Wie erklären sich die Hugonen?

Kannst du mir das erklären?

Gern. :)

gern Adv. ‘bereitwillig, mit Vorliebe’, ahd. gerno (9. Jh.), mhd. gern(e), asächs. gerno, mnd. gērne, mnl. ghe(e)rne, ghaerne, nl. gaarne, aengl. georne, anord. gjarna, schwed. gärna ist das Adverb zu einem im Nhd. untergegangenen Adjektiv ahd. gern(i) ‘etw. begehrend, eifrig bedacht’ (9. Jh.), mhd. -gern (nur in Komposita), asächs. gern, aengl. georn ‘eifrig, begierig’, anord. gjarn, germ. *gerna-, auch in got. faíhugaírns ‘geldgierig’, das mit begehren (s. d.), einem Teil der unter Gier (s. d.) aufgeführten Formen sowie aind. háryati ‘begehrt, sehnt sich nach, verlangt’, griech. chá͞irein (χαίρειν) ‘sich freuen’ und lat. hortārī ‘antreiben, ermuntern’ auf die Wurzel ie. *g̑her- ‘begehren, gern haben’ zurückgeführt wird. Stabreimend in der Wendung gut und gern (14. Jh.). Gernegroß m. ‘Angeber’ (16. Jh.), eigentl. ‘wer gerne groß sein möchte’.


Über die Wortfamilie "gern" / "begehren"* usw. kommen wir auf germ. *gerna-, ie. *g̑her- zurück, eine Form mit Labiovelar ("*gwern") lässt sich mit dieser Bedeutung nicht rekonstruieren.



* Eine der vielen Hypothesen zum Namen der Germanen verfolgt dieselbe Spur: http://www.geschichtsforum.de/771957-post165.html
 
Nur haben wir bei dem "Hugo" gar nichts, keinen Mythos, keine Legende, keine noch so dürre Erwähnung in irgendeiner fränkischen Quelle, einfach nichts.
Beim Internet-Stöbern gefunden. Es geht um eine Untersuchung der Ähnlichkeit des chanson de geste mit germanischer Heldenepik, in einer Dissertation von Nils Borgmann (Nils Borgmann: Matière de France oder Matière des Francs? Die germanische Heldenepik und die Anfänge der Chanson de Geste. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2013):

"Die Parallelen von Chanson de geste und germanischer Heldenepik waren einerseits durch Namens- und andererseits durch Motivparallelen aufgefallen. Als mögliche Übernahme von Figuren aus der germanischen Epik untersucht Borgmann vergleichend die Darstellung von Figur und Rolle bei Walther, Wieland, Hugon und Alberich. Dabei kommt er zu unterschiedlichen Schlüssen: Die Gemeinsamkeiten der „Chanson de Roland“-Figur Gualter de l’Hum mit dem Protagonisten der international weitverbreiteten Walthersage (z.B. „Waltharius“ und „Thidrekssaga“) führt er auf rudimentäre Kenntnis aus oraler Tradition zurück. Der Schmied Wieland, der in der Chanson de geste Galant heißt, wird dort zwar auch als Handwerker dargestellt, aber ansonsten so wenig charakterisiert, dass keine Bezüge verfolgt werden können. Die Vorstellung, dass Hugdietrich aus dem Wolfdietrich-Epenkreis mit Hugon in „Parise la duchesse“ identisch sein könnte, müsse von einer merowingischen Sage ausgehen, deren Themen Verleumdung, Verrat, Verbannung, Exil u. Rückkehr des legitimen Thronerben gewesen seien. Beide Namen bezeichneten einen Herrscher im Osten, historische Bezüge seien aber unsicher. Die Figuren des im „Ortnit“ auftretenden Zwergenkönigs Alberich und des in der späten Chanson de geste „Huon de Bordeaux“ (1260-68) auftretenden Feenkönigs Auberon, haben das Leben im Wald, magische Fähigkeiten und das Christentum gemeinsam. Angenommen wird trotz des Datierungsproblems eher französischer Einfluss auf das deutsche Epos. Insgesamt erachtet Borgmann aber die „Annahme der langen Latenz einer germanischen Sagenfabel auf französischem Boden“ nirgends für überzeugend." (Unterstreichungen von mir).
Da fielen mir die von Riothamus angeführten Thüringer-Bezüge der Merowinger wieder ein, Chlodwigs Vater Childerich, in seinem achtjährigen Exil im Thüringer-Reich, der die Frau des Königs verführt(?) und heiratet (Basena)....
 
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Beim Internet-Stöbern gefunden. Es geht um eine Untersuchung der Ähnlichkeit des chanson de geste mit germanischer Heldenepik, in einer Dissertation von Nils Borgmann (Nils Borgmann: Matière de France oder Matière des Francs? Die germanische Heldenepik und die Anfänge der Chanson de Geste. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2013):

Danke für den Tipp, das werde ich mir doch schnellstmöglich besorgen.
Mit "Parise la duchesse" sind wir allerdings schon im 13. Jahrhundert.

Wenn der Namensbestandteil "Hug-" im Hugdietrich zum Personennamen erklärt wird, beißt sich die Katze irgendwie in den Schwanz, denn die Quedlinburger Annalen erklären ihn ja gerade zum Stammesnamen: "Hugo" heiße soviel wie "der Franke", weil einst alle Franken "Hugones" genannt worden seien (Hugo Theodoricus iste dicitur, id est Francus, quia olim omnes Franci Hugones vocabantur a suo quodam duce Hugone.)

Beide Namen bezeichneten einen Herrscher im Osten
... der eine in Ungarn, der andere in Konstantinopel.
 
@ Biturigos:

Vorsicht! Das Thüringerreich am Rhein ist gemeint. Aber ja, in dem Text wird offensichtlich auf Childerich angespielt. Im Grunde ist es das, was Gregor von Tours über ihn berichtet. Nur ist auch dann wieder die Frage: Warum Hugo?

Was uns wieder zum vermuteten Merowinger-Stammland im Cugernerland bringt.

Selbst, wenn die Etymologie feststünde, könnte man das nur wahrscheinlich machen.

Aber der Hinweis verfestigt die Annahme, dass die Hugonen nicht nur auf Zufall beruhen.
 
