Steppeinvasionen, Hierarchisierung, Indoeuropäer

Taurus

Aktives Mitglied
Insofern sind Behauptungen, eine frühe Gesellschaft sei patriarchalisch oder matriarchalisch oder auch nicht gewesen oder hätte flache oder ausgeprägte hierarchische Strukturen gehabt, in den seltensten Fällen seriös zu treffen.

Eine wohl ziemlich eindeutiger Hinweis auf Hierarchie und Patriarchat wird z.B. hier gesehen:

Die Warna-Kultur deutet auf ausgeprägte religiöse Vorstellungen vom Leben nach dem Tod und entwickelte hierarchische Machtstrukturen. Das Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. wird von Marija Gimbutas als der Beginn des Übergangs zu patriarchalischen Sozialstrukturen in Europa angesehen. Das Gräberfeld von Warna enthält die ältesten bekannten Hinweise auf eine patriarchisch geprägte Oberschicht.

(aus Wikipedia)

Auch Bauwerke lassen Schlüsse darauf zu, ob es sich um weitgehend egalitäre oder hierarschiche Gesellschaften handelt.

Die Dnjepr-Don-Kultur jedoch ist zwar bereits keramisch (also insofern neolithisch) ist aber in der allgemeinen Lebensweise noch eine Jäger- und Sammlerkultur,

Das steht dort aber anders geschrieben:
Die sich von 5200-5000 bis 4400-4200 (Vertrauensintervalle der Radiokarbondatierungen) v.Chr. anschließende Dnepr-Donez-II-Kultur war eine jungsteinzeitliche Kultur der osteuropäischen Kupferzeit, dort "Äneolithikum" genannt.

Zumindest gibt es etliche Hinweise darauf, das sich um die Zeit 5000-4000 v.u.Z. im Gebiet nördlich und nordöstlich des Schwarzen Meeres Vorgänge zugetragen haben, die dazu führten, das sich die dortigen Kulturen hin zu hierarchisch-patriarchalen verändert haben und aus neolitischen, seßhaften Bauern mehr nomadisch-tierzüchterische Kulturen wurden.
 
Eine wohl ziemlich eindeutiger Hinweis auf Hierarchie und Patriarchat wird z.B. hier gesehen:
Die Warna-Kultur deutet auf ausgeprägte religiöse Vorstellungen vom Leben nach dem Tod und entwickelte hierarchische Machtstrukturen. Das Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. wird von Marija Gimbutas als der Beginn des Übergangs zu patriarchalischen Sozialstrukturen in Europa angesehen. Das Gräberfeld von Warna enthält die ältesten bekannten Hinweise auf eine patriarchisch geprägte Oberschicht.
(aus Wikipedia)
Ich weiß, für Matriarchatsforscher ist Gimbutas die Referenz schlechthin. In der Indoeuropäistik und in der Ur- und Frühgeschichtsforschung werden speziell ihre Thesen zum Komplex Matri-/Patriarchat eher kritisch betrachtet.
Wie genau sehen denn die "ältesten bekannten Hinweise auf eine patriarchisch geprägte Oberschicht" aus? Und was besagt das über das, was ich vorher schrieb, dass man aus der Urgeschichte gar nicht die materialkulturellen Quellen hat, um eine solche Zuordnung vorzunehmen?

Auch Bauwerke lassen Schlüsse darauf zu, ob es sich um weitgehend egalitäre oder hierarschiche Gesellschaften handelt.
Auch da wäre ich äußerst vorsichtig. Nehmen wir mal die germanischen Stämme zur römischen Okkupationszeit. Wir wissen, dass die Römer Verhandlungspartner hatten, wir wissen, dass die Germanen einen Adel kannten, sowohl historisch aus den Quellen als auch aus dem hinterlassenen sprechenden Namenmaterial bzw. der Existenz gewisser Begriffe (etwa Adel) in den verschiedenen germanischen Sprachen, die auf gemeingermanische Worte zurückgehen. An den erhaltenen Pfostenlöchern von Gehöften aus der Zeit lässt sich aber keine soziale Diversifizierung festmachen, obwohl wir aus anderen Quellen wissen, dass es sie gab.

Gehn wir ins Mittelalter: Im Frühmittelalter haben wir freie Bauern, die auf kleiner Scholle lebten und diesen gegenüber die Ministerialen (Unfreie!!!), die teilweise mit großen Höfen versehen waren und sich wesentlich mehr Luxus leisten konnten, als ein freier Bauer. Klar, im Laufe der Zeit wurden die politischen Verhältnisse den ökonomischen Verhältnissen angepasst. Aber nominell gesehen stand der freie Bauer, solange er sich seine Freiheit bewahren konnte, mit seinem kleinen Kotten gesellschaftlich über dem Ministerialen mit seinem Gutshof. Die Angleichung des politisch-gesellschaftlichen Status an die ökonomischen Realitäten war ein Prozess der immerhin von etwa dem 8. bis etwa ins 11. Jhdt. andauerte, sich also über gut 300 Jahre hinzog. So viel zur angeblichen Aussagekraft von Gebäudeüberresten.

Zumindest gibt es etliche Hinweise darauf, das sich um die Zeit 5000-4000 v.u.Z. im Gebiet nördlich und nordöstlich des Schwarzen Meeres Vorgänge zugetragen haben, die dazu führten, das sich die dortigen Kulturen hin zu hierarchisch-patriarchalen verändert haben und aus neolitischen, seßhaften Bauern mehr nomadisch-tierzüchterische Kulturen wurden.
Butter bei die Fische: Welche Hinweise gibt es genau?
 
