Wussten die Deutschen was (!) sie 1929-1933 wählten?

Ich glaube ja, dass sie ihn aus Angst und Unsicherheit wählten...die Weltwirtschaftskrise zerstörte viele finanzielle Existenzen in einem Maße, wie wir es heute glücklicherweise(bisher) noch nicht kennenlernen mussten.
Vor dem Börsencrash hatte Hitler mit seiner Partei oft sogar noch weniger Stimmen als heutige Populisten und seine Partei war gesellschaftlich geächtet.
Erst der Börsencrash ermöglichte dieser eigentlich für anständige Menschen unwählbaren Partei leider einen kometenhaften Anstieg.
In den Jahren zuvor, als es einen kurzzeitigen wirtschaftlichen Aufschwung gab, wählte kaum jemand NSDAP.
Meine These ist ja, dass rechte Hetzer immer dann gewählt werden, wenn besonders schlechte Zeiten sind, wenn es den Menschen gutgehen, fallen nicht viele Stimmen für die Hetzer ab.
Ich bin davon überzeugt, dass ohne den Crash von 1929 die NSDAP niemals an die Macht gekommen wäre.

Dies ist teilweise arrogant auf das Heute ins gestern versetzt worden. Die NSDAP war überhaupt nicht gesellschaftlich geächtet gewesen, sondern unter den vielen Parteiangeboten einfach nicht wahrnehmbar. Vielfach von 1925-1928 noch im Aufbau begriffen, einschliesslich innerparteilichen Reibungsprozessen die nach Außen immer ein schlechtes Bild abgeben.
Deine These ist auch leicht zu widerlegen, nämlich europaweit. Vor Corona ging es Europa nie besser was aber nicht den Aufschwung rechter Parteien in Europa verhinderte.
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Diese Antwort hast Du dir doch selbst in deinen letzten Ausführungen gegeben.
Die Parteienzersplitterungen und die teilweise Wählerbindung an Klein-und Kleinstparteien liessen einfach keine absoluten Mehrheiten zu.
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Ja, dann hast du den beitrag nicht vernünftig gelesen, denn das übermäßige Gewicht der Extremen Parteien, die dann keine Mehrheiten mehr zuließen kan ja eben nicht durch das Vorhandensein der Kleinparteien, sondern durch deren Abwirtschaften um 1930 zustande.
Bis dahin waren ja demokratische Mehrheiten und Tolerierte Minderheitsregierungen auf Basis der Reichtagszusammensetzung von 1928, durchaus möglich.
 
Ja, dann hast du den beitrag nicht vernünftig gelesen, denn das übermäßige Gewicht der Extremen Parteien, die dann keine Mehrheiten mehr zuließen kan ja eben nicht durch das Vorhandensein der Kleinparteien, sondern durch deren Abwirtschaften um 1930 zustande.
Bis dahin waren ja demokratische Mehrheiten und Tolerierte Minderheitsregierungen auf Basis der Reichtagszusammensetzung von 1928, durchaus möglich.

Stimmt da hast Du recht, habe deine Vorseite mit deinen Ausführungen nicht gelesen. Die Ausführungen von Dir sind auch sehr lang und detailliert.
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Dies ist teilweise arrogant auf das Heute ins gestern versetzt worden. Die NSDAP war überhaupt nicht gesellschaftlich geächtet gewesen, sondern unter den vielen Parteiangeboten einfach nicht wahrnehmbar. Vielfach von 1925-1928 noch im Aufbau begriffen, einschliesslich innerparteilichen Reibungsprozessen die nach Außen immer ein schlechtes Bild abgeben.
Deine These ist auch leicht zu widerlegen, nämlich europaweit. Vor Corona ging es Europa nie besser was aber nicht den Aufschwung rechter Parteien in Europa verhinderte.
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Ich glaube ja, dass es ohne die Wirtschaftskrise von 2008 den Aufschwung rechter Parteien in Europa nie gegeben hätte.
Allerdings vermute ich, dass da teilweise auch das Internet Schuld ist, das Rechtsradikale in der heutigen Zeit nutzen um den Menschen Angst einzujagen.
Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus beidem: Internethetze und Abstiegsängste des Mittelstandes, die europaweit durch die Krise von 2008 entstanden.
 
