Dreifunktionalität und Indo-Europäer?

Sepiola

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Nun ist es aber auch nicht so, dass in der Nachwelt das Gedankengebäude des zweifellos genialen Dumézil als unantastbares Evangelium verehrt wird. Ich bin ja in der Materie nicht wirklich drin und kann nur ein paar bescheidene Brocken von Google & Wiki servieren:

Das System weist aber viele Schwächen auf, so werden die Griechen ausgeklammert (zu starke semitische / kleinasiatische Einflüsse) und auch die urtümliche Religion der Balten passt nicht so recht in das Schema.[1] Des Weiteren wenden Kritiker, wie beispielsweise die Indologen und Indogermanisten wie Paul Thieme[2] und Bernfried Schlerath[3] gegen Dumézil ein, dass insbesondere die ältesten indogermanische Quellen die der indologischen und iranologischen Philologien gänzlich in dem Sinne ausfallen, dass die Dreiteilung diesen nicht zu entnehmen ist und speziell das indische Kastensystem erst späterer Natur ist. Mit ihnen und anderen weisen sie Dumézil einen oberflächlichen und eklektischen Umgang mit den Quellen nach und im Einzelnen unhaltbare sprachwissenschaftliche Interpretationen vor.[4] Ein weiterer Kritikpunkt ist der, dass bisher ein Nachweis aus dem archäologischen Material fehlt. Die dritte Funktion ist zu wenig differenziert und die Nasatya, Quirinius und Freyr haben gar nichts gemeinsam und wirken in der Zusammenstellung spontan bis willkürlich.
https://de.wikipedia.org/wiki/Indogermanische_Religion#Kritik
... wollte Dumézil daran festhalten, dass die dreifunktionale Gesellschaftsgliederung und die aus ihr abstrahierte Ideologie auf die indoeuropäischen Völker beschränkt sind. Dise Auffassung lässt sich, wie ich meine, nicht halten. Auch manche Überlieferungen der semitischen Kultur lassen eine dreifunktionale Deutung zu.
...
Man wird wohl überhaupt darauf verzichten müssen, die von Dumézil hervorgehobene Struktur als Besonderheit eines bestimmten Kulturkreises zu verstehen.
...
Ist einmal die Beschränkung auf den indoeuropäischen Bereich aufgegeben, bietet sich dem Forscher ein unübersehbares Material für eine durch Dumézil inspirierte Forschung.
Politische Mythen

Die Griechen, die ja einen gewissen Einfluss auf das gesamte Abendland gehabt haben dürften, wollen schon nicht richtig ins Raster passen.
Das lese ich jetzt zum ersten Mal.


Dann kanntest Du den zitierten Wiki-Artikel noch nicht?
Das System weist aber viele Schwächen auf, so werden die Griechen ausgeklammert (zu starke semitische / kleinasiatische Einflüsse)
Die Spezifik der Entwicklung in Griechenland
Die Entwicklung in Griechenland und seine Zugehörigkeit zur indoeuropäischen Formation ist komplex, ohne Zweifel sind die Griechen ein indoeuropäisches Volk, ihre Sprache gehört zusammen mit dem Sanskrit zu den Grundlagen der indoeuropäischen sprachwissenschaftlichen Forschungen.25 Die dreifunktionale Ideologie im Denken der Griechen wurde allerdings vor allem durch drei Entwicklungen gebrochen, wenn auch nicht ausgelöscht: die orientalischen Einflüssen v.a. der minoischen auf die mykenische Kultur, das Fehlen einer geistig dominierenden Priesterklasse mindestens seit dem dunklen Zeitalter und schließlich die Entwicklung von Polis-Demokratien. Konsequenz und Voraussetzung der Demokratie war die Teilnahme von allen Bürgern an politischen ebenso wie an kriegerischen Auseinandersetzungen unabhängig von einer gesellschaftlichen Gruppenzugehörigkeit bzw. einer funktionalen Spezifizierung, also ihr Anspruch auf Gleichheit.26 Allerdings sind zahlreiche Reste der Dreifunktionalität in Mythen, in archeologischen Artefakten, Inschriften und in der Literatur erkennbar.27
Daniel Wrana, Ästhetik in Ordnungen der Macht



Dreiteilung ist vorhanden
Ich glaube, man kann in jeder Zivilisation eine passende Dreiteilung finden, wenn man nur sucht:
The Sangong 三公 "Three Dukes" were nominally the three highest positions in the central government (except, of course, the emperor). Although the term sangong is known in Zhou period 周 (11th cent.-221 BCE) sources, it is far from clear, which offices were concretely meant with this designation. Han period 漢 (206 BCE-220 CE) scholars of the restaurative new text school interpreted the sangong as the ministers of war (sima 司馬), of education (situ 司徒) and of works (sikong 司空)
sangong ?? (www.chinaknowledge.de)

Die drei höchsten Würdenträger - Minister für Krieg, Minister für Erziehung, Minister für Arbeiten - das klingt doch sehr verdächtig nach dem drei-Funktionen-Schema... Waren die alten Chinesen vielleicht auch Indo-Europäer?
 
Ich rekapituliere hier mal.

Zitat Wiki:

Dumézil sah Mythen, die er nicht historisch, sondern strukturalistisch behandelte, als soziale Muster an. Er entwickelte dafür eine Methode der komparativen Mythologie, nach der zwei Götter identisch waren, wenn sie in ihrem jeweiligen Pantheon analoge Funktionen wahrnahmen. Er unternahm es, in vergleichender Methode bislang unerkannte, aber schlagende Strukturparallelen indischer, persischer, ossetischer, griechischer, römischer und germanischer Götter- und Heldensagen aufzudecken. Dumézil erkannte darin eine Analogie zwischen indogermanischer Sprachentwicklung und indogermanischer Religionsentwicklung.
Analogie bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, daß jede Gemeinsamkeit auf ein hypothetisches indoeuropäisches Urvolk zurückgehen muß:

In jeder Zivilisation formuliert Homo religiosus sein Dogma und seine kultischen Ausdrucksformen anhand einer begrenzten Anzahl von primitiven Symbolen, fast immer die gleichen, die er aus der Natur entlehnt, wie etwa Sonne, Licht, Vegetation, die Vater-Sohn-Beziehung, etc. ; die Bedeutung welche er diesen Symbolen beimißt hängt nicht von seinem eigenen Ideenreichtum ab, sondern von seine eigene Existenz überragenden Mustern, so daß die Beziehung zwischen dem Zeichen und dem Bezeichneten, selbst in sehr unterschiedlichen religiösen Kontexten, im Wesentlichen die gleiche bleibt.
Daher läßt es sich nicht rechtfertigen, daß es sich bei sehr verschiedenen religiösen Strukturen, welche eine ähnliche Symbolik aufweisen, systematisch um den Einfluß des einen auf das andere handelt. Vielmehr läßt sich anhand solcher Parallelen nur auf die gemeinsame und unbewusste Treue zu einem konstitutiven Urbild des menschlichen Geistes schließen.
[1]

Damit wären ggf. die Parallelen zwischen Chinesen und Indoeuropäern zu erklären. Allerdings beschränkt sich die Dreifunktionalität bei den IE nicht auf hohe Ämter, sondern auf die gesamte Gesellschaft. Es gab also drei deutlich voneinander abgegegrenzte Kasten : Priester, Krieger und Arbeiter. Ob das in China auch der Fall war, weiß ich nicht. Müssen wir uns mal näher anschauen ;)

Zu den Griechen:

Die Monarchie wurde erst im VII. Jhd v. Chr. abgeschafft, und durch die oligarchische Herrschaft der Kriegerklasse ersetzt.

