Dummheit oder Naivität? Warum bricht die Weimarer Republik zusammen?

Ferrari123

Neues Mitglied
Hallo Leute :)
Wir beschäftigen uns im Moment mit der Frage, ob die Bevölkerung dumm oder naiv war, die NSDAP an die Macht zu lassen. Oder war es Überzeugung?
Ich habe selber schon einen Text dazu geschrieben, möchte aber noch andere Argumente anhören.
Oft wird behauptet, man wusste nicht, was Hitler wollte. Jedoch kann man dies in einigen Reden von ihm aus der Zeit schon klar erkennen. Deshalb würde ich sagen, dass es aus Überzeugung geschah, aber niemand ahnte, was wirklich auf sie zukommen wird.
Was meint ihr?
 
Dummheit oder Naivität, um historische Vorgänge zu charakterisieren, haben immer so ein Geschmäckle.

Ich bin von solcher Art Charakteristika kein Freund.
Findest da auch was in Goethes „Faust“.

Wenn man sich inhaltlich mit der Epoche beschäftigt, kommt man i.d.R. von solcher Charakteristika ab.

Eine gute Quelle ist da für diese Epoche auch die „Bundeszentrale für politische Bildung“.
Meine Empfehlung, beschäftige Dich mit den Beiträgen: „Der Untergang der Weimarer Republik“.
 
Hallo Leute :)
Wir beschäftigen uns im Moment mit der Frage, ob die Bevölkerung dumm oder naiv war, die NSDAP an die Macht zu lassen. Oder war es Überzeugung?
Ich habe selber schon einen Text dazu geschrieben, möchte aber noch andere Argumente anhören.
Oft wird behauptet, man wusste nicht, was Hitler wollte. Jedoch kann man dies in einigen Reden von ihm aus der Zeit schon klar erkennen. Deshalb würde ich sagen, dass es aus Überzeugung geschah, aber niemand ahnte, was wirklich auf sie zukommen wird.
Was meint ihr?

Das Problem bei solchen historischen Fragen ist immer, dass der Fragende schon den Gang der Geschichte kennt. Du solltest aber bedenken, dass Ende 1932 niemand hatte wissen können, was kommen wird. Viele Politiker halten ständig Reden und veröffentlichen auch zahlreiche Texte, wer hört/liest die alle?
Zudem war Deutschland tief in der Krise und viele "normale Leute" hatten wichtigeres zu tun, als jedes Argument eines Politikers gründlich abzuwägen. In den frühen 30ern wechselten die Regierungen und Reichskanzler häufig, wer hätte gedacht, dass sich ausgerechnet Hitler durchsetzen würde? Viele dachten wohl, genauso wie seine Koalitionspartner, man könne die NSDAP in Schranken halten.
Aber war das naiv? Naiv zu sein heißt, wider besseren Wissens auf etwas zu vertrauen, dass man gerne hätte. Tatsächlich würde ich aber sagen, dass es sich vielmehr um Unwissenheit handelte, da auf Basis der Erfahrungen der späten 20er und frühen 30er wohl kaum mit einem solchen kometenhaften Aufstieg der NSDAP zu rechnen war.
In den Medien wird oft der Eindruck vermittelt, Hitler hätte sich mit breiter Brust vor Deutschland gestellt und mit der Faust auf den Tisch gehauen. Tatsächlich bediente er sich brutaler Methoden, er war aber nicht der einzige. Und vor allem: die NSDAP war einer, vllt. die erste, moderne Massenpartei die sich auf neuere Techniken der Propaganda verstand. Der Fausthieb auf den Tisch kam erst später, zuerst war viel Beschwichtigung und Verschleierung.
Ich würde die Gründe eher in der Mentalitätsgeschichte und Sozialgeschichte im Allgemeinen suchen, als auf Kategorien wie Dummheit oder Naivität zurückzugreifen. Wir können ja auch nicht wissen, was morgen passiert und ob uns unsere Enkel verurteilen werden, weil wir die falschen Parteien gewählt haben.
 