Dies ist teilweise arrogant auf das Heute ins gestern versetzt worden. Die NSDAP war überhaupt nicht gesellschaftlich geächtet gewesen, sondern unter den vielen Parteiangeboten einfach nicht wahrnehmbar. Vielfach von 1925-1928 noch im Aufbau begriffen, einschliesslich innerparteilichen Reibungsprozessen die nach Außen immer ein schlechtes Bild abgeben.
Deine These ist auch leicht zu widerlegen, nämlich europaweit. Vor Corona ging es Europa nie besser was aber nicht den Aufschwung rechter Parteien in Europa verhinderte.
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Wenn man Filme sieht, die in der Weimarer Republik spielen, sprechen aber viele Protagonisten voller Verachtung über Hitler und die Nazis. War das denn nicht so damals? Waren sie wirklich eher unbedeutend und von vielen gar nicht wahrgenommen? Kann ich mir kaum vorstellen, bei all der brutaler Gewalt die sie auf die Straße trugen, das muss der Bürger doch damals mitbekommen haben. Die Prügeltrupps der SA, das kann den Leuten gar nicht entgangen sein. Ich bedaure wirklich, dass meine Großeltern nicht mehr am Leben sind, gerade in der heutigen Zeit hätte ich so viele Fragen, früher hat mich das Thema leider nie interessiert
 
Wenn man Filme sieht, die in der Weimarer Republik spielen, sprechen aber viele Protagonisten voller Verachtung über Hitler und die Nazis. War das denn nicht so damals? Waren sie wirklich eher unbedeutend und von vielen gar nicht wahrgenommen? Kann ich mir kaum vorstellen, bei all der brutaler Gewalt die sie auf die Straße trugen, das muss der Bürger doch damals mitbekommen haben. Die Prügeltrupps der SA, das kann den Leuten gar nicht entgangen sein. Ich bedaure wirklich, dass meine Großeltern nicht mehr am Leben sind, gerade in der heutigen Zeit hätte ich so viele Fragen, früher hat mich das Thema leider nie interessiert
Naja, die Nazis wurden erst mit den Wahlen von 1930 zur Massenpartei, während sie aber faktisch ab den frühen 20ern mit Unterbrechung als Partei existierten.
Insofern kann man wohl je nach Zeitabschnitt der beleuchtet wird beide Seiten für akkurate darstellungen der öffentlichen meinung über die Nazis halten.
 
Wenn man Filme sieht, die in der Weimarer Republik spielen, sprechen aber viele Protagonisten voller Verachtung über Hitler und die Nazis. War das denn nicht so damals? Waren sie wirklich eher unbedeutend und von vielen gar nicht wahrgenommen? Kann ich mir kaum vorstellen, bei all der brutaler Gewalt die sie auf die Straße trugen, das muss der Bürger doch damals mitbekommen haben. Die Prügeltrupps der SA, das kann den Leuten gar nicht entgangen sein. Ich bedaure wirklich, dass meine Großeltern nicht mehr am Leben sind, gerade in der heutigen Zeit hätte ich so viele Fragen, früher hat mich das Thema leider nie interessiert