Zitat Wiki :

Die Entwicklung der Polis Athen zur Demokratie vollzog sich in einem über gut zwei Jahrhunderte langen und keineswegs gradlinigen oder zielgerichteten Prozess. In der Geschichte Athens kam es nach der Beseitigung des Königtums zunächst zur Oligarchie der Adelsgeschlechter. Schließlich führten verschiedene strukturelle Reformen zur Herausbildung der klassischen attischen Demokratie.

Von ihrer 2500 Quadratkilometer umfassenden Ausdehnung und der Größe der Bürgerschaft abgesehen, hob sich Athen als Polis bis zum Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. von anderen griechischen Stadtstaaten nicht sonderlich ab. Auch die zu dieser Zeit sich verschärft einstellenden sozialen Spannungen in Athen waren in anderen Poleis bereits aufgetreten und hatten dort nicht selten die Herrschaftsform der Tyrannis begünstigt. Originell und von langfristiger Bedeutung dagegen waren die in Athen zur Krisenbewältigung eingeschlagenen Wege, die zu institutionell abgesicherter Mitverantwortlichkeit der Bürger für das Gemeinwesen führten.
Bis zu dieser Wende entsprachen die Herrschaftsverhältnisse in Athen weitgehend dem gängigen Muster, das auch in anderen griechischen Stadtstaaten praktiziert wurde: Seit der Ablösung der Monarchie (hier spätestens im 7. Jh.) lag die Führung in der Hand von Adelsgeschlechtern (Eupatriden), die die Macht in jährlich neu zu besetzenden Ämtern aufteilten.
Somit läßt sich sagen, daß alle Griechen mindestens bis zum V. Jhd. v. Chr. dem dreifunktionalen Schema Dumézils durchaus entsprachen, und daß lediglich Athen für kurze Zeit (V. bis IV. Jhd.) ein originelles System entwickelte, daß sich mehr oder weniger deutlich von der traditionnellen indoeuropäischen Gesellschaftsstruktur entfernt.

[1] Jean Pépin, Encyclopædia universalis, 2016. Jean Pépin war Forschungsleiter am CNRS und Dozent an der École pratique des hautes études.
 
Allerdings beschränkt sich die Dreifunktionalität bei den IE nicht auf hohe Ämter, sondern auf die gesamte Gesellschaft. Es gab also drei deutlich voneinander abgegegrenzte Kasten : Priester, Krieger und Arbeiter.
Wenn das Vorhandensein dreier voneinander abgegrenzter Klassen (Kasten?) zum entscheidenden Kriterium erhoben wird, dann wird es bei manchen indoeuropäischen Völkern ziemlich eng:

Im Unterschied zu den antiken Hochkulturen der Inder, Römer oder Juden, aber auch im Unterschied zu den Kelten, war es bei den Germanen noch kaum zur Ausdifferenzierung einer eigenen Priesterklasse gekommen. Der religiöse Alltagskult wurde unter der Leitung des Familienältesten ausgeübt; kultische Feiern, an denen die gesamte Dorf- oder Stammesgemeinschaft teilnahm, wurden von Mitgliedern der angesehensten Sippen im Stamm geleitet. In späterer Zeit entwickelte sich bei bestimmten germanischen Stämmen ein eigenständiges Priestertum, das neben der Leitung der Opferrituale auch die Funktion der Rechtsprechung innehatte. Diese Priesterschaft wurde aus der adeligen Oberschicht rekrutiert, wodurch die politisch-kriegerische Elite und die religiöse Elite eine Einheit bildeten.
(Franz Höllinger)

Erst seit der Christianisierung gab es eine eigenständige Klerikerschicht.

Die Dreifunktionalität bei den Germanen ist in der Gesellschaft nicht greifbar und wird eher an den Göttern festgemacht: Odin (Weisheit, Runen, Magie) wird mit den Priestern assoziiert, Thor (Hammer) mit den Kriegern, die Wanen (Fruchtbarkeit) mit den Bauern.

Zu den Griechen:

Die Monarchie wurde erst im VII. Jhd v. Chr. abgeschafft, und durch die oligarchische Herrschaft der Kriegerklasse ersetzt.

Zitat Wiki :

Somit läßt sich sagen, daß alle Griechen mindestens bis zum V. Jhd. v. Chr. dem dreifunktionalen Schema Dumézils durchaus entsprachen, und daß lediglich Athen für kurze Zeit (V. bis IV. Jhd.) ein originelles System entwickelte, daß sich mehr oder weniger deutlich von der traditionnellen indoeuropäischen Gesellschaftsstruktur entfernt.
Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Monarchie besagt ja nichts. Monarchische Systeme haben wir in allen Hochkulturen, egal ob indoeuropäisch oder nicht-indoeuropäisch.

Daniel Wrana hebt auf "das Fehlen einer geistig dominierenden Priesterklasse" ab, darauf bist Du nicht eingegangen.


 
Allerdings beschränkt sich die Dreifunktionalität bei den IE nicht auf hohe Ämter, sondern auf die gesamte Gesellschaft. Es gab also drei deutlich voneinander abgegegrenzte Kasten : Priester, Krieger und Arbeiter.
Bei den Römern gab es eine so starre Abgrenzung doch auch nicht. Es gab zwar ein paar Priesterämter, deren Inhaber sonst nichts machen durften, aber viele Priesterämter wurden von Politikern (die gegebenenfalls auch als "Krieger" aktiv waren) nebenher erledigt. Eine abgegrenzte "Kriegerkaste" scheint es (soweit halbwegs gesicherte Kenntnisse zurückreichen) auch nie gegeben zu haben, sondern seit jeher die allgemeine Wehrpflicht gegolten zu haben. (Die ursprünglich dominierenden Patrizier waren keine auf das Kriegshandwerk spezialisierte "Kriegerkaste".)

Die Monarchie wurde erst im VII. Jhd v. Chr. abgeschafft, und durch die oligarchische Herrschaft der Kriegerklasse ersetzt.
[...]
Somit läßt sich sagen, daß alle Griechen mindestens bis zum V. Jhd. v. Chr. dem dreifunktionalen Schema Dumézils durchaus entsprachen, und daß lediglich Athen für kurze Zeit (V. bis IV. Jhd.) ein originelles System entwickelte, daß sich mehr oder weniger deutlich von der traditionnellen indoeuropäischen Gesellschaftsstruktur entfernt.
Der Übergang von der Monarchie zur Aristokratie erfolgte meist wohl eher fließend, indem der König immer schwächer und der Adel immer stärker wurde, bis man auf den König ganz verzichtete. In Athen sollen die Könige durch zunächst auf Lebenszeit regierende, faktisch erbliche Archonten ersetzt worden sein, deren Amtszeit erst sukzessive begrenzt wurde.
Zwar scheinen in archaischer Zeit tatsächlich primär Adlige zum Kriegsdienst herangezogen worden zu sein, aber wohl nie ausschließlich. Gerade in der Zeit, in der der Adel die Macht übernahm, kamen mehr und mehr Massenheere auf. Der Adel war auch keine spezielle Kriegerkaste, sondern er scheint sich in der Regel über Besitz und Abstammung definiert zu haben.
So etwas wie eine feste Trennung zwischen "Kriegern" und "Arbeitern" lässt sich in Griechenland primär nur bei den Spartanern (und vermutlich auch anderen dorischen Staaten) beobachten, wo der Kriegsdienst im Wesentlichen den Spartiaten vorbehalten war und das Arbeiten den Heloten. Aber auch hier war die Abgrenzung weicher, vor allem in Hinblick auf die Perioiken, die sowohl Krieger als auch Arbeiter waren. Indogermanen waren außerdem nicht nur die Dorer.
Athen war übrigens keineswegs der Ausnahmefall, als der es gerne hingestellt wird. Athen war lediglich der Staat, über dessen gesellschaftliche Entwicklung wir am meisten wissen. Ähnliche Entwicklungen wie in Athen gab es aber auch in anderen Staaten.