Hallo Leute :)
Wir beschäftigen uns im Moment mit der Frage, ob die Bevölkerung dumm oder naiv war, die NSDAP an die Macht zu lassen. Oder war es Überzeugung?
Ich habe selber schon einen Text dazu geschrieben, möchte aber noch andere Argumente anhören.
Oft wird behauptet, man wusste nicht, was Hitler wollte. Jedoch kann man dies in einigen Reden von ihm aus der Zeit schon klar erkennen. Deshalb würde ich sagen, dass es aus Überzeugung geschah, aber niemand ahnte, was wirklich auf sie zukommen wird.
Was meint ihr?
Eure Frage ist nicht zielführend.
In einem anderen Beitrag habe ich schon einmal geschrieben, dass sich vor Jahren zur Begrüßung des Fußball-Vizeweltmeisters 1 Million Menschen in Berlin einfanden, zur Demonstration gegen die Rente mit 67 lediglich 10000.
Wenn ihr euch die Mühe machtet, zu untersuchen, wie politisch die Menschen heute denken und handeln, kämt ihr z.B. zu dem Ergebnis, dass euch wesentlich mehr Menschen sagen können, wer denn Superstar geworden ist, über TTIP z.B. würde kaum jemand etwas wissen.
In der Summe bedeutet dies, dass sich der Querschnitt der Bevölkerung - natürlich - nicht geändert hat (und sich auch nicht ändern wird) Die Menschen haben einfach andere Prioitäten im Leben (Beruf, Familie, Freizeit, was auch immer) und das ist auch völlig normal.

Eure Frage sollte daher eine andere sein. Wie war die Weimarer Gesellschaft beschaffen, dass sich "Alternativen" wie die NSDAP anbieten konnten und als Alternative wahrgenommen wurden? Und haben solche Alternativen in einer funktionierenden Gesellschaft überhaupt eine Chance? Anders gesagt, das Wahlergebnis ist nur Ausdruck der gesellschaftlichen Situation.

Grüße
excideuil
 
Hallo Leute :)
Wir beschäftigen uns im Moment mit der Frage, ob die Bevölkerung dumm oder naiv war, die NSDAP an die Macht zu lassen. ...

Zunächst kann man sich fragen, ob die "Bevölkerung" die NSDAP an die "Macht" kommen ließ. Das darf man ja bezweifeln zumal die NSDAP über keine Mehrheit verfügte.
Siehe hierzu auch http://www.geschichtsforum.de/f63/hindenburgs-rolle-beim-untergang-der-weimarer-republik-48124/ wo dieser Aspekt diskutiert wird.
 
Ich frage mich dagegen eher, ob zwischen Dummheit und Naivität wirklich eine Opposition besteht. Aber ich bin auch ein unverbesserlicher Schlauschieter...
 
Ich habe mal einen Briefwechsel überflogen, der bei der angeheirateten Verwandschaft (gutsituierte bürgerliche Ärztefamilie und beinharte Humanisten) vom Dachboden geholt wurde.
Da schrieb ein Mann seiner Verlobten in der Zeit der Machtergreifung, und es hieß sinngemäß (ich weiß den Wortlaut nicht mehr genau) "ja, was da gerade passiert ist schlimm, aber es musste ja etwas geschehen wegen der Kommunisten. Lass uns einfach ruhig bleiben und abwarten bis der Sturm vorüber ist, wir haben ja uns".
 
Ich frage mich dagegen eher, ob zwischen Dummheit und Naivität wirklich eine Opposition besteht. Aber ich bin auch ein unverbesserlicher Schlauschieter...
=)

Nachdem unser(e) Ferrari, die oder der, ja wahrscheinlich Schüler(in) ist, kommt hoffentlich keine Hausarbeit zustande, die die Lehrerin (der Lehrer), nicht versteht.

@Ferrari, sowas gibt immer eine schlechte Note. :):pfeif:
 
=)

Nachdem unser(e) Ferrari, die oder der, ja wahrscheinlich Schüler(in) ist, kommt hoffentlich keine Hausarbeit zustande, die die Lehrerin (der Lehrer), nicht versteht.

