Die Frage des Transports vom frühen bis zum späten Mittelalter ist vielschichtig. Nicht zuletzt auch, wen man sich den Verlauf der "Via Regia“ anieht. Die Bedeutung der unterschiedlichen Logistikströme über Land, Meer und Flüsse muss vom frühen Mittelalter bis zum späten unterschiedlich beantwortet werden.
Zum einen weil im frühen Mittelalter – sicher bis 8-9 Jahrhundert – das römische Straßensystem links-rheinisch zur Verfügung stand, allerdings sich im Verfall befand. Gleichzeitig erfolgte eine zunehmende Erschließung des rechts-rheinischen Gebiets und damit zusammenhängend ein Wege- bzw. Straßenbau bis in das Spätmittelalter (vgl. Wickham, 2017, Pos. 397)
Generell kann man sagen, dass der Wassertransport für eine Reihe von Produkten eine zentrale Bedeutung hatte. Und die geographische Nähe von Siedlungen zum Wasser, Flussmündungen, offenes Meer, Flüsse etc., eine wichtige Voraussetzungen war, um über die Zunahme von Handel die Prosperität und somit das Wachstum einer Siedlung zu gewährleisten.
Die Bedeutung des Wassertransports ergab sich aus den hohen bzw. unterschiedlichen Kosten des Transports von Waren und der Geschwindigkeit. So war für den Landtransport eine tägliche Strecke von ca. 20 km eine realistische Annäherung, die bei der Fließgeschwindigkeit von beispielsweise „Holzflössen“ den Rhein herunter Richtung Holland deutlich höher sein konnte.
GB Rivertransport:
https://usir.salford.ac.uk/id/eprint/14831/1/D083029.pdf
Gleicheitig ist zu unterscheiden, ob es sich um ein Massengut - wie Holz - handelt, Waren des täglichen Bedarf – Weizen oder Lebensmittel - oder um höherwertige Produkte – Kleidung oder Keramik – oder um spezielle Luxusgüter, die meistens von Fernhändlern bereit gestellt worden sind. Dabei wird deutlich, dass der Landtransport am wenigsten ökonomisch war.
Verbrauch an kg Getreide pro t/km als "Kosten"
Träger……8,6
Packtier…4,1
Karren…..3,4
Boot……...1,0
Quelle: Malanima, S. 218
Folgt man Wickham (2006, Kap 11. System of exchange) dann gab es bereits zur Merowinger Periode einen regionalen Austausch der Produkte. Wein wurde die Loire von Orleans nach Tours transportiert (um 540), oder Salz beispielsweise von Metz nach Trier. Dabei folgten die Transportwege den Flusstälern, wie der Loire, Seine, Maas, Mosel oder dem Rhein, soweit die Quellen es dokumentieren.
Dieses regionale Handelssystem war in Richtung Mittelmeer über Marseille angebunden.
Während der karolingischen Periode erfolgte zunehmend die Anbindung der des Nordsee-Handelsnetzwerks, inklusive GB, Skandinavien und Russland. Dennoch folgen auch in diesem Fall die Handelsströme eher der Flussrichtung eines Stromes.
Neben diesen regionalen Handelsnetzwerken erfolgte die Masse des Handels als lokaler Handel im Rahmen einer feudal geprägten landwirtschaftlich ausgerichteten Ökonomie. Und diese Handelsströme hatten einen relativ begrenzten Radius, wie die Arbeiten von Oliver Bruand zur Verbreitung von Münzen gezeigt hatte. „Exchange on this level was the motor of the economy. “ (vgl. Wickham, 2006,Pos. 15850).
Die Frage der Möglichkeit des Transports von Waren gegen die Flussrichtung von Strömen kann man am besten am Beispiel der Raids der Wikinger entlang des Seine-Tals erkennen. Sie basierten, wie Heather es ausführt, „Trading, raiding, even settlement: all of these were based on the explotation of the sea and river system. Access to the relevant mode of transport - ships – was of critical importance….“ (Heather, Pos. 9281).
Zentral für die Argumentation ist, dass sie über einen Schiffstyp verfügten, der durch Rudern und durch Segeln in der Lage war, auch gegen den Strom Höhe zu laufen (vgl. zur Konstruktion auch Winroth). Die spezifische Konstruktion der langen, schmalen mit einem relativ geringen Tiefgang „Langschiffe“ war in besonderem Maße geeignet für das Befahren von Flüssen (vgl. auch Roesdahl, Kap. „Travel, Transport and Ships) Und die meisten mittelalterlichen Flussschiffahrtstypen ähnelten hinsichtlich ihrer zentralen Konstruktionsmerkmale den Langschiffen.
Wobei es eine spezifische Variante des „Handelsschiffes“ gab, das sich von den „Kriegsschiffen“ in seinen Proportionen deutlich unterschied, allerdings eher für den Seetransport optimiert worden sind. Sie konnten Massengüter und Luxusgüter transportieren und die Transportkapazitäten, der gefundenen Schiffe lagen bei 13, 20 bzw. 38 Tonnen (Roesdahl, Pos. 1555). Dabei hatten auch diese Schiffe einen relativ geringen Tiefgang von ca. 1,5 m und eine beachtliche Segelfläche von ca. 100m². Dennoch waren sie für den Transport auf Flüssen nicht geeignet, da neben der Segelfläche auch Ruder erforderlich sind, so Roesdahl. Dennoch konnten sie neben dem Seehandel u.a. auch Handel in den Mündungsgebieten größeren Flüsse - flussaufwärts - Handel treiben, wie beispielsweise in der Elbe Richtung Hamburg.
Insgesamt kann man festhalten, dass der Transport von Waren im wesentlichen mit der Strömung erfolgte. Der Rücktransport erfolgte durch Treideln bzw über kurze Distanzen durch Rudern, unterstützt durch Segel auf großeren und breiteren Wasserflächen.
Dabei wurden der Transport von Waren auf Flüssen sehr häufig auf lokaler Basis vorgenommen und die Eigner der Schiffe waren nicht selten weltliche oder konfessionelle Domänen. Sodass auch der Rücktransport der Schiffe stromaufwärts nur über eine relativ kurze Strecke erfolgte.
Heather, Peter J. (2009): Empires and barbarians. The fall of Rome and the birth of Europe. Oxford: Oxford Univ. Press.
Malanima, Paolo (2010): Europäische Wirtschaftsgeschichte. 10. - 19. Jahrhundert. Wien, Köln, Weimar: Böhlau
Roesdahl, Else (2016): The Vikings. Third edition. London: Penguin Books.
Wickham, Chris (2006): Framing the early Middle Ages. Europe and the Mediterranean, 400-800. Oxford, New York: Oxford University Press.
Wickham, Chris (2017): Medieval europe. New Haven: Yale University Press.
Winroth, Anders (2019): Die Wikinger. Das Zeitalter des Nordens. Stuttgart: Klett-Cotta.