Ostgerm. und reiternomad. Verbindungen der Thüringer in der späten VWZ (D2)

Widerspruch äußert Wolfgang Haubrichs, Der "Name" der Thüringer, in: Die Frühzeit der Thüringer - Archäologie, Sprache, Geschichte (Hrsg. Helmut Castritius), Berlin 2009.

Demnach ist beim Namen der Thüringer von einem þ-Anlaut auszugehen, beim Name der Terwingen von einem t-Anlaut. Die Namen können also nichts miteinander zu tun haben.
Mit der althochdeutsche Lautverschiebung wäre [þ] zu [d] verschoben worden.
Thüringen wird jedoch mit [t] ausgesprochen, jedenfalls ist mir keine andere Ausprache bekannt. Die lateinische Schreibweisen "Toringia" und "Toringi" waren im Mittelalter populär.
Der etymologische Weg von [þ] zu [t] ist mir unverständlich.

Schreibweisen mit "th" für [t] waren in der neuhochdeutschen Schriftsprache bis zur Rechtsschreibreform bis Rechtsschreibreform von 1901 die Regel, also Thal statt Tal, Thor statt Tor, Thür statt Tür usw.
Eigennamen wie Thüringen blieben von der Rechtsschreibreform unberüht.

Unabhängig davon, ob sich der Name der Thüringer etymologisch auf den gotischen Teilstamm der Terwinger oder die skirischen Turkilinger zurückführen lässt oder nicht, so ist doch die starke hunnische und gotische Beinflussung der Thüringer aus der Geschichtsschreibung bekannt. Aber wie Stilicho hier schon mehrfach angedeutet hat, ließen sich zu der Zeit fast alle Volksgruppe unter Goten und Hunnen subsummieren. Um so beeindruckender ist die Tatsache, dass Archäologen die hunnisch-gotischen Gruppen aus dem Karpatenbecken irgendwie noch von jenen in Mitteldeutschland unterscheiden können.

Wenn man das Frauengrab von Oßmannstedt mit der pannonischen Tiefebene in Verbindung setzt, bleibt das Rätsel einer ethnischen Zugehörigkeit weiterhin ungelöst, da sich während der Völkerwanderung so ziemlich alle Volksgruppen in Panonnien ein Stell-dich-ein gegeben haben.
 
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Ich muss jetzt doch etwas grundsätzliches zum Diskussionsverlauf um die archäologischen Analysen sagen.
So sehr ich die Infragestellung und Befragung von Hypothesen schätze, fällt mir jedoch auf, dass der Fundzusammenhang vernachlässigt wird, die Infragestellung nicht auf die Synthese der unterschiedlichen Analysen (Vergleich, Chronologie, Hinzuziehung von Schriftquellen) eingeht bzw. vernachlässigt.

1.Beispiel: @Stilicho fragt, ob ein einzelne reiternomadische Grabbeigabe etwas über die Bestattete oder die Bestatteten aussagt: im Prinzip ein sehr guter Einwand, wäre es nur der zerbrochene Bronzespiegel gewesen - wahrscheinlicher ist es jedoch, dass es über beide, Bestattete und die Bestattenden etwas aussagt - es ist ihr persönlicher Schmuck, darunter eine nierenförmige Gürtelschnalle, der Kamm, und auch ein besonderer Bronzespiegel (Typ II nach Anke), der auf das Karpatenbecken verweist. Wenn wir hier diese spezifische Genauigkeit nicht berücksichtigen, werden wir am Ende zum Ergebnis kommen, dass es keine Ergebnis gibt.
Deswegen schrieb ich oben auch eine Annäherung, die sollte so genau wie möglich sein.

2.Beispiel: @Maglor wies auf die Möglichkeit hin, dass es eine Alanin gewesen sein könnte, und erwähnte den Zug eines Teils der Alanen 406 über den Rhein, zusammen mit Vandalen. Eine andere Gruppe der Alanen hatte sich den
Terwingen angeschlossen, die zusammen mit diesen 378 das oströmische Heer bei Adrianopel geschlagen hatten, als oströmische Föderaten zuerst in Thrakien angesiedelt waren und später möglicherweise unter Alarich im Illyricum.
Die Schädelverformung alleine, oder die Grabsitte des zerbrochenen Spiegels lassen diese Alanen-Hypothese zu: gibt es jedoch Hinweise auf einen byzantinischen Einfluss auf Tracht und Schmuck bei den Alanen, der sich in der Adlerfibel zeigt, und das Bedürfnis sich "der Selbstdarstellung der höchsten Führungsschichten im Imperium anzugleichen" (Bemmann) ? Ich hatte nicht zufällig den Fund von Domagnano zum Vergleich daneben gestellt, es gäbe weitere Adlerfibelfunde, die eindeutiger dem "gotischen Herrschaftsbereich" zugeordnet werden können.