@Ferrari, sowas gibt immer eine schlechte Note. :):pfeif:

Keine Sorge ;D Ich habe die Frage hier nicht gestellt, um die Antworten stumpf abzuschreiben :D Es ging nur darum, neue Aspekte einzubringen und dieser Zweck wurde dank Euch erfüllt :)
 
Würde hier gerne doch mal meine Auffassung darlegen und vielleicht zu einer weiteren Diskussion motivieren. :scheinheilig:

Die Weimarer Republik ist an ihren Vertretern und nicht an ihren Gegnern gescheitert. Die entstandene Demokratie wurde (selbstverständlich gibt es weitere Faktoren) von Personen geführt, die vorher keine Erfahrung mit dieser Art von politischen Führung besaßen. Zusätzlich kann man sagen, dass das ganze Gebilde der demokratischen Ordnung (der Weimarer Republik) die nationalistischen und nationalsozialistischen (aber auch kommunistischen) Entwicklungen beschleunigt bzw. gefördert haben (z.B. der Kampf gegen Versailles, welcher z.B. von Hitler dafür genutzt wurde, um gerade die Art und Weise der demokratisch geführten Politik als falsch und ehrenlos aufzuzeigen, siehe "Erfüllungspolitiker"). Wobei man auch hier sagen muss, dass der Ruf und die Wahrnehmung von Versailles weitaus negativer war als die Wirklichkeit, weil letztendlich ein staatsfähiges Gebilde geblieben ist.

Ob man hier zwischen Dummheit und Naivität wählen kann oder sollte, würde ich eher bezweifeln. Bedenken sollte man hierbei, dass zu dieser Zeit keiner damit gerechnet hat, dass eine Person wie Hitler wirklich bis zum jeweiligen höchsten Posten aufsteigen und dementsprechend die Macht an sich reißen wird. Zu dieser Zeit gab es mehrere Putschversuche in den zwanziger Jahren. So großartig aufgefallen wird es unter den vielen wahrscheinlich auch nicht, genauso wie die Tatsache, das Hitler ein Buch veröffentlicht hat, dass seine Meinungen und Planungen wiederspiegelt, wo die Verkaufszahlen anfangs sehr niedrig waren. Da man das Ende bereits kennt - wie oben ein Vorposter schon schrieb - wird das schon ziemlich herauskristallisiert, ohne genau nochmal Bezug darauf zu nehmen, wie die damalige Situation wirklich war. Versetzt man sich aber zurück und versucht sich die Lage genauer anzuschauen, ist Hitler letztendlich einer von vielen gewesen - mit dem Unterschied - dass er es aber am Ende doch geschafft hat.
 
Die Weimarer Republik ist an ihren Vertretern und nicht an ihren Gegnern gescheitert. Die entstandene Demokratie wurde (selbstverständlich gibt es weitere Faktoren) von Personen geführt, die vorher keine Erfahrung mit dieser Art von politischen Führung besaßen. Zusätzlich kann man sagen, dass das ganze Gebilde der demokratischen Ordnung (der Weimarer Republik) die nationalistischen und nationalsozialistischen (aber auch kommunistischen) Entwicklungen beschleunigt bzw. gefördert haben (z.B. der Kampf gegen Versailles, welcher z.B. von Hitler dafür genutzt wurde, um gerade die Art und Weise der demokratisch geführten Politik als falsch und ehrenlos aufzuzeigen, siehe "Erfüllungspolitiker"). Wobei man auch hier sagen muss, dass der Ruf und die Wahrnehmung von Versailles weitaus negativer war als die Wirklichkeit, weil letztendlich ein staatsfähiges Gebilde geblieben ist.
Die Ablehnung des Versailler Vertrages und seine Revision war eigentlich, durch die Bank, ein verbindendes Element aller Parteien. Und die demokratischen Politiker haben auch erfolgreich Teilaspekte des Versailler Vertrages revidieren bzw. aushebeln können. Es ist ihnen offenbar in erster Linie nicht gelungen, dies auch gegen die die Weimarer Presselandschaft dominierende deutschnationale Hugenberg-Presse zu kommunizieren.

Ob man hier zwischen Dummheit und Naivität wählen kann oder sollte, würde ich eher bezweifeln.
Wobei der Unterschied zwischen Dummheit und Naivität eh nicht so groß ist...

