Industrialisierung Lokomotive

Mina

Neues Mitglied
Hallo,

Ich bin momentan in der 9. Klasse und muss im Geschichtsunterricht einen Vortrag über die Lokomotive schreiben im Zusammenhang mit der Industrialisierung. Leider verstehe ich den Zusammenhang nicht oder womit ich überhaupt beginnen soll. Kann mir jemand helfen oder erklären in welche Richtung ich mich Informieren muss?


LG Mina ;)
 
Wann begann die Industrialisierung und wo. Was wurde gebraucht und wofür?
Stichwort Bedarfsanalyse. Welche Technik war wann verfügbar.
Und guck mal Nürnberg-Fürth. Was kann man da für das 19 Jahrhundert finden.
Oder auch Robert Stephenson.
Als Denkanstöße gedacht. Alles weitere sollte man dann finden können.
 
"Wo simmer denn dran? Aha, heute krieje mer de Dampfmaschin. Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum, der hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat krieje mer später.
Und wenn die jroße schwarze Raum Räder hat, dann es et en Lokomotiv. Vielleicht aber auch ein Lokomobil."

Was ist Industrialisierung?
Was hat die Dampfmaschine an sich mit der Industrialisierung zu tun?
Das obige Filmzitat (Die Feuerzangenbowle) solltest du nicht ganz ernst nehmen, aber wenn die Lokomotive eine Dampfmaschine ist, was hat das dann chronologisch zu bedeuten?
Was kannst du mit einer Lokomotive machen, so in Bezug auf Infrastruktur und Transport von Rohstoffen und/oder Produkten?
 
Mina,

ein Beispiel aus meiner Heimatstadt.
Am Fluss, an dessen Ufern die Stadt entstand, befindet sich eine holzverarbeitende Firma welches seine Energie mit einem großen Wasserrad bezieht.
In den 1860ern erreicht die Eisenbahn den Ort an dessen Rand.
Ca. 30 Jahre später erwirbt der Betrieb eine große Dampfmaschine und zieht um in die unmittelbare Nachbarschaft des Bahnhofs.
Weder die schwere Maschine selbst, noch der Brennstoff, der wohl nicht ausschließlich aus Holzabfällen bestehen kann, sind wirtschaftlich über das damalige unbefestigte "Straßennetz" transportierbar.
Also legt man Schienen auf den kurzen Weg zum Bahnhof.
Das ist zwar alles richtig aufwändig, die Dampfmaschine ist teuer und die Schienen und der Zusatz-Brennstoff Kohle auch.
Doch gleichzeitig hat man einen Zugang zu einem Netz für den Abtransport der selbst erzeugten Güter.
Und das kann der kleine, aber schnelle, Fluss nicht bieten.

Die Eisenbahn bietet also nicht nur Energieversorgung, so wie der Fluss vorher, sondern auch Transport in beide Richtungen.
Die Lokomotive ist der Antrieb der Bahn.

Es sind auch andere Möglichkeiten denkbar.
Die erste Eisenbahn Europas (Budweis-Linz) wird von Pferden gezogen, und auch die erste deutsche Dampf-Eisenbahn (Nürnberg-Fürth) wird überwiegend mit Pferden betrieben.
Aber so ein Pferd hat halt auch nur ein PS :D:D.

Eine andere Möglichkeit bietet das "Cable-Car". *
Man treibt ein langes umlaufendes Stahlseil (Cable) von einer zentralen Dampfmaschine an, und die Waggons klemmen sich an. (Ein berühmtes Beispiel findet sich in San Francisco)
Damit kann man zwar eine Punkt zu Punkt Strecke bewerkstelligen. Ein Netz entsteht dadurch nicht (und lange Seile sind durchaus tückisch).

Bleibt also die autonome Lokomotive. Die ist stark und wird immer stärker .
Sie braucht zwar Kohle- und Wasserstationen, kann sich aber ansonsten frei auf dem Schienennetz bewegen.

*Schau Dir mal dazu auf YT "A Trip Down Market Street, 1906" an. (und schalt den Ton weg, gab keinen Tonfilm zu dieser Zeit)
 
Zuletzt bearbeitet:
Da fällt mir grad noch Marx ein, nur so als Anhang zum allgemeinen Gebrauch und eigentlich nicht schultauglich. (Also um Himmelswillen nicht als Ganzes abschreiben, Mina, das wäre Betrug. Höchstens ein oder zwei Sätze als Zitat mit Quellenangabe verwenden, aber nur solche Sätze, die du auch selber verstehst!)