3.Beispiel: @Stilicho sagt, dass man nicht vielmehr aussagen könne, als dass es sich um eine Frau aus den Gruppen, die unter "Hunnen" subsumiert werden, handeln könne. Der Fundort in Thüringen ist einzigartig (Forschungstand heute), auch in dieser reichen Ausstattung - es handelt sich nicht um ein typisches "Reiternomadisches- hunnisches" Grab, es sticht selbst aus anderen reichen Frauengräbern heraus.
Anzeige von Das langobardenzeitliche Gräberfeld von Wien-Mariahilfer Gürtel. Mit einem Beitrag zur künstlichen Schädeldeformation im westlichen Karpatenbecken
Nach dem Zusammenbruch des Attila-Reichs verschwindet die Sitte der Schädeldeformierung langsam (siehe link).

Welche hohe Adelige, die in ihrer Kindheit noch unter hunnischer Oberhoheit aufgewachsen ist (erste Hälfte des 5.Jahrhunderts?) begab sich mit Gefolge (dass sie mit ihren Grabsitten bestatten konnte) zu den Thüringern?

Ich verweise auf den oben von @Sepiola verlinkten Tagungsband:
" Wesentlich besser bezeugt sind dagegen die Beziehungen der Thüringer zu den Goten und Langobarden. Ausgehend von dem bekannten Brief Theoderichs des Großen an den Thüringerkönig Herminafrid anlässlich der Übersendung von Theoderichs Nichte Amalaberga nach Thüringen analysierte GERD KAMPERS (Bonn) die politischen Hintergründe des ostgotisch-thüringischen Ehebündnisses, das vor dem Zusammenbruch des außenpolitischen Sicherungssystems des Ostgotenkönigs in den Jahren 506/08 zu sehen sei. Die von Theoderich überlieferten Schreiben ließen erkennen, dass die Ehe Herminafrids mit Amalaberga frühestens im Jahr 507 geschlossen worden sei. Dies mache das politische Gewicht dieses Bündnisses erst richtig einsichtig. Allerdings sei zu beachten, dass die gotisch-thüringischen Beziehungen schon weiter zurückreichten, wobei das teilweise identische Namensgut von Angehörigen gotischer und thüringischer Herrscherfamilien auch auf genealogische Verbindungen hindeute."
Die Frühzeit der Thüringer. Archäologie, Sprache, Geschichte | H-Soz-Kult. Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften | Geschichte im Netz | History in the web

Meiner Ansicht nach ist es politisch richtig, erst nach dem Ende der Oberhoheit der Hunnen nach der Schlacht am Nedao Schlacht am Nedao – Wikipedia von einer "Ethnogenese" der Ostgoten zu sprechen, als Zu und Unterordnung zu einem greutungischen Traditionskern und Kampfverband. Möglicherweise waren "die Ostgoten" erst da in der Lage eine eigenständige dynastische und diplomatische Politik zu führen - wie es sich im Versuch Theoderichs zeigt, eine antifränkische Allianz zwischen Thüringern, Langobarden und Ostgoten zu schmieden.

Das Herausgreifen einzelner Artefakte und Informationen führen meiner Ansicht nicht weiter, erst in der Gesamtschau des Grabfundes, seiner Stellung, Datierung lassen sich tragfähige und belastbare Aussagen treffen.

P.S. Das hat sich zu einem spannenden Thema weg von der Ausgangsfrage entwickelt, sollte es möglicherweise in den Germanen-Ordner verschoben werden?
 