Bedenken sollte man hierbei, dass zu dieser Zeit keiner damit gerechnet hat, dass eine Person wie Hitler wirklich bis zum jeweiligen höchsten Posten aufsteigen und dementsprechend die Macht an sich reißen wird. Zu dieser Zeit gab es mehrere Putschversuche in den zwanziger Jahren. So großartig aufgefallen wird es unter den vielen wahrscheinlich auch nicht, genauso wie die Tatsache, das Hitler ein Buch veröffentlicht hat, dass seine Meinungen und Planungen wiederspiegelt, wo die Verkaufszahlen anfangs sehr niedrig waren. Da man das Ende bereits kennt - wie oben ein Vorposter schon schrieb - wird das schon ziemlich herauskristallisiert, ohne genau nochmal Bezug darauf zu nehmen, wie die damalige Situation wirklich war. Versetzt man sich aber zurück und versucht sich die Lage genauer anzuschauen, ist Hitler letztendlich einer von vielen gewesen - mit dem Unterschied - dass er es aber am Ende doch geschafft hat.
Wird das wirklich dem Rückhalt in der Bevölkerung gegen Ende der Weimarer Republik (Juli 1932 mehr als ein Drittel der Bevölkerung, November 1932 genau ein Drittel der abgegebenen Wählerstimmen) gerecht? Die Nazis sind aufgefallen, ihr Straßenterror war allen bekannt. Trotzdem konnten sie (mehr) als ein Drittel der Wähler hinter sich vereinen. Auch wenn das Buch keiner gelesen hat, es war bekannt, dass es existierte und die grobe Richtung wird den Leuten auch klar gewesen sein. Hätten sie das Buch gelesen, wären ihnen sicher keine Augen über die Ziele der Nationalsozialisten aufgegangen sondern vielmehr darüber, dass Hitler eigentlich ein Looser war.
 
El Quijote schrieb:
Die Ablehnung des Versailler Vertrages und seine Revision war eigentlich, durch die Bank, ein verbindendes Element aller Parteien.

Dementsprechend haben auch außenpolitisch die Großmächte ebenfalls erwartet, dass diese revisionistische (deutsche) Außenpolitik weitergeführt wird, was ja auch der Fall war. Spannend wird es bei der Frage, ob es weiterhin in den folgenden Jahren eine deutsche oder nationalsozialistische Außenpolitik ist und ab wann eine nationalsozialistische Außenpolitik greift.

El Quijote schrieb:
Wird das wirklich dem Rückhalt in der Bevölkerung gegen Ende der Weimarer Republik (Juli 1932 mehr als ein Drittel der Bevölkerung, November 1932 genau ein Drittel der abgegebenen Wählerstimmen) gerecht?

Ich denke, dass in den dreißiger Jahren die Popularität Hitlers sowie der NSDAP deutlich höher war, als in den goldenen zwanziger Jahren (z.B. Wirtschaftsaufschwung durch Kredite der USA haben eher nicht zur weiteren Popularität beigetragen), worauf ich mich hauptsächlich bezogen habe.

Generell war der Straßenterror von allen Parteien, auch beispielsweise von den kommunistischen Parteien bekannt. Da man aber im Laufe der Jahre z.B. dem Bolschewismus den Rücken gekehrt, diesen auch weitesgehend im Volk deutlich gemieden hat, kam für die Bevölkerung wahrscheinlich auch nur die Möglichkeit, sich mit den Nationalsozialisten zu sympathisieren, zumal die Mehrzahl der Bevölkerung die Konsequenzen des Versailler Vertrages miterlebt und demgemäß den Kampf gegen Versailles (die Revision) unterstützen wollte.

Als ganz großen Faktor würde ich hier auch gerne die Weltwirtschaftskrise nennen, die dazu beigetragen hat, dass nationalistische Parteien sich hochpushen konnten und welche die Bevölkerung in eine aussichtslose und verzweifelte Situation gebracht hat. Hier sieht man auch den schönen Gegensatz zwischen dem Wirtschaftsaufschwung in den zwanziger Jahren und der vermeintlich sicheren Demokratie, die den nationalistischen Parteien wenige Chancen gibt und die Krise, die diese Ordnung wieder in Frage stellt.
 
Dementsprechend haben auch außenpolitisch die Großmächte ebenfalls erwartet, dass diese revisionistische (deutsche) Außenpolitik weitergeführt wird, was ja auch der Fall war. Spannend wird es bei der Frage, ob es weiterhin in den folgenden Jahren eine deutsche oder nationalsozialistische Außenpolitik ist und ab wann eine nationalsozialistische Außenpolitik greift.
Von Anfang an. Beginnend mit dem Austritt aus dem Völkerbund, dessen für die demokratischen Politiker ein Mittel der Revision von Versailler Bestimmungen war! Nur haben die Weimarer Politiker das eben versucht im Konzert mit den anderen Mächten hinzubekommen, wohingegen die Nazis für friedliche und einvernehmliche Lösungen nicht zu haben waren.

