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Chan, was sagst Du denn zur Parallele bei Herodot? Die scheint mir der Herodiaserzählung noch etwas näher zu stehen, weil hier die Frau des Herrschers die entscheidende Rolle spielt und den König in einer Weise unter Druck setzt, dass er sich ihrer Forderung kaum entziehen kann.
Wie bereits erwähnt halte ich es aber für wahrscheinlich, dass es an mehreren antiken Königshöfen zu derartigen Szenen kommen konnte oder wenigstens Geschichten über solche und ähnliche Vorfälle kursierten, ob ausgeschmückt oder nicht.
Die verschiedenen Antigone-Versionen haben aber gemeinsam, dass es eindeutig noch um Antigone geht, ebenso die verschiedenen Variationen des Salome-Themas.Es geht nicht um eine Eins-zu-eins-Übernahme, sondern um eine grundsätzliche Analogie zwischen Flamininus-Anekdote und Mk 6-Perikope, wobei einzelne Elemente und Relationen verändert und hinzugefügt sind. Das Variieren von gegebenen Narrativen ist ein übliches Verfahren in der Literatur (wozu auch das NT zählt). Jean Anouilhs ´Antigone´ beispielsweise basiert auf dem Original von Sophokles, weist aber z.T. gravierende Veränderungen auf. Oscar Wildes "Salome", vertont von Richard Strauss, variiert das Markus-Original ebenfalls ganz erheblich: Hier fordert die Tänzerin (´Salome´ genannt) den Kopf aus eigenem Antrieb, der ein sexueller ist, genauer: ein oralsexueller, da das Objekt ihrer Begierde die Lippen des Täufers sind. Bei einer persönlichen Begegnung im Gefängnis gesteht sie ihre Liebe, wird aber brüsk zurückgewiesen. Daher gibt sie Antipas´ Bitte nach, auf dem Fest für ihn zu tanzen, wofür sie als Lohn alles von ihr Gewünschte erhalten solle, und erhält den Kopf des Täufers, dessen Mund sie nun endlich küssen kann.
So oder so, sollte man aber nicht übersehen, dass in beiden Versionen Herodias als Mutter der Tänzerin bezeichnet wird.Zur Frage der Vaterschaft des Antipas gibt es, wie gesagt, einige aktualisierte Übersetzungen, denen zufolge die Tänzerin die gemeinsame Tochter von Antipas und Herodias ist und Mutter und Tochter den gleichen Namen tragen. Letzteres wird wegen seiner Unwahrscheinlichkeit von Kritikern gegen die Korrektheit der aktualisierten Übersetzung angeführt. Ein weiteres Argument ist die angebliche Textkorruption von Vaticanus und Sinaiticus, wo sich die Antipas=Vater-Version findet. Der Übersetzerstab von Nestle-Aland scheint das anders zu sehen, da in seiner neuesten Übersetzung Herodes Antipas als Vater genannt wird ("seine, des Herodes´ Tochter, Herodias").
Die verschiedenen Antigone-Versionen haben aber gemeinsam, dass es eindeutig noch um Antigone geht, ebenso die verschiedenen Variationen des Salome-Themas.
Wie auch immer:44 Und es war um die sechste Stunde, und es ward eine Finsternis über das ganze Land bis an die neunte Stunde, 45 und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels zerriss mitten entzwei. 46 Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt, verschied er.
Mir scheinen diese ganzen Parallelen auch sehr allgemein zu sein. Dass ein mächtiger Herrscher einen Feind köpfen ließ, wurde sicher in hunderten antiken Erzählungen beschrieben und ist gewiss auch ebenso oft vorgekommen.
Auch wenn die Flamininus-Episode recht unterschiedlich überliefert wird und die Details somit zweifelhaft erscheinen, muss sie zumindest einen wahren Kern haben. Selbst der Censor Cato wäre wohl kaum so weit gegangen, einen ehemaligen Konsul und Bruder eines der damals bedeutendsten Politiker auf Grundlage einer frei erfundenen Geschichte aus dem Senat zu werfen. Immerhin lag der Vorfall erst einige Jahre zurück, und die Verstoßung eines bekannten Konsulars war ein Politikum, das für Aufmerksamkeit sorgte. Wäre die Geschichte weder bekannt noch auf Nachforschung ermittelbar gewesen, hätte Cato seine eigene (durch zahlreiche Konflikte ohnehin stets etwas gefährdete) auctoritas vernichtet.Möglicherweise ist die Geschichte um Johannes und Herodias eine literarische Fiktion, aber das ist bei der von Livius berichteten Flamininus-Episode und den Vorgängen am Hof des Xerxes, über die Herodot schreibt, ebenso möglich.