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Die Schädelverformung alleine, oder die Grabsitte des zerbrochenen Spiegels lassen diese Alanen-Hypothese zu: gibt es jedoch Hinweise auf einen byzantinischen Einfluss auf Tracht und Schmuck bei den Alanen, der sich in der Adlerfibel zeigt, und das Bedürfnis sich "der Selbstdarstellung der höchsten Führungsschichten im Imperium anzugleichen" (Bemmann) ? Ich hatte nicht zufällig den Fund von Domagnano zum Vergleich daneben gestellt, es gäbe weiter.
Es gibt eine große Forschungstradition archäologische Funde mit den Goten zu identifizieren. So wirst du vom Schwarzen Meer bis zur portugiesischen Atlantikküste in der Literatur als gotisch bezeichnete Gräber finden.
Die Alanen spielen in der Forschungsgeschichte keine so große Rolle als Projektionsfläche. Und das beginnt schon bei den spätantiken Ethnologie-Versuchen, die die Goten als Sammelname nutzen. Prokop zählte Vandalen, Langobarden, Gepiden, Skiren und sogar die Alanen zu den gotischen Völkern.
Das Bedürfnis sich wie ein Kaiser zu kleiden taucht bei allen barbarischen Eliten des Childerich-Attila-Horizont auf, von der Krim bis nach Gibraltar, von Nordafrika bis Skandinavien. Eine Identifikation der Toten ist sehr schwierig. Man könnte den Toten des Childerich-Grabes, wenn der Siegelring nicht dabei gewesen wäre, auch leicht für einen römischen Warlord halten, der nach reiternomadischen Brauch mit seiner Pferdeherde beigesetzt wurde.

Ich verweise auf den oben von @Sepiola verlinkten Tagungsband:
" Wesentlich besser bezeugt sind dagegen die Beziehungen der Thüringer zu den Goten und Langobarden. Ausgehend von dem bekannten Brief Theoderichs des Großen an den Thüringerkönig Herminafrid
Das Frauengrab von Oßmannstedt gehört in die Childerich- bzw. Attila-Zeit, Mitte des 5. Jahrhundert. Die thüringischen Könige mit der guten Beziehung zu den Goten tauchen erst um 500 auf. Wir haben nicht einen blassen Schimmer, was zu der Zeit, als die Dame in Oßmannstedt beerdigt wurde, politisch in der Gegend (Thüringen) los war.
Die Frau von Oßmannstedt war jedenfalls keine Zeitgenossin von Herminafrid und Theoderich, sondern eher eine Zeitgenossin des turkulingisch-skirischen oder thüringischen Königs Edekon, dem Vater Odoakers. Jedenfalls gibt es in Person Edekons eine Verbindung zum Karpatenbecken, zu den Thüringern, zu Byzanz und zum Attila-Horizont.
 
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@Ethnonym:

Die Rechtschreibung des 19. Jahrhunderts sollten wir nicht bemühen. Sie wird mir etwas zu spät verortet. Ebenso sieht es mit latinisierter Schreibung aus.

Die Ersterwähnung lautet 'Toringi' (Vegetius Renatus), in althochdeutscher Zeit wird dann mit 'Th' geschrieben. Wir müssten also auf die Quellen dazwischen schauen, um das klären. Leider habe ich gerade keine Zeit. Angesichts der Ansichten der Mehrheit der Sprachwissenschaftler und angesichts der althochdeutschen Überlieferung, gehe ich da erstmal von 'Th' aus.

Bruno Krüger (Hrsg.): Die Germanen – Geschichte und Kultur der germanischen Stämme in Mitteleuropa. (= Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR. Band 4). 2 Bände. 4. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1983 nennt als frühe Erwähnungen:

Sidonius Apollinaris, Gedichte und Briefe
Cassiodor, Variae
Schreiben aus der Kanzlei Theodrichs des Großen
Jordanes, Getica
Prokop, Gotenkrieg
Gregor von Tours, fränkische Geschichte
Venantius Fortunatis, Vita Radegundis, Klagelieder der Radegundis
Briefe der Merowinger
'Fredegar', Chronik
und Bonifatius, Briefe

Paulus Diaconus und die Lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum sowie der Geograph von Ravenna werden dabei als erste der 'späteren' Quellen genannt.