Generell war der Straßenterror von allen Parteien, auch beispielsweise von den kommunistischen Parteien bekannt. Da man aber im Laufe der Jahre z.B. dem Bolschewismus den Rücken gekehrt, diesen auch weitesgehend im Volk deutlich gemieden hat, kam für die Bevölkerung wahrscheinlich auch nur die Möglichkeit, sich mit den Nationalsozialisten zu sympathisieren, zumal die Mehrzahl der Bevölkerung die Konsequenzen des Versailler Vertrages miterlebt und demgemäß den Kampf gegen Versailles (die Revision) unterstützen wollte.
Das ist so nicht korrekt. Auch die kommunistische Partei wurde in den Endjahren der Weimarer Republik stärker. Ihre größte Zustimmung erfuhr die KPD in den beiden letzten freien Wahlen der Weimarer Republik, in denen die Nazis jeweils (mehr als) ein Drittel der Wähler hinter sich schren konnten.
 
Von Anfang an. Beginnend mit dem Austritt aus dem Völkerbund, dessen für die demokratischen Politiker ein Mittel der Revision von Versailler Bestimmungen war! Nur haben die Weimarer Politiker das eben versucht im Konzert mit den anderen Mächten hinzubekommen, wohingegen die Nazis für friedliche und einvernehmliche Lösungen nicht zu haben waren.

Ich behaupte mal ganz provokativ, dass der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund völlig berechtigt war, wenn man bedenkt, dass die anderen Großmächte nicht dazu bereit waren ihre Rüstung zu beschränken (wobei Großbritannien eine gewisse Anzahl akzeptierte, Frankreich jedoch weiterhin auf die bestehende Lösung aus dem Versailler Vertrag bestand). So könnte man hier vielleicht noch von einer deutschen Außenpolitik sprechen, auch wenn die Weimarer Revisionspolitik aus Kompromissen bestand. In den zwanziger Jahren ist man schließlich auch nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, wann diese Konferenz stattfinden soll (sicherlich beabsichtigt). Das es genau zu diesem Zeitpunkt diese Abrüstungskonferenz gab - Zufall oder nicht? Hat man mit solch einer Reaktion von Deutschland gerechnet?

Antwort auf die Frage, ab wann eine nationalsozialistische Außenpolitik greift, könnte man auch mit dem Nichtangriffspakt mit Polen 1934 beantworten. Ob dieser Austritt aus dem Völkerbund geplant war oder nicht, sei bei dieser Betrachtungsweise mal dahin gestellt. Die Situation bzw. die Entscheidung der Großmächte hat maßgeblich dazu beigetragen (letztendlich wollte jeder seine eigenen Interessen durchsetzen, was bei den Pariser Friedenskonferenzen und auch in den weiteren Jahren bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges deutlich erkennbar ist).
 
Die Weimarer Republik hat sich doch in Rüstungsfragen längst nicht mehr an die Versailler Bestimmungen gehalten, die Reichswehr hat in der SU zum gegenseitigen Profit, Waffensysteme ausprobiert und Soldaten ausgebildet.
 
Von Anfang an. Beginnend mit dem Austritt aus dem Völkerbund, dessen für die demokratischen Politiker ein Mittel der Revision von Versailler Bestimmungen war! Nur haben die Weimarer Politiker das eben versucht im Konzert mit den anderen Mächten hinzubekommen, wohingegen die Nazis für friedliche und einvernehmliche Lösungen nicht zu haben waren.