Eine wohl ziemlich eindeutiger Hinweis auf Hierarchie und Patriarchat wird z.B. hier gesehen:

Die Gesellschaft der neolithischen Donaukultur war vermutlich egalitär strukturiert. Das zeigt sich z.B. bei den Grabbeigaben, wo eine Differenzierung zwischen Arm und Reich fehlt: es fehlen Herrscherinsignien, es fehlen Zeremonialbauten zur Verherrlichung einer politischen Elite (z.B. Paläste oder reich ausgestattete Häuser) in den Siedlungen, es fehlen prunkvoll ausgestattete Gräber.

Ob solche neolithischen Kulturen matriarchale Strukturen hatten, wie das die verstorbene Archäologin Marija Gimbutas in vielen Publikationen behauptet, ist umstritten. Die seriöse Forschung lehnt das mehrheitlich ab, einmal abgesehen von einigen Matriarchatsforscherinnen wie Heide Göttner-Abendroth. https://de.wikipedia.org/wiki/Heide_G%C3%B6ttner-Abendroth
Es gibt keine handfesten Beweise, die eine solche Gesellschaftsstruktur belegen. Es kann allerdings sein, dass Frauen in Bauerngesellschaften eine günstigere Stellung hatten, als ihre Geschlechtsgenossinnen im Nomadenlamp.

Für nomadische Kulturen wie die erwähnten indoeuropäischen Reiternomaden wird meist eine patriarchalische Gesellschaftsstruktur angnommen. Die Sprecher des Proto-Indoeuropäischen kannten institutionalisierte Machtfunktionen und soziale Ränge, die Gräber von Oberhäuptern sind reicher ausgestattet als andere, z.B. mit Muschelperlen, Kupferschmuck, polierten Steinarmbändern usw. Nomadenkulturen brauchen eine straffe Führung mit weitreiochender Autirität. Diese Rolle war Männern vorbehalten, denn Frauen konnten sich nicht gleichzeitig um die Familie im Lager und um die Herde außerhalb des Lagers kümmern. [1]

[1] vgl. hierzu: Harald Haarmann, Auf den Spuren der Indoeuropäer, München 2016, S. 74 f.
 
Wie genau sehen denn die "ältesten bekannten Hinweise auf eine patriarchisch geprägte Oberschicht" aus?

Die unterschiedlich ausgestatteten Gräber reichen Dir wohl nicht als Beleg?
Henrietta Todorova spricht von "sehr armen" Leuten (evtl. sogar Sklaven), "einfachen Leuten" bis zu sehr üppig mit Gold und Bronzeartefakten "Königs"-gräbern.
Die Minen des Hephaistos - Hightech in der Kupferzeit: Bestattungsrituale der Warna - ZDF.de

So viel zur angeblichen Aussagekraft von Gebäudeüberresten.

Wenn es in einer Siedlung nur gleichartige Häuser gibt, keine Sonderbauten oder besonders ausgestattete oder anderweitig herausragende Gebäude gibt, wird im Allgemeinen davon ausgegangen, das die Bewohner in nicht-hierarchisch geprägten
Gesellschaften lebten.
Sogar aus der Bauweise/Baumaterial kann man Rückschlüsse auf Spezialisierung, Arbeitsteilung und damit zusammen hängende Hierarchien schließen.

In diesem Buch
Reimer Verlag :: Auflösung der häuslichen Produktionsweise , 978-3-496-02525-2

schließt der Autor u.v.a. auch durch die Untersuchung der Lehmziegelproduktion verschiedener Kulturen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Häuserbauer.

Butter bei die Fische: Welche Hinweise gibt es genau?

Lies doch einfach mal die Ausführungen zu den prähistorischen Kulturen Rußlands bei Wikipedia. Besonders der Zeitraum 5000 bis 3000 v.u.Z. scheint geprägt zu sein von grundlegenden Umwälzungen von einfachen neolitischen Bauern hin zu kriegerischen Nomadenvölkern mit Pferdedomestikation. Zusammen mit der Metallurgie, die für eine militärische Überlegenheit sorgt, erscheint mir, das an der Kurgan-Theorie nicht alles falsch ist.
 
Lies doch einfach mal die Ausführungen zu den prähistorischen Kulturen Rußlands bei Wikipedia. Besonders der Zeitraum 5000 bis 3000 v.u.Z. scheint geprägt zu sein von grundlegenden Umwälzungen von einfachen neolitischen Bauern hin zu kriegerischen Nomadenvölkern mit Pferdedomestikation. Zusammen mit der Metallurgie, die für eine militärische Überlegenheit sorgt, erscheint mir, das an der Kurgan-Theorie nicht alles falsch ist.

Mir ist nicht ganz klar, wovon du uns eigentlich überzeugen willst.

Was den Raum zwischen Osteuropa und dem Ural betrifft, gibt es die Hypothese (!) einer Urverwandtschaft zwischen dem Indoeuropäischen und dem Uralischen. Danach bildeten die Jäger und Sammler Westasiens noch im 7. Jahrtausend v. Chr. eine Einheit. Im Zuge eines Klimawandels kam es etwa 4000 v. Chr. zu einer Aufspaltung, in deren Folge einige Bevölkerungsgruppen in die südliche Steppenzone abwanderten, andere Bevölkerungsteile sich in die nördliche Wald- und Flusslandschaft zurückzogen. Damit entwickelten sich im Norden die Proto-Uralier, im Süden die Proto-Indoeuropäer.

Dass nomadische Stämme in der Regel eine patriarchalische Gesellschaftsform haben, ist sicher unbestritten. Das traf vermutlich auch auf die Proto-Indoeuropäer zu.