Erst seit der Christianisierung gab es eine eigenständige Klerikerschicht.
... die sich - im Normalfall - aber auch nicht aus sich selbst heraus ergänzte, sondern indem Angehörige der "Kriegerkaste" und der "Arbeiterkaste" Kleriker wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
In späterer Zeit entwickelte sich bei bestimmten germanischen Stämmen ein eigenständiges Priestertum, das neben der Leitung der Opferrituale auch die Funktion der Rechtsprechung innehatte. Diese Priesterschaft wurde aus der adeligen Oberschicht rekrutiert, wodurch die politisch-kriegerische Elite und die religiöse Elite eine Einheit bildeten.

(Franz Höllinger)
https://books.google.de/books?id=FJ...C#v=onepage&q=priesterklasse germanen&f=false

»Voneinander abgegrenzt« bedeutet nicht, daß die Priester- und Kriegerfunktionen hereditär sind, sondern daß zwischen der Rolle des Kriegers und des Priesters unterschieden wird.

Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Monarchie besagt ja nichts. Monarchische Systeme haben wir in allen Hochkulturen, egal ob indoeuropäisch oder nicht-indoeuropäisch.

Als Athen noch eine Monarchie war, gab es dort auch noch die Dreifunktionalität.

Daniel Wrana hebt auf "das Fehlen einer geistig dominierenden Priesterklasse" ab, darauf bist Du nicht eingegangen.

Da bin ich aber mit Herrn Wrana nur zum Teil einverstanden. Was war denn das Orakel von Delphi, wenn nicht eine geistig dominierende Priesterklasse?
 
Bei den Römern gab es eine so starre Abgrenzung doch auch nicht. Es gab zwar ein paar Priesterämter, deren Inhaber sonst nichts machen durften, aber viele Priesterämter wurden von Politikern (die gegebenenfalls auch als "Krieger" aktiv waren) nebenher erledigt. Eine abgegrenzte "Kriegerkaste" scheint es (soweit halbwegs gesicherte Kenntnisse zurückreichen) auch nie gegeben zu haben, sondern seit jeher die allgemeine Wehrpflicht gegolten zu haben. (Die ursprünglich dominierenden Patrizier waren keine auf das Kriegshandwerk spezialisierte "Kriegerkaste".)


Der Übergang von der Monarchie zur Aristokratie erfolgte meist wohl eher fließend, indem der König immer schwächer und der Adel immer stärker wurde, bis man auf den König ganz verzichtete. In Athen sollen die Könige durch zunächst auf Lebenszeit regierende, faktisch erbliche Archonten ersetzt worden sein, deren Amtszeit erst sukzessive begrenzt wurde.
Zwar scheinen in archaischer Zeit tatsächlich primär Adlige zum Kriegsdienst herangezogen worden zu sein, aber wohl nie ausschließlich. Gerade in der Zeit, in der der Adel die Macht übernahm, kamen mehr und mehr Massenheere auf. Der Adel war auch keine spezielle Kriegerkaste, sondern er scheint sich in der Regel über Besitz und Abstammung definiert zu haben.
So etwas wie eine feste Trennung zwischen "Kriegern" und "Arbeitern" lässt sich in Griechenland primär nur bei den Spartanern (und vermutlich auch anderen dorischen Staaten) beobachten, wo der Kriegsdienst im Wesentlichen den Spartiaten vorbehalten war und das Arbeiten den Heloten. Aber auch hier war die Abgrenzung weicher, vor allem in Hinblick auf die Perioiken, die sowohl Krieger als auch Arbeiter waren. Indogermanen waren außerdem nicht nur die Dorer.

Ich kann dir nur schwerlich widersprechen =)
Die von mir hervorgehobenen Stellen reichen mir aber, um die Griechen (trotz teilweise erheblicher Unterschiede) als »dreifunktionale« Indoeuropäer zu charakterisieren.

Athen war übrigens keineswegs der Ausnahmefall, als der es gerne hingestellt wird. Athen war lediglich der Staat, über dessen gesellschaftliche Entwicklung wir am meisten wissen. Ähnliche Entwicklungen wie in Athen gab es aber auch in anderen Staaten.
Welche wären das denn? Ich hab gerade gesucht und nichts gefunden... :confused:
 
»Voneinander abgegrenzt« bedeutet nicht, daß die Priester- und Kriegerfunktionen hereditär sind

Hab ich auch nicht behauptet...
Im europäischen Mittelalter war die Zugehörigkeit zum Ritterstand in der Regel erblich, die zum Priesterstand war gerade nicht erblich.

... sondern daß zwischen der Rolle des Kriegers und des Priesters unterschieden wird.

Wenn der Bauer einen Altar baut, um seine Fruchtbarkeitsgottheit mit einem Opfer gewogen zu stimmen, dann schlüpft er in die Rolle des Priesters. Wenn er zur Waffe greift, um sein Land zu verteidigen, schlüpft er in die Rolle des Kriegers.

Wie sind Deine Kriterien, um eine Abgrenzung zwischen Kriegerklasse und Priesterklasse (nicht -rolle) eindeutig festzustellen?

Das bloße Vorhandensein von Priestern, Kriegern und Bauern besagt gar nichts. Die finden wir in jeder Hochkultur.

Als Athen noch eine Monarchie war, gab es dort auch noch die Dreifunktionalität.

Da bin ich auf den Nachweis gespannt.
 
Als Athen noch eine Monarchie war, gab es dort auch noch die Dreifunktionalität.
Über Athen zur Königszeit weiß man doch, abgesehen von Sagen, praktisch nichts.

Die von mir hervorgehobenen Stellen reichen mir aber, um die Griechen (trotz teilweise erheblicher Unterschiede) als »dreifunktionale« Indoeuropäer zu charakterisieren.
Wenn man sich einfach nur das heraussucht, was passt, und den Rest ignoriert, kann es natürlich funktionieren.