a) Bitte nicht (Spiel)Filme als Quelle nehmen.
b) Es kommt drauf an, in welchen Kreisen wer und wann von den Nazis gesprochen wird. Du findest heute in den USA auch bestimmte Kreise, die immer noch zum Präsidenten stehen - und ein ähnliches Verhalten an den Tag legen. Aber eben auch andere. Die konservative Eliten sahen erst einmal auf Hitler herab und hofften, sich seiner bedienen zu können (Htiler als "Marionettenkanzler" ... Papen: "In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht"). Anders sah es wohl bei den einfacheren Menschen auf der Straße aus - Hitler hat ja immer die Geschichte kultiviert, er wäre einer von ihnen (harte Zeit in Wien, Obdachlosenheim usw).
Auch bei den "neuen" Eliten schien er z.T. gut anzukommen (Goebbels und die anderen Paladine waren ja nicht alle ungehobelte Rabauken) - sie erhofften sich in dem neuen Staat, den Hitler propagierte - Aufstiegsmöglichkeiten und Positionen (die von den alten Eliten im Moment besetzt waren).
Gewalt ... ja ... aber die kam von rechts und links. Damit wurde die Weimarer Republik groß. Viele Erwachsene hatten den Ersten Weltkrieg miterlebt und evtl. deshalb auch ein anderes Verhältnis zur Gewalt.

Übrigens: Hitler hat ja dann nach der Machtübernahme die SA recht schnell entmachtet. Ein Grund (neben anderen) war, dass der "wilde" Terror der SA seinem Ruf als Reichskanzler schadetet. Terror war gewünscht und wurde angewandt, aber nicht so, dass der brave Michel das mitkriegt (also im Konzentrationslager, nicht mitten in Berlin auf offener Straße).
 
Wenn man Filme sieht, die in der Weimarer Republik spielen, sprechen aber viele Protagonisten voller Verachtung über Hitler und die Nazis. War das denn nicht so damals? Waren sie wirklich eher unbedeutend und von vielen gar nicht wahrgenommen? Kann ich mir kaum vorstellen, bei all der brutaler Gewalt die sie auf die Straße trugen, das muss der Bürger doch damals mitbekommen haben. Die Prügeltrupps der SA, das kann den Leuten gar nicht entgangen sein. Ich bedaure wirklich, dass meine Großeltern nicht mehr am Leben sind, gerade in der heutigen Zeit hätte ich so viele Fragen, früher hat mich das Thema leider nie interessiert

Ja , es war so. Diese Nazis wurden ausgelacht, als Spinner bezeichnet und teilweise nicht ernst genommen was sich auch eindeutig bis 1929 in den Wahlergebnissen zum Teil niederschlug.
Mit der brutalen Gewalt der SA blendest du die brutale Gewalt der Kommunisten und Wehrverbände aus.
Das war nämlich die ausschlaggebende Voraussetzung die vielfach ausgeblendet wird. Die Gewalt auf Straßen hörte seit der niedergeschlagenen Revolution 1919 eigentlich nie auf, mal mehr mal weniger.
Saalschlachten gab es schon da war die NSDAP noch in bayrischen Bierkellern mit 30 Gästen zu Gange. Das heißt, die brutale Gewalt war schon auf den Straßen und Sälen bevor SA überhaupt relevant in Erscheinung trat.
In der Bevölkerung hieß es dann noch eine politiche Partei mit Schägern unterwegs, nichts Neues.
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Saalschlachten gab es schon da war die NSDAP noch in bayrischen Bierkellern mit 30 Gästen zu Gange. Das heißt, die brutale Gewalt war schon auf den Straßen und Sälen bevor SA überhaupt relevant in Erscheinung trat.

Interessant, man lernt ja nie aus. Wann und wo hat das denn stattgefunden? Kennst Du die Historie des politischen Terrors gegen Politiker der Weimarer Republik?

Organisation Consul, Schwarze Reichswehr, Fememorde sind natürlich alles Begriffe, die sich problemlos in das einfügen lassen, was Du geschrieben hast.
 
. Die Gewalt auf Straßen hörte seit der niedergeschlagenen Revolution 1919 eigentlich nie auf, mal mehr mal weniger.

Tatsächlich?
Meinem Kenntnisstand krachte es zwischen 1920 und dem Beginnder 1930er Jahre eigentlich nur in 1923 noch einmal in heftigerer Form, sowohl im Hinblick auf die ruhrbesetzung, als auch auf den Hitlerputsch und den Hamburger Aufstand der KPD und dass alles vor dem Hintergrund des Höhepunktes der Hyperinflation.