Dass es im 3. Jt. v. Chr. in Mitteleuropa eine Überschichtung der bäuerlichen Bevölkerung gab, machen einige am Wechsel von der Sitte der Megalithgräber hin zum Einzelgrab fest. Au0erdem an neuen Waffen (Streitäxte), neuer Keramikverzierung (Schnurkeramik) und anderen Beobachtungen. Allerdings können solche Veränderungen auch auf kultureller Diffusion beruhen und müssen nicht unbedingt die Folge einer neu eingewanderten Bevölkerungsgruppe sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Gesellschaft der neolithischen Donaukultur war vermutlich egalitär strukturiert.

Am Anfang sicherlich.
Meine persönliche Meinung ist, das diese dann durch die aus der Steppe eindringenden Völker wegen ihrer Reichtümer unterworfen und tributpflichtig gemacht wurden.
Die "Arme-Leute-Gräber" der Warna-Kultur wären ein Hinweis darauf, das die Unterworfenen zu Sklaven gemacht wurden, während die Eindringlinge die Oberschicht darstellten.

Ich bin ürigens kein Anhänger irgendeines "Matriarchats", sondern bevorzuge ebenfalls die Worte "egalitär" oder "nicht-hierarchisch" oder "nicht-patriarchal".
 
Am Anfang sicherlich.
Meine persönliche Meinung ist, das diese dann durch die aus der Steppe eindringenden Völker wegen ihrer Reichtümer unterworfen und tributpflichtig gemacht wurden.

Europa wurde im 3. Jahrtausend v. Chr. indoeuropäisiert und diesem Umschwung fielen auch die neolithischen Kulturen auf dem Balkan und im Donauraum zum Opfer. Die Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen nach Thrakien und Griechenland legen viele Wissenschaftler ebenfalls in 3. Jt. v. Chr. Sie ist begleitet von einem Zerstörungshorizont und dem Beginn einer neuen Kulturstufe.
 
Wenn es in einer Siedlung nur gleichartige Häuser gibt, keine Sonderbauten oder besonders ausgestattete oder anderweitig herausragende Gebäude gibt, wird im Allgemeinen davon ausgegangen, das die Bewohner in nicht-hierarchisch geprägten
Gesellschaften lebten.

Dir wurde doch an zwei Beispielen gezeigt, nämlich einmal anhand der römischen Okkupationszeit in Germanien und zum anderen anhand freier Bauern und Ministerialen (Unfreier!), dass gesellschaftliche Hierarchie z.T. (Okkupationszeit in Germanien), obwohl existent im Baubestand nicht erkennbar ist oder am Baubestand man sogar das Ggt. vermuten müsste, wie bei dem mittelalterlichen Beispiel. Es ist also viel zu kurz gesprungen, von Gebäuden auf uns unbekannte Gesellschaftsformen zu schließen, das birgt die Gefahr des Fehlschlusses.

Lies doch einfach mal die Ausführungen zu den prähistorischen Kulturen Rußlands bei Wikipedia. Besonders der Zeitraum 5000 bis 3000 v.u.Z. scheint geprägt zu sein von grundlegenden Umwälzungen von einfachen neolitischen Bauern hin zu kriegerischen Nomadenvölkern mit Pferdedomestikation. Zusammen mit der Metallurgie, die für eine militärische Überlegenheit sorgt, erscheint mir, das an der Kurgan-Theorie nicht alles falsch ist.
Ich bin bei Wikipedia äußerst vorsichtig mit den Themenfeldern
- Türkei
- Osteuropa/Balkan
- Ideologien (wie u.a. Matriarchat/Patriarchat)
Zumal, wenn du dir die Literaturliste zu Varna anschaust, wirst du dort einen Artikel von Bryan Hayden finden, der sich im Pomegranate, einer Zeitschrift die sich der wissenschaftlichen Erforschung paganer Kulturen verschrieben hat, äußerst kritisch zu Gimbjutas geäußert hat. Erstaunlicherweise findet sich zwar Gimbjutas' Interpretation in dem Wikipedia-Artikel zum Varnas-Feld wieder, von der Kritik daran aber kein Wort (mehr). Diese Kritik muss aber Erwähnung gefunden haben, wovon die Literaturangabe noch ein Überrest ist, der offenbar von denjenigen Bearbeitern, welche die Kritik an Gimbjutas ausmerzen wollten, übersehen wurde.

Ich bin ürigens kein Anhänger irgendeines "Matriarchats", sondern bevorzuge ebenfalls die Worte "egalitär" oder "nicht-hierarchisch" oder "nicht-patriarchal".
Egal, welche Worte du verwendest: Nur weil sich soziale Differenzierung nicht im archäologischen Befund widerspiegelt, ist die Annahme, dass es sie nicht gab, nicht zu treffen.
Die Frage ist eher zu stellen, ob es archäologische bei der hinterlassenen Materialkultur überhaupt möglich ist, soziale Diversifizierung und/oder Distinktion festzustellen und wenn es möglich ist, wie sicher - hier greifen wieder solche Dinge wie Hofgröße bei den Germanen oder bei freien Bauern und unfreien Ministerialen im Mittelalter oder weibliche Heiligenstatuen in Kirchen bzw. Großbauwerke zu Ehren einer Frau, wie das Taj Mahal. Obwohl das Taj Mahal das berühmteste indische Bauwerk ist und für eine Frau errichtet wurde, würde niemand auf die Idee kommen, die indische Gesellschaft unter den Moghulherrscher sei besonders vorteilhaft für Frauen gewesen. Vor solchen Fehlschlüssen sollten wir uns wirklich hüten.