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@ Biturigos:

Vorsicht! Das Thüringerreich am Rhein ist gemeint. Aber ja, in dem Text wird offensichtlich auf Childerich angespielt. Im Grunde ist es das, was Gregor von Tours über ihn berichtet. Nur ist auch dann wieder die Frage: Warum Hugo?

Was uns wieder zum vermuteten Merowinger-Stammland im Cugernerland bringt.

Selbst, wenn die Etymologie feststünde, könnte man das nur wahrscheinlich machen.

Aber der Hinweis verfestigt die Annahme, dass die Hugonen nicht nur auf Zufall beruhen.

Gab es das Thüringerreich am Rhein wirklich? Da kenne ich mich wirklich nicht aus, im Internet fand ich einen Tagungsbericht, der auf thüringische Einwanderung im Rhein-Maingebiet hinwies, aber wahrscheinlich vor der Unterwerfung Thüringens 531, aber notwendigerweise nach der Schlachten gegen die Alamannen (496):
"Scheinen die Verbindungen zwischen Skandinavien und Thüringen in erster Linie auf Handelskontakte zurückzugehen, so ergibt die Verbreitung von elbgermanisch-thüringischem Fundgut des ausgehenden 5. und frühen 6. Jahrhunderts im Rhein-Main-Gebiet ein anderes Bild. MARKUS C. BLAICH (Halle/Saale) brachte sie mit dem freiwilligen Zuzug elbgermanisch-thüringischer Ansiedler in Verbindung, die ursprünglich entweder als germanische Söldner im spätrömischen Heer oder als fränkische Hilfstruppen zur Sicherung der neu hinzugewonnenen Gebiete angeworben worden seien. Begründet wurde diese Ansicht mit dem Hinweis, dass die Fundplätze einen deutlichen Bezug zur spätrömischen Infrastruktur erkennen ließen und den Eindruck vermittelten, als sei die Landschaft in diesem Raum beinahe flächig aufgesiedelt worden. Von einer „geschlossenen fränkischen Staatskolonisation“ dürfe man jedoch nicht ausgehen, da die insgesamt geringe Zahl der Funde eher gegen eine straffe politische Organisation spreche. Ihre Bindung an einzelne Friedhöfe und ein bestimmtes Totenritual widersprächen aber ebenso einer Deutung der Funde als Ausdruck einfacher „Modeerscheinungen“ ohne konkreten Migrationshintergrund. Die Besiedlung des Rhein-Main-Gebietes mit elbgermanisch-thüringischen Bevölkerungsgruppen war demnach nicht erst das Ergebnis fränkischer „Zwangsumsiedlungen“, sondern erfolgte nach Blaich schon deutlich vor dem Untergang des Thüringerreiches 531." http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-1429
Zu Konstantinopel, als Sitz des östlichen Herrschers in der Hugdietrichsage:
frappierend ist meiner Ansicht nach, dass die thüringische Königsfamilie nach 531 zum oströmischen Kaiserhof in Konstantinopel floh. Aus dem Tagungsbericht:"Noch kaum in den Blick geraten ist bisher die Frage, was aus jenen Thüringern geworden ist, die nach der Niederlage gegen die Franken 531 mit Amalafrid zunächst nach Italien flohen und von dort später nach Byzanz gelangt sind. WOLFRAM BRANDES (Frankfurt/Main) konnte diesbezüglich mit einigen von der Forschung noch nicht beachteten Hinweisen auf Thüringer und Thüringerinnen in byzantinischen Quellen aufwarten, die überraschend Licht in ein noch unbekanntes Kapitel thüringischer Geschichte zu bringen vermochten. Brandes begann zunächst mit dem in griechischen Quellen des 5. Jahrhunderts als Magnat am Hof Attilas und Vater Odoakers bezeugten Edico (Edikon, Edika), der nach dem Zeugnis eines Malchus-Fragments (5./6. Jahrhundert), das sich im Suda-Lexikon (K 693) aus dem ausgehenden 10. Jahrhundert erhalten hat, als erster namentlich bekannter Thüringer zu gelten hat. Gestützt wird diese Feststellung auch durch Jordanes, der Odoaker als „Torcilingorum rex“ bezeichnet, was nach Brandes aus „Thuringi rex“ bzw. „Thoringi rex“ verballhornt wurde. Diese in Anlehnung an Helmut Castritius formulierte Erkenntnis wirft nicht nur ein neues Licht auf den Zerstörer des Weströmischen Reiches, sondern auch auf die Frühzeit der thüringischen Königsfamilie, für die mit Odoaker, seinem Bruder Onoulf und ihrem Vater Ediko drei bislang nicht als solche berücksichtigte Angehörige aus der Mitte bzw. zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts identifiziert sind. Im zweiten Teil seiner Ausführungen suchte Brandes nach Spuren möglicher Nachkommen der nach 531 nach Byzanz verbrachten Angehörigen der Thüringerkönige. Er verwies dabei auf einen illegitimen Sohn des berühmten Kaisers Herakleios mit dem auffallenden Amalernamen Athalarich, der 637 in einen Umsturzversuch gegen seinen Vater verwickelt war und selbst nach der Kaiserkrone strebte. In ihm vermutet Brandes einen Enkel Amalafrids oder dessen Sohnes Artachis. Er wäre demnach der letzte nachweisbare Nachkomme der Thüringerkönige in Byzanz, etwa ein Jahrhundert nach der Zerschlagung ihres Königreiches. Auf das Fortleben thüringischer Traditionen in Byzanz verweist schließlich der Kult der angeblichen Gründerin der Stadt Taormina (griech. Tauromenia), Menia, der Gattin des ersten namentlich bekannten Thüringerkönigs Bisin, deren Name durch die Vermittlung im griechischen Dienst stehender Varäger Eingang in die Edda gefunden hat."
 
Da bist du ganz woanders unterwegs.

Verschiedene Völkerschaften sind bekanntlich nach Britannien gezogen, um dort als Angelsachsen zu firmieren. Zumindest ein Teil siedelte am Niederrhein. Unter anderem Angeln und Warnen. Angeln und Warnen zogen auch nach Thüringen. Ob die entsprechenden Landschaftsnamen tatsächlich mit ihnen zu tun haben,brauchen wir hier gar nicht zu diskutieren: Die Lex Thuringorum heißt vollständig "lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum"(Gesetz der Angeln und Warnen, das ist der Thüringer).