Die Eisenbahnen entstanden zuerst als „couronnement de 1'œvre“ (Krönung des Werkes) in jenen Ländern, in denen die moderne Industrie am weitesten entwickelt war, in England, den Vereinigten Staaten, Belgien, Frankreich usw. Ich nenne sie „couronnement de l'œvre“ nicht nur in dem Sinn, daß sie endlich (zusammen mit Dampfschiffen für den Ozeanverkehr und Telegraphen) die Kommunikationsmittel waren, die den modernen Produktionsmitteln adäquat sind, sondern auch, weil sie die Grundlage für riesige Aktiengesellschaften abgaben und damit gleichzeitig einen neuen Ausgangspunkt für alle anderen Arten von Aktiengesellschaften bildeten, angefangen mit Bankgesellschaften. Mit einem Wort, sie gaben der Konzentration des Kapitals einen vorher nie geahnten Anstoß und trugen auch zur Beschleunigung und mächtigen Steigerung der kosmopolitischen Aktivität des Leihkapitals bei, das nun die Welt mit einem Netzwerk finanziellen Schwindels und gegenseitiger Verschuldung, der kapitalistischen Form „internationaler“ Brüderlichkeit, umspannt.

Andererseits ermöglichte das Aufkommen des Eisenbahnsystems in den führenden Ländern des Kapitalismus, ja es trieb sogar mit Notwendigkeit dazu, daß Staaten, in denen der Kapitalismus noch auf wenige Punkte der Gesellschaft beschränkt war, nunmehr in kürzester Zeit ihren kapitalistischen Überbau schufen und zu Dimensionen erweiterten, die in völligem Mißverhältnis stehen zum überwiegenden Teil der Gesellschaft, der den Hauptteil der Produktion in den traditionellen Formen betreibt. Es besteht daher nicht der geringste Zweifel, daß in diesen Staaten der Bau von Eisenbahnen die soziale und politische Zersetzung gefördert hat, wie er in den fortgeschritteneren Staaten die endgültige Entwicklung der kapitalistischen Produktion und damit ihre schließliche Wandlung beschleunigte. In allen Staaten, mit Ausnahme Englands, wurden die Eisenbahngesellschaften durch die Regierungen auf Kosten der Staatskasse bereichert und großgezogen. In den Vereinigten Staaten bekamen sie außer ihrem Profit einen großen Teil des Staatslandes als Geschenk, und zwar nicht nur das zum Bau der Eisenbahnlinien erforderliche, sondern darüber hinaus viele Meilen Land auf beiden Seiten der Linien, mit Wäldern usw. So wurden sie die größten Grundeigentümer, da natürlich die kleinen einwandernden Farmer derart gelegenes Land bevorzugten, um sich bequeme Transportmöglichkeiten für ihre Produkte zu sichern.


Im allgemeinen gaben natürlich die Eisenbahnen der Entwicklung des auswärtigen Handels einen mächtigen Impuls, doch dieser Handel steigerte in Ländern, die hauptsächlich Rohprodukte exportieren, das Elend der Massen. Nicht nur, daß die neuen von den Regierungen zugunsten der Eisenbahnen kontrahierten Schulden die die Massen niederdrückende Steuerlast vergrößerten, sondern es kam hinzu, daß seit dem Augenblick, da die gesamte lokale Produktion in kosmopolitisches Gold verwandelt werden konnte, viele früher billige, weil großenteils unverkäufliche Waren, wie Obst, Wein, Fisch, Wild usw., sich verteuerten und dem Konsum des Volkes entzogen wurden; andrerseits wurde die Produktion selbst, ich meine die spezielle Art des Produkts, entsprechend ihrer mehr oder weniger guten Eignung für den Export verändert, während sie früher hauptsächlich dem Konsum in loco angepaßt war.

Marx an Danielson, 10.04.1879, Marx Engels Werke Band 34, S. 372 f.

Wie „heutig“ und modern das alles noch klingt!
 
und eigentlich nicht schultauglich.
Für Neuntklässler vielleicht noch harter Tobak. Aber grundsätzlich? Warum nicht? Dabei ist es egal, wie man zu Marx steht, die Schule soll darauf vorbereiten, sich mit Dingen auseinanderzusetzen und den Schülern die Möglichkeit geben, etwas zu bewerten.
 
Im Zusammenhang von Eisenbahn und Industrialisierung sollte Friedrich List erwähnt werden. Noch bevor in Deutschland Züge fuhren hatte er ein Konzept für ein Streckennetz mit einem Auge für Massentransport für Güter und die nun mögliche Arbeitsteilung.
 
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