Eventuell nicht ganz von Anfang an (und der Austritt aus dem Völkerbund ist ja auch nicht "von Anfang an"). Bei mir steht hier ein Sammelband der Bundeszentral für politische Bildung: "Die Anfänge der braunen Barbarei". Darin gibt es einen Aufsatz von Rainer F. Schmidt mit dem Titel "Struktur, Rahmenbedingungen und Praxis der nationalsozialistischen Außenpolitik in ihren Anfängen 1933/1934". Darin wird geschildert, wie Hitler bei der Frage der Abrüstung der Siegermächte des Ersten Weltkriegs bzw. bei einer möglichen Aufrüstung Deutschlands auf der Genfer Fünf Mächte Konferenz durchaus recht gemäßigt agieren wollte (wohlgemerkt 1933, als er gerade an die Macht gekommen war). Dagegen agierte das Auswärtige Amt unter Neurath um einiges aggressiver und scherte sich teilweise (zunächst!) wenig um Hitlers Anweisungen.

Übrigens hat Neurath vor dem Hintergrund der Genfer Fünf Mächte Konferenz genau so argumentiert, wie Waterpolo oben. Nur ... bei genauem Studium der Abläufe wird man feststellen, dass Frankreich sogar zu Zugeständnissen bereit war (eines der ersten wäre die Verdopplung der erlaubten Truppenstärke der Reichswehr gewesen). Hitler war - wie ich oben schon schrieb - bereit, dies anzunehmen, aber sein Auswärtiges Amt glaubte, dass man die Gespräche scheitern lassen könnte und dabei den Franzosen die Schuld zuschieben könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Weimarer Republik hat sich doch in Rüstungsfragen längst nicht mehr an die Versailler Bestimmungen gehalten, die Reichswehr hat in der SU zum gegenseitigen Profit, Waffensysteme ausprobiert und Soldaten ausgebildet.
Kann man das so pauschal sagen?
Die Auflagen zur Entfestigung der seinerzeit modernsten und stärksten Befestigungsanlagen erfüllte die Weimarer Republik (auf ihrem Territorium, d.h. die Festung Metz war nach dem Ersten Weltkrieg französisch und wurde folglich nicht gescheift), die gigantischen Festungen Köln und Mainz wurden akribisch unbrauchbar gemacht, ebenso Istein und Helgoland, überhaupt "überlebten" auf dem Territorium der Weimarer Republik nur solche Militäranlagen, die als militärisch veraltet und nur noch historisch interessant eingestuft worden waren (z.B. Ulm, Germersheim)
Eine Maginot-Linie errichtete "die Weimarer Republik" nicht (entfestigte Zone) - das Pendent "Westwall" wurde erst ab 1938 errichtet (ob man zu dieser Zeit noch von einer Weimarer Republik reden kann?...)

...gewiß, auf dem Gelände der Krupp Rüstungs-Industire fand man trotz des Verrsailler Vertrags noch 2-3 "dicke Berthas", eine davon machte unrühmliche Karriere in Warschau -- möglicherweise war eine restlose Entfestigung der Militäranlagen des deutschen Reichs nach 1918 gar nicht komplett durchführbar.

Wie dem auch sei: die Entfestigungsämter wurden ihrem Namen zu gut 98% gerecht - es gab auf dem Territorium der Weimarer Republik keine brauchbaren modernen Festungsanlagen mehr; sie waren alle beseitigt bzw. gründlich unbrauchbar gemacht (gut dokumentiert und mittlerweile aufgearbeitet ist die "Selztalstellung" der Festung Mainz mit ihrem immens starkem Stützpunkt "Fort Muhl", von welchem es nur noch Pläne und eine Handvoll bröselnde Betontrümmer gibt, und zwar seit 1920 (ergo war dort anschließend nichts brauchbare mehr; die Festungsbahn wurde übrigens als erstes komplett demontiert))
 
Kann man das so pauschal sagen?
Die Auflagen zur Entfestigung der seinerzeit modernsten und stärksten Befestigungsanlagen erfüllte die Weimarer Republik (auf ihrem Territorium, d.h. die Festung Metz war nach dem Ersten Weltkrieg französisch und wurde folglich nicht gescheift), die gigantischen Festungen Köln und Mainz wurden akribisch unbrauchbar gemacht, ebenso Istein und Helgoland, überhaupt "überlebten" auf dem Territorium der Weimarer Republik nur solche Militäranlagen, die als militärisch veraltet und nur noch historisch interessant eingestuft worden waren (z.B. Ulm, Germersheim)
Eine Maginot-Linie errichtete "die Weimarer Republik" nicht (entfestigte Zone) - das Pendent "Westwall" wurde erst ab 1938 errichtet (ob man zu dieser Zeit noch von einer Weimarer Republik reden kann?...)