Das DDR-Handbuch geht noch -unter Verweis auf das Vernersche Gesetz- von einer Entwicklung aus dem Schlussteil von Hermunduren aus. Dies setzt aber -wegen der Übernahme des 'd's durch Griechen und Römer- die Spätdatierung dieses Lautwandels ins 1. Jahrhundert v. Chr. voraus. Eine starke Sprachveränderung passte zwar im Gegensatz zu manchen Behauptungen in diese Zeit - das überlieferte Bild der Ethnien des Germanicums beschreibt einen Zustand, der sich erst in dieser Zeit entwickelte und der mindestens von 4 Kulturen ausging - und die Beschränkung auf die Frikative widerspricht der Frühdatierung vor dem ersten Lautwandel, wird aber oft ignoriert, weshalb heute die Entwicklung aus der Verkürzung von 'Hermundure' meist als abgelehnt dargestellt wird, obwohl diese Möglichkeit doch hauptsächlich hieran hängt.

Fazit: Es scheint mir zu dem Namen der Thüringer immer noch ein genügender Überblick über die Forschungsgeschichte zu fehlen, da hier oft aneinander vorbei argumentiert wird, was übrigens schon in den Neunzigern als Problem galt, um in der Sache weiterzukommen. Auch hat sich meines Wissens noch keineswegs eine einheitliche Meinung zur Datierung des Vernerschen Gesetzes herausgebildet.

Im Gegensatz zu früheren Annahmen würde die fragliche Entwicklung des Namens auch keine 'Abstammung' von den Hermunduren bedeuten, sondern nur die Behauptung einer solchen seitens des Anwenders dieses Namens im 5. Jahrhundert, also nur ein Merkmal der Ethnogenese der Thüringer beschreiben. Und damit wären prominent die lautliche Situation im 2./3./evt. frühen 4. Jahrhundert und die der Übernahme des Namens im 4. oder 5. Jahrhundert zu berücksichtigen evt. sogar durch schriftliche Vermittlung oder als Reimport aus anderen Sprachen.

Egal, was also das Nachschlagen ergibt, scheint mir eine Zuschreibung in unserer Diskussion nicht vor Klärung einer Menge Fragen sinnvoll zu sein.
 
Mit der althochdeutsche Lautverschiebung wäre [þ] zu [d] verschoben worden.

Es ist ja auch verschoben worden.
Die mittelhochdeutsche Form ist Düringen.

Diese Diskussion ist aber nach wie vor im Gange. Es gibt für beide Bezeichnungen jeweils genügend spätantike Beispiele in beiden Schreibweisen.

Haubrichs hat diese Namenvarianten alle aufgelistet und diskutiert. Die Diskussion seit 2009 habe ich nicht verfolgt. Welche neuen Erkenntnisse gibt es seitdem?
 
Es gibt eine große Forschungstradition archäologische Funde mit den Goten zu identifizieren. So wirst du vom Schwarzen Meer bis zur portugiesischen Atlantikküste in der Literatur als gotisch bezeichnete Gräber finden.
Die Alanen spielen in der Forschungsgeschichte keine so große Rolle als Projektionsfläche. Und das beginnt schon bei den spätantiken Ethnologie-Versuchen, die die Goten als Sammelname nutzen. Prokop zählte Vandalen, Langobarden, Gepiden, Skiren und sogar die Alanen zu den gotischen Völkern.
Das Bedürfnis sich wie ein Kaiser zu kleiden taucht bei allen barbarischen Eliten des Childerich-Attila-Horizont auf, von der Krim bis nach Gibraltar, von Nordafrika bis Skandinavien. Eine Identifikation der Toten ist sehr schwierig. Man könnte den Toten des Childerich-Grabes, wenn der Siegelring nicht dabei gewesen wäre, auch leicht für einen römischen Warlord halten, der nach reiternomadischen Brauch mit seiner Pferdeherde beigesetzt wurde.


Das Frauengrab von Oßmannstedt gehört in die Childerich- bzw. Attila-Zeit, Mitte des 5. Jahrhundert. Die thüringischen Könige mit der guten Beziehung zu den Goten tauchen erst um 500 auf. Wir haben nicht einen blassen Schimmer, was zu der Zeit, als die Dame in Oßmannstedt beerdigt wurde, politisch in der Gegend (Thüringen) los war.
Die Frau von Oßmannstedt war jedenfalls keine Zeitgenossin von Herminafrid und Theoderich, sondern eher eine Zeitgenossin des turkulingisch-skirischen oder thüringischen Königs Edekon, dem Vater Odoakers. Jedenfalls gibt es in Person Edekons eine Verbindung zum Karpatenbecken, zu den Thüringern, zu Byzanz und zum Attila-Horizont.
Nun, mir geht es spezifisch um das Grab in Oßmannstedt, und nicht um die "Goten als Projektionsfläche".
Ich habe die Hypothese einer "Ostgotin in Thüringen um 450 n.Chr." auch nicht aufgestellt, sondern Jan Bemmann, so wäre zu eruieren, ob seine Arbeit und seine wissenschaftlichen Bezüge, auf die ersich bei der Beurteilung der Einzelfunde, des Fundzusammenhangs, der Verbreitungsgebiete usw. bezieht in diese summierende Forschungstradition zu stellen ist: wenn er das nicht ist, macht der Verweis in diesem Zusammenhang wenig Sinn.