"Kulturelles Allgemeinwissen"? Die Flamininus-Episode war bei gebildeten Römern bekannt, wie ihre verschiedenen Erwähnungen zeigen, ebenso beim (ebenfalls hochgebildeten, aber wohl römische Quellen verwendenden) Plutarch. Die Beschäftigung mit Geschichte gehörte im römischen und griechischen "Bildungsbürgertum" zum guten Ton. Das macht sie aber noch nicht zwangsläufig zum "Allgemeinwissen", das auch im (sogar im nichtrömischen) Volk verbreitet war und daher auch dem Markus-Evangelisten bekannt gewesen sein muss.Die FG gehörte im 1. Jh. CE als populäres Beispiel für grausamen Machtmissbrauch quasi zum kulturellen Allgemeinwissen
Allerdings wurde Herodes Antipas von den Römern abgesetzt und verbannt. Da das Markusevangelium erst zu einem Zeitpunkt entstand, als das längst erfolgt war, gab es keinen Grund mehr, ihn in der Darstellung als "Repräsentanten des Römischen Reiches" zu schonen. Immerhin hatten ihn die Römer selbst als solchen verworfen! Im Gegenteil wäre es in Hinblick auf eine römische Leserschaft eher naheliegend gewesen, ihn als den Hauptbösewicht hinzustellen, um seine Absetzung und Verbannung gerechtfertigt erscheinen zu lassen.Eine analoge Konstellation findet sich in der HP. Hier wird, wie Pilatus in der Passionsgeschichte, Herodes Antipas von der Schuld am Tod des christlichen Heros (hier der Täufer) freigesprochen und als unfreiwilliges Instrument für die ´bösen´ Machenschaften der Herodias gezeichnet. Das macht im Hinblick auf die oben angedeutete Ambition des Mk, ein römisches Publikum zu überzeugen, deswegen Sinn, weil Antipas zwar Jude, kulturell und politisch aber hellenisiert und ein Repräsentant des Römischen Reiches ist, den als Mörder des Täufers hinzustellen jener Ambition widersprochen hätte.
Auch wenn die Flamininus-Episode recht unterschiedlich überliefert wird und die Details somit zweifelhaft erscheinen, muss sie zumindest einen wahren Kern haben. Selbst der Censor Cato wäre wohl kaum so weit gegangen, einen ehemaligen Konsul und Bruder eines der damals bedeutendsten Politiker auf Grundlage einer frei erfundenen Geschichte aus dem Senat zu werfen. Immerhin lag der Vorfall erst einige Jahre zurück, und die Verstoßung eines bekannten Konsulars war ein Politikum, das für Aufmerksamkeit sorgte. Wäre die Geschichte weder bekannt noch auf Nachforschung ermittelbar gewesen, hätte Cato seine eigene (durch zahlreiche Konflikte ohnehin stets etwas gefährdete) auctoritas vernichtet.
"Kulturelles Allgemeinwissen"? Die Flamininus-Episode war bei gebildeten Römern bekannt, wie ihre verschiedenen Erwähnungen zeigen, ebenso beim (ebenfalls hochgebildeten, aber wohl römische Quellen verwendenden) Plutarch. Die Beschäftigung mit Geschichte gehörte im römischen und griechischen "Bildungsbürgertum" zum guten Ton. Das macht sie aber noch nicht zwangsläufig zum "Allgemeinwissen", das auch im (sogar im nichtrömischen) Volk verbreitet war und daher auch dem Markus-Evangelisten bekannt gewesen sein muss.
