presse, Zusammenfassung aus der LiveScience
Prehistoric Sailors May Be Responsible for Stonehenge, Other Megaliths


Abstract ~ deepL

Jahrtausendelang bauten prähistorische Gesellschaften monumentale Grabbauten und errichteten in den Küstenregionen Europas Steinstrukturen (4500-2500 kalibrierte Jahre v. Chr.). Unser Verständnis vom Aufstieg dieser megalithischen Gesellschaften ist umstritten und lückenhaft; der Ursprung für die Entstehung megalithischer Architektur in verschiedenen Regionen ist seit über 100 Jahren umstritten und diskutiert. Das hier vorgestellte Ergebnis, basierend auf Analysen von 2.410 Radiokohlenstoffdaten und hochpräzisen Chronologien für megalithische Standorte und verwandte Zusammenhänge, deutet auf maritime Mobilität und interkulturellen Austausch hin. Wir plädieren für die Hypothese, dass die Übertragung des megalithischen Konzepts auf Seerouten aus dem Nordwesten Frankreichs erfolgte, und dass eine entwickelte Seefahrt im megalithischen Zeitalter bestand.

Abstract: Es gibt zwei konkurrierende Hypothesen für die Herkunft der Megalithen in Europa. Die konventionelle Sichtweise aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war von einer Single-Source-Diffusion von Megalithen in Europa vom Nahen Osten über das Mittelmeer und entlang der Atlantikküste geprägt. Nach der frühen Radiokohlenstoffdatierung in den 1970er Jahren entstand eine alternative Hypothese über regionale unabhängige Entwicklungen in Europa. Dieses Modell hat die Megalith-Forschung bis heute dominiert. Wir haben einen Bayes'schen statistischen Ansatz auf 2.410 derzeit verfügbare Radiokohlenstoff-Ergebnisse aus megalithischen, teils prämegalithischen und zeitgleichen nicht-megalithischen Kontexten in Europa angewandt, um diese langjährige Debatte zu lösen. Die Radiokohlenstoff-Ergebnisse deuten darauf hin, dass megalithische Gräber innerhalb eines kurzen Zeitintervalls von 200 bis 300 Jahren in der zweiten Hälfte des fünften Jahrtausends kalibriert Jahre v. Chr. in Nordwestfrankreich, dem Mittelmeer und der Atlantikküste von Iberien entstanden sind. Wir haben in drei Hauptphasen entscheidende Unterstützung für die Verbreitung von Megalithen entlang der Seeroute gefunden. Daher ist ein maritimes Diffusionsmodell die wahrscheinlichste Erklärung für ihre Expansion.
 
Vor zwei Jahren behauptete eine auf den Orkney's ansässige Deutsche mir gegenüber, dass das Zentrum der Megalithkultur auf den Orkney's gelegen habe und von dort aus über England nach Europa diffundiert sei. Ich hatte daran Zweifel aber keine Gegenargumente.
 
Wenn die Spannbreiten für die RC-Datierungen nun zutreffend gedeutet werden, und die Verbreitungshypothese daraus plausibel abgeleitet ist, hast Du Dein Gegenargument. Die Auswertung ist schon beeindruckend. Abwarten, wie das aufgenommen wird.
 
Ja, sie meinte halt, man solle sich von der geographischen Randlage der Orkney's nicht täuschen lassen, in der Megalithzeit seien diese das Zentrum und nicht die Peripherie gewesen. Man muss schon sagen, dass die Orkney's - was das Neolithikum angeht - echt reich gesegnet sind.
 
So ganz neu ist das nicht, das wurde schon in den achtziger oder neunziger Jahren in einer Terra X-Sendung (oder halt ein ähnliches ZDF-Histotainment-Format, etwa Sphinx) so dargetellt. Da haben sie experimentalarchäologisch ähnliche Steine per Floß aus Wales nach England gebracht und dort dann aufgestellt.
 
Das ist wohl so, bei vielen naturwissenschaftlichen Nachweisen gibt es ältere Hypothesen in gleicher Richtung.
Die Terra-X-Sendung betraf dann die Machbarkeit des Transports?
 
Dass ich die Sendung gesehen habe, ist mindestens 22 Jahre her, eher noch ein paar mehr. Darin wurde als Tatsache wiedergegeben, dass die Steine aus Wales kamen, der Rest der Sendung ging experimentalarchäologisch der Frage nach, wie die Steine nach Zentralsüdengland transportiert wurden. So sehr ich ja auch sonst mit Terra X und diesen Formaten auf Kriegsfuß stehe (damals stand ich sicher noch nicht auf Kriegsfuß mit diesen Sendungen), so habe ich nie einen Anlass gehabt, an der Tatsachenbehauptung der Herkunft der Steine zu zweifeln. (Aber es ist immer gut, mal zu hinterfragen, woher man eigentlich sein Wissen[?] im Einzelfall bezogen hat.)
 
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