In jeder sozialen Gruppe bilden sich im Rahmen gruppendynamischer Prozesse Hierarchien aus. Du kannst eine Schulklasse nehmen: In der Sachkultur unterscheiden sich die Kinder kaum, vielleicht durch die Aufschrift auf dem T-Shirt oder Pullover, im archäologischen Befund ist das nach wenigen Jahrzehnten schon nicht mehr zu unterscheiden. Für den Außenstehenden mag eine Schulklasse homogen wirken, aber da gibt es Hackordnungen vom Obermacker, der auf dem Schulhof das Sagen unter seinen Klassenkameraden hat, bis hin zum Paria, der Glück hat, wenn er mal ne große Pause in Frieden gelassen wird. Der Obermacker wird dabei wahrscheinlich sogar einen Markenpullover tragen, es ist aber absolut nicht ausgeschlossen, dass der Paria einen Pullover derselben Marke trägt, denn auch viele Paria versuchen, Anerkennung durch Anpassung herzustellen - auch wenn ihnen das letztlich nicht gelingt.
Wenn es gelingt solche gruppendynamischen Prozesse unter Kontrolle zu bringen, etwa die Rolle des Obermackers - wie verlassen jetzt die Schule und gehen in eine frühgeschichtliche Menschengruppe überschaubaren Ausmaßes zurück - an die engere Familie zu finden, dann hast du den Beginn einer Fossilisierung sozialer Strukturen. Meintewegen setzt sich der Obermacker auch, damit er in seiner Rolle erkennbar ist, einen besonderen Kopfschmuck auf. Voraussetzung dafür aber, dass er auch nach mehreren 1000 Jahren noch als Obermacker erkannt wird, ist, dass seine "Insignien" im archäologischen Fund erhalten bleiben. Auf der anderen Seite wissen wir dann aber immer noch nicht, wie stark die Gruppe sozial stratifiziert war und wie nach dem Ableben des Obermackers oder auch nur seines Machtverlustes die Nachfolgeregelung geschieht. Du müsstest hier
a) Verwandtschaft nachweisen, was nicht unmöglich ist, aber je nach Alter und Erhaltung der sterblichen Überreste immer schwieriger wird, nicht in jedem Fundkontext, in dem Knochenreste erhalten sind, ist auch noch DNA erhalten, und
b) nachweisen, dass Aufgaben in der Gruppe nach "Insignien" verteilt waren. Als indizien dazu könnten dienen:
- Verschleißmerkmale, die auf schwere körperliche Arbeit hindeuten
- Verschleißmerkmale, die auf ein Leben auf dem Sattel hindeuten
- Zahnverschleiß
...
Wenn du also nachweisen kannst, das Grabschmuck mit gewissen Verschleißmerkmalen regelmäßig vorkommt (etwa reiten), andere Verschleißmerkmale aber nie in Gräbern anzutreffen sind, in denen die Grabbeigaben besonders toll sind, dafür aber immer in Gräbern ohne Grabschmuck (etwa Stressmale an den Knochen, die auf harte körperliche Arbeit hindeuten), dann kannst du seriös etwas über soziale Differenzierung in einer Gruppe sagen. Ansonsten musst du eben damit rechnen, dass die Bestatter von Grab 1 den Toten vielleicht einfach großzügiger bedachten als die von Grab 2.
 
Europa wurde im 3. Jahrtausend v. Chr. indoeuropäisiert und diesem Umschwung fielen auch die neolithischen Kulturen auf dem Balkan und im Donauraum zum Opfer. Die Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen nach Thrakien und Griechenland legen viele Wissenschaftler ebenfalls in 3. Jt. v. Chr. Sie ist begleitet von einem Zerstörungshorizont und dem Beginn einer neuen Kulturstufe.

Das bestreite ich auch nicht.
Ich denke nur, das es schon vorher Einfälle aus der Steppe gegeben hat, entsprechend der Kurgan-Hypothese. Also das die ursprüngliche Donauzivilisation schon vor 4000 v.u.Z. "patriarchalisiert" wurde, die entsprechend der "ersten Welle" in geringerer Anzahl, aber militärisch überlegen, die Oberschicht bildete.
Das Endergebnis war dann die Warna-Kultur, die dann ihrerseits von der nächsten Welle
zerstört wurde.
 

Ich habe eine andere Auffassung von Hierarchie und Nicht-Hierarchie. Aber darüber muß hier nicht diskutiert werden.
Ich kenne nur 2-3 Rabauken, die in einer Schulklasse meinten, andere terrorisieren zu können, weil diese sich nicht wehrten, eine "Hackordnung" ist mir noch nie begegnet, außer in künstlich installierten Kollektiven (z.B. Militär)
Da, wo sich Leute freiwillig zusammenschließen, oder "Chefs" nur sporadisch vorbei schauen, entwickelten sich immer gleichwertige Beziehungen unter den Gruppenmitgliedern.

Wie schon gesagt, halte ich es durchaus für möglich, anhand archäologischer Befunde auf die Wirtschaftsweise und gesellschaftliche Strukturen zu schließen, wenn gleich es natürlich auch möglich ist, das das nicht immer der Fall ist.
 
Das Endergebnis war dann die Warna-Kultur, die dann ihrerseits von der nächsten Welle zerstört wurde.

Harald Haarmann schreibt, dass Gruppen von Steppennomaden über die Dobrudscha bis in die Region von Varna vorstießen und die Kontrolle über das Handelszentrum Varna übernahmen.
Spuren einer gewaltsamen Übernahme (Brandspuren u.ä.) lassen sich nicht finden, dafür gibt es in neuen Gräbern plötzlich Statussymbole, Zepter, Waffen, goldene Artefakte und Skelette, die eindeutig auf eine fremde Steppenkultur hindeuten.