Die Herodias-Perikope (genauer: Mk 6, 14-29) findet sich im überlieferten Mk zwischen "gesund" und "Und die Apostel" eingefügt. Ohne sie liest sich der Text ganz flüssig, mit ihr wirkt er künstlich zerrissen - mitten in einem fließenden Erzählstrang erscheint unvermittelt ein Flashback, d.h. eine Rückblende (zum Zeitpunkt der Schilderung ist der Täufer ja schon tot), der für diesen Erzählstrang keine unmittelbare Bedeutung hat.Und er berief die Zwölf und hob an und sandte sie je zwei und zwei und gab ihnen Macht über die unsauberen Geister (...) Und sie gingen aus und predigten, man sollte Buße tun, und trieben viele Teufel aus und salbten viele Sieche mit Öl und machten sie gesund. Und die Apostel kamen zu Jesu zusammen und verkündigten ihm das alles und was sie getan und gelehrt hatten. Und er sprach zu ihnen: Lasset uns besonders an eine wüste Stätte gehen und ruht ein wenig. Denn ihr waren viele, die ab und zu gingen; und sie hatten nicht Zeit genug, zu essen.
Allerdings wurde Herodes Antipas von den Römern abgesetzt und verbannt. Da das Markusevangelium erst zu einem Zeitpunkt entstand, als das längst erfolgt war, gab es keinen Grund mehr, ihn in der Darstellung als "Repräsentanten des Römischen Reiches" zu schonen. Immerhin hatten ihn die Römer selbst als solchen verworfen! Im Gegenteil wäre es in Hinblick auf eine römische Leserschaft eher naheliegend gewesen, ihn als den Hauptbösewicht hinzustellen, um seine Absetzung und Verbannung gerechtfertigt erscheinen zu lassen.
Ich breche hier ab, werde bald aber weitere Argumente liefern.Mk 15:
38 Und der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von obenan bis untenaus. 39 Der Hauptmann aber, der dabeistand ihm gegenüber und sah, daß er mit solchem Geschrei verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!
Möglicherweise ist HP als solche Hoflegende in nicht-jüdischen benachbarten Regionen entstanden, z.B. im römischen Caesarea Philippi oder im römischen Tyros,
Wäre es eigentlich nicht denkbar, dass die Herodias-Erzählung aus dem Kreis der Johannesjünger stammt? Wenn Du recht hast und die Episode in Mk 6 später eingefügt wurde, ist es ja wahrscheinlich, dass Mk (oder ein späterer Redaktor) sie in einer mehr oder minder "fertigen" Gestalt übernommen hat. Im letzten Vers wird auf die Anhänger des Täufers explizit Bezug genommen (Mk 6, 29, als Johannes tot ist): "Und als das seine Jünger hörten, kamen sie und nahmen seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab". Das wäre dann ein Hinweis darauf, dass es auch um 70 noch Traditionen in christlichen Gemeinden gab, die eigentlich auf die (möglicherweise eine Zeitlang parallel existierenden) Täufergemeinden zurückgingen.
Joh 18:
40 Da schrieen sie wieder allesamt und sprachen: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Mörder.
Das ist eine ganz grundsätzliche Frage des Zugangs.Du hattest ja die (oder eine) Vorlage der Herodias-Erzählung in der Flamininus-Geschichte vermutet. Weshalb soll dann noch eine andere Vorlage in Königin Isebel und den Königsbüchern bestehen?
Du kennst dich in diesen theologischen Fragen sicherlich besser aus als ich, mir ist aber der historische Zusammenhang dennoch nicht ganz klar. Du hattest ja die (oder eine) Vorlage der Herodias-Erzählung in der Flamininus-Geschichte vermutet. Weshalb soll dann noch eine andere Vorlage in Königin Isebel und den Königsbüchern bestehen? Zumal ja Isebel selbst den Tod findet, während Elija die Sache überlebt?
Die beiden Zitate in Mk 1,2-3 stammen aus Maleachi 3,1 und Jesaja 40,3-5. Die Aussage in Maleachi 3,1 bezieht sich auf den Propheten Elia, der laut jüdischer Mythologie in den Himmel aufgestiegen ist und auf seine Wiederkunft auf Erden wartet, um dem Messias den Weg zu bereiten. Die physische Beschreibung des Täufers ist klar dem Erscheinungsbild des Elia nachempfunden, wie es im AT beschrieben wird. Diese Beschreibung hat, wie ich stark vermute, lediglich den Sinn, die Identität von Elia und Täufer zu suggerieren, ohne aber das reale Erscheinungsbild des Täufers wiederzugeben, wie ja auch sonst das Mk in keinster Weise im Sinn hat, historische Begebenheiten realistisch zu schildern, vielmehr einen theologisch-christologischen Grundgedanken romanhaft veranschaulichen möchte. Die völlig unglaubwürdigen zahlreichen Wundergeschichten sind der beste und die Passionsgeschichte (unwahrscheinliche nächtliche Verhandlung im Sanhedrin, völlig unwahrscheinliches Verhalten des Pilatus, unhistorische ´Sitte´ der Wahl eines freizulassenden Delinquenten usw.) der zweitbeste Beleg dafür.1 Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes,
2 wie geschrieben steht in den Propheten: "Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der da bereite deinen Weg vor dir." 3 "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des HERRN, macht seine Steige richtig!"