...gewiß, auf dem Gelände der Krupp Rüstungs-Industire fand man trotz des Verrsailler Vertrags noch 2-3 "dicke Berthas", eine davon machte unrühmliche Karriere in Warschau -- möglicherweise war eine restlose Entfestigung der Militäranlagen des deutschen Reichs nach 1918 gar nicht komplett durchführbar.

Wie dem auch sei: die Entfestigungsämter wurden ihrem Namen zu gut 98% gerecht - es gab auf dem Territorium der Weimarer Republik keine brauchbaren modernen Festungsanlagen mehr; sie waren alle beseitigt bzw. gründlich unbrauchbar gemacht (gut dokumentiert und mittlerweile aufgearbeitet ist die "Selztalstellung" der Festung Mainz mit ihrem immens starkem Stützpunkt "Fort Muhl", von welchem es nur noch Pläne und eine Handvoll bröselnde Betontrümmer gibt, und zwar seit 1920 (ergo war dort anschließend nichts brauchbare mehr; die Festungsbahn wurde übrigens als erstes komplett demontiert))

Da hast Du allerdings das Beipiel ausgesucht, das - weil "Immobilien" - besonders gut kontrollierbar war.

Gemeint sind damit eher schwarze Waffenlager, bis hin zu abgebauter Festungs- und Schiffsartillerie, verschleierte Uboot-Entwicklungen und Luftfahrt, etc. etc.
 
Zuletzt bearbeitet:
Papa_Leo schrieb:
Nur ... bei genauem Studium der Abläufe wird man feststellen, dass Frankreich sogar zu Zugeständnissen bereit war (eines der ersten wäre die Verdopplung der erlaubten Truppenstärke der Reichswehr gewesen).

Aber auch erst nach dem Deutschland gedroht hat, die Konferenz verlassen zu wollen, oder nicht? Warum hätte das Frankreich tun sollen, wenn man vorher noch auf die Verlängerung der Frist gepocht hat? Vor allem bei einer offiziellen Erhöhung des deutschen Heeres wäre das doch ein totaler Gegensatz zur Sicherheitspolitik Frankreichs gewesen? Im Umkehrschluss hätte Frankreich damit eine Politik gegen sich geführt.
 
Aus Erzählungen meiner Verwandtschaft weiß ich, was sie damals dachte: Hitler bot eine Alternative zu den etablierten Parteien. Auch Kommunisten wären eine Alternative gewesen, aber die Berichte über die Hungersnöte und die Enteignungen in der SU wirkten abschreckend. Wenn es ums Eigentum geht, und sei dieses noch so klein, werden keine Experimente zugelassen. Das gilt auch heute noch.

In Krisenzeiten – und das war die Zeit zwischen 1929 und 1933 ganz sicher – wirken ganz andere Mechanismen als in „Normalzeiten“. Da kann man schauen wohin man will, große gesellschaftliche Umwälzungen oder Revolutionen (ob erfolgreiche oder nicht) fanden aufgrund solcher Krisen statt, angefangen bei der französischen Revolution 1789, und fortgeführt durch die Pariser Kommune 1871, die Oktoberrevolution in Russland 1917, und die Novemberrevolution in Deutschland 1918. Wenn die Not groß genug ist, wird nicht mehr so genau geschaut, wer Besserung verspricht, Hauptsache, es tut sich etwas, was anders ist als vorher.

Um auf die Weimarer Republik und die sogenannte Machtergreifung zurückzukommen: Mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 war die Demokratie und damit auch die Republik endgültig abgeschafft: Das Parlament hat sich selbst entmachtet.

Für das (dumme, unwissende) Volk war Hitler eine Art Hoffnung, was für die (Hitler zustimmenden) Abgeordneten des Reichstags nicht gesagt werden kann. Sie hätten wissen müssen, was sie mit ihrer Zustimmung zu dem Ermächtigungsgesetz bewirken würden: Sie waren naiv.

Als Fazit kann man sagen: Dummheit und Naivität brachten Hitler an die Macht. Was danach geschah, also warum das deutsche Volk ihm bis zuletzt treu ergeben war, ist schon nicht mehr so eindeutig zu beantworten.
 
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