Ähnliches stellte schon die Archäologin Marija Gimbutas vor einigen Jahren bei ihren Ausgrabungen fest.

Bei der alten Tante Wiki kann man dazu lesen:

"Nach einer These wurde die ansässige Bevölkerung mit ihrer Kultur durch aus dem Norden eindringende Nomaden vollständig vernichtet. Diese These stützt sich auf die Ausgrabungen des Gräberfeldes von Warna aus der späten Kupferzeit (4600 - 4200 v. Chr.). In Warna wurden viele Goldgegenstände gefunden, bisher das älteste bekannte verarbeitete Gold der Menschheit. Die Funde in den Gräbern belegen, dass einige der Bestatteten aus wohlhabenden Familien stammten. Sie zeugen von der Teilung der Bevölkerung in soziale Schichten, wohlhabende, höhergestellte Herrscher, deren nicht ganz so wohlhabende Vasallen und einfache Leute. Richtige Zivilisationen vom Typ eines Stadtstaates traten erst später auf, in Ägypten und in Mesopotamien."
 
Zuletzt bearbeitet:
0
Europa wurde im 3. Jahrtausend v. Chr. indoeuropäisiert und diesem Umschwung fielen auch die neolithischen Kulturen auf dem Balkan und im Donauraum zum Opfer. Die Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen nach Thrakien und Griechenland legen viele Wissenschaftler ebenfalls in 3. Jt. v. Chr. Sie ist begleitet von einem Zerstörungshorizont und dem Beginn einer neuen Kulturstufe.

Dein letzter Satz beginnt richtig und endet mit einem Fragezeichen. Zu fragen ist nämlich, was du unter (a) Kultur und unter (b) Kultur-Stufe genauer verstehst. Aus deiner evolutionistischen Formulierung ist herauszulesen, dass der Übergang von der nichtkriegerischen helladischen Kultur zur kriegerischen Kultur der ´Einwanderer´ den Schritt zu einer höheren Stufe der Kultur bedeutet (denn um eine niedrigere wird es dir sicher nicht gehen). Wäre der Term "neue Kulturphase" nicht unverfänglicher?

Zu begründen wäre also, (a) wieso die mykenische Kultur - denn um die geht es zunächst - einen Fortschritt gegenüber der unterworfenen indigenen Kultur bedeutet, und (b) wieso die mykenische Kultur auch einen Fortschritt gegenüber der zeitgleichen und von ihr später adaptierten minoischen Kultur bedeutet. Denn auch (b) scheint aus deiner Formulierung zu folgen. Die minoische Kultur hatte, wie u.a. der sprachliche Befund zeigt, keine indoeuropäischen Wurzeln. Wegen deren erstaunlich hohen Niveaus dürfte eine Begründung der kulturellen Überlegenheit der Mykener keine leichte Übung sein.

Gegen eine Argumentation dahingehend, dass in der Folge der ´Einwanderung´ die klassische Kultur Griechenlands ab 500 BCE zu einer unvergleichlichen kulturellen Blüte geführt habe, die der minoischen usw. Kultur doch evident überlegen sei, würde ich einwenden, dass (a) auch dabei unausgesprochen ein Kulturbegriff zugrunde gelegt wäre, über den man sich erst einmal verständigen müsste, und dass (b) eine Kulturphase, die 1500 Jahre nach der Unterwerfung der indigenen Kultur, 1000 Jahre nach dem Untergang der minoischen Kultur und 700 Jahre nach dem Untergang der mykenischen Kultur keineswegs ein Argument für eine grundsätzliche Überlegenheit der indoeuropäisch dominierten Kultur ist (welche allerdings viele Elemente der indigenen Kultur übernommen hatte). Begründung: Wir wissen nicht, wie sich die indigenen Kulturen, die ohne Zweifel schon sehr hochstehend waren, sowie die minoische Kultur weiterentwickelt hätten (letztere fiel bekanntlich einer Naturkatastrophe zum Opfer). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann man aber sagen, dass sie sich ganz erheblich weiter entwickelt hätten, vermutlich unter Beibehaltung des Nichtkriegerischen.

Eine Definition von Kultur muss immer auch eine geistig-moralische Dimension berücksichtigen. Wie sah diese bei den ´Einwanderern´ aus? Für Homer, dessen Werke Ilias und Odyssee als Indikatoren der mykenischen ´Werte´ gelten, waren die moralischen Werte, sofern sie ihm literarisch erwähnenswert erschienen, ausschließlich Bestandteil des aristokratischen Denkens und Fühlens. Das ´gemeine´ Volk war literarisch, und das heißt wohl auch: kulturell, irrelevant - was schon mal ein bezeichnendes Licht auf diese Kultur wirft. Zu den aristokratischen Werten gehören in der Ilias der Ruhm (kleos), der Respekt (aidos), die Ehre (timé) und das Mitleid (eleos). Die ersten drei Kategorien sind ziemlich eindeutige Charakteristika einer Kriegermentalität, zumal sie nur für Krieger gelten (eben die Aristokraten). Das hinzukommende Mitleid (eleos) bedeutet nach der Interpretation von Aristoteles (1) ein Bewusstsein davon, dass über einen anderen Menschen ein schmerzhaftes Übel hereingebrochen ist (notabene bei Homer: einen Aristokraten), (2) dass dieses Übel auch einen selbst hätte treffen können, und (3) dass der andere sein Übel unverdient erleidet. Der einzige nichtaristokratische Kämpfer, der in der Ilias prominent auftritt (Thersites), wird von Homer moralisch negativ gezeichnet (Meuterei gegen adlige Anführer).