Zwischen 1920 und 1923, so wie den ersten Monaten des Jahres 1924 und dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, war es eigentlich relativ ruhig.
 
Ich hab's nicht gelesen, ist mir etwas zu teuer: Schumann, Dirk: Politische Gewalt in der Weimarer Republik. Kampf um die Straße und Furcht vor dem Bürgerkrieg;
aus der Rezension: "Nach einem kurzen Vorlauf zum Kaiserreich gliedert er den Untersuchungszeitraum in vier Abschnitte: den „punktuellen Bürgerkrieg“ 1919-1921, den „Symbol- und Terrainkampf“ 1921-1923, die mit einem Fragezeichen versehenen „ruhigen Jahre“ 1924-1929 und die Phase der Eskalation 1929/30-1933." ... "In dem interessantesten Abschnitt seiner Studie, der die Jahre der „relativen Stabilisierung“ der Weimarer Republik behandelt, zeigt Schumann mittels genauer Analyse der politischen Auseinandersetzungen, wie sich trotz der augenscheinlich geringeren Intensität der politischen Gewalttätigkeiten ein „unausgesprochener Konsens über die Legitimität von Gewalt bereits in die politische Kultur eingefressen hatte“ (203). "
Rezension zu: D. Schumann: Politische Gewalt in der Weimarer Republik | H-Soz-Kult. Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften | Geschichte im Netz | History in the web
 
Tatsächlich?
Meinem Kenntnisstand krachte es zwischen 1920 und dem Beginnder 1930er Jahre eigentlich nur in 1923 noch einmal in heftigerer Form, sowohl im Hinblick auf die ruhrbesetzung, als auch auf den Hitlerputsch und den Hamburger Aufstand der KPD und dass alles vor dem Hintergrund des Höhepunktes der Hyperinflation.

Zwischen 1920 und 1923, so wie den ersten Monaten des Jahres 1924 und dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, war es eigentlich relativ ruhig.

Na ja, kommunistischer Aufstand im Ruhrgebiet 1920, in Mitteldeutschland 1921, von Rechts die politischen Morde , Kapp Putsch etc. wie user thanepower richtig erwähnte.
Die uns bekannte Phase der Beruhigung der "Goldenen Zwanziger" von 1924-29 war begleitet von Saalschlachten, Strassenschlachten und politischen Morden. Da es den Leuten aber allgemein sehr gut ging, wurde es in den Zeitungen manchmal nur noch unter Lokales angeführt, was zu einer Sättigung geführt hat.
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Es ist absolut richtig, Gewalt, auch tödliche Gewalt, gab es von beiden Seiten.

Nur ist diese einfache Feststellung ungefähr wie die, von einem Ärztekongress zu reden, wenn von 100 Teilnehmern 99 Ärztinnen und ein Arzt dabei waren: Der Eindruck ist irgendwie schief.
Wenn wir uns die Zahlen für tödliche Gewalt während der WR mal mit der Statistik von Gumbel anschauen, dann
haben wir für den Zeitraum 1919 - 1922 folgendes:

gumbel.png


Gewalt ist immer zu verurteilen. Aber, wenn man politische Gewalt relativiert, weil es auch politische Gewalt aus dem anderen Extrem des Spektrums gibt, ist das schon per se der falsche Weg. Wenn bei der Relativierung dann die Relationen noch verschwiegen werden, dann ist von einer politischen Agenda ausgehen.
 
Mir ist eigentlich nicht aufgefallen, dass hier jemand Gewalt mit dem Verweis "der andere hat aber auch" relativieren wollte (so jedenfalls lese ich logos Beitrag / Beiträge nicht ... bin ich zu naiv ... oder war ein anderer Beitrag gemeint?).

