Die Hängematte im mittelalterlichen Schiffsverkehr

C

Christopher

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Kolumbus wird gemeinhin zugeschrieben, die Hängematte, die er bereits in den ersten Tagen bei den amerikanischen Ureinwohnern in der Karibik sah und beschrieb, nach Europa gebracht zu haben. Trotz ihres offenkundigen praktischen Nutzens erfolgte ihre eigentliche Einführung als Schlafstätte auf europäischen (Marine)Schiffen aber erst lange danach, im Laufe des 17. Jahrhunderts. Ein möglicher Grund für die Verzögerung könnte darin liegen, daß der menschliche Körper in der Hängematte viel Wärme abgibt, was ihren Nutzen für die kälteren europäischen Nächte stark einschränkte.

Gleichwohl ist das Wissen um Hängematten vereinzelt bereits für die Zeit vor den Entdeckungsfahrten belegt. Meine Frage ist, welche Hinweise gibt es auf eine mittelalterliche Nutzung von Hängematten im Schiffsbetrieb oder auch im Haushalt an Land? Besonders im wärmeren mediterranen Raum liegt ihr Vorteil auf der Hand. Insbesondere wenn man sich die damals weithin übliche Alternative auf See vergegenwärtigt, das Liegen auf den nackten Schiffsplanken (Kojen dürften die Ausnahme gewesen sein).
 
Kolumbus wird gemeinhin zugeschrieben, die Hängematte, die er bereits in den ersten Tagen bei den amerikanischen Ureinwohnern in der Karibik sah und beschrieb, nach Europa gebracht zu haben.
Ungefähr zwei Wochen nach Erstkontakt beschreibt er die Hängematte:

Sábado 3 de noviembre. - En la mañana entró en la barca el Almirante, y porque hace el río en la boca un gran lago, el cual hace un singularísimo puerto muy hondo y limpio de piedras, muy buena playa para poner navíos a monte y mucha leña, entró por el río arriba hasta llegar al agua dulce, que sería cerca de dos leguas, y subió en un montecillo por descubrir algo de la tierra, y no pudo ver nada por las grandes arboledas, las cuales eran muy frescas, odoríferas por lo cual dicen no tener duda que no haya hierbas aromáticas. Dice que todo era tan hermoso lo que vía, que no podía cansar los ojos de ver tanta lindeza y los cantos de las aves y pajaritos. Vinieron en aquel día muchas almadías o canoas a los navíos a resgatar cosas de algodón filado y redes en que dormían, que son hamacas.

Es kamen an diesem Tag viele Einbäume oder Kanus zu den Schiffen, um Dinge aus gewebter Baumwolle und Netze, in denen sie schlafen, die hamacas heißen, einzutauschen.​


Gleichwohl ist das Wissen um Hängematten vereinzelt bereits für die Zeit vor den Entdeckungsfahrten belegt.
Das würde mich interessieren: Wo und wie?

Meine Frage ist, welche Hinweise gibt es auf eine mittelalterliche Nutzung von Hängematten im Schiffsbetrieb oder auch im Haushalt an Land? Besonders im wärmeren mediterranen Raum liegt ihr Vorteil auf der Hand. Insbesondere wenn man sich die damals weithin übliche Alternative auf See vergegenwärtigt, das Liegen auf den nackten Schiffsplanken (Kojen dürften die Ausnahme gewesen sein).
Normalerweise verbrachte man die Nächte nicht unbedingt auf See, wenn es sich vermeiden ließ, man zog die Boote, so möglich auf den Strand. Wenn es sich nicht vermeiden ließ an Bord zu schlafen, schlief man auf der Ladung.

Auf der iberischenn Halbinsel sahenn vordmoderne Betten so aus: Man hatte ein schmales Bettgestell, über das (quasi als vormoderner Lattenrost) entweder Lederstreifen (häufig an den Rahmen genagelt) oder Seile (gebunden) gespannt waren. Darauf lag dann eine Art "Matraze" und konnte sich darauf legen, um zu schlafen. Die Araber kannten einen Teppich, den sie maṭraḥ (von ṭaraḥa, 'ablegen') nannten, daher kommt das europäische Wort Matraze.
 
Die englische Wikipedia behauptet im Artikel hammock - wo auch die Abbildung aus dem Luttrell-Psalter gezeigt wird, dass die Hängematte bereits von den Briten erfunden worden sei und die britische Erfindung - nämlich Hängematten aus Segeltuch - sich in ganz Europa verbreitete. Der erste schriftliche Beleg dafür stammt allerdings erst aus dem Jahr 1597. Der Argumentation zufolge wurde erst später der Begriff hanging cabbons or beddes durch das "spanische" hamaca ersetzt.
 
Wie EQ schon sagte, war es vor den Langfahrten unüblich Nachts durch zu fahren. Zumal es auch kaum Feuerstellen an Bord gab um irgend etwas zu kochen. Und auf nackte Planken? Eher auf Strohsäcken und Fellen. Und vergiss nicht, das Leben damals war weit ungemütlicher als heute. Die Leute damals waren also deutlich abgehärteter als die meisten von uns heute.
 
Die Hängematte als Schlafplatz hat einen nicht zu verachtenden Vorteil.
Die Schiffsbewegung wird dadurch ganz oder teilweise ausgeglichen und man findet einen ruhigeren Schlaf, wie wenn man der ständigen Roll- und Stampfbewegungen mit dem Schiff ausgesetzt ist.
Ich kann mir gerade nicht vorstellen, daß man diese Problematik nicht auch schon z.B. bei den Seefahrten der Hanse kannte. Schiffstypen wie die Kogge, Hulk oder die Karacke des Mittelalters waren keine reinen Küstensegler mehr.
 
Ich kann mir gerade nicht vorstellen, daß man diese Problematik nicht auch schon z.B. bei den Seefahrten der Hanse kannte.
Ob wir uns etwas (nicht) vorstellen können, ist relativ unerheblich. Die Abbildung Luttrell-Psalter ist ein starkes Indiz für die Existenz von Hängematten. Aber deren Existenz zu beweisen leistet der Luttrell-Psalter nicht, da wir letztendlich nur ein an Haken aufgehängtes Tuch sehen, ohne die weitere Funktion dargelegt zu bekommen. Textlich kommen wir erst in die Zeit nach Kolumbus (1597) der Hängematte auf Schiffen näher.
 
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