Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Wie sieht eigentlich die aktuelle Theorie aus, auf deren Basis man in Kalkriese berechtigter Weise nach der Varusschlacht suchen darf, ohne dass diese Aktivitäten einem archäologischen Wunschkonzert gleichen. Ein wenig komplexer als 'hier wurden Münzen gefunden die wahrscheinlich ein Varus-Gegenstempel enthalten, also war hier die Varusschlacht' wird es ja wohl schon sein? Welche archäologischen Fakten machen das Schlachtfeld in Kalkriese wahrscheinlicher für Varus als für Germanicus?
 
Die Frage wird on diesem Thread an die 700 Mal beantwortet. Du bist an ihm selbst mit zig Beiträgen beteiligt, willst du das jetzt alles wiederholen? Oder geht es dir eigentlich wieder nur um Polemik, diesmal in eine pseudosachliche Frage gekleidet?
 
M. E. wurde die Frage nicht ansatzweise beantwortet. Aber das dies für dich sehr wohl der Fall ist, bitte fasse die aktuelle Theorie doch noch einmal in wenigen Sätzen zusammen. Das würde auch dem Thread sehr gut tun.
 
Was wir als Pseudo-Theorie vorliegen haben ist nichts weiter als eine ergebnisorientierte Fundinterpretation.
Hat man doch am Harzhorn auch gemacht. Anhand der Funde wurde der Schlachtverlauf rekonstruiert sowie die beteiligten Kombattanten, und dann hat man geschaut zu welchem, in den historischen Quellen überlieferten Ereignis das Ganze passen könnte.
Die Kalkriesefunde passen nun einmal sehr gut in das Varusschlacht-Ereignis, auch wenn noch nicht ganz klar ist, was genau sich dort abgespielt hat und welcher Zeitpunkt des mehrtägigen Defileegefechtes dort markiert ist.
Gibt es denn irgendwo Funde, die besser zum Varusereignis passen würden? Wenn nicht, ist das was Du versuchst, ein Wunschkonzert. Bei den Ereignissen im Zusammenhang mit Germanicus gibt es beim Versuch, diese nach Kalkriese zu verorten, jedenfalls auch viele Ungereimtheiten. Über die schaust Du aber großzügig hinweg.
 
Er meint doch nur, dass der Thread-Titel zum Thema macht, ob die Varusschlacht in Kalkriese stattfand. Egal, was wir davon halten, ist es damit der Diskussionsgegenstand und nicht die Voraussetzung dieses Threads.

Abgesehen davon, würde dem Thread eine Übersicht der Argumente gut tun, damit nicht alles xmal erklärt oder diskutiert werden muss. Ich werde mal versuchen, ob ich das neutral genug hinkriege. Ich bin hier ja meist als Skeptiker aufgetreten, obwohl ich die Annahme in Kalkriese schon seitdem ich das erste Mal in den 80ern davon hörte, für faszinierend und durchaus für vertretbar halte. Aber es ist eben so ein Thema, bei dem man sich dann schnell vom Gefühl zu voreiligen Schlüssen drängen lässt. Da bremse ich lieber und verbeiße mich da, wo ich Schwierigkeiten sehe. Wird sich die Möglichkeit eines Lagers (oder von die Stellungen flankierenden Bauten wie von Cäsar beschrieben, was dann Tacitus fehlinterpretieren konnte) als zutreffend herausstellen sehe ich allerdings die Möglichkeiten für eine andere Erklärung schwinden. Und da schon Delbrück -einzig aus den Schriftquellen- die großen Ähnlichkeiten von Caecina-Schlacht und Varusschlacht herausgestellt hat, kann aus der ähnlichen Topologie nichts geschlossen werden, solange es keine Funde auf einen Zusammenhang von Schlachtgeschehen und Germanicus hinweisen. Und handelt es sich um das Hauptereignis der Varuschlacht, muss es da irgendwo ein Marschlager des Germanicus geben, wie wir schon mal irgendwo aus dem Aufwand der Bestattung errechnet haben.