(...)
6 Johannes aber war bekleidet mit Kamelhaaren und mit einem ledernen Gürtel um seine Lenden, und aß Heuschrecken und wilden Honig; 7 und er predigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der ist stärker denn ich, dem ich nicht genugsam bin, daß ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe auflöse. 8 Ich taufe euch mit Wasser; aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
An anderer Stelle, ziemlich genau in der Mitte des Mk, wird die Relation Elia-Jesus im Kontext der ´Verklärung´ des Jesus unmittelbar thematisiert:14 Und es kam vor den König Herodes (denn sein Name war nun bekannt) und er sprach: Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden, darum tut er solche Taten. 15 Etliche aber sprachen: Er ist Elia; etliche aber: Er ist ein Prophet oder einer von den Propheten. 16 Da es aber Herodes hörte, sprach er: Es ist Johannes, den ich enthauptet habe; der ist von den Toten auferstanden.
Diese Stelle teilt das Mk nicht nur quantitativ in zwei Hälften, sondern auch qualitativ, da die Göttlichkeit der Jesusgestalt, veranschaulicht durch die Farbe der Reinheit und das strahlende Licht, hier erstmals ganz offen zutage tritt. Moses und Elia werden mit Jesus in direkten Bezug gesetzt, ersterer als Vertreter des Gesetzes, letzterer als wichtigster, weil für die Ankunft des Messias vorausgesetzter Vertreter der Propheten. Beide bezeugen und bestätigen durch ihre Gegenwart und ihr Gespräch mit Jesus dessen Göttlichkeit. Lukas hat sich in Lk 9,31 zusätzliche Gedanken über den Inhalt des Gesprächs gemacht und kam auf folgende Idee:Mk 9:
2 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt;
3 seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.
4 Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus.
In Mk 9,11 gibt Jesus den anwesenden Jüngern Auskunft über Elia:31 Diese (= Moses und Elia, Anm. Chan) erschienen in Herrlichkeit und besprachen seinen Ausgang, den er in Jerusalem erfüllen sollte.
Vers 11 bestätigt, dass Elia "zuvor" kommen muss, d.h. vor dem Erscheinen des Messias.11 Und sie fragten ihn und sprachen: Sagen doch die Schriftgelehrten, daß Elia muss zuvor kommen. 12 Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Elia soll ja zuvor kommen und alles wieder zurechtbringen; dazu soll des Menschen Sohn viel leiden und verachtet werden, wie denn geschrieben steht. 13 Aber ich sage euch: Elia ist gekommen, und sie haben an ihm getan, was sie wollten, nach dem von ihm geschrieben steht.
Und welche Bedeutung hat die Kreuzigungsszene im Johannesevangelium in diesem Zusammenhang?
Wenn wir die Sache historisch bzw. quellenkritisch betrachten, gibt es eine Erzählung über den Tod des Täufers, der mit der Bestattung dieses Propheten durch seine Jünger endet. Das ist ganz sicher kein Beleg dafür, dass die Geschichte auch aus dieser Gemeinschaft stammt, aber eine gewisse Logik hätte das schon für sich, insbesondere, wenn die Geschichte erst später in das Markusevangelium eingefügt worden sein sollte.
Falls Jünger des Täufers vom Tod ihres Meisters erzählt haben sollten, könnten die grundlegenden Informationen durchaus zutreffen. Es sind jedenfalls die einzigen Informationen, die wir darüber haben. Josephus sagt ja mW nichts darüber, weshalb genau Herodes Johannes hinrichten ließ, oder?