Schade ist es, dass der Forschungsstand zu den Alanen lückenhaft und unergiebig ist, so interpretiere ich dein Statement. In Wikipedia taucht die unbelegte Angabe eines skythisch-sarmatischen Tierstils bei den Alanen auf.
Leider habe ich jetzt auch keine Zeit darauf weiter einzugehen.

Du hast dann das Zitat aus der Rezension der H/Soz/Kult nur zur Hälfte wiedergegeben: um mich dumm aussehen zu lassen? Die Datierung um die Mitte des 5.Jahrhunderts in Völkerwanderungszeit D2 hatte ich weiter oben von Anfang an so wiedergegeben: hätte im letzten Teil des Zitats nicht gestanden, dass die Verbindungen zwischen Thüringern und Ostgoten weiter zurück ins 5.Jahundert reichen, hätte ich diesen Bezug nicht hergestellt - Wiederholung des Zitats:
" Allerdings sei zu beachten, dass die gotisch-thüringischen Beziehungen schon weiter zurückreichten, wobei das teilweise identische Namensgut von Angehörigen gotischer und thüringischer Herrscherfamilien auch auf genealogische Verbindungen hindeute." Leider kostet der Tagungsband bei de Gruyter (zum RGA als Sonderband gehörig) recht viel.

Deine neue Hypothese des Skiren Edekon als verbindendes Element zu den Thüringern würde ich jedoch gerne verfolgen.

@El Quijote: Titelvorschlag - Südöstliche (ostgermanische und reiternomadische) Verbindungen der Thüringer in der späten Völkerwanderungszeit D2 (gerne verbessern!)
 
Haubrichs hat diese Namenvarianten alle aufgelistet und diskutiert.

Haubrichs Abhandlung ist ja in weiten Teilen unter Google-Books einsehbar.
Warum er etwa die von Ammianus Marcellinus verwendete Schreibweise Therwingen (mit theta) verwirft, vor allem mit Blick auf die Vielzahl der romanischen Schreibweisen mit "T", andererseits aber die im HRR verwendeten Schreibweisen Turingia statt Thuringia mit Hinweis auf romanische Autoren verwirft, wirkt etwas bemüht.
 
Nein, der Ring ward ihm samt Fluginsekten gemopst und diente einem Bauern als Grabbeigabe. ;)

Ich konnte es nicht lassen und habe bei Schmidt nachgesehen:

1. Der Widsith bringt 'þyringas', bzw. 'Eastþyringas'. (S.333)
2. Gregor von Tour nennt Thoringos. (S.325)
3. Er verweist darauf, dass Ptolemäus anstelle der Hermunduren 'Teuriochamai' bringe, dass er analog zu Böhmen keltischen Teuriern zuordnet und für den Ursprung des Namens der Thüringer hält. Er verweist darauf, dass nachfolgend nur im später bairischen Teil des Siedlungsgebiets noch von Hermunduren die Rede sei. Ausnahmen (Cassiodor/Jordanes erklärt er mit Rückgriff auf ältere Überlieferung.) (S. 318 des Nachdrucks, erste Auflage S. 98.)
4. Bei Schmidt müssen wir bedenken, dass er 1940 veröffentlichte. Er war kein Nazi, konnte aber natürlich auch nicht frei schreiben. Bei den Thüringern verteilte er seine Ansichten zur Herkunft, die sich aber noch nicht ganz vom Namen lösen, einfach auf verschiedene Stellen. Am deutlichsten schreibt er S.321 [101]: "Diese Namengebung spiegelt die Verschiedenheit der Elemente wider, aus denen der Stamm sich zusammensetzte." Dadurch ergibt sich ein schon fast modernes Bild der Ethnogenese der Thüringer, die sich dann nach ihren Wohnsitzen benannt hätten, aber auch Reste der Teurier umfassten. Wenn ich mehr Zeit habe, sammele ich diese Elemente mal, auch wenn es weitgehend nur noch forschungsgeschichtlich interessiert.