Welche wären das denn? Ich hab gerade gesucht und nichts gefunden...
Nehmen wir z. B. Argos. Hier wurde die Monarchie erst im späten 7. Jhdt. abgeschafft und durch eine Aristokratie ersetzt. In der weiteren Geschichte der Stadt wechselten sich Phasen der Aristokratie, der Demokratie und der Tyrannis ab.
Oder Syrakus: In den ersten Jahrhunderten nach ihrer Gründung wurde die Stadt aristokratisch regiert, ehe im frühen 5. Jhdt. Tyrannen die Macht übernahmen. Danach wechselten sich Demokratie und Tyrannis (wobei manche Tyrannen den Königstitel annahmen) ab.
Die Entwicklung der Demokratie war also nichts spezifisch Athenisches, das brachten auch andere Städte zuwege. Aber auch jene Staaten, die in der Oligarchie/Aristokratie verharrten und nie Demokratien wurden, stellten überwiegend Heere auf, die auch die Bürger umfassten. Die meisten Städte hätten es sich in der Zeit der Hoplitenarmeen schon rein demographisch gar nicht leisten können, ausschließlich einen kleinen "Kriegeradel" ins Feld zu schicken. Sogar Sparta, das in seinen Glanzzeiten über einige Tausend Spartiaten (die tatsächlich eine Art auf den Kriegsdienst spezialisierte "Kaste" waren) verfügte, zog dennoch auch die Perioiken (die im Gegensatz zu den Spartiaten "normal" lebten) zum Kriegsdienst heran.

Und was die Priesterschaft in Griechenland betrifft, so muss man von Kultstätte zu Kultstätte unterscheiden: Es gab tatsächlich Kulte, deren Priesterschaft in bestimmten Familien erblich war. Daneben gab es aber auch Kulte, für deren Tempeldienste das Personal individuell ausgewählt wurde.
 
Es ist mir nicht möglich, dreißig Jahre Forschung in wenigen Worten zusammen zu fassen. Alles, was ich sagen kann, ist dies:
Es stellte einen entscheidenden Fortschritt dar, als ich mir in den 1950er Jahren bewußt wurde, daß die »dreifunktionale Ideologie« nicht zwangsläufig bedeutet, daß es im Leben einer Gesellschaft auch eine reale Teilung dieser Gesellschaft nach dem indischen Modell gibt; daß sie im Gegenteil dort, wo man eine solche Ideologie feststellt, nicht mehr sein muß als ein Ideal, und gleichzeitig eine Art zu analysieren, jene Kräfte zu interpretieren, die das Schicksal der Welt und der Menschen bestimmen.

Jetzt wurde es möglich, das Prestige der indischen Varna zu exorzieren, und so lösten sich eine ganze Reihe von Scheinproblemen von selbst auf: die römsichen Flamines waren nicht das Gegenstück zu den indischen Brahmanen (brāhmaṇa); der Priestertypus, welcher dem Flamen entspricht, muß in seiner Beziehung zur Gottheit viel eher mit etwas anderem verglichen werden, nämlich mit dem brahmán im engen Sinne dieses Wortes (einer der drei wichtigsten Priester einer Opferzeremonie).

Auf diese Weise bildete sich eine gesündere Vorstellung dessen heraus, was ich durch den vielleicht unglücklich gewählten, aber nunmehr eingebürgerten Ausdruck der »Dreifunktionalität« bezeichnet habe... [Nach dieser neuen Vorstellung ist] die soziale Trennung im wörtlichen Sinne nur eine von vielen möglichen Anwendungen (...): jenseits der Priester, Krieger und Erzeuger, und fundamentaler als jene, finden sich die hierarchisierten »Funktionen« der magischen und juristischen Hoheit, der körperlichen und im Wesentlichen kriegerischen Kraft und des ruhigen, fruchtbaren Überflusses.
Georges Dumézil, Mythes et dieux des Indo-Européens, S. 586, Flammarion, 2011.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein paar Betrachtungen, die die bisherigen Darstellungen teils ergänzen, teils ihnen widersprechen. Einfach um deutlich zu machen, dass es ähnliche Überlegungen gibt, die funktionellen Aufgaben von Staaten zu systematisieren.

Betrachtungen über die Bedeutung des „Staates“ gehen – so Hoerster - auf die Überlegungen von Platon und Aristoteles zurück. Somit liegen diese niedergeschriebenen und überlieferten Anfänge der „Staatsphilosophie“ im ca. 300 Jahrhundert BC. (Hoerster, S. 27ff)

Die Entwicklung staatlicher Strukturen ist dabei sicherlich ein komplexer Prozess gewesen, den Mann mit folgenden Fragen umreißt: „(1) Wie kam es, dass manche Menschen dauerhaft Macht über die materiellen Lebenschancen anderer erlangen konnten, eine Macht, die ihnen die Möglichkeit gab, Besitz zu erwerben, der potentiell anderen die Existenz nahm? Und (2) wie kam es, dass soziale Autorität sich auf Dauer an zentralistische, monopolistische, restriktive Kräfte in territorial definierten Staaten anlagerte.“ (Mann, S. 90).

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu verstehen, dass staatliche Strukturen durch die direkte Interaktion von Individuen bzw. von Gruppen zustande kam und aus funktionalen Erfordernissen, ideologischen Deutungen, direkter Machtdurchsetzung und auch durch Verhandlungen entstanden ist, nur um den Ausgangspunkt und den Verlauf dieses evolutionären Prozesses zu beschreiben.

Dabei ist es wichtig, dass man politische Prozesse in einem umfassenden Sinne begreift, wie beispielsweise Kurtz (vgl. Introduction). Politisches Handeln findet nicht, wie im wesentlichen von der Politologie betont, im Rahmen von politischen Institutionen statt, sondern drückt sich gerade auch in dem sozialen Handeln der Akteure aus. In alltäglichen Prozesses werden Herrschaftsverhältnisse begründet, Normen und Werte werden asymmetrisch definiert und durchgesetzt und es wird eine Deutungshoheit über ideologische Inerpretationen (Religion etc.) durchgesetzt.

Diese Sichtweise findet sich ähnlich bei Parsons, der die Frage behandelt wie Gesellschaften möglich sind, wie sie funktionieren und wie die soziale Kohesion organisiert ist. Dieses Muster der sozialen Reproduktion – so seine These – findet sich universalistisch in den meisten Gesellschaften immer wieder. Die Reproduktion von Gesellschaften erfolgt dabei durch eine Reihe von ausdifferenzierter „Milieus“, denen spezifische Aufgaben zufalle (Parsons, S. 52). In diesem Zusammenhang führt er das Kulturelle System, die Regierungsform und die Wirtschaftsform an, die die Strukturerhaltung, die Integration, die Zielerreichung und die Anpassung an veränderte ökologische Anforderungen zu leisten haben.

Damit benennt Parsons ähnliche Funktionen innerhalb einer Gesellschaft, die zu ihrer Reproduktion wichtig sind wie Dumezil, unabhängig davon, in welchen Aspekten sie unterschiedlich argumentieren.

Ein ähnliches Modell wird von Mann vorgeschlagen, der im Rahmen eines IEMP-Modells die frühen staatlichen Organisation erklären will.(Abbildung in Mann, S. 57) Dabei definiert er im Rahmen von sozialen Netzwerken vier Bereiche, die durch spezifische arbeitsteilig organisierte Kompetenzen, gesellschaftliche Funktionen wahrnehmen. Die transzendale Deutungen – Ideologie – ist ein wichtiger Bereich, der normalerweise durch Formen des religiösen Denkens ausgefüllt wird. Daneben sind noch die sozialen Netzwerke für den Bereich der Ökonomie (Economy), das Militär und den Bereich der staatlichen Administration (P) vorhanden.