Nun reichte das Thüringerreich nicht bis zum Niederrhein. Es ist aber ein Thüringerreich in der Nähe des Stammlandes des Chlodio erwähnt. Chlodwig soll es erobert haben. Dabei geht es um die niederrheinischen Angeln und Warnen.

Sonst müsste man annehmen, dass Chlodios Machtzentrum östlich des Rheins lag. Oder das Gregors Nachrichten zu verwerfen sind. Dann aber bitte bis Chlodwig die Thüringer erobert. Es wird eben komplizierter ohne die Thüringer des Niederrhein, mag es auch nicht ganz so dramatisch sein, wie gerade gesagt. Es kann auch sein, dass der Name 'Thüringer' erst später auf die Angeln und Warnen am Niederrhein übertragen wurde.
 
Heike Grahn-Hoek: Gab es vor 531 ein linksrheinisches Thüringerreich?. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 55, 2001, S. 15–55. Wird immer wieder zitiert, als Text, der die derzeitige ablehnende Forschungsmeinung zu einem linksrheinischen Thüringerreich wiedergibt. ich habe ihn nicht gefunden. Daher will ich mich an diesem Nebenstrang nicht weiter festbeißen, ob Gregor sich verschrieben hat, und habe eben entdeckt, dass manche wie Carolus und EQ ähnliches schon 2007 diskutiert haben, auf Anregung eines belgischen Gastes:http://www.geschichtsforum.de/f37/das-dispargum-mysterie-14246/

Interessanter war für mich gerade eine Passage aus dem Becher-Text, den ich im Blog Transition von Spätantike zum Mittelalter eingestellt habe:
"Die Macht der Heermeister beruhte nicht allein auf ihrer offiziellen Stellung, sondern vor allem auch auf ihren halbprivaten Leibwachen, deren Mitglieder seit Honorius buccellarii genannt wurden. Meist wird diese Institution allein aus dem germanischen Gefolgschaftswesen abgeleitet, das jedoch seinerseits ein vielschichtiges und keineswegs auf die Germanen beschränktes Phänomen gewesen ist. So gab es im spätantiken Imperium
durchaus ähnliche Phänomene. Als Erklärung für die skizzierte Entwicklung reicht das germanische Vorbild jedenfalls nicht aus. Oliver Schmitt führt die buccellarii daher sowohl auf germanische als auch auf römische Wurzeln zurück. Römischen Offizieren war es seit Langem gestattet, Sklaven und Verwandte bei sich im Feldlager zu haben. Valentinian I. erlaubte ihnen darüber hinaus, nichtverwandte, freigeborene Personen in Dienst zu nehmen, falls sie tauglich waren und gemeldet wurden. Parallel dazu scharten germanische Heerführer Verwandte und weitere Angehörige ihrer gens um sich. Angesichts der zunehmenden Germanisierung des römischen Heeres rekrutierten sich diese Leibgarden schon bald hauptsächlich aus Angehörigen barbarischer Völker. Bezeichnenderweise leisteten die buccellarii sowohl ihrem jeweiligen Herrn als auch dem Kaiser einen Treueid,
aber im Zweifelsfall waren sogar bei den regulären Soldaten die Bindungen an den eigenen Feldherren stärker als an den Kaiser, wie das Beispiel Arbogasts, eines Heermeisters fränkischer Herkunft, zeigt: Laut Gregor von Tours bzw. Sulpicius Alexander gelang es ihm dank der Treue seiner fränkischen satellites, Kaiser Valentinian II.zeitweilig zu entmachten.
Der Soldateneid spielte beim Übergang der faktischen Regie
rungsgewalt auf den Franken Arbogast eine entscheidende Rolle."

Ich frage mich nun, ob wir "neu" denken müssen, und die Hugonen nicht nur in Herkunftmythen oder Stammesnamen suchen müssen. Vielleicht eher auch in einer Mischung aus Gefolgschaftwesen und Militärelite, ähnlich wie später die Mamelucken? Wenn sich auch der lange für germanisch gehaltene "Stammesname" Ripuarier eigentlich von
Riparienses (Grenzsoldaten) ableitete, wie Rübekeil meint, warum kann Hugonen sich nicht aus dem militärischen, spätrömischen Bereich entwickelt haben? Nur einmal laut gedacht.....
 
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Im Spätrömischen Militärwesen gibt es aber keine Spur.

Ich habe auch schon gegen ein niederrheinischen Thüringerreich geschrieben. Ich wollte es hier nicht zu kompliziert machen. Also gut, Im Grunde gehe ich auch nicht von einem Thüringerreich aus:

Angeln und Warnen sind am Niederrhein belegt.
Angeln und Warnen bildeten einen wichtigen Bestandteil der thüringischen Thüringer.
Alles andere wäre kontrafaktische Geschichtsschreibung.

Nun kann der Name 'Thüringer' auch auf andere Angeln und Warnen übertragen worden sein. So kann er bei Gregor von Tours und in der Sächsischen origo gentis gelandet sein. Die Gleichsetzung ist auch keine Spekulation, sie ist durch die lex Thuringorum belegt.

Kein zweites Thüringerreich, nur ein Gebiet der Angeln und Warnen. Und diese Ethnien hat man spätestens zu Gregors Zeiten als Thüringer betrachtet.

Abgesehen davon: Chlodio wohnte bei Asberg im Land der Cugerner. Childerich soll sich dahin zurückgezogen haben. Sein Sohn und Enkel werden als Hugonen bezeichnet, was sich - wie gesehen von Cugerner ableiten lässt.

Nur die Guberner bleiben erklärungsbedürftig. Der Haken ist aber einfach. Entweder hießen sie Cugerner oder sie hießen Guberner. Beides zusammen geht nicht. Es sei denn, wir haben es mit einer Verballhornung zu tun.

Gibt es irgendwo das Wort Hugonen mit der Bedeutung Gefolgschaft? Nein. Es bezeichnet Merowinger und die Franken. Vielleicht als Pars pro Toto, ob nun von den Merowinger oder einem vermeintlichen oder irgendwie realen Unterstamm abgeleitet.

Wie kommst Du auf die anderen Vermutungen?
 