[höchstens in dem Beitrag logos: "Mit der brutalen Gewalt der SA blendest du die brutale Gewalt der Kommunisten und Wehrverbände aus." ... allerdings hätte ich unter Wehrverbänden auch rechte Gruppen gefasst.
und: "Saalschlachten gab es schon da war die NSDAP noch in bayrischen Bierkellern mit 30 Gästen zu Gange. Das heißt, die brutale Gewalt war schon auf den Straßen und Sälen bevor SA überhaupt relevant in Erscheinung trat." ... dadurch wird die Organisation Consul doch nicht relativiert. Die gehörte aber eben nicht zur SA / NSDAP und übte schon brutale Gewalt aus, bevor die SA/NSDAP relevant in Erscheinung trat. Stehe ich grad auf den Schlauch, hab ich was nicht verstanden oder woran liegt es, dass man diese Sätze so kritisch sieht?]

Die These war meines Eindrucks, dass Gewalt während der ganzen Weimarer Republik eine Rolle spielte (schon vor der SA), worauf Shinigami einwandte, dass er das über längere Strecken nicht erkennen könnte. Es ging nicht um "rechts" oder "links", sondern um Gewalt. In der von mir oben erwähnten Habil-Schrift wird Gewalt während der ganzen Dauer der Weimarer Republik fest gestellt (mit deutlichem Hinweis darauf, dass es vor allem rechte Kreise waren, die sich der Gewalt bedienten).

Gumbels Statistik, so wertvoll ich sie finde, bildet aber leider nur einen zeitlich kleinen (1919-1922) und thematisch verengten (tödliche Gewalt) Ausschnitt ab und ist mMn wichtig für das Verhältnis rechter und linker Gewalt ... aber wenig aussagekräftig bzgl. der Frage, ob Gewalt die ganze Zeit der Weimarer Republik mitbestimmte.
 
Gumbels Statistik, so wertvoll ich sie finde, bildet aber leider nur einen zeitlich kleinen (1919-1922) und thematisch verengten (tödliche Gewalt) Ausschnitt ab und ist mMn wichtig für das Verhältnis rechter und linker Gewalt ... aber wenig aussagekräftig bzgl. der Frage, ob Gewalt die ganze Zeit der Weimarer Republik mitbestimmte.
Die Diskussion bewegte sich über die letzten Beiträge doch in der Frühzeit der WR.
 
Das wirkte auf mich anders. Ich dachte, Ausgangspunkt wäre logos Aussage, dass die Gewalt eigentlich während der Weimarer Republik nie aufhörte (aber vielleicht setze ich meine Leseschwerpunkte auch einfach anders, weil mich gerade diese Frage interessiert (inwieweit Gewalt während der ganzen Weimarer Republik eine Rolle spielte) und blende wiederum andere Äußerungen aus):

logo: "Die Gewalt auf Straßen hörte seit der niedergeschlagenen Revolution 1919 eigentlich nie auf, mal mehr mal weniger. ... Das heißt, die brutale Gewalt war schon auf den Straßen und Sälen bevor SA überhaupt relevant in Erscheinung trat."

Thane: "Interessant, man lernt ja nie aus. Wann und wo hat das denn stattgefunden? Kennst Du die Historie des politischen Terrors gegen Politiker der Weimarer Republik?
Organisation Consul, Schwarze Reichswehr, Fememorde sind natürlich alles Begriffe, die sich problemlos in das einfügen lassen, was Du geschrieben hast."

Shini: "Meinem Kenntnisstand krachte es zwischen 1920 und dem Beginnder 1930er Jahre eigentlich nur in 1923 noch einmal in heftigerer Form, sowohl im Hinblick auf die ruhrbesetzung, als auch auf den Hitlerputsch und den Hamburger Aufstand der KPD und dass alles vor dem Hintergrund des Höhepunktes der Hyperinflation.
Zwischen 1920 und 1923, so wie den ersten Monaten des Jahres 1924 und dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, war es eigentlich relativ ruhig."