Soweit mein Kenntnisstand, ist es das Modell von Mann, dass am weitestgehendsten ein universalistisches Modell von Gesellschaften vorschlägt und es historisch begründet im Rahmen einer theoretischen Sicht und empirischen Fundierung.

Es ist vermutlich plausibel, von ähnlich gelagerten universellen Anforderungen für alle Gesellschaften auszugehen. Dennoch variieren Gesellschaften natürlich in der konkreten Gestaltung ihrer Funktionen. So wird eine „pazifistische“ Gesellschaft, die auf diskursive Konfliktlösungen setzt, dem Militär einen anderen Stellenwert zuweisen wie eine Militärdiktatur.

Es sind somit im weberschen Sinne „Idealtypen“, die eher als Analyseraster herangezogen werden sollten. Unabhängig davon, dass diese Formen der Abstraktion staatlichen Handelns im Rahmen von Gesellschaften natürlich auch eine gewisse empirische Fundierung aufweisen sollten.

Hoerster, Norbert (Hg.) (1987): Klassische Texte der Staatsphilosophie. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag
Kurtz, Donald V. (2001): Political Anthropology: Power and Paradigms: Westview Press Incorporated.
Mann, Michael (1990): Von den Anfangen bis zur Griechischen Antike. Erster Band. Frankfurt am Main, New York: Campus
Parsons, Talcott (1975): Gesellschaften. Evolutionäre und komparative Perspektiven. Frankfurt am Main: Suhrkamp
 
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Es stellte einen entscheidenden Fortschritt dar, als ich mir in den 1950er Jahren bewußt wurde, daß die »dreifunktionale Ideologie« nicht zwangsläufig bedeutet, daß es im Leben einer Gesellschaft auch eine reale Teilung dieser Gesellschaft nach dem indischen Modell gibt; daß sie im Gegenteil dort, wo man eine solche Ideologie feststellt, nicht mehr sein muß als ein Ideal, und gleichzeitig eine Art zu analysieren, jene Kräfte zu interpretieren, die das Schicksal der Welt und der Menschen bestimmen.

Die dreifunktionale Ideologie der Indoeuropäer im Stil der mittelalterlichen Drei-Stände-Lehre kommt mir in den konkreten Einzelfällen etwas konstruiert vor. Bei den Griechen bezieht sich die gängige Dreiteilung auf die Herrschaft (Zeus, Poseidon, Hades) und die postulierte Dreiteilung bei den Römern (Jupiter, Mars, Quirinus) halte ich schon deshalb für problematisch, weil Jupiter und Mars bekanntlich von den Griechen übernommen wurden.

Bei den Germanen (Odin/Thor/Freyr - warum nicht Freya?) und Kelten (Teutates, Taranis, wer ist hier der Bauer resp. für die Fruchtbarkeit zuständig? ) kann ich die Drei-Funktionalität Religion/Magie - Krieg - Ernährung in etwa nachvollziehen. Ansonsten taucht das Dreiteiliungskonzept bei indoeuropäischen Nachfahren aber auch ganz unabhängig von der "Spezialisierung" auf. In der griechischen Mythologie existieren auch drei Moiren, drei Gorgonen und drei Horen, und in der nordischen Mythologie werden namentlich nur drei Nornen erwähnt.

Bei Indien passt das Ganze auch nicht wirklich ins Konzept. Zwar gibt es auch dort eine Dreiteilung, aber die postulierte von Varuna - Indra - Nasatya erscheint mir wiederum konstruiert. Die gängige Dreiteilung im Hinduismus bezieht sich weniger auf Priester - Krieger - Bauer sondern auf die "kosmischen" Funktionen Erschaffung, Erhaltung und Zerstörung, symbolisiert durch die Götter Brahma, Vishnu und Shiva und gleicht in der Konzeption möglicherweise eher der christlichen Trinität (Vater, Sohn, heiliger Geist) oder der pythagoräischen Triade (Anfang, Mitte, Ende) - im Sinne einer "dreigeteilten Einheit".

Man kann nun sicher mit einer gewissen Berechtiung argumentieren, dass die indoeuropäische Drei-Teilung bei den verschiedenen Ablegern eine unterschiedliche Entwicklung durchgemacht hat. Aber auch hier stört mich der Ansatz, dass man bei einer dreifunktionalen Ideologie grundsätzlich von einem indoeuropäischen Ursprung ausgeht. Eine mystische oder religiöse Dreiheit vermute ich bei vielen Kulturkreisen - sie ist keine indoeuropäische Spezialität. Das geht schon aus der Vorstellung der Lebensalter (Kind, Erwachsener, Greis) oder aus den Mondzyklen hervor. Eine Dreiteilung der Götter findet sich beispielsweise auch in Religionen nicht-indoeuropäischen Ursprungs, etwa in der ägyptischen Myhtologie mit Isis, Osiris und Horus sowie im Taoismus mit drei himmlischen Gottheiten (welche im Übrigen ebenfalls eine Einheit bilden).

Aller guten Dinge sind drei - auch ausserhalb der indoeuropäischen Kulturableger :)
 
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weil Jupiter und Mars bekanntlich von den Griechen übernommen wurden.
Da möchte ich doch wieder einhaken: "von den Griechen übernommen" stimmt so nicht. Jupiter und Mars waren italische Gottheiten, die die Römer erst mal von ihren Vorfahren geerbt hatten und die dann mit den griechischen Göttern Zeus und Ares gleichgesetzt wurden.
Im Fall Iuppiter ist noch hinzuzufügen, dass der Name (Gen. Iovis) mit dem griechischen Zeus zweifellos auf eine gemeinsame indoeuropäische Form zurückzuführen ist.
 
Da möchte ich doch wieder einhaken: "von den Griechen übernommen" stimmt so nicht. Jupiter und Mars waren italische Gottheiten, die die Römer erst mal von ihren Vorfahren geerbt hatten und die dann mit den griechischen Göttern Zeus und Ares gleichgesetzt wurden.
Im Fall Iuppiter ist noch hinzuzufügen, dass der Name (Gen. Iovis) mit dem griechischen Zeus zweifellos auf eine gemeinsame indoeuropäische Form zurückzuführen ist.

Es ist mir schon klar, dass einige Götternamen (nicht nur Zeus und Jupiter) namentlich eine gemeinsame indoeuropäische Herkunft aufweisen (auch in den Veden). Dies nehme für den germanischen, indischen und teilw. griechischen Schöpfungsmythos sogar dieselbe indoeuropäische Wurzel an. Ich bin aber wie gesagt nicht damit einverstanden, die Dreiteilung als speziell indogermanisches Charakteristikum zu interpretieren - auch nicht in der Form der "Arbeitsteilung".
 
Man wird wohl überhaupt darauf verzichten müssen, die von Dumézil hervorgehobene Struktur als Besonderheit eines bestimmten Kulturkreises zu verstehen.

vgl. Link!
https://books.google.de/books?id=6Nq-lb1lFDsC&pg=PA355&lpg=PA355&dq=indoeurop%C3%A4ischen+kulturkreises+dum%C3%A9zil&source=bl&ots=SBKtu5MwVQ&sig=Qe3DE_l2W6_tC8fzLpk2DIdnfzE&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjVnKa3l9bPAhXnCcAKHQV4BpAQ6AEIJzAA#v=onepage&q=indoeurop%C3%A4ischen%20kulturkreises%20dum%C3%A9zil&f=false

und der Satz geht bei Peter Tepe wie folgt weiter:
"Anlass zu dieser neuen Lesart bietet eine Überlegung von Michael Mann...(The Sources of Social Power)"

Wollte darauf nur kurz hinweisen.
 