Ant. 18,5,2
Da nun infolge der wunderbaren Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschenmenge zu Johannes strömte, fürchtete Herodes, das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben, und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem Wege zu räumen, als beim Eintritt einer Wendung der Dinge in Gefahr zu geraten und dann, wenn es zu spät sein, Reue empfinden zu müssen. Auf diesen Verdacht hin ließ also Herodes den Johannes in Ketten legen, nach der Festung Machaerus bringen, die ich oben erwähnte, und dort hinrichten.
Mir ist schon in diversen Diskussionen aufgefallen, dass Chan grundsätzlich davon auszugehen scheint (er möge mich gegebenenfalls korrigieren), dass, wenn es zwischen zwei Texten (oder auch religiösen Vorstellungen in verschiedenen Religionen) mehr oder auch weniger greifbare Parallelen gibt, notwendigerweise der eine vom anderen abgekupfert ist.
Die Isebel-Elia-Story ist insofern von grundlegender Bedeutung, als das Wiedererscheinen des Elia - wie ich schon einige Male schrieb - in der damaligen jüdisch-frühchristlichen Vorstellung dem Erscheinen des Messias als sein Wegbereiter unbedingt vorausgehen muss. Es ist heute noch eine jüdische Sitte, am Passahfest einen Becher für Elia aufzustellen und zu füllen, um ihn dann wieder zu leeren und die Wohnungstür zu öffnen, damit der Prophet (symbolisch) eintreten kann.
[...]
Überzeugend wirkt diese These aber erst, wenn du klar machst, warum die hypothetisch aus Täuferkreisen herrührende Legende nicht einfach Antipas als Hauptschuldigen am Tod des Täufers schildert, sondern den Umweg über Herodias nimmt, von deren Beteiligung bei Josephus nichts zu lesen ist. Ohne eine entsprechende Erklärung bleibt die These allzu vage.
Ich sehe das wir Caro91. Herodes Antipas kommt keineswegs gut weg, zumal es letztlich ja doch er ist, der den Hinrichtungsbefehl gibt. Das aber nicht einmal aus irgendeinem realpolitisch nachvollziehbaren Grund (wie bei Iosephus), sondern weil er sich selbst den Launen einer Frau ausgeliefert hat.Überzeugend wirkt diese These aber erst, wenn du klar machst, warum die hypothetisch aus Täuferkreisen herrührende Legende nicht einfach Antipas als Hauptschuldigen am Tod des Täufers schildert, sondern den Umweg über Herodias nimmt, von deren Beteiligung bei Josephus nichts zu lesen ist. Ohne eine entsprechende Erklärung bleibt die These allzu vage.
beide praktizieren die Taufe
Joh 3
22 Darnach kam Jesus und seine Jünger in das jüdische Land und hatte daselbst sein Wesen mit ihnen und taufte.
Bibelwissenschaftler wie Rudolf Bultmann, Jörg Jeremias und andere halten den Zusatz für eine spätere Einfügung (Interpolation). NT-immanent betrachtet macht die Einschränkung ohnehin keinen Unterschied, da die Jünger hier als von Jesus ´bevollmächtigt´ anzusehen sind , d.h. es ist irrelevant, ob Jesus persönlich oder seine Jünger die Taufhandlung durchführen, weil der Effekt der gleiche ist, siehe Mk 6, wo Jesus die Jünger ´bevollmächtigt´, Exorzismen durchzuführen:Joh 4
1 Da nun der HERR inneward, dass vor die Pharisäer gekommen war, wie Jesus mehr Jünger machte und taufte denn Johannes 2 (wiewohl Jesus selber nicht taufte, sondern seine Jünger) (...)
7 Und er rief die Zwölf zu sich und begann, sie je zwei und zwei auszusenden, und gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister.
Die diversen Vorlagen erfüllen verschiedene Zwecke, die Teile eines übergeordneten Hauptzwecks sind.
Anders als die Kurtisane bei Flamininus kann die Tänzerin auf dem Antipas-Bankett aber nicht unvermittelt die Hinrichtung eines Gefangenen wünschen, daher muss eine Situation konstruiert werden, in der dies möglich ist.Ester 2:
12 Der Reihe nach wurden alle Mädchen zu König Artaxerxes geholt. Zuvor waren sie, wie es für die Frauen Vorschrift war, zwölf Monate lang gepflegt worden; denn so lange dauerte ihre Schönheitspflege: sechs Monate Myrrhenöl und sechs Monate Balsam und andere Schönheitsmittel der Frauen.