Beim Internet-Stöbern gefunden. Es geht um eine Untersuchung der Ähnlichkeit des chanson de geste mit germanischer Heldenepik, in einer Dissertation von Nils Borgmann (Nils Borgmann: Matière de France oder Matière des Francs? Die germanische Heldenepik und die Anfänge der Chanson de Geste. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2013):

"Die Parallelen von Chanson de geste und germanischer Heldenepik waren einerseits durch Namens- und andererseits durch Motivparallelen aufgefallen. Als mögliche Übernahme von Figuren aus der germanischen Epik untersucht Borgmann vergleichend die Darstellung von Figur und Rolle bei Walther, Wieland, Hugon und Alberich. Dabei kommt er zu unterschiedlichen Schlüssen: Die Gemeinsamkeiten der „Chanson de Roland“-Figur Gualter de l’Hum mit dem Protagonisten der international weitverbreiteten Walthersage (z.B. „Waltharius“ und „Thidrekssaga“) führt er auf rudimentäre Kenntnis aus oraler Tradition zurück. Der Schmied Wieland, der in der Chanson de geste Galant heißt, wird dort zwar auch als Handwerker dargestellt, aber ansonsten so wenig charakterisiert, dass keine Bezüge verfolgt werden können. Die Vorstellung, dass Hugdietrich aus dem Wolfdietrich-Epenkreis mit Hugon in „Parise la duchesse“ identisch sein könnte, müsse von einer merowingischen Sage ausgehen, deren Themen Verleumdung, Verrat, Verbannung, Exil u. Rückkehr des legitimen Thronerben gewesen seien. Beide Namen bezeichneten einen Herrscher im Osten, historische Bezüge seien aber unsicher. Die Figuren des im „Ortnit“ auftretenden Zwergenkönigs Alberich und des in der späten Chanson de geste „Huon de Bordeaux“ (1260-68) auftretenden Feenkönigs Auberon, haben das Leben im Wald, magische Fähigkeiten und das Christentum gemeinsam. Angenommen wird trotz des Datierungsproblems eher französischer Einfluss auf das deutsche Epos. Insgesamt erachtet Borgmann aber die „Annahme der langen Latenz einer germanischen Sagenfabel auf französischem Boden“ nirgends für überzeugend." (Unterstreichungen von mir).

Die "merowingische Theoderichsage" ist keine These von Borgmann, hier zitiert er Hermann Schneider (Die Geschichte und die Sage von Wolfdietrich, München 1913). Borgmans Resümee:

"Schneider (...) hat also versucht, für seine merowingische Theoderichsage und ihre Fortschreibung in der mittelhochdeutschen und altfranzösischen Heldendichtung einen gleichsam kumulativen Beweis zu führen, der Übereinstimmungen von Dienstmannen- und Exilerzählungen mit der Gestalt eines Hugo von Konstantinopel zusammensieht. Gerade die im Wolfdietrich als archaisch, als merowingisch bewerteten Elemente von Bruderstreit und Bastardvorwurf fehlen aber in Parise la duchesse und verwandten Chansons de Geste, während viele andere typische Motive auf französischer Seite so häufig variiert und kombiniert werden, dass sich zwangsläufig mal mehr, mal weniger Ähnlichkeit mit den deutschen Exildichtungen ergibt. Der Name Hugon bzw. Hugdietrich für den Herrscher des Ostens dürfte auch anfänglich seinen Träger den Franken zugeordnet haben, doch wie die Verbindung mit Konstantinopel zustande kam und ob ihr Ursprung in deutscher und französischer Heldendichtung der gleiche ist, lässt sich auf der Basis des vorliegenden Materials nicht entscheiden. Es bleibt wohl nur die - leider wenig Neuheitswert bietende - Folgerung, dass für die germanisch-fränkische Wolfdietrichsage völkerwanderungszeitliche Wurzeln vermutet werden können, für die verglichenen Chansons de Geste eine solche ungebrochene Tradition aber nicht zu belegen ist."
 
Gibt es irgendwo das Wort Hugonen mit der Bedeutung Gefolgschaft? Nein. Es bezeichnet Merowinger und die Franken. Vielleicht als Pars pro Toto, ob nun von den Merowinger oder einem vermeintlichen oder irgendwie realen Unterstamm abgeleitet.