Zuletzt bearbeitet:
...und der Satz geht bei Peter Tepe wie folgt weiter:
"Anlass zu dieser neuen Lesart bietet eine Überlegung von Michael Mann...(The Sources of Social Power)"

Wollte darauf nur kurz hinweisen.

Gute Ergänzung von Manns Social Power zu sepiolas Hinweis.

Und bzgl. IE wird in der Forschung die dreifunktionale Doktrin Dumézils mit spitzen Fingern angefasst, indem "eine Minorität in der Minorität" daraus eine vierfunktionale bzw. mehrfunktionale These macht, zB Allen (etwa in IE background to Greek Mythology, in: Dowden/Livingstone, Blackwell Companion to Greek Mythology, Kapitel 18), siehe auch ihre einführenden Bemerkungen zu Dumézil "extraordinarily doctrinaire approach".
 

Den Namen des Rezensenten muss ich noch nachtragen: Es ist der Religionswissenschaftler Bernhard Lang. Peter Tepe ist (mit anderen) Herausgeber des Bandes.

Aus Sicht der Indogermanistik hat sich Bernfried Schlerath mit Dumézils Lehren auseinandergesetzt. Speziell mit der idéologie tripartie befasst sich der Aufsatz "Georges Dumézil und die Rekonstruktion der indogermanischen Kultur" (in: Kratylos 40/1995, S. 1-48 und 41/1996, S. 1-67.) Er listet folgende methodische Schwachpunkte auf:
1. Willkürliche Auswahl einiger Götter aus dem Pantheon, um aus ihr eine komplette dreifunktionale Liste herzustellen. ...
2. Die Annahme von Gestalten, die gleichzeitig die 1. und 2. Funktion vertreten oder die dreifunktional sind. ...
3. Die Annahme, daß Götter ihre Funktion geändert haben, so daß das ganze Schema nicht mehr zu sehen ist ...
4. Die wahlweise Annahme von zwei gegensätzlichen Aspekten in jeder der drei Funktionen, wodurch zu vieles möglich wird. Bisweilen reicht auch das nicht aus, um störende Doppelbesetzungen innerhalb des Schemas zu vermeiden. Dann werden gleichzeitig existierende Parallellisten angenommen.
5. Fehlinterpretationen, die eine Gestalt gegen die Aussagen der Texte einer Funktion zuweisen. ...
6. Wechselnde Charakterisierung der 1. und 3. Funktion. Für die 3. Funktion ist es Dum. selbst aufgefallen, daß seine Beschreibung allzu bunt und unzusammenhängend ausfällt. Die 1. Funktion wird je nach Bedarf verschieden schattiert und zu allgemein charakterisiert ...

Die gesamte Lehre von den drei Funktionen ist nur möglich, wenn man all diese methodischen Ungenauigkeiten in Kauf nimmt. Und diese Ungenauigkeiten bekommt man nur in den Blick, wenn man die Quellen unbeeinflußt interpretiert. Das Endergebnis ist, daß es die idédolgie tripartie nie gegeben hat.
...
Da sich die angebliche Dreifunktionalität nirgends vollständig erhalten hat (außer im europäischen Mittelalter; darüber gleich), haben wir auch keinerlei Anschauung, wie sie in der Praxis funktioniert haben könnte. Das Interessante an einer Struktur ist ja zu sehen, wie sich die einzelnen Strukturelemente durch Opposition voneinander abgrenzen und wie sie zusammenwirken. Nichts davon ist für uns sichtbar.


Den Aufsatz habe ich erst heute in die Hände bekommen, einiges davon kam mir von der obigen Diskussion bereits sehr bekannt vor. Die Dreifunktionalität der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa entstand erst durch die Christianisierung, das sehen auch andere Autoren so.

Und die Frage nach den Kriterien, anhand derer sich eine Abgrenzung zwischen den gesellschaftlichen Klassen eindeutig feststellen lässt, lässt sich offensichtlich nicht beantworten.

Die Behauptung "
Allerdings beschränkt sich die Dreifunktionalität bei den IE nicht auf hohe Ämter, sondern auf die gesamte Gesellschaft. Es gab also drei deutlich voneinander abgegegrenzte Kasten : Priester, Krieger und Arbeiter." löst sich in Luft auf, wenn sie mit den Fakten konfrontiert wird.
 
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Ergänzend: Bernhard Maier in seinem Werk "Die Religion der Kelten" zur Forschungsgeschichte:
""Dieser Theorie zufolge ( der These der Ideologie der drei Funktionen) beruhte das Weltbild der Indogermanen ebenso wie ihre Gesellschaftsordnung und ihr Pantheon auf einer hierarchischen Dreigliederung, welche die grundlegenden Funktionen der Herrschaft (souverainité), des Kriegswesens (force) und der Fruchtbarkeit (fécondité) zum Ausdruck brachte. Lange Zeit auf breiter Ebene akzeptiert, ist dieses Modell in der jüngsten Vergangenheit in zunehmenden Maße als eine methodisch fragwürdige Schematisierung erkannt worden" (S.27)
Außer den von sepiola erwähnten Schlerath erwähnt er noch als Kritik an Duméziel Belier 1991,
Decayed Gods: Origin and Development of Georges Dumézil's "Idéologie Tripartie"

@Armer Konrad: keltische Fruchbarkeitsgottheit: leider ist es für das keltische Pantheon von mehr als 400 Gottheiten nicht möglich, einer Gottheit eine übergeordnete Bedeutung/Funktion zu geben - die vielfache Opferpraxis belegt aber, dass für die Agrargesellschaft chthonische Gottheiten (mit der Erde verbunden) eine wichtige Rolle spielten. Die Mutter - und Landesgöttinnen Matres und Matronae sind dafür ein vielzähliges Beispiel -als Beispiel für die möglichen vielen Nebenfunktionen aber zählt Birkhan die vielfältigen Namen auf, die die spezielle Zuständigkeit der Muttergottheiten andeuten: matronae, matres, Parcae, Viae, Iunones, Deae, Cereres, Suleviae, Campestres, Proxumae, Fatae, Silvane, Nutrices, Fontes (S.513, Birkhan, 1999)
 
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@ all : zweifellos kann das meiste von dem, was ihr sagt, nicht von der Hand gewiesen werden. Die Schwachstellen in Dumézils System sind zu zahlreich und zu evident, um unter den Teppich gekehrt zu werden.