Man kann darüber spekulieren, ob diese moralische Empfindung aus der Adaption der ´weichen´ indigenen Kultur resultiert, statt eine indoeuropäische kulturelle Eigenleistung zu sein. Wie auch immer: Ihren Wert erhält sie nur im Rahmen der kriegerischen Praxis der mykenischen Kultur, aus der die ´Übel´ ja erst entsprangen, welche das eleos dann mindern sollte.

Der in der Odyssee propagierte Wert der ´Duldsamkeit´ wird durch den ´herrlichen Dulder´ Odysseus verkörpert, der in einer maritimen Welt voller Gefahren sein Ziel nie aus den Augen verliert, seine Freunde und natürlich sich selbst zu retten. Ein solcher Plot hätte früher oder später auch einer der indigen-helladischen Kulturen einfallen können, die bereits im 7. Jahrtausend BCE einen ausgeprägten Handel via Seefahrt betrieben (H. Haarmann, Roots of Ancient Greek Civilization, 115).
 
Zuletzt bearbeitet:
0
Dein letzter Satz beginnt richtig und endet mit einem Fragezeichen. Zu fragen ist nämlich, was du unter (a) Kultur und unter (b) Kultur-Stufe genauer verstehst. Aus deiner evolutionistischen Formulierung ist herauszulesen, dass der Übergang von der nichtkriegerischen helladischen Kultur zur kriegerischen Kultur der ´Einwanderer´ den Schritt zu einer höheren Stufe der Kultur bedeutet (denn um eine niedrigere wird es dir sicher nicht gehen). Wäre der Term "neue Kulturphase" nicht unverfänglicher?

Da hast du mich fehlinterpretiert. Ich sprach lediglich von einer "neuen Kulturstufe" nicht aber von einer besseren oder höheren.

Fakt ist, dass man versucht hat, die Ankunft der Griechen bzw. ihrer Vorfahren archäologisch zu identifizieren. Dabei konzentrierte sich die Suche nach einem Bruch und nach radikaler Veränderung auf die frühe Bronzezeit in Griechenland (3200-2000 v. Chr.). Die Anfänge dieser Periode waren noch fest in dem vorausgehenden Neolithikum verwurzelt. Die Menschen lebten weitgehend in voneinander isolierten kleinen Siedlungen. Zur Mitte dieser Periode lässt sich ein Anstieg der Bevölkerung und der Siedlungszahl feststellen; einige der Siedlungen waren befestigt. In starkem Gegensatz zur vorausgegangenen Epoche gibt es zudem klare Anzeichen für Kontakte zwischen den Regionen.

Diese Ansätze einer aufblühenden Gesellschaft wurden um 2300 v. Chr. durch Gewalt beendet. Im argolischen Lerna, einem stark befestigten Ort mit soliden Häusern und einem imposanten Gebäude, dem "Haus der Ziegel" - konnten überall Brandspuren fesrgestellt werden. Lerna ist kein Einzelfall. Ayios Kosmas, Zygouris, Asine, Tiryns und zahlreiche andere Siedlungen fielen allesamt um 2300 v. Chr. - dem Ende der Frühhelladischen Periode II - gewaltsamer Verwüstung zum Opfer. Ebenso lässt sich eindeutig erkennen, dass sich nach der Zerstörung der Siedlungscharakter dramatisch wandelte: Neue Typen von Häusern, Keramik und Werkzeugen deuten auf eine Veränderung der Technologien hin

Somit lässst sich der überzeugendste archäologische Bruch diesem Zeitpunkt zuweisen. Auf die weit verbreitete gewalttätige Zerschlagung einer etablierten Lebensweise folgte an einigen Orten vermutlich die Ankunft eines neuen Volks, das seine eigenen Gegenstände und Technologien mitbrachte. In diesen neuen Bevölkerungsgruppen erkennen viele die Ankunft von Proto-Griechen, denn zu Griechen wurden sie erst nach einer langen Phase der Verschmelzung mit der Urbevölkerung.

Die neuere Forschung tendiert jedoch dazu, die Vorstellung von einer einzigen Einwanderungswelle griechischsprachiger Eroberer als Vereinfachung zu verwerfen. Es ist z.B. durchaus denkbar, dass in der Region seit frühester Zeit verschiedene Sprachen bestanden und sich das Griechische allmählich durchsetzte. Auf jeden Fall gibt es ein beträchtliches Substrat im Griechischen, dass einer nichtindoeuropäischen Bevölkerung entstammt.

0Zu begründen wäre also, (a) wieso die mykenische Kultur - denn um die geht es zunächst - einen Fortschritt gegenüber der unterworfenen indigenen Kultur bedeutet, und (b) wieso die mykenische Kultur auch einen Fortschritt gegenüber der zeitgleichen und von ihr später adaptierten minoischen Kultur bedeutet. Denn auch (b) scheint aus deiner Formulierung zu folgen. Die minoische Kultur hatte, wie u.a. der sprachliche Befund zeigt, keine indoeuropäischen Wurzeln. Wegen deren erstaunlich hohen Niveaus dürfte eine Begründung der kulturellen Überlegenheit der Mykener keine leichte Übung sein.