Wie kommst Du auf die anderen Vermutungen?
Zuerst, leider habe ich nicht eure Belesenheit, insbesondere der Originalquellen. Daher sind meine Vermutungen noch keine Hypothesen, sondern niedergeschriebene Gedanken.
Mich hat an Matthias Bechers Text überzeugt, dass die Bedeutung der Franken in ihrer militärischen Führung im spätrömischen Heer lag, ihrer Fähigkeit, Herrschaft auszuüben. Besonders eindrucksvoll fand ich folgende Stelle:" In dieser Tradition forderten auch die Merowinger Treueide von der waffenfähigen Bevölkerung ein, besonders gut durch Gregor von Tours für die Zeit der bella civilia belegt, als etliche civitates mehrfach ihren königlichen Herrn wechselten. Der Eid der königlichen Gefolgsleute könnte sich aus dem Eid der buccelarii entwickelt haben, verfügten die fränkischen Könige wie andere Heerführer in römischen Diensten doch sicherlich ebenfalls über eine solche Truppe. In diesem Zusammenhang hat Stefan Esders zudem darauf aufmerksam gemacht, dass die Merowinger »ihre gesamte Ämterhierarchie von dux und comes über tribunus bis hinunter zu centenarius und decanus dem römischen Militär [entlehnten] und [...] aufgrund dessen in der Lage waren], die römische Provinzialbevölkerung zum Militärdienst heranzuziehen.«
Mir erscheint der Historische Kern der Franci, die Spitzengruppe, zumindest in der Frühzeit (5.Jahrhundert) eher als eine Funktionselite, ein Dienst - und Amtsadel, dem es über seine militärische Rolle im Zusammenbrechen der zentralrömischen Macht in Gallien ab 455 gelang aufzusteigen und seinen Einfluss zu festigen - also kein alter germanischer Stammes - Geburts- und Erbadel, der sich über seine Herkunft oder Landbesitz und Klientel definierte, sondern genau diese Stellung wurde erst im Laufe des 5. und 6.Jahrhundert erworben. Spielte eine einheitliche ethnische Herkunft überhaupt eine Rolle, oder konnten Bructerer, Friesen, Chamaver, Bataver oder Marser jenseits ihrer Herkunft zu Franci werden?
Da stellt sich mir auch die Frage, warum ausgerechnet eine eher unbedeutende gentis wie die Cugerner, von denen man seit ihrer Umsiedelung auf linksrheinsches Gebiet 7 BC kaum etwas hörte, und von denen man vermuten könnte, dass sie in der provinzialrömischen multikulturellen Bevölkerung der germanischen Provinz inferior aufgegangen ist, zu einem Ursprungsmythos taugen sollten - oder ist der Kult zum Beispiel der Vagdavercustis, von der eine Tempelanlage auf dem Kalkarberg gefunden wurde, ein Hinweis auf eine kultische germanische Stammesidentität? Allerdings tragen die meisten Inschriften lateinische Namen, es gibt sogar einen Weihestein aus Köln eines römischen Präfekten.
Becher fasst zusammen:"
Die fränkischen Adligen des 6. Jahrhunderts waren nach Lage der Dinge vermutlich die Nachfahren führender königlicher Gefolgsleute des 5.Jahrhunderts, die ihrerseits schon in der Lage gewesen waren, eigene Gefolgschaften zu unterhalten. Bei ihnen mag es sich um Unterführer der regulären Armee oder um Abenteurer gehandelt haben, auf jeden Fall waren sie als Helfer und Partner der aufstrebenden fränkischen Kleinkönig unverzichtbar. Chlodwig war der Erfolgreichste unter ihnen, ihm gelang die Gründung eines fast ganz Gallien umfassenden Großreichs.Daher war er in der Lage, seine wichtigsten Helfer nicht nur materiell, sondern auch mit
Funktionen zu belohnen und sie zudem rechtlich auszuzeichnen. Dies erfolgte als antrustio mit einem dreifach erhöhten Wergeld, sofern ein
dux oder comes überhaupt bereit war, eine solche Zahlung zu akzeptieren....Weiter waren sie ein wichtiger Partner des Königs, dessen Macht sie bisweilen auch einschränkten. Gleichwohl war diese Adelsschicht Gregor von Tours zufolge auch noch in sich gestuft. Die Königsnähe entschied darüber, wer zu den maiores natu, proceres usw.zählte und wer vereinfachend zum populus bzw. zu den Franci gerechnet wurde.
Kurz gesagt war die Gefolgschaft, also die Herrschaft über freie oder gar adlige Personen, eine wichtige, gemeinhin als ›germanisch‹ charakterisierte Wurzel sowohl der königlichen als auch der adligen Herrschaft. Da aber die Gefolgschaften ihrerseits eng mit dem spätantiken römischen Heer zusammenhingen, gehen auch sie letztlich auf das Imperium zurück."
Ethymologisch kann ich meine Überlegung nicht belegen. Die buccellarii sind es wohl kaum.
 

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Zuerst, leider habe ich nicht eure Belesenheit, insbesondere der Originalquellen.
Bei diesem Thema kenne ich mich mit den Originalquellen auch nicht wirklich aus. Ich zitiere nur aus der Literatur, genauso wie Du. Die Originalquellen sind ja schon von Hunderten von Fachleuten gründlich durchgekämmt worden.

Wenn wir nach dem Ursprung des Namens "Hugonen" suchen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als nach Namen/Bezeichnungen mit "Hug-" Ausschau zu halten. Das "H-" klang in fränkischem Munde ziemlich scharf, wie unser heutiges "ch". Daher die vielen Ch-Namen wie Chlothar, Childerich, Chugobert.

Die Romanen hatten mit dem "Ch-" Mühe, daher erklären sich Schreibweisen mit "C-" (und auch mal "G-").

Im lateinischen/romanischen Vokabular brauchen wir nicht zu suchen.
 
Der Text Bechers geht ganz schnell und kurz durch das Thema. Vieles ist komplexer. Die Gefolgschaften sind für Germanen schon bei Tacitus erwähnt. Dann wurden Franken im Stammesverbund angesiedelt. Dass ihre Kleinkönige zunächst Heerkönige waren ist unbestritten.

Auch, dass vieles römische war, was einst als germanisch genannt wurde ist richtig. Der anscheinend so fränkische Speer, der Ango ist eigentlich die letzte Entwicklungsstufe des Römischen Pilums.

Aber das ist in diesem Zusammenhang unwichtig, weil es eben keine Erklärung der Hugonen hervorbringt.

Betrachten wir die Cugerner.

Ein Teil der Sugambrer wurde links des Rheins, nördlich der Ubier angesiedelt. Aus ihnen und den Bewohnern des Gebiets entstanden dann die Cugerner. Nun lag da auch das Lager Vetera und später wurde dort die Colonia Ulpia Traiana gegründet. Dieser wurde das Gebiet der Cugerner inkorporiert. Der Name der Cugerner geriet aber nicht in Vergessenheit. Noch in dercNotitia Dignitatum ist eine Einheit nach Ihnen benannt.

Nun haben nacheinander verschiedene 'fränkische' Gruppen jene Gegend besiedelt. Zuletzt, wenn ich es richtig im Kopf habe die Chattuarier. Eine dunkle Erinnerung an die Cugerner und daran, dass die Merowinger hierher kamen, mag dann dass nötige getan haben. An einen ethnischen Zusammenhang denkt hier keiner.

Ein Dux oder Heerkönig führte nicht nur Angehörige seiner Ethnie an. Unter denen, die Ariovist gefolgt waren, waren z.B. auch Haruden. Auf der anderen Seite wissen wir, dass z.B. die Chamaven als Ethnie nach Westen verdrängt wurden und auch später noch als differenzierbare Untergruppe mit eigenem Recht wahrgenommen wurde.

Aus dem Lande der Cugerner stammt übrigens unbestritten noch ein Bestandteil der fränkischen Ursprungssagen, nämlich der Behauptung der Herkunft der Franken aus Troja. Dies hatte man wegen der Namensähnlichkeit schon länger von der CUT behauptet. Es wurde von hier auf die Franken übertragen. Auch Hagen von Tronje und Siegfried von Xanten sind hier angesiedelt. In dieser Hinsicht war die Gegend also nicht unproduktiv.