Vielleicht sollten wir zumindest "Namen und Herkunft der Thüringer" abspalten?

- Als Ausgangspunkt wäre die Frage Stilichos zu nennen: "Oder auch einer Thüringerin, was immer das eigentlich ist?" (Post # 32)
- Ein Hinweis auf den Inhalt von Post # 34 von Maglor hinsichtlich der von ihm formulierten Willkür bei der ethnischen Zuordnung von Funden, wäre für den Zusammenhang der folgenden Posts wichtig.
- Zu verschieben wären dann die Posts ## 33, 35, 37, 38, 39, 40, 41, 45, 47, 49, 50 und dieser hier.
 
Dumm nur, dass sich um die Zeitstellung des Widsith gestritten wird und es daher sowieso nur als unterstützendes Argument taugt.

(Die Nummerierung in meinem Post soll keine Wertung ausdrücken, die Auflistung nur ordentlicher machen.)
 
Die althochdeutschen Schreiber, insbesondere des genannten Volksrechts haben jedenfalls gewusst, dass sie es 'th', also 'þ' aussprachen.

Will sagen, für die Schreibung nur mit 't' haben wir als Erklärung die lateinische Sprache.

Umgekehrt gibt es aber keine so leichte Erklärung, warum statt 't' 'th' geschrieben wurde.
 
Das ist im Grunde auch Haubrichs' Hauptargument, nach dem Motto "die Engländer wissen, wo ein þ hingehört."

Dumm nur, dass sich um die Zeitstellung des Widsith gestritten wird und es daher sowieso nur als unterstützendes Argument taugt.
Außer dem Widsith gibt es noch die Angelsachsen Bonifatius, Lullus und Willibald. Die schreiben alle Th-...

Die (freilich wenigen) griechischen Zeugnisse haben jeweils Theta bei den Thüringern, Tau bei den Terwingen.
 
Nun, mir geht es spezifisch um das Grab in Oßmannstedt, und nicht um die "Goten als Projektionsfläche".
Ich habe die Hypothese einer "Ostgotin in Thüringen um 450 n.Chr." auch nicht aufgestellt, sondern Jan Bemmann, so wäre zu eruieren, ob seine Arbeit und seine wissenschaftlichen Bezüge, auf die ersich bei der Beurteilung der Einzelfunde, des Fundzusammenhangs, der Verbreitungsgebiete usw. bezieht in diese summierende Forschungstradition zu stellen ist: wenn er das nicht ist, macht der Verweis in diesem Zusammenhang wenig Sinn.
Die ostgotische Hypothese ist noch viel älter. Sie findet sich bereits in "Die Germanen. Ein Handbuch Band II" 1983 vom DDR-Historiker-Kollektiv, allerdings gar nicht als Hypothese, sondern als schlichter Fakt - deutlich erkennbar am Indikativ.
"Die in Oßmannstedt, Kr. Apolda (Taf. 29c), Bestattete z.B. war eine ostgotische Adelige, die in der zweiten Hälfte des 5. Jh. hier verstorben war. Ostgotische Frauen lebten auch in Gisperleben, Ot. v. Efurt, und Stößen, Kr. Hohenmölsen, langobardische dagegen in Stößen." Die Germanen. Ein Handbuch Band 2, S. 544

Es gibt damit also eine seit Jahrzehnten bestehende ethnische Deutungstradition für Oßmannstedt. (Man beachte auch, wie leicht es damals gelungen ist, Langobarden, Goten und Thüringer zu unterscheiden.)
Hauptargument war immer die mit Almandin besetzte Adlerfibel, die die ältere Forschung immer mit den Goten in Verbindung setzte. Die neuere Forschung verneint jedoch, dass die Goten für die Verbreitung des Almandin-Zellwerks verantwortlich seien und schreibt die Fibel von Oßmannstedt einer byzantinischen Werkstatt zu. Trotzdem hat sich die Idee einer ostgotischen Adeligen gehalten.