Woran ich aber dennoch festhalten möchte ist dies:

Es stellte einen entscheidenden Fortschritt dar, als ich mir in den 1950er Jahren bewußt wurde, daß die »dreifunktionale Ideologie« nicht zwangsläufig bedeutet, daß es im Leben einer Gesellschaft auch eine reale Teilung dieser Gesellschaft nach dem indischen Modell gibt; daß sie im Gegenteil dort, wo man eine solche Ideologie feststellt, nicht mehr sein muß als ein Ideal, und gleichzeitig eine Art zu analysieren, jene Kräfte zu interpretieren, die das Schicksal der Welt und der Menschen bestimmen.
Die Dreifunktionalität ist nicht wörtlich zu nehmen, sondern ist ein Ideal, eine Intuition. Sie ist Teil der mythischen Realität der indoeuropäischen Völker. Sie fand ihren Ausdruck nur bedingt in der physischen Wirklichkeit; sie manifestiert sich in erster Linie metaphysisch und spirituell: im aristokratischen Ideal und Ehrenkodex der europäischen Ritterschaft, der Schwurgemeinschaft der slawischen Družina, und in der strikten Trennung von Klerus/Magie und Welt, die nicht nur für das mittelalterliche Christentum charakteristisch ist, sondern sich bereits bei den keltischen Druiden und anderen spezialisierten Priesterschaften wie den römischen Flamines oder dem Orakel von Delphi findet. Es handelt sich bei der Dreifunktionalität also um den »spirituellen« Typus des Priesters, des Bauern und des Kriegers.

Dabei ist es wichtig, dass man politische Prozesse in einem umfassenden Sinne begreift, wie beispielsweise Kurtz (vgl. Introduction). Politisches Handeln findet nicht, wie im wesentlichen von der Politologie betont, im Rahmen von politischen Institutionen statt, sondern drückt sich gerade auch in dem sozialen Handeln der Akteure aus. In alltäglichen Prozesses werden Herrschaftsverhältnisse begründet, Normen und Werte werden asymmetrisch definiert und durchgesetzt und es wird eine Deutungshoheit über ideologische Inerpretationen (Religion etc.) durchgesetzt.

Es sind somit im weberschen Sinne „Idealtypen“, die eher als Analyseraster herangezogen werden sollten. Unabhängig davon, dass diese Formen der Abstraktion staatlichen Handelns im Rahmen von Gesellschaften natürlich auch eine gewisse empirische Fundierung aufweisen sollten.

Ich möchte an dieser Stelle Julius Evola zitieren; dessen wenig originelle, wenngleich profunde Philosophie interessiert mich hier weniger als die Grundidee der Sakralaristokratie, die in diesem Aufsatz zum Ausdruck kommt, also daß es allen Menschen gemeine Ideale und Werte gibt, welche im Wesentlichen auf dem Gedanken der (spirituellen) »Rasse« basieren… dieser Begriff der Rasse darf hier nicht im provinziellen, engstirnigen, hitler’schen Sinne verstanden werden (also rein physisch-biologisch) sondern vielmehr in der Definition, die jenes Wort im klassischen Corneille’schen Französischen innehatte, also im Sinne von »historisch verwurzelte Gemeinschaft«, »Familie« oder auch »Volk«; auf Deutsch könnte man auch »Seelenverwandtschaft« sagen.

Hier kommt also eine Spezifizität der Indoeuropäer zum Ausdruck, nämlich daß sie eine allen Kulturen der Welt gemeines Ideal im Vergleich zu anderen Traditionen besonders hoch stellten und schließlich (im Mittelalter bzw. in Indien bereits viel früher) auch in der sozial-historischen Wirklichkeit umsetzten.

Gleich vorweg: Evola hat nicht den Anspruch, entsprechend den geschichtswissenschaftlichen Anforderungen zu arbeiten (also das, was er als »positivistischen Aberglauben« abtut). Gleichwohl besitzen seine Gedanken eine magische Bedeutung und sind Ausdruck einer symbolischen Meta-Wahrheit.

Wir haben von einer urnordischen Tradition gesprochen. Sie ist kein Mythos, sie ist unsere Wahrheit. Schon in der ältesten Vorgeschichte, dort, wo der positivistische Aberglaube bis gestern den affenhaften Höhlenbewohner vermutete, hat es eine einheitliche und mächtige Urkultur gegeben, von der noch ein Echo nachtönt in allem, was uns die Vergangenheit an Größtem zu bieten hat als ewiges Symbol.

Die Iranier sprechen von airyanem vaejo, im äußerten Norden gelegen, und sehen darin die erste Schöpfung des »Gottes des Lichtes«, den Ursprung ihres Geschlechtes und ebenso den Sitz des »Glanzes« – hvareno –, jener mystischen Kraft, die den indoeuropäischen Rassen und vor allem ihren göttlichen Königen eignet; sie erblicken darin – symbolisch – den 'Ort', wo sich die kriegerische Religion Zarathustras zum ersten Male geoffenbart haben soll. Die Tradition der indischen Arier kennt dementsprechend die sweta-dvipa, die »Insel des Glanzes«, ebenfalls im äußersten Norden gelegen, wo Narayana seinen Sitz hat, der »das Licht ist« und »der, welcher über den Wassern steht«, d. h. über dem Zufall des Geschehens. Sie spricht auch von den uttarakura, einer nordischen Urrasse; unter nordisch versteht sie den solaren Weg der Götter – devayana –, und in der Bezeichnung uttara interferiert der Begriff alles dessen, was erhaben, erhöht, hochgelegen ist – was im übertragenen Sinn arya, arisch genannt werden kann – mit dem Begriff des Nordischen. Erben der achäisch-dorischen Stämme sind wiederum die sagenhaften nordischen Hyperboräer; von dort soll der für dieses Geschlecht bezeichnende Gott oder Held gekommen sein, der solare Apollon, der Vernichter des Python; von dort soll Herakles – der Verbündete der olympischen Götter gegen die Riesen, der Vernichter der Amazonen und der Elementarwesen, der »schöne Sieger«, als dessen avatara sich später gleichsam viele griechischen wie römischen Könige betrachteten – den Ölbaum gebracht haben, mit dessen Laub man die Sieger bekränzt (Pindar).

Aber dieses nordische Thema in Hellas interferiert auch mit jenem von Thule, des geheimnisvollen nördlichen Landes, das manchmal zur »Insel der Helden« und zum »Land der Unsterblichen« wird, wo der blonde Radamantys regiert, zur »Sonneninsel«, Thule ultima a sole nomen habens, woran die Erinnerung wach blieb so sehr, daß, im Glauben, sie in Britannien wiederzuerkennen, Constanz Clorus mit seinen Legionen dorthin aufbrach, weniger des militärischen Ruhmes halber, sondern gleichsam um seine Cäsaren-Apotheose vorwegzunehmen, um sich dem Orte zu nähern, »der dem Himmel am nächsten und heiliger ist als jede andere Gegend«. In den nordisch-germanischen Traditionen steht oft Asgard, der Sitz der Asen und der verwandelten Helden, für einen anderen, gleichartigen Göttersitz, und die nordischen Könige, die als Halbgötter und Asen angesehen wurden – se mideos id est ansis – und ihren Völkern den Sieg durch ihre mystische Macht des »Glückes« verschafften, verlegten in jenes »göttliche« Land den Ursprung ihrer Dynastie. Nordisch oder nordisch-westlich ist in den gälischen Traditionen Avallon, dem das gleichfalls göttliche Geschlecht der Thuata de Danann entstammte, heldische Eroberer des vorgeschichtlichen Irlands, unter denen der Held Ogma genau dem dorischen Herakles entspricht – Avallon, das andererseits mit Tir na mbeo verschmilzt, dem »Land der Lebendigen«, welches das Reich des Boadog, des »Siegers« ist. Auch die Azteken haben ihre ursprüngliche Heimat im Norden – im Aztla, das auch die »weiße Erde« oder das »Land des Lichtes« heißt, von dem sie unter Führung eines Krieger-Gottes, Huitzilopochtli, auszogen: ebenso wie die Tolteken als Ursprungssitz Tlalocan, Tollan oder Tula für sich in Anspruch nehmen, das wie das griechische Thule auch das »Sonnenland« ist und mit dem »Paradies« der Könige und der auf dem Schlachtfeld gefallenen Helden verschmilzt.

Das sind nur einige übereinstimmende Bezüge, wie sie in den verschiedensten Traditionen auffindbar werden als Erinnerung an eine nordische Urkultur und Heimat, worin sich eine transzendente, außermenschliche Geistigkeit aufs engste verband mit einem heldischen, königlichen und triumphalen Element: zur sieghaften Form über das Chaos; zum sieghaften Übermenschentum über alles, was menschlich und tellurisch ist; zur »Solarität« als Hauptsymbol einer transzendenten Männlichkeit, als Ideal einer Würde, die in der Ordnung der geistigen Kräfte dem entspricht, was auf der materiellen Ebene der Herrscher, der Held sind. Und während uns die Spuren der Überlieferung auf einen Weg vom Norden nach dem Süden, vom Abendland nach dem Morgenland verweisen, den die solchen Geist bewahrenden Rassen gegangen sind, zeugen in neuerer Zeit die größten indoeuropäischen Völkergebilde im Typus ihrer reinsten Werte und Kulte, ihrer bezeichnendsten Gottheiten und Einrichtungen gerade von dieser Kraft und dieser Kultur.

Andererseits aber – und schon die obigen Hinweise zeigen es auf – wurde das, was Geschichte war, zur Übergeschichte: Während das »Land der Lebendigen«, die »Burg der Helden«, die »Sonneninsel« auf der einen Seite das Geheimnis des Ursprungs umschlossen, enthüllten sie auf der anderen das Geheimnis des Weges zur Wiedergeburt, zur Unsterblichkeit und zur übermenschlichen Macht: des Weges, der in hervorragendem Maße zur traditionellen Königswürde zu führen vermag. Die geschichtlichen Faktoren wurden somit zu geistigen Faktoren, die reale Tradition wurde zur Tradition im transzendenten Sinn und darum zu etwas, das über der Zeit stehend von beständiger Gegenwärtigkeit ist. Symbole, Zeichen und Sagen berichten uns so auf unterirdischen Wegen von ein und derselben Tradition, um uns ein und dieselbe 'Orthodoxie' zu bezeugen, wo immer die entsprechenden Höhepunkte erreicht worden sind, wo immer die »solare« Geistigkeit über den inferioren Kräften gethront hat.

Dementsprechend wurde in späterer Zeit, die schon gebunden war an das Schicksal der Verdunkelung des »Göttlichen« – ragna-rökkr –, bei den in ihren Kräften und Führern versprengten Stämmen das nordische Rassenelement, vom Geistes-Element sich lösend, zu dem es ursprünglich gehörte, zu einer Kategorie, einem allgemeinen Typus der Kultur und des Verhaltens gegenüber dem Übermenschlichen, der sich auch dort wiederfinden läßt, wo keine ethnische Wechselbeziehung im engeren Sinn erinnerlich ist; ein Typus, der folglich verschiedene Kulturen wieder miteinander zu verbinden vermag, sobald diese eine geistige Gestaltungskraft vertraten, wie sie innerhalb jener Urtradition auf die mannigfaltige Materie eingewirkt hat.

Derart betrachten wir das heidnische Römertum als die letzte große Schöpfungstat des nordischen Geistes, als den letzten universalen und während eines ganzen Zyklus zum Großteil geglückten Versuch, die Kräfte der Welt in den Formen einer heldischen, solaren Kultur wiedererstehen zu lassen: einer Kultur, die versperrt war für jede mystische Flucht; die festhielt am aristokratisch-indoeuropäischen Typus der patres, der Herren des Speers und des Opfers; die geheimnisvoll bestätigt wurde durch die nordischen Zeichen des Wolfes, des Adlers und der Axt; die lebendig war vor allem im olympischen Kult eines Zeus und eines Herakles, eines Apoll und eines Mars; im Gefühl, dem Göttlichen ihre Größe und ihre æternitas zu verdanken; in der Tat als Ritus und im Ritus als Tat; im klaren und doch mächtigen Erlebnis des Übernatürlichen, das im Imperium selbst erkannt wurde und im Symbol des Cäsaren als numen kulminierte. Der Zusammenbruch des heidnischen Roms ist der Zusammenbruch des größten traditionellen und solaren Bollwerks, und in den Kräften, die vorwiegend zu diesem Sturz beigetragen haben, ist unschwer das zu erkennen, was den Weg zu allen darauf folgenden Abirrungen und Verstrickungen freigelegt hat, bis auf den Zustand des heutigen Europas.

Julius Evola, Die indoeuropäisch-solare Tradition

Die Drefunktionalität ist eine mythische und symbolische Realität, keine historische. Daß das Modell Dumézil’s (bellatores, oratores, laboratores) erst im Mittelalter zur vollen Ausprägung kommt, zeigt seine Grenzen, suggeriert aber auch, daß gewisse Wertvorstellungen und Ideale (die spirituelle Rasse) über die Jahrhunderte hindurch fortgedauert haben, bis sie im europäisch-heidnischen Christentum die Gelegenheit zur vollen Entfaltung bekamen.

Es ist nämlich meiner Meinung nach ein seltsamer Zufall, daß das egalitäre und universalistische Christentum in Europa zu einer strikten Standesgesellschaft und zu Mißtrauen gegenüber Andersgläubigen führte. Hier sehe ich also ein starkes Indiz dafür, daß wir es mit einem Zurückströmen der alten indoeuropäischen Mythologie zu tun haben…
 
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Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann meint, dass sich die von Dumézil propagierten drei sozialen Schichten bei den Indoeuropäern wiederfinden.

Er sagt:

"Das vergleichende Studium von Georges Dumézil in den 1930er Jahren zu den Mythen der indischen, iranischen und europäisch-antiken Kulturen führte zur Identifizierung von drei sozialen Schichten. Diese Dreigliederung manifestiert sich ebenso in den religiösen Vorstellungen und im Ritualwesen der Indoeuropäer. Die elementaren Funktionen der sozialen Gruppen in der Gesellschaft sind mit bestimmten Gottheiten und mit spezifischen Opferhandlungen assoziiert, wobei folgende Polaritäten zu erkennen sind:

- Souveränität, rechtmäßige Ordnung und Führung (vertreten durch eine priesterliche Oberschicht) [...]

- Schutz der Gemeinschaft (vertreten durch eine aristokratische Kriegerkaste) [,,,]

- Fruchtbarkeit und Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage (vertreten durch Hirten und Ackerbauern) [...]"

(Harald Haarmann, Auf den Spuren der Indoeuropäer, München 2016, S. 80 f.)

Haarmann erläutert diese drei Eckpunkte noch sehr ausführlich, was ich mir hier aus Zeitgründen geschenkt habe.
 
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