Man weiß bis heute nicht, woher Merowinger und Salier kommen, bzw. wie sie entstanden. Es fehlen einfach die Quellen. Wusste man, Chlodio kam aus jener Civitas und fragte, wer da früher wohnte, konnte man die Antwort Cugerner/Hugonen bekommen. Das ist nicht abwegig. Und da die Franken nach einem Dux benannt worden sein sollten, lag dann der Hugonen-Name für die Franken nahe.

Beweisen kann man so etwas nicht. Es ist erstmal eine weitere Möglichkeit.

Und um es nochmals zu sagen: Es geht nicht um einen ethnischen Zusammenhang. Eher um eine Übertragung des Namens.

Und auch ich würde nicht behaupten, die Literatur dazu erschöpfend zu kennen. Nur war ich eben neugierig, ob das mit den Cugernern etymologisch passen könnte.
 
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Wusste man, Chlodio kam aus jener Civitas und fragte, wer da früher wohnte, konnte man die Antwort Cugerner/Hugonen bekommen.

Cugerner oder Hugonen?
Auch wenn der etymologische Zusammenhang augenscheinlich enger ist als der (nicht zu verifizierende) Zusammenhang mit den Chauken - das ist nicht dasselbe Wort. Die taberna wurde in westgermanischem Mund nicht zur *tabona, und Bern ist nicht dasselbe wie Bonn.

Beweisen kann man so etwas nicht. Es ist erstmal eine weitere Möglichkeit.
Richtig. Wobei diese Möglichkeit auch wieder nur Fragen aufwirft, die nicht zu beantworten sind.
 
Cugerner/Hugonen schrieb ich um den Zusammenhang an jener Stelle zu betonen. Natürlich wurde die zu jener Zeit übliche Version genommen, die eher keine von beiden war.

Und Fragen können durchaus ein Anzeichen sein auf dem richtigen Weg zu sein. Wenn etwas zu elegant passt, ist es oft ein Anzeichen, dass etwas nicht stimmt.

Aber auch, wenn hier viel von Gregor von Tours geredet wurde, müssen wir bedenken, dass die Quellen, die Hugonen nennen spät sind. Wir können es also schon mit einer Fehlinterpretation jener Zeit zu tun haben. Man hörte die Orte und lokalisierte sie evt. falsch, wodurch man dann fälschlicherweise bei Hugonen landete. Daher geriete man in einen Zirkelschluss, wollte man wieder auf die frühen Merowinger schließen. Es ist also lediglich eine Möglichkeit zur Erklärung des Namens Hugonen. Es ist also sowieso nur von recht begrenztem Erklärungspotential auszugehen.

Eine Frage, die nicht geklärt wird, ist die, warum zunächst nur sächsische Quellen diesen Namen nutzen.

(Und bevor es vermutet wird: Sugambrer wurde literarisch für Germanen gebraucht. Daher kann die berühmte Bezeichnung Chlodwigs anlässlich seiner Taufe hier nicht herangezogen werden.)
 
Guten Morgen, zu eurer Diskussionsstunde schlief ich schon den Schlaf der Gerechten. :schlafen:
Um mich selbst zu widerlegen - ich liege also mit mir selbst im Widerstreit - suchte ich nach Indizien, dass eine germanische Stammesidentität sich über vierhundert Jahre Romanisierung im cugernischen Siedlungsgebiet erhalten hat. Dabei stieß ich auf einen Text von Christoph Reichmann, Archäologe, heute Direktor eines Museums in Krefeld Linn und Grabungsleiter für Vicus und Kastellbereich Gelduba. Ich habe einige Fragezeichen z.B. zu der Rekonstruktion der germanischen Religionen, und sah ein paar Schnitzer im Text, wie die Behauptung , dass die Bataver eburonisches Gebiet besetzt hatten, meines Wissens war es das Gebiet der Menapier. Herr Reichmann hat 2014 ein Buch "Römer und Franken am Niederrhein" verfasst, in dem er sich besonders mit der Genese der Franken beschäftigt - stutzig machte mich in einer Rezension, dass er komplett auf einen Anmerkungsapparat verzichtet hat. Trotzdem stelle ich den Text ein, weil er auf einen historischen Raum verweist, auch die örtliche Nähe zu Asberg / Asciburgium hat, und die archäologische Ausgrabung ist auf alle Fälle interessant. Auch wenn sie nur mittelbar der Sache dient, und keinen neuen unmittelbaren Hinweis liefert. Es handelt sich um ein 1988 ergrabenes Heiligtum, wahrscheinlich für Hercules Deusoniensis inKrefeld- Elfrath. Das Heiligtum wurde schon im dritten Jahrhundert zerstört, Reichmann nimmt an, dass es mit dem Untergang des gallischen Sonderreiches des Postumus zusammenhängt.
http://www.archaeologie-krefeld.de/Bilder/entdeckungen/PDFDateien/Tempel/Heiligtumgesamt.pdf

Ich bin ehrlich gesagt etwas skeptisch, inwiefern sich eine germanische kulturelle Identität im Exil erhalten hat, und letztlich originär zu den Franken geführt hat. Reichmann stellt direkte Bezüge zu rechtsrheinischen Heiligtümern her, so als wäre das Heiligtum von Krefeld Elfrath eine Wiederherstellung im Exil eines "verlorenen ursprünglichen Heilgitums" - diese Überlegungen gibt es auch zu den Matronae der Ubier, und eventuellen Landschaftsbezügen in ihren Namen zu alten "verlorenen" rechtsrheinischen Siedlungskammern.
Wie komplex jedoch die Einordnung der Götterwelt am Niederrhein ist, fiel mir das erste Mal bei einem Text von Corinna Scheungraber auf, der sich mit dem Baduhenna-Heiligtum beschäftigt, von Tacitus erwähnt als Ort einer römischen Niederlage. Die Germanisierung ursprünglich keltischer Gottheiten ist eine der wissenschaftlichen Thesen, die der komplexen Namensgebung der Matronen auf der Spur ist - leider ist dieser Text nicht mehr direkt hier einstellbar, da wohl gerade im Druck -