ich (bzw. die Rezension zur Habil-Schrift Schumanns): "... gliedert er den Untersuchungszeitraum in vier Abschnitte: den „punktuellen Bürgerkrieg“ 1919-1921, den „Symbol- und Terrainkampf“ 1921-1923, die mit einem Fragezeichen versehenen „ruhigen Jahre“ 1924-1929 und die Phase der Eskalation 1929/30-1933. ... In dem interessantesten Abschnitt seiner Studie, der die Jahre der „relativen Stabilisierung“ der Weimarer Republik behandelt, zeigt Schumann ... wie sich trotz der augenscheinlich geringeren Intensität der politischen Gewalttätigkeiten ein „unausgesprochener Konsens über die Legitimität von Gewalt bereits in die politische Kultur eingefressen hatte“ .

logo: "Na ja, kommunistischer Aufstand im Ruhrgebiet 1920, in Mitteldeutschland 1921, von Rechts die politischen Morde , Kapp Putsch etc. wie user thanepower richtig erwähnte.
Die uns bekannte Phase der Beruhigung der "Goldenen Zwanziger" von 1924-29 war begleitet von Saalschlachten, Strassenschlachten und politischen Morden."
 
@Papa_Leo: Einen schnellen Einstieg bietet beispielsweise Bracher: Die Auflösung der Weimarer Republik, S. 129 "Der Aufstieg der Parteiarmeen".

Die Interaktionswirkung von Gewalt auf das Formieren und die Zielsetzungen wird dort thematisiert.
 
worauf Shinigami einwandte, dass er das über längere Strecken nicht erkennen könnte. Es ging nicht um "rechts" oder "links", sondern um Gewalt.

Richtig, wobei ich das vielleicht etwas präzisieren muss. Natürlich kam es auch in den verhältnismäßig ruhigen Jahren immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstößen. Nur waren die, was Regelmäßigkeit und Intensität angeht qualitativ mMn nicht mit dem vergleichbar, was sich in der Früh-, der Endphase der Weimarer Republik und im Krisenjahr 1923 abspielte.

Gewalt gehörte natürlich zum politischen Alltag der Weimarer Republik. Das konnte, nachdem (und das sollte man mMn hier nicht vergessen), Teile des Landes bis Ende der 1920er Jahre unter französischer Besatzung standen, mit der alleine es immer weider zu Reibereien kam, auch gar nicht anders sein.
Um das hier nicht falsch verstanden wissen zu wollen, ich möchte hier nicht mitnichten jetzt die Verantwortung auf die pösen pösen Franzosen abschieben, nur ergab sich, neben dem notorischen Motiv für die politische Rechte dagegen zu trommeln und jede Regierung, die das hinnahm massiv anzugreifen, dadurch ja auch der Umstand, dass der Staat als solcher, wenn auch nur auf Zeit, nicht umhin kam, auf die Ausübung der Staatsgewalt im eigenen Land faktisch zu verzichten und sich damit für, mindestens in Teilen wehrlos zu erklären.

Wenn aber die Staatsmacht selbst offenkundig so schwach ist, dass sie sich außerstande sieht, Umständen, die jedenfalls weitgehend als offensichtliches Unrecht betrachtet werden, Einhalt zu gebieten, nimmt es nicht Wunder, wenn Teile der politisch mobilisierten Bevölkerung die Sache selbst in die Hand nehmen.
Gleichsam auf der Seite der politischen Linken, die von Seiten der Reichswehr, wie sich in den ersten Jahren der Republik zeite, keine der Rechten gleichwertige Behandlung zu erwarten hatte.

Ist vielleicht eine etwas steile These, aber ich würde meinen, dass ein Land, mit einem eindeutig rechtslastigen Militär und Verwaltungsappaarat, dass sich in Teilen unter Fremdbesatzung befindet, mit der es immer wieder zu Problemen kommt, mit einer Regierung, die das hinnimmt, weil sie übrhaupt keine andere Wahl hat, wird es kaum möglich gewesen sein, die Gewalt als solche aus dem politischen Leben überhaupt zu entfernen.
Dazu hätte es einer Staatsmacht bedurft, die stark genug gewesen wäre, ihren Machtanspruch in jedem Winkel des eigenen Territoriums auch durchzusetzen und von der wirklich alle Bewohner des Landes auch gleiche Behandlung zu erwarten hatten.