13 Dann gingen die Mädchen zum König und alles, was sie sich aus dem Haus der Frauen wünschten, gab man ihnen in den Königspalast mit.
14 Am Abend gingen sie hinein und am Morgen kamen sie zurück und wurden in den zweiten Frauenpalast gebracht und dem königlichen Kämmerer Schaaschgas anvertraut, dem Aufseher der Nebenfrauen. Sie durften nicht mehr zum König gehen, außer wenn der König Gefallen an ihnen gefunden hatte und sie ausdrücklich rufen ließ.
15 Eines Tages war Ester, die Tochter Abihajils, des Onkels Mordechais, der sie als seine Tochter angenommen hatte, an der Reihe, zum König zu gehen. Sie wollte nichts mitnehmen, außer was der königliche Kämmerer Hegai, der Aufseher der Frauen, ihr nahelegte. Ester aber gefiel allen, die sie sahen.
16 Es war im zehnten Monat, dem Monat Tebet, im siebten Jahr der Regierung des Königs, als Ester zu Artaxerxes in den königlichen Palast geholt wurde.
17 Und der König liebte Ester mehr als alle Frauen zuvor und sie gewann seine Gunst und Zuneigung mehr als alle anderen Mädchen. Er setzte ihr das königliche Diadem auf und machte sie anstelle Waschtis zur Königin.
Dass Markus sein Evangelium speziell auf ein römisches Publikum ausgerichtet hat, um es von der Wahrheit des Christentums zu überzeugen, ist weitgehender Konsens in der Fachwelt, also keine "These" von mir, wenn du das meinst.Ich möchte Dich wirklich nicht angreifen, aber ich finde es ein bisschen schade, dass Du auf unsere Einwände gar nicht mehr eingegangen bist. Immerhin ist Deine These - der Versuch des Markus, die römischen Autoritäten zu besänftigen oder sogar vom christlichen Glauben zu überzeugen - ja davon abhängig, dass Herodes durch diese Geschichte wirklich entlastet werden soll - und eben das haben wir ja in Zweifel gezogen.
Dass Antipas auch in der Herodias-Perikope moralisch entlastet wird, ist überdeutlich zu erkennen, besonders wenn man die dort beschriebenen Umstände des Todes des Täufers mit Josephus´ Bericht vergleicht.Lk 23
13 Pilatus aber rief die Hohenpriester und die Oberen und das Volk zusammen 14 und sprach zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht als einen, der das Volk aufwiegelt; und siehe, ich habe ihn vor euch verhört und habe an diesem Menschen keine Schuld gefunden, derentwegen ihr ihn anklagt; 15 Herodes auch nicht, denn er hat ihn uns zurückgesandt. Und siehe, er hat nichts getan, was den Tod verdient. 16 Darum will ich ihn schlagen lassen und losgeben.
Dass Antipas (als Figur in der fiktionalen Perikope) die Tänzerin nicht „begehrt“, wie Ravenik zu wissen glaubt, ist ein völlig falscher Schluss. Im Unterschied zum persischen König im Ester-Buch zeigt Antipas es ausschließlich auf symbolische Weise, nämlich durch das Angebot eines wertvollen Geschenkes (während der Perserkönig darüber hinaus konkreten Sex begehrt). Wer wie Antipas ein tanzendes Mädchen so attraktiv findet, dass er ihm ein halbes Königreich schenken würde, hat sexuelle Gründe, keine ästhetischen. Im Mk steht klar und deutlich, dass nicht der Tanz dem Antipas und seinen Gästen gefällt, sondern das Mädchen.Auch die Verbindung, die Du hier zum Esterbuch schlägst, wurde ja bereits angefragt. Ravenik hatte darauf hingewiesen, dass in Mk 6 nicht steht, Herodes habe das Mädchen begehrt. Das ist zumindest eine Interpretation?
Er sagt dort zwar nicht, dass auch Esters Auftritt vor dem König als Anregung für HP diente, man kann mit Blick auf den Kontext aber unschwer darauf schließen, dass der Schönheitswettbewerb für die neue Königin unter den gleichen Bedingungen (nackt tanzen) stand, die vorher der Königin Vashti gestellt, von ihr aber verweigert wurden, was wegen Beleidigung des Königs zu ihrem Todesurteil und anschließender Begnadigung und Verbannung führte.The Book of Esther and the rewriting of the Book of Esther has had a clear influence on Mark 6:17-29, including references to women dancing naked at the banquet and a drunken Ahasueros wanting the same from Vashti.