Und wie ich schon irgendwo betont habe: Funde von Germanicus müssen im Umfeld auch vorliegen, allein schon, weil die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er da auch ohne Schlachtort mehrfach durchkam. Und auch an anderen Orten ist ja die Frage, wie ihm Funde zugeordnet werden können.

Aber ich schweife ab. Da ich sowieso das Versäumte nachlesen muss, versuche ich mal einen Thread mit einer Übersicht und Verweisen zu erstellen.
 
Aufgrund der Aktivitäten rund um den Krieg des Varus, wage ich zu behaupten, das die "Varusschlacht" als dreitägiges Marschgefecht, der nachhaltigste politische Schachzug der letzten 2020 Jahre war, es gibt nicht einen greifbaren Beweis für eine Varusschlacht in der überlieferten Form.
Für die Version eines kurzen, für Rom schlecht verlaufenen Krieges gäbe es beweiskräftigeres Material.
Die "Augurenstäbe"
würde ich als Argument gegen Kalkriese aber so auch nicht gelten lassen, da bei einem 3 Legionen Heer mit Tross doch sicher auch ein Augur mit von der Partie war
 
Na, kann ich rechnen?

Das Interview mit Derks steht am Anfang der Zusammenarbeit mit dem Bergbaumuseum Bochum. Dabei geht es um den "metallurgischen Fingerabdruck" der Metallfunde (Isotopenanalyse). Die Idee ist, anhand der Herkunft von Metallen und dem Abgleich mit den historischen Nachrichten von Legionsbewegungen herauszufinden, ob eine statistisch auffällige Anzahl an Metallteilen einer bestimmten Region und damit der überlieferten historischen Bewegung einer Legion zuzuordnen ist. Dafür haben Kalkriese und das Bergbaumuseum damals 2016 gemeinsam Drittmittel eingeworben, das ging 2017 groß durch die Presse, als man dann eine Promovendin vom Bergbaumuseum eingestellt hatte. In dem Interview ist keine Vorwegnahme der Ergebnisse zu sehen (normalerweise dauert eine Promotion drei Jahre - wenn der Promovend eine Promotionsstelle hat), d.h. wird dürften im Herbst dieses Jahres mit der Vorveröffentlichung der Ergebnisse dieser Studie rechnen, dann dauert es i.d.R. noch halbes bis zwei Jahre, bis die Diss. veröffentlich ist (Verteidigung, Verlagfindung etc.), also 2020 bis 2021.
 
Das Ergebnis metallurgischer Rückverfolgung der Funde wird die Disskussionen /Theorien um den Ort der Varusschlacht kaum mindern.

Hallo erstmal,
bisdahin wäre sinnvoll zu klären wie man das Ereigniß überhaupt nennen soll wenn es nicht in Kalkriese stattfand.

Denn "Varus-schlacht" klingt nach Durchführung einer Ausseinandersetzung durch einen römischen Statthalters.

Festgestellt wurde bisher ,es gab eine Schlacht am Osning oder war es doch eine Folge von Widerständen östlich des Rhenus mit multiplen "kalten Aufständen" und den Hotspot Ostwestfalen?
 
Das Ergebnis metallurgischer Rückverfolgung der Funde wird die Disskussionen /Theorien um den Ort der Varusschlacht kaum mindern.

Falls das Ergebnis der Untersuchung so sein sollte, dass die Funde definitiv den Varus-Legionen zugeordnet werden, wäre das meines Erachtens der zweifelsfreie Beweis, dass in Kalkriese die Varusschlacht stattfand.

Hallo erstmal,
bisdahin wäre sinnvoll zu klären wie man das Ereigniß überhaupt nennen soll wenn es nicht in Kalkriese stattfand.

Denn "Varus-schlacht" klingt nach Durchführung einer Ausseinandersetzung durch einen römischen Statthalters.

Bereits in der Antike wurde auf einen Gedenkstein der Begriff Bello Variano verwendet, also im Krieg des Varus. Ansonsten ist ja auch der Begriff Schlacht im Teutoburger Wald gebräuchlich.
 