Insofern sehe ich die politische Gewalt, auch abseits der größeren Zusammenstöße sicherlich als Faktor in der Geschichte der Weimarer Zeit, aber weder als rein kulturspezifische Problematik, noch als Grundsätzlich mit den größeren Ausschreitungen zu vergleichendes Phänomen, sondern weitgehend als die Konsequenz nicht im hinreichend vorhandener und hinreichend regulierter und weltanschaulich neutraler Staatsmacht.

Darauf wiederrum lassen sich Phänomene wie die Aufstandsbewegungen zu Beginn oder die Straßenschlachten zum Ende der Weimarer Republik nicht reduzieren.
Die verfolgten darüber hinausgehend einen positiven Zweck unter Ausnutzung dieser strukturellen Schwächen.

Das wiederrum sehe ich bei den kleineren Zwischenfällen in den ruhigeren Jahren so nicht gegeben. Da sehe ich die Motivation eher darin, mindestens in Teilen, einen Ersatz für die nicht vorhandene Schutzmacht des Staates durch den Einsatz persönlicher Gewalt zu erreichen, nicht den Staat herauszufordern oder den politischen Gegner dezidiert physisch vernichten zu wollen.
 
Mir ist eigentlich nicht aufgefallen, dass hier jemand Gewalt mit dem Verweis "der andere hat aber auch" relativieren wollte (so jedenfalls lese ich logos Beitrag / Beiträge nicht ... bin ich zu naiv ... oder war ein anderer Beitrag gemeint?).

[höchstens in dem Beitrag logos: "Mit der brutalen Gewalt der SA blendest du die brutale Gewalt der Kommunisten und Wehrverbände aus." ... allerdings hätte ich unter Wehrverbänden auch rechte Gruppen gefasst.
und: "Saalschlachten gab es schon da war die NSDAP noch in bayrischen Bierkellern mit 30 Gästen zu Gange. Das heißt, die brutale Gewalt war schon auf den Straßen und Sälen bevor SA überhaupt relevant in Erscheinung trat." ... dadurch wird die Organisation Consul doch nicht relativiert. Die gehörte aber eben nicht zur SA / NSDAP und übte schon brutale Gewalt aus, bevor die SA/NSDAP relevant in Erscheinung trat. Stehe ich grad auf den Schlauch, hab ich was nicht verstanden oder woran liegt es, dass man diese Sätze so kritisch sieht?]

Die These war meines Eindrucks, dass Gewalt während der ganzen Weimarer Republik eine Rolle spielte (schon vor der SA), worauf Shinigami einwandte, dass er das über längere Strecken nicht erkennen könnte. Es ging nicht um "rechts" oder "links", sondern um Gewalt. In der von mir oben erwähnten Habil-Schrift wird Gewalt während der ganzen Dauer der Weimarer Republik fest gestellt (mit deutlichem Hinweis darauf, dass es vor allem rechte Kreise waren, die sich der Gewalt bedienten).

Gumbels Statistik, so wertvoll ich sie finde, bildet aber leider nur einen zeitlich kleinen (1919-1922) und thematisch verengten (tödliche Gewalt) Ausschnitt ab und ist mMn wichtig für das Verhältnis rechter und linker Gewalt ... aber wenig aussagekräftig bzgl. der Frage, ob Gewalt die ganze Zeit der Weimarer Republik mitbestimmte.


Du hast sie genau richtig gelesen.
Vielleicht bin ich auch ein bischen vom Berliner Geschichtsbild als Berliner abgelenkt, weil hier noch immer viel los war in Sachen politischer Auseinandersetzungen.
Wir haben auch hier ein großes zeitgenössische Faksimilemedieninstitut wo man die Zeitungen dieser Jahre gut studieren kann. Ich habe da schon 2 volle Tage zugebracht, sehr interessant von "Rote Fahne" , "Vorwärts", "Berliner Morgenpost" bis "Angriff" alles vorhanden. Nicht ganz lückenlos aber vorhanden.
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