Uff, nun habe ich tatsächlich den 80-Seiten-Megathread mit gefühlten 70 Seiten heiße Luft durchgeackert, dazu noch zu einem Thema, das mich eigentlich gar nicht so wirklich interessiert. Lehrreich ist er allemal. Doch ich möchte aus einer ganz anderen Perspektive auf einen schon bejahrten Beitrag eingehen:
Dennoch ist es nicht gerade plausibel anzunehmen, dass allen diesen Autoren (von denen die meisten aus Palästina stammten oder sich zumindest zeitweise dort aufhielten) erfolgreich eingeredet wurde, es habe nicht lange Zeit vor ihnen (also zu einer Zeit, als sie großteils bereits lebten) in Palästina eine Person Jesus gegeben, wenn es sie nicht gab.
Zugegebenermaßen klingt es absurd, kann aber dennoch geschehen, zumal es damals keine Massenmedien gab, sondern Informationen von Mund zu Ohr flossen.
1. Man hat in mehreren Experimenten zeigen können, dass man Versuchspersonen Informationen über ihre Kindheit einimpfen kann, die nachweislich nicht stimmen. ("False Memory Syndrom") Berühmt sind die Versuche von Loftus (
Creating False Memories ), dass die VPn als Kinder einmal in einem Einkaufszentrum verloren gegangen waren. Noch krasser sind die Einflüsterungen von Shaw und Porter, die immerhin 70% ihrer VPn suggerieren konnten, sie hätten einmal ein Verbrechen begangen (!). (
Constructing rich false memories of committing crime - PubMed )
2. Auch Massensuggestionen hat es immer wieder gegeben, z.B. das Sonnenwunder in Fatima oder die UFO-Sichtungen in Roswell.
3. In systematischer Weise haben in den 90er Jahren Psychiater versucht, Kindern zu suggerieren, sie seien Opfer sexuellen Missbrauchs schlimmster Art gewesen, daraus sind dann die berühmt-berüchtigten satanischen Ritualfälle in Kindergärten wie im Fall McMartin oder im Kern County entstanden, aber auch der "Kinderschänderprozess" in Worms (SPIEGEL 13/1998, ohne Satan, aber mit Mord und Totschlag) bzw. in Frankreich der Familie Outreau (
Outreau trial - Wikipedia ), um nur einige wenige zu nennen. Solche angeblichen Missbrauchserinnerungen konnte man aber auch Erwachsenen, nicht nur Kindern einpflanzen. (Infos hierzu
List of satanic ritual abuse allegations - Wikipedia )
Man merkt also: Es muss nicht immer etwas vorliegen, damit man daraus etwas machen kann.
Back to Jesus. In seinem Fall fehlt IMO die Motivation, eine Person zu erfinden, um sie zu einem Messias zu machen, wie auch mehrfach schon beschrieben. Das ist doch wesentlich aufwändiger als eine existierende Person soweit mit Eigenschaften anzureichern, bis sie zu einem Messias bzw. Gottessohn wird, an den man am Ende selbst glaubt und das bis zum Fanatismus (für sie in den Tod gehen). Zu diesem Zweck lassen sich auch Suggestionen einsetzen oder, wenn es um Propheizungen geht,
Cold Reading – Wikipedia .
Wenn wir's gerade von Prophezeiungen haben: ist nicht das Alter der Evangelien von Interesse, wenn es um Jesus' Prophezeiung der Tempelzerstörung geht (Mt 24.1-2, Mk 13.1-2, Lk 21.5)? Hierzu braucht man kein Hokuspokus, es reicht, dies nach 70 n.Chr. aufgeschrieben zu haben.