hätte im letzten Teil des Zitats nicht gestanden, dass die Verbindungen zwischen Thüringern und Ostgoten weiter zurück ins 5.Jahundert reichen, hätte ich diesen Bezug nicht hergestellt - Wiederholung des Zitats:
" Allerdings sei zu beachten, dass die gotisch-thüringischen Beziehungen schon weiter zurückreichten, wobei das teilweise identische Namensgut von Angehörigen gotischer und thüringischer Herrscherfamilien auch auf genealogische Verbindungen hindeute." Leider kostet der Tagungsband bei de Gruyter (zum RGA als Sonderband gehörig) recht viel.
Argumentationen mit dem Namensgut erscheinen mir kaum schlüssig.
Ein Blick in den Hochadel der Völkerwanderungszeit zeigt, dass die entsprechenden Kreise nicht besonders einfallsreich waren und alle germanischen Königshäuser auf ein ähnliches Namensgut zurückgriffen. Die Namen der fränkischen, gotischen, burgundischen Könige sind alle teilweise identisch. Die ganzen Dietirche und Sigmunds kann man leicht verwechseln.
Bedeutsamer wird die Namensdeutung jedoch bei der Frage nach alanischem oder hunnischem Adel. Die alanischen und hunnischen Namen entstammen ja (meistens) nicht den germanischen Sprachen. So könnte man natürlich leicht die bahnbrechende Behauptung aufstellen, dass das thüringische Königshaus aufgrund der Namensgebung germanischer Herkunft war.

Leicht kann man die frühe Geschichte der Thüringer auch darauf reduzieren, dass das die mit den Pferden waren. Und Könige hatten sich auch noch. Viel mehr geben die Quellen nicht her.
 
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Gut, stellen wir einmal zurück, ob dies eine ostgotische Adelige war, die in Thüringen an einer Furt beerdigt wurde.
Ich werde auch keine Hilfshypothese bilden, über genealogische Verbindungen zwischen den thüringischen und ostgotischen Dynastien. Der Tagungsbeitrag von Gerd Kampers zu diesen Beziehungen liegt mir nicht vor, daher können wir seine Argumentation nicht diskutieren - ich halte wieder einmal Verallgemeinerungen für nicht hilfreich (alle germanischen Adelsnamen sind zum verwechseln ähnlich), ich nehme stark an, dass Gerd Kampers mehr Gründe und Belege für seine Auffassung ins Feld führt (immerhin ist der Autor Verfasser eines Standardwerks über die Wisigoten Rezension zu: G. Kampers: Geschichte der Westgoten | H-Soz-Kult. Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften | Geschichte im Netz | History in the web ) .
Zur Adlerfibel: auch da liegt mir nach Internetrecherche der oben angeführte Beitrag zu byzantinischen Einflüssen auf die gotische Kultur: M. Nawroth, Der Fund von Domagnano, Republik San Marino. Einflüsse der byzantinischen Hoftracht auf Schmuck und Kleidung der Goten. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, 89ff.) - leider nicht vor - auch hier kann ich nicht weiter argumentieren, ob es Besonderheiten gibt, die eine gotische Frauentracht von einer alanischen oder langobardischen unterscheidet. Auch hier ist die Verallgemeinerung, dass es ein allgemeines Bedürfnis der germanischen Warlords von Portugal bis zur Krim gewesen wäre, sich wie die Führungsschicht so richtig wie unspezifisch, wenn nicht genauer argumentiert und belegt wird, wie sich dies spezifisch äußerte.
Sind die Adlerfibeln ein spezifischer Bestandteil gotischer Frauenmode des Adels im 5. Und 6. Jahrhundert?
Unten die Schmuckfunde von Domagnano (San Marino), um 500 n.Chr.
Principessa_300_BN.jpg
 
@thurgos

Hier ein paar Gedanken und Anmerkungen von mir zum Fund von Oßmannstedt und Domagnano und der Herstellung in byzantinischen Werkstätten.