Baduhenna - keltische Göttin in germanischem Gewand? In: Peter Anreiter (Hrsg.): XXVII. Namenkundliches Symposium in Kals am Grossglockner, 14. - 17. Juni 2012. (= Innsbrucker Beiträge zur Onomastik im Druck). Vorab als Script/Handout: Keltische und germanische Matronennamen - Sprachkontakt am Rhein samt einem Exkurs zu Baduhenna.
Daher stelle ich einen anderen Text von ihr ein, der die wissenschaftliche Diskussion ganz gut umreißt - ich kann dies nur so wiedergeben, beurteilen kann ich es nicht. Forschungsbericht ?Altgermanische Theonyme?: Zur Germanisierung keltischer Götternamen | Corinna Scheungraber - Academia.edu
Jedoch führt mich diese Offenheit auch dazu, da du Riothamus nach Gefolgschaften als Ursprung der Bedeutung von hugones gefragt hast, "dreist" zum alten Wort slougo, dass wohl genau dies bezeichnet hat. Möglich - oder sprachwissenschaftlich doch nur eine Lautähnlichkeit? So, dann mal offline.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich höre zum ersten Mal von den Hugonen. Gibt es denn eigentlich außer der Erwähnung im Beowulf noch weitere Stellen, wo diese erwähnt werden?

Und Angeln am Niederrhein erstaunt mich auch. Zum angeblichen Thüringerreich am Niederrhein haben schon andere geschrieben, dass da vermutlich eine Verwechslung mit Tongeren vorliegt.


OT:

OT:



Bist du dir da sicher? Das gemeinsame Austr... in beiden Namen suggeriert dies zwar, aber Austria ist m.E. eine latinisierte deutsche Bezeichnung für das Ost-Reich, wohingegen Australien von dem im Mittelalter angenommenen Kontinent im Süden, der Terra australis stammt, austral = südlich

Da gibt die Wiki El Q Recht:

Diese im lateinischen Kontext gebrauchte Bezeichnung ist nicht lateinischer Herkunft, sondern vom altgermanischen: *austar-, althochdeutsch („östlich, im Osten“) abgeleitet, wie sie etwa beim germanisch-mythologischen Zwerg des Ostens Austri vorkommt, vergleiche auch Austrasien, das Ostfrankenreich. Auch in der Form ôstar- steckt die Wurzel wohl im älteren Namen Ostarrîchi. Die Ähnlichkeit mit lat. Auster („Südwind“) und terra australis („Südland“) in Australia (Australien) ist zufällig. Die Bedeutung von Austrie marchionibus ist demnach „östlich liegende Marken (Gebiet)“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Austria
 
Cugerner/Hugonen schrieb ich um den Zusammenhang an jener Stelle zu betonen. Natürlich wurde die zu jener Zeit übliche Version genommen, die eher keine von beiden war.

Entweder lässt sich eine Version rekonstruieren, die beide Formen erklärt.
Oder eben nicht.
Wenn sich so eine Version nicht rekonstruieren lässt, ist das ein starkes Indiz dafür, dass es keinen direkten Zusammenhang gibt.


Wenn etwas zu elegant passt, ist es oft ein Anzeichen, dass etwas nicht stimmt.
So mag das aus Laiensicht manchmal aussehen.

Tatsächlich muss aber jeder Lautwandel erklärt werden, wenn eine vorgeschlagene Etymologie plausibel gemacht werden soll. Wenn Laute/Buchstaben "einfach so" auftauchen, verschwinden oder sich verwandeln, haben wir es nicht mit Etymologien, sondern mit Buchstabenspielen zu tun: SAU = STAU = STAUB = TAUB = TAU...
 
Da gibt die Wiki El Q Recht:

In solchen Dingen traue ich Wiki weit weniger als El Q.

Dass Austria eine latinisierte Bezeichnung ist, habe ich nie bestritten. Trotzdem gibt es einen etymologischen Zusammenhang zwischen lat. auster und germ. *austra:


*au̯es-, *ā̆us-, *u̯es-, *us-, *h₂eu̯s-, *h₂au̯s-, idg., V.: nhd. leuchten, aufleuchten; ne. shine (V.); RB.: Pokorny 86 (132/132), ind., iran., gr., ital., kelt., germ., balt., slaw.; Hw.: s. *u̯es- (9), *austero-, *auso-, *ā̆usōs-?, *u̯esr̥, *eus- (?); W.: s. gr. ἔαρ (éar), ἦρ (ēr), γέαρ (géar), N., Frühling; W.: vgl. gr. ἠικανός (ēikanós), M., Hahn; W.: s. lat. aurum, N., Gold, goldenes Gerät; vgl. lat. aureus, M., Goldmünze; an. aur-ar, M. Pl., Gewicht (N.) (1), Münze; W.: s. lat. aurum, N., Gold, goldenes Gerät; vgl. lat. aureus, M., Goldmünze; an. eyr-i-r, M., Öre (Gewicht), Öre (Münze); W.: s. lat. aurum, N., Gold, goldenes Gerät; vgl. lat. aureus, M., Goldmünze; ae. ȳr-e, íer-e, M., Öre; W.: s. lat. aurum, N., Gold, goldenes Gerät; vgl. lat. aureus, M., Goldmünze; ae. ōr-an, M. Pl., Öre; W.: s. lat. aurōra, F., Morgenrot, Morgenröte; W.: s. lat. auster, M., Südwind; W.: vgl. lat. austrālis, Adj., südlich; W.: s. lat. vēr, N., Frühling, Lenz; W.: vgl. lat. vērnus, Adj., zum Frühling gehörig, Frühlings...; W.: ? vgl. lat. Vesuvius, M., Vesuv; W.: germ. *aus-, V., leuchten, aufleuchten; got. *aus-, Adj. (a), glänzend?, hell?, morgendlich?; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; got. *aus-tr-a, Sb., Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; lat.-got. Aus-tro-go-t-i, M.Pl., Ostgoten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; an. aus-t-r (2), Sb., Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; vgl. ae. éas-t, Adj., Adv., östlich; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; afries. âs-t-a 8, âs-t*, sw. M. (n), Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; as. ôs-t-a-r (1) 3, Adj., östlich, ostwärts; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; anfrk. *ōs-t?, Adv., im Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; as. *ôs-t? 1, st. M. (a?, i?), Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; ahd. ōst 1, Adv., im Osten; s. mhd. ōsten, Adv., im Osten; W.: s. germ. *austa, *austra, Sb., Osten; ahd. ōstar* (1) 3, Adj., östlich, im Osten befindlich; mhd. ōster, Adj., östlich; nhd. oster, Adj., Adv., „oster“, DW 13, 1371; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; ahd. ōstan (1) 6, st. M. (a?), st. N. (a), Osten; mhd. ōsten, st. M., st. N., Osten; nhd. Osten, M., Osten, DW 133, 1370; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; an. aus-t-an, Adj., von Osten her; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; ae. éas-t-ane, eas-t-an, Adv., von Osten; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; as. ôs-t-an-a 5, Adv., von Osten, im Osten; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; anfrk. ōs-t-an 1?, Adv., nach Osten; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; as. ôs-t-an 5, Adv., von Osten her; W.: s. germ. *austanō, Adv., von Osten; ahd. ōstana 6, Adv., von Osten, nach Osten; mhd. ōstenān, Adv., von Osten; vgl. nhd. osten, Adv., „osten“, DW 13, 1371; W.: vgl. germ. *austronja-, *austronjaz, Adj., östlich; vgl. ae. éas-t-er-ne, Adj., östlich; W.: s. germ. *austrō-, *austrōn, sw. F. (n), Frühlingsgöttin?; s. ae. éas-t-re, *éas-t-er-, sw. F. (n), Ostern; W.: s. germ. *austrō-, *austrōn, sw. F. (n), Frühlingsgöttin?; as. *ôs-t-a-r? (2), Sb., Ostern; W.: s. germ. *austrō-, *austrōn, sw. F. (n), Frühlingsgöttin?; ahd. ōstara* 9, sw. F. (n), Ostern, Osterfest; mhd. ōster, st. F., sw. F., Ostern; nhd. Oster, F., Ostern, DW 13, 1371