Wer hat denn gesagt, dass auch die Tänzerin in HP nackt vorzustellen ist? Ich habe lediglich vom Motiv des „verführerischen Tanzes“ geschrieben, das Mk 6 und Ester 2 gemeinsam ist:was erst recht für die These gilt, die Tänzerin sei (vor dem ganzen Hof!) nackt gewesen - das dürfte für eine Tochter der Königin auch nicht sehr wahrscheinlich sein.
Wo steht dort, dass Herodias´Tochter nackt tanzt? Ich bitte also nachdrücklich um präziseres Lesen meiner Texte.Das Motiv des verführerischen Tanzens vor einem Herrscher ist vermutlich dem Ester-Buch entlehnt, wo (die fiktionale) Ester einen Schönheitswettbewerb vor den Augen des Königs gewinnt, der ihr die Königinschaft einbringt.
Natürlich handelt es sich um einen Schönheitswettbewerb. Schließlich konkurrieren die Frauen miteinander um die Gunst des Königs, und Gradmesser des Erfolgs ist ihre Schönheit.Aber auch vom Esterbuch her kann ich diese Verbindung nicht erkennen. Die Frauen treten ja gar nicht in einer "Schönheitskonkurrenz" an und tanzen auch nicht, sondern werden einfach zunächst wie Nebenfrauen behandelt und einzeln zum König geführt.
Ihre Teilnahme am Schönheitswettbewerb setzt voraus, dass sie in heiratsfähigem Alter ist.
Entschuldige bitte, aber ich kann und will das jetzt nicht zum fünften Mal erklären.Ester gewinnt dann in der Folge das Herz des Königs. Was hat das denn mit einem einmaligen Tanz bei einem Bankett zu tun?
Wenn du mit "These" meinst, dass Markus aus römerfreundlichen Gründen Antipas (als Repräsentant des RR) durch dessen Darstellung in Mk 6 moralisch entlasten möchte, wie auch Pilatus in der Passionsgeschichte (auf unglaubwürdige Weise) moralisch entlastet wird, dann ist dazu zu sagen, dass diese These auch von Fachleuten vertreten wird, wie z.B. Morna D. Hooker, Cambridge-Professorin für Neues Testament, in ihrem Werk "The Message of Mark" (1983).
[...]
Hier ist nur eine von vielen Expertenmeinungen, dass das Ester-Buch auf die HP einen wesentlichen Einfluss ausübte. Man beachte die Bezugnahme auf Tanz und Nacktheit
[...]
Wer hat denn gesagt, dass auch die Tänzerin in HP nackt vorzustellen ist? Ich habe lediglich vom Motiv des „verführerischen Tanzes“ geschrieben, das Mk 6 und Ester 2 gemeinsam ist
Im Buch Ester steht (1,11), dass die Königin im Diadem erscheinen sollte. Das könnte man zwar auch so interpretieren, dass sie nur ein Diadem tragen sollte und sonst nichts, naheliegender erscheint mir aber doch, dass gemeint war, sie solle im königlichen Ornat erscheinen.Er sagt dort zwar nicht, dass auch Esters Auftritt vor dem König als Anregung für HP diente, man kann mit Blick auf den Kontext aber unschwer darauf schließen, dass der Schönheitswettbewerb für die neue Königin unter den gleichen Bedingungen (nackt tanzen) stand, die vorher der Königin Vashti gestellt, von ihr aber verweigert wurden, was wegen Beleidigung des Königs zu ihrem Todesurteil und anschließender Begnadigung und Verbannung führte.
Im Ester-Buch werden besagte Bedingungen für Vashti zwar nicht explizit gemacht, in der jüdischen Midrasch-Tradition (z.B. Ester Rabbah 1,11 und Megillah 12) in Kenntnis der persischen Sitten allerdings aus dem Text herausgelesen. Im ´Pirke de Rabbi Eliezer´, das auf sehr alte Quellen zurückgeht, wird im Abschnitt 49 festgestellt, dass die Könige von Medien die Gewohnheit hatten, den Anblick ihrer nackt tanzenden Frauen zu genießen. Der König im Ester-Buch, Ataxerxes, war König von Medien und Persien.
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