1. die Schnalle:" Knapp oberhalb des rechten Beckens lag eine silberne, vergoldete, 6,5 cm lange Schnalle mit einer nierenförmigen Riemenkappe, deren wellenförmiges Stegwerk plan geschliffene Almandine auf vergoldeten Silberfolien hält . Anhand der beiden rautenförmigen Zellen mit einer weißlichen Schwefelfüllung und einem gesondert gefassten mugeligen Almandin im Zentrum lässt sich das Exemplar aus Oßmannstedt mit der Schnalle aus Rüdern, Lkr. Esslingen, derjenigen aus Wolfsheim, Lkr. Alzey-Worms, und dem rechteckigen Beschlag aus Blučina, okr. Brnovenkov, zu einer in das dritte Viertel des 5. Jahrhunderts zu datierenden Gruppe mediterraner Arbeiten verbinden."

Bedeutet das jetzt Import (oder im Falle, das die "Gotin" von Oßmannstedt dies mitbrachte), oder ist auch ev. eine heimische Werkstatt (Thüringen) denkbar?

2. die Ohrringe: "An den Seiten des Kopfes befand sich ein Paar goldener Ohrringe von 3,5 cm Durchmesser mit durchbrochen gearbeiteten Polyedern und Almandineinlage , die im Karpatenbecken schon in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts auftreten, im alamannisch-fränkischen Gebiet jedoch erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts auszumachen sind"

Nichts deutet doch hier auf byzantinische Werkstatt hin.

3. der Kamm der jungen Frau: "Kämme mit zwei halbrunden Zierleisten, deren Mittelfeld durch geometrische Muster geschmückt wird, zählt M. C. Blaich zu seiner Gruppe 4 und datiert sie in das späte 4. und gesamte 5. Jahrhundert . In einer Bestattung aus Baljevac am Fluss Ibra tritt solch ein Kamm in Kombination mit einer Münze des Arcadius (395 – 408) auf."

interpretiere ich als Import aus provinzialröm. Werkstätten.

Diese Funde + Spiegel + Kopfdeformation weisen ins 5.Jh. und in den Raum nördlich der Donau als Ursprungsgebiet der obigen Funde und der Toten. Soweit accord.

Die Fibel dagegen als aus byzantinischen Werkstätten zu klassifizieren, kann ich mich immer noch nicht anschließen.

"Den unteren Abschluss bildeten drei Ösen, von denen nur zwei erhalten sind und die zur Aufnahme von Pendilien dienten. Letztere kennzeichnen kostbare spätrömische Arbeiten: „Als wesentliches Kennzeichnen der Kaiserfibeln hat neben den großen edelsteinbesetzten Zierfeldern vor allem die Anbringung der Pendilien zu gelten“.

Dumm ist nur, das genau diese Pendilien fehlen,da könnten auch Goldkettchen mit kleinen goldenen Adlern dran gehangen haben. Auch wäre denkbar, das die "Pendilien", so es sich um solche handelt, später angebracht wurden, das geht aber aus der Beschreibung zur Herstellung der Fibel nicht hervor. Und es handelt sich eben nicht um eine edelsteinbesetzte Fibel, sonder um eine großflächig mit Almandineinlagen gefertigte Adlerfibel (beides Adlerfibel + großflächige Almandineinlagen kommen in der provizialröm. Kleinkunst nicht vor).

"Diese Fibel spiegelt das Bedürfnis der jungen Frau bzw. ihrer Familiengruppe wieder, sich in der Selbstdarstellung den höchsten Führungsschichten im Imperium anzugleichen."

Wenn es sich um Pendilien handeln sollte, was nicht zwingend ist, völlige Zustimmung.

Zu Domagnano
"(M. Nawroth, Der Fund von Domagnano, Republik San Marino. Einflüsse der byzantinischen Hoftracht auf Schmuck und Kleidung der Goten. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, 89ff.)"

Nawroth nimmt aber die Fibeln ausdrücklich von byzantinischen Einflüssen aus, insoweit ist auch keine byzantinische Werkstatt für die Fibel von Domagnano gegeben.

Was somit für mich übrig bleibt, ist ein Tote die aus dem Karpatenbecken stammt, vermutlich Gotin war und deren Tracht an die byzantinische Oberschicht angelehnt war, oder diese nachgeahmt hat. Bis auf den Kamm, können alle anderen Fundgegenstände, erst Recht die Adlerfibel für die ja komischerweise, im Gegensatz zur Schnalle, Bemmann keine byz. Vorbilder anführt,auch im Karpatenbacken von einheimischen, germanischen Goldschmieden angefertigt worden sein.

mfg
schwedenmann
 
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