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Ob es einen etymologischen Zusammenhang zwischen den Chauken und den Hugonen gibt, ist dagegen weniger sicher.
 
Zum Lautwandel hatte ich da nichts gesagt. Es ging darum den grundlegenden Gedanken zu erörtern. Mehrfach wurde von ethnischen, kulturellen und Identitäten Thesen gefaselt. Der Wortwahl ist zu entnehmen, dass es mich mittlerweile nicht mehr amüsiert, wenn sich nicht mal bemüht wird, zu verstehen was geschrieben wird. Das ist enervierend.ich dachte, es läge an mir, daher habe ich ein paar Bekannte gefragt,xdie meinen, dass ich durchaus verständlich schreibe.

Jeder, der sich auch nur ein Bisschen ernsthaft mit Geschichte beschäftigt, kennt doch das Phänomen, dass elegante Lösungen, die zu den jeweils bevorzugten Theorien passen eben schlecht belegt sind. Mehr als einmal haben sich diese Lösungen als falsch erwiesen. Für die Etymologie sind hier im Thread schon genügend Beispiele genannt.

Ich wollte da nämlich keine direkte Kritik üben. Vielleicht war es zu undeutlich und zu wenig treffend. Nun, bekanntlich können Endungen gestrichen werden, hier '-er' und '-en'. Ebenso werden gerne Silben ersetzt, die angehängt, die Bedeutung näher bestimmen. Ich stimme zu, Laiensicht ist selten vollständig. Aber das gehört doch noch zu den Grundlagen. Wie das so ist, fallen mir gerade nur Punier und Phönizier ein... Gallier und Kelten?

Bei Etymologie bin ich kein Experte, habe mir aber doch einiges Wissen angeeignet. Auch für Latein habe ich mich damit relativ wenig beschäftigt. Aber wenn es um eine Übernahme in eine andere Sprache handelt, wird es eben komplexer und es gibt mehr mögliche Veränderungen. Und ich habe schon mehrfach betont, dass die Hugonen in sächsischen Quellen genannt werden. Und da sind wir bei den ingwäonischen Sprachen.
 
Ich höre zum ersten Mal von den Hugonen. Gibt es denn eigentlich außer der Erwähnung im Beowulf noch weitere Stellen, wo diese erwähnt werden?

Und Angeln am Niederrhein erstaunt mich auch. Zum angeblichen Thüringerreich am Niederrhein haben schon andere geschrieben, dass da vermutlich eine Verwechslung mit Tongeren vorliegt.

Zum Thüringerreich am Niederrhein gibt es, genauso wie zu Dispargum, nur Spekulationen.

Mir geht es, zumindest in diesem Thread um das Erscheinen von 'Hugo', bzw. 'Hugonen' in einigen späten Quellen. Woher kommen diese Nsmen?

Es geht nicht um irgendwelche Fragen nach der a'Herkunft' von Franken, Saliern und Merowinger. Damit in Verbindung stehende Möglichkeiten können durchaus nur in den Köpfen jener existiert haben, die den fraglichen Namen direkt oder indirekt ins Spiel brachten.

Die Quellen habe ich schon aufgezählt: Beowulf, dann Widukind von Corvey, Quedlinburger Annalen und Saxo Grammaticus. Schließlich auch die Sagen um Hugdietrich.

Bei diesem ganzen Komplex dreht man sich im Kreis. Alte Theorien werden regelmäßig wieder aufgenommen und verworfen. Man kann hier eben nur spekulieren. Allenfalls kann man die Möglichkeiten diskutieren.

Nehmen wir Dispargum. Duisburg geht nicht. Asberg erscheint auch nicht so toll. Und das Gebiet südlich und westlich Toxandriens ist wieder gegen die Quellen. Schmidt suchte es in Toxandriens, wenn er das Thüringerreich an die Küste versetzt. Damit sind alle Möglichkeiten durch. Eigenich muss es sowohl westlich, als auch -Chlodio überquert von dort aus den Rhein- als auch östlich des Rheins liegen. Nun, da er irgendwo Herman, kann man den Ort nicht ins Reich der Phantasie verbannen.

Aber es ist wieder reichlich spät geworden...

Also: Es geht hier nur um die Frage, ob es eine weitere Erklärungsmöglichkeit des Auftauchen der Hugonen in einigen recht späten Quellen gibt.
 
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