Ich habe gerade mal in die PK (wird auf FB gestreamt) reingeschaut, die 2018 blockgeborgene Lorica segmentata ist gescannt worden vom Fraunhofer Institut, freigelegt sind bisher ein paar Platten, in K'riese rechnet man mit einer Fertigstellung der Freilegung in etwa einem Jahr, erst dann würde so richtig die wissenschaftliche Bearbeitung des Panzers beginnen (wie die aussehen soll, wurde nicht weiter gesagt, aber die haben in K'riese ja Erfahrungen mit Punz- und Ritzinschriften, daher gehe ich mal davon aus, dass das mit zu den ersten Dingen gehört, worauf der Panzer untersucht werden wird.
Die eigentliche Präsentation des Panzers habe ich nicht mitbekommen, dazu habe ich zu spät reingeschaltet, aber den Nutzerkommmentaren war zu entnehmen, dass es Fesslungsspuren(?) gab. Aber bevor es hier zu einem Stille-Post-Effekt kommt, will ich mal abwarten, bis das PK-Video in Gänze hochgeladen ist.
 
den Nutzerkommmentaren war zu entnehmen, dass es Fesslungsspuren(?) gab. Aber bevor es hier zu einem Stille-Post-Effekt kommt, will ich mal abwarten, bis das PK-Video in Gänze hochgeladen ist.
Ich versuche gerade das Video auf FB nachzuschauen, es stockt leider ständig. Um Minute 19/20 refereriert Burmeister über eine Halsgeige, mit der der Träger der L. segmentata womöglich gefesselt war. Sie läge so, wie man erwarten würde, dass sie lag, wenn jemand gefesselt worden sei. Aber dazu müsse es erst weitere wissenschaftliche Untersuchungen geben.
Daraus ergeben sich zwei Dinge (das ist jetzt nicht Burmeister, sondern El Quijote, geschichtsforum.de):
1.) Während des Schlachtgeschehens(?) ist ein römisch gerüsteter Soldat gefesselt gewesen. Oder danach?
2.) Für die Knochendiskussion: Wie schon häufig erwähnt, bietet der Boden von Kalkriese sehr schlechte Erhaltungsbedingungen für Knochen. Exemplarisch wurde das schon früher gut deutlich an den Zähnen, die man gefunden hat, von denen nur noch der Zahnschmelz erhalten war, aber der Kiefer, der sie einmal gehalten hatte, war völlig aufgelöst. Wenn nun hier tatsächlich jemand in einer Lorica segmentata und Halsgeige steckte, dann ist das ein weitereres Beispiel für die Vergänglichkeit der Knochen und schwächt all diejenigen, die Kalkriese - unabhängig von der Interpretation - klein reden wollen und sagen, es seien ja "nur" 17 Individuen nachgewiesen. Nein, es ist ganz großartig, dass überhaupt Individuen an Knochen nachgewiesen werden konnten.

Es gibt im Übrigen nur eine weitere Lorica segmentata, die einigermaßen vollständig gefunden worden ist, nämlich in Corbridge. Also wieder ein herausragender Fund aus Kalkriese mehr.
 
Danke das Museum Varusereignis sagt man kann sich das Video später komplett anschauen.
Ich kann zwar die populistische Namensgebung nicht ab aber Kalkriese ist eines der besten Museen in Deutschland. Vor allem die Servicebereitschaft der Experten vor Ort gehört wirklich gelobt.
Abgesehen von der Namensgebung die in jedem Wirtschaftszweig als Verbrauchertäuschung geahndet würde eine Top Location.
Mit dem Anspruch der Ort einer Schlacht zu sein, für deren Stattfinden es nicht einen greifbaren Beweis gibt, für deren, in der Form eines Einzelereignisses, Nichtstattfinden es allerdings durchaus einen greifbaren Beweis gibt, kann niemand Kalkriese "kleinreden", dazu haben sich die Gründer etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt. Nur meine Meinung, kein Angriff auf die großartige Arbeit die dort geleistet wird.
 
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