Wie oben schon gesagt, sprach ich lediglich von einer "neuen" Kulturstufe, ohne jede weitere Wertung. Fakt ist, dass das bronzezeitliche mykenische Griechenland etwas grundlegend anderes repräsentiert, als die vorangehende neolithische Kulturstufe. Wir haben es nun mit einer aristokratischen Kriegergesellschaft zu tun, deren Elite hinsichtlich der Waffen- und Kriegstechnik auf der Höhe ihrer Zeit stand. Im Gegensatz zur egalitären Gesellschaft des Neolithikums steht eine extrem hierarchisch gegliederte Gesellschaft vor uns. Vermutungen gehen dahin, dass die Bevölkerung zu Frondiensten herangezogen wurde und die Bauern als Hörige den Palastwirtschaften der mykenischen Dynastien zur Verfügung stehen mussten. Das ist sicher ein entscheidender Unterschied zu den neolithischen Epochen im Balkanraum.
 
Zuletzt bearbeitet:
Harald Haarmann schreibt, ...
(+)
alten Tante Wiki kann man dazu lesen:...

Wenn man es fundierter nachlesen möchte, ist hier Bailey (Balkan Prehistory (6500 - 2500 BC)) empfehlenswert.

So verlaufen die Zerstörungshorizonte und archäologisch nachgewiesenen Siedlungsaufgaben und regionalen "Entvölkerungen" auf dem Balkan zeitlich in West-Ost-Richtung, nicht umgekehrt (wie es die Steppen-Invasions- oder Migrationshypothesen erfordern würden). Siehe zur Zusammenfassung der Diskussionen auch Whittle.

Außerdem ist kein zeitlicher Zusammenhang zwischen zB dem archäologischen Verschwinden der Varna-Kultur und dem Auftreten der "Proto-Indoeuropäer" nachgewiesen, vielmehr wird der Vorgang nach 4000 BC als "reoccupation" bzw. neuer Besiedlung zT im zeitlich jahrhunderlangen Abstand* von den Zerstörungshorizonten und Siedlungsaufgaben vor 4000 BC gesehen.

* zT sogar mit einem zeitlichem Abstand von einem Jahrtausend.
 
Da das alles inzwischen mit dem Thema des Verlaufes der neolithischen Revolution nichts zu tun hat, werden die letzten Beiträge abgetrennt und in ein gesondertes Thema ausgegliedert.
 
So verlaufen die Zerstörungshorizonte und archäologisch nachgewiesenen Siedlungsaufgaben und regionalen "Entvölkerungen" auf dem Balkan zeitlich in West-Ost-Richtung, nicht umgekehrt (wie es die Steppen-Invasions- oder Migrationshypothesen erfordern würden). Siehe zur Zusammenfassung der Diskussionen auch Whittle.

Dass indoeuropäische Sprachträger in Griechenland einwanderte und keine autochthone Bevölkerung bildeten, ist inzwischen eine allgemein anberkannte Hypothese.

Umstritten ist allerdings der Zeitpunkt dieser Einwanderung, der nach allgemeiner Auffassung im 4./3. Jt. erfolgt ist. Umstritten ist ebenfalls die Herkunft dieser Gruppen, d.h. ob die Migration von Norden oder von Kleinasien aus erfolgte.
 
Das habe ich in #15 gar nicht angesprochen, sondern da ging es mit Bezug auf #11 um die (Proto- oder) Indoeuropäer, die Invasionshypothese, die Varna-Kultur, die Entvölkerung und die Entwicklung auf dem Balkan ab rd. 4000 BC. Das ist also eine andere Baustelle als das angesprochene Griechenland im 3 Jtsd.

Bzgl. PIE/IE und Griechenland im 3. Jtsd. wüsste ich nicht, dass "Einwanderung" allgemein anerkannt sei. Was genau soll archäologisch über angeblich "einwandernde" PIE/IE-Sprachträger im 4. Jtsd bekannt und unumstritten sein?

Richtig ist, das die Linguisten eine Verbreitung über Anatolien oder von Norden annehmen (bleibt ja auch sonst nicht viel an Himmelsrichtungen übrig)*, vieles regional betrachten ("Griechenland allgemein" bringt da wenig bis nichts), über Zeitpunkte höchstens grobe Eingrenzungen vornehmen können, und ansonsten Näheres und Detailliertes den Archäologen überlassen.

Für die Linguisten und Hypothesen (wenig konkretes):
Finkelberg, Greeks and Pre-Greeks

Für die Regionalität (was deutlich macht, wie wenig sinnvoll ist, "Griechenland" in einen Topf zu werfen):
Nowicki: Final Neolithic Crete and the Southeast Aegean

Für den Norden: Bailey, siehe oben.

*Edit:
natürlich nur bezogen auf PIE/IE als Wurzel.
Man kann bzgl. der Himmelsrichtungen natürlich ganz andere Hypothesen anführen, und alles als Mischung ansehen, so z.B. Bernal mit einer "Südhypothese"

"In his mammoth three-volume work Black Athena: The Afroasiatic Roots of Classical Civilization (1987, 1991, 2006), Bernal dismissed the so-called Aryan Model of Greek Indo-European origins in favor of what he called the Ancient Model, which attributed the most important aspects of classical Greek civilization to the Phoenicians and especially the Egyptians. Although he did not deny that ancient Greek had Indo-European (or Indo-Hittite, as he preferred) affinities, he regarded it as a mixed language with a heavily Afroasiatic vocabulary; he also viewed the Indo-European and Afroasiatic languages as having sprung from a common ancestral tongue. Not surprisingly, Bernal followed Colin Renfrew in locat- ing the origin of the Indo-European branch of this macro-family in Neolithic Anatolia. Bernal further suspected that Bronze-Age Crete and the Cyclades had been Semitic-speaking.

Zitat aus Pereltsvaig/Lewis, The Indo-European Controversy
 
Zuletzt bearbeitet:
Bzgl. PIE/IE und Griechenland im 3. Jtsd. wüsste ich nicht, dass "Einwanderung" allgemein anerkannt sei.

Es lässt sich in zahlreichen Publikationen nachlesen, dass man von einer Einwanderung indoeuropäischer Gruppen nach Griechenland ausgeht. Lediglich der Zeitpunkt umstritten.

https://books.google.de/books?id=ZEUCOeUhax4C&pg=PA68&lpg=PA68&dq=griechenland+einwanderung+indogermanen&source=bl&ots=A0HVLeo4Hv&sig=ZxQagD9FLpkpAjZB-2NysEEQnuQ&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj4pKiqhJTOAhVCDiwKHULjBGMQ6AEIWTAJ#v=onepage&q=griechenland%20einwanderung%20indogermanen&f=false

https://books.google.de/books?id=Q-...riechenland einwanderung indogermanen&f=false


Was genau soll archäologisch über angeblich "einwandernde" PIE/IE-Sprachträger im 4. Jtsd bekannt und unumstritten sein?

Wie ich oben schrieb, gehen Hypothesen von einer Einwanderung etwa um 2300 v. Chr. aus, da sich zu dieser Zeit ein breiter Zerstörungshorizont findet. Ich sagte dazu schon:

Die neolithischen Gesellschaften wurden um 2300 v. Chr. durch Gewalt beendet. Im argolischen Lerna, einem stark befestigten Ort mit soliden Häusern und einem imposanten Gebäude, dem "Haus der Ziegel" - konnten überall Brandspuren fesrgestellt werden. Lerna ist kein Einzelfall. Ayios Kosmas, Zygouris, Asine, Tiryns und zahlreiche andere Siedlungen fielen allesamt um 2300 v. Chr. - dem Ende der Frühhelladischen Periode II - gewaltsamer Verwüstung zum Opfer. Ebenso lässt sich eindeutig erkennen, dass sich nach der Zerstörung der Siedlungscharakter dramatisch wandelte: Neue Typen von Häusern, Keramik und Werkzeugen deuten auf eine Veränderung der Technologien hin.

Lesenswert hierzu: Louise Schofeld, Mykene. Geschichte und Mythos, London 2007/Mainz 2009

Harald Haarmann, Auf den Spuren der Indoeuropäer

W Bernhard u.a., Ethnogenese europäischer Völker, Stuttgart 1986

Im allgemeinen geht man vom Einsickern indoeuropäischer Gruppen aus, was partiell zu Zerstörungen geführt hat. Exakte Datierungen sind wie erwähnt umstritten, da Funde unterschiedlich interpretiert werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beloch ist von 1912, Lotze ist zwar nett, aber nicht ganz auf der Höhe. "Griechenland+Einwanderung+Indogermanen" und google ist vielleicht suboptimal.

Egal, dann etwas brand-neues zu "Steppeinvasionen" aus PNAS (war aber ähnlich letztes Jahr schon so zu finden):

Ancient X chromosomes reveal contrasting sex bias in Neolithic and Bronze Age Eurasian migrations

Abstract:
Dramatic events in human prehistory, such as the spread of agriculture to Europe from Anatolia and the late Neolithic/Bronze Age migration from the Pontic-Caspian Steppe, can be investigated using patterns of genetic variation among the people who lived in those times. In particular, studies of differing female and male demographic histories on the basis of ancient genomes can provide information about complexities of social structures and cultural interactions in prehistoric populations. We use a mechanistic admixture model to compare the sex-specifically–inherited X chromosome with the autosomes in 20 early Neolithic and 16 late Neolithic/Bronze Age human remains. Contrary to previous hypotheses suggested by the patrilocality of many agricultural populations, we find no evidence of sex-biased admixture during the migration that spread farming across Europe during the early Neolithic. For later migrations from the Pontic Steppe during the late Neolithic/Bronze Age, however, we estimate a dramatic male bias, with approximately five to 14 migrating males for every migrating female. We find evidence of ongoing, primarily male, migration from the steppe to central Europe over a period of multiple generations, with a level of sex bias that excludes a pulse migration during a single generation. The contrasting patterns of sex-specific migration during these two migrations suggest a view of differing cultural histories in which the Neolithic transition was driven by mass migration of both males and females in roughly equal numbers, perhaps whole families, whereas the later Bronze Age migration and cultural shift were instead driven by male migration, potentially connected to new technology and conquest.




Oder:

Universität Uppsala:
Genetic data show mainly men migrated to Europe from the Pontic steppe 5,000 years ago - Uppsala University, Sweden

Oder die Presse dazu, ein Beispiel:
Genetic data show mainly men migrated from the Pontic Steppe to Europe 5,000 years ago | Popular Archaeology - exploring the past
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Verständnis von "herden-haltenden Nomaden-Reiter-Gesellschaften" (eine bessere Kombination für die Bezeichnung fällt mir nicht ein :devil: ) eine neue Studie aus dem Max Planck-Institut/Yale.

"The study has important consequences for our understanding of human responses to climate change. For example, one particularly influential hypothesis argues that horse riding and nomadic herding societies developed during the late second millennium BCE, as a response to drought and a worsening climate. Taylor and colleagues’ results indicate instead that early horsemanship took place during a wetter, more productive climate period – which may have given herders more room to experiment with horse breeding and transport."

New Light Shed On Origins Of Mongolia’s Nomadic Horse Culture – Eurasia Review

Die Studie aus der neusten Ausgabe des JoAS
A Bayesian chronology for early domestic horse use in the Eastern Steppe
erscheint in vielen Ausgaben der internationalen Presse, leider noch nicht in einer deutschen Ausgabe (zumindest habe ich nichts gefunden).
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben