Planeten, Götter und die Wochentage...

Die Kalendergliederung in Jahr und Monat (lunar, lunisolar, solar) gab es selbstredend in der römischen Antike auch noch, die Zählung der Monatstage war wohl öffentlich gesichert/verankert.
Der Iden des März war der 15. März, der Vollmond-Tag, siehe Cäsar.
 
Ich verstehe nicht, warum Du diese Frage nicht schon im Eingangsbeitrag gestellt hast. Worin besteht denn die Logik, ein Gestirn einem Tag zuzuordnen?

Als ich den Eingangsbeitrag verfaßt habe, war mir die Existenz von "Planetenstunden" noch nicht bekannt. Erst beim Einsteigen in die Materie bin ich auf dieses Konzept gestoßen.

Die Logik einer Zuordnung eines Gestirns zu einem Tag oder einer Stunde erschließt sich mir nicht. Aber das hängt vermutlich mit der altorientalischen Astronomie bzw. Astrologie zusammen, die die Gestirne mit den Göttern assoziiert haben. Die meisten Seiten, die ich bei Google zum Thema Planeten Stunden gefunden habe, sind auch zum Thema Astrologie, Magie, Esoterik und ähnlicher Hokuspokus.

Die Woche muss schon vor Einführung des christlichen Sonntags eine erhebliche praktische Bedeutung gehabt haben, sonst wäre sie nicht in Germanien adaptiert worden. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es regelmäßig Wochenmärkte gegeben habe, etwa an Grenzstationen, ich weiß nicht, worauf sich das stützt, es scheint mir aber plausibel.

Im Altgriechischen sind auch die Tage nach den Planeten benannt. Dienstag z B. ist entsprechend nach dem griechischen Kriegsgott benannt: Tag des Ares
 
Im nordgermanischen Sprachraum ist der Dientag der Tag des Tyr, nur im Deutschen und Niederländischen ist es der Tag des Ding. Allerdings hat sich im alemannischen Sprachraum der althochdeutsche Ziestag als Zischtig gehalten.

s. Dienstag – Wikipedia

Der germnische Gott Mars Thincsus ist wohl nur in einer Inschrift vom Hadrianswall überliefert. Die dort stationierte Einheit bestand aus Germanen Mars Thincsus – Wikipedia .
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Eine Benennung des Dienstages nach dem germanischen Gott scheint mir logischer als nach dem Gerichtstag. Die anderen Wochentage sind ja auch nach Göttern benannt.

Sehr richtig. Das andere ist "Volksetymologie"

Den Tiu, Zi(u), Di im Wochentag, ohne ns, gibt es nicht nur im Alemannischen, sondern bis in die Mitte Deutschlands.

Der Genitiv wird im Deutschen nicht nur mit s gebildet, sondern auch mit n oder ns.
des Herrn, Bauern, Fron, Ochsen, ,,,,
des Friedens (Nominativ der Friede, Dativ und Akkusativ dem/den Frieden), genauso: Schade, Lude,... Man sieht: wie bei Tiu, Ziu, Di steht im Nominativ am Ende ein Vokal.
 
Im Altgriechischen sind auch die Tage nach den Planeten benannt. Dienstag z B. ist entsprechend nach dem griechischen Kriegsgott benannt: Tag des Ares

Sicher, Basis ist ja auch der Hellenismus, besonders Alexandria.
Der Astronom und Astronomiehistoriker Jürgen Hamel notiert in Begriffe der Astrologie, 2010, S. 632, Stichwort Woche, u.a.:

Die Konstruktion der Woche als Planetenwoche ist der sichtbarste Ausdruck der Planeten als Zeitherrscher, der sich aus ihrer Funktion als Stundenherrscher abgeleitet hat. Ihre generelle Entstehung, noch ohne eine geforderte Reihenfolge, dürfte im hellenistischen Ägypten zu suchen sein. Zuerst scheint die Planetenwoche bei Hermes Trismegistos, dann bei Nechepso-Petosiris vorzukommen.
 
Als ich den Eingangsbeitrag verfaßt habe, war mir die Existenz von "Planetenstunden" noch nicht bekannt.

Die Wochentage und ihre Benennung nach den Planeten waren Dir da aber schon bekannt.

Dein Unverständnis hast Du erst geäußert, als Du auf die Planetenstunden gestoßen bist:

Anscheinend hat es etwas mit den Planeten Stunden zu tun, allerdings habe ich das mit der Zuordnung der Stunden nicht so ganz verstanden.

Warum aber jede Stunde eines Tages einem Gestirn zugeordnet wird, ist mir aber unverständlich.

According to Vettius Valens, the first hour of the day began at sunset, which follows Greek and Babylonian convention. He also states that the light and dark halves of the day were presided over by the heavenly bodies of the first hour of each half. This is confirmed by a Pompeian graffito which calls 6 February 60 a "Sunday", even though by modern reckoning it would have been a Wednesday. Assuming that this graffito used the sunset naming convention of Valens, it would follow that 6 February 60 was a Wednesday according to the sunrise naming convention used in modern astrology, suggesting that there may be an unbroken continuity of weekdays connecting the modern period to the 1st century AD at least.[5]
(Das habe ich nun überhaupt nicht verstanden - und das lag nicht daran, dass der Text auf Englisch ist)
 
Der Astronom und Astronomiehistoriker Jürgen Hamel notiert in Begriffe der Astrologie, 2010, S. 632, Stichwort Woche, u.a.:

Die Konstruktion der Woche als Planetenwoche ist der sichtbarste Ausdruck der Planeten als Zeitherrscher, der sich aus ihrer Funktion als Stundenherrscher abgeleitet hat. Ihre generelle Entstehung, noch ohne eine geforderte Reihenfolge, dürfte im hellenistischen Ägypten zu suchen sein. Zuerst scheint die Planetenwoche bei Hermes Trismegistos, dann bei Nechepso-Petosiris vorzukommen.
Die auf orientalische und jüdische Einflüsse zurückgehende Sieben-Tage-Woche wurde im spätantiken römischen Imperium eine anerkannte Zähleinheit. Erstmals tauchen die Wochentagsgötter 207 n. Chr. bei dem Grammatiker Dositheus auf.

Danke für den Hinweis.

Ägypten als Kontaktzone macht durchaus Sinn. Bevor Ägypten zu einem hellenischen Königreich wurde, gehörte es zum Perserreich, genau wie die Gebiete des babylonischen Reiches. Da könnte über diesen Weg die babylonische Astronomie/Astrologie den Griechen und später auch den Römern bekannt geworden sein. (Allerdings sind auch die anderen Gebiete des Perserreiches von Griechen erobert worden, so dass Ägypten nicht die einzige Kontaktzone gewesen sein wird.)
 
Ägypten als Kontaktzone macht durchaus Sinn. Bevor Ägypten zu einem hellenischen Königreich wurde, gehörte es zum Perserreich, genau wie die Gebiete des babylonischen Reiches. Da könnte über diesen Weg die babylonische Astronomie/Astrologie den Griechen und später auch den Römern bekannt geworden sein. (Allerdings sind auch die anderen Gebiete des Perserreiches von Griechen erobert worden, so dass Ägypten nicht die einzige Kontaktzone gewesen sein wird.)

Selbstverständlich...die persische Herrschaft über Altägypten hinterließ dort astronomisch-astrologische Spuren...die Exaktheit und Komplexität der spätbabylonischen Astronomie war damals anerkannt und Vorbild gebend...später der Hellenismus mit seiner kulturell wie wissenschaftlich ungemein produktiven Nah- und MittelOst-Herrschaft, die Gründung Alexandrias und Konzeption als (überagendes) Wissenschaftszentrum unter den Ptolemäern usw.
Der Ruf und die astronomischen Tabellen der (spät-)babylonischen Astronomie-Astrologie war groß, Claudius Ptolemäus (der hauptsächlich in Alexandria wirkte) spricht ganz selbstverständlich im Tetrabiblos von den babylonischen Tabellen, die er nutzt (wahrscheinlich stammen die teils schon aus der Seleukiden-Herrschaft). Die hier schon vorgestellte sogenannte chaldäische Reihe der sieben klassischen Wandelsterne meint damit die babylonische Herkunft.
 
Den Tiu, Zi(u), Di im Wochentag, ohne ns, gibt es nicht nur im Alemannischen, sondern bis in die Mitte Deutschlands.
Den Dienstag kann man etymologisch nicht auch *tiwaz zurückführen. Die Namensform "Di" ist offensichtlich frei erfunden.
Die etymologische Verwandtschaft von Thing bzw. Ding mit Dienstag wird deutlich, wenn man ältere Formen beachtet. Schreibweisen wie dingesdach, dingstag, dincetag etc. sind aus dem Mittelalter bekannt, siehe auch Grimms Deutsches Wörterbuch.
 
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es regelmäßig Wochenmärkte gegeben habe, etwa an Grenzstationen, ich weiß nicht, worauf sich das stützt, es scheint mir aber plausibel.

Hm, das setzte wohl voraus, dass die potentiellen Kunden beispielsweise jenseits der Grenze lesen konnten und Unterlagen hatten, aus welchen sie den Wochentag erschließen konnten und die Markttage.
Bei den täglichen Märkten in einer römischen Stadt war das für die städtische und umgebenden Land-Bevölkerung anders, meine ich.

Dass römerzeitlich an Grenzstationen Waren auf gut Glück und ohne Beziehung zu einem vermutlichen Wochentag angeboten wurden, scheint mir plausibler. Bislang fand ich jedenfalls keine Literatur zum Thema regelmäßige wiederkehrende Wochenmärkte in der (späteren) Römerzeit.
 
@Maglor , Du widerlegst dich selbst. Zitat aus dem Grimmschen Wörterbuch:
"...liegt in dingestag und zinstag eine misglückte erklärung, die aus dem nicht mehr verstandenen ziestag einen dies
judicii oder dies census machte, immer ist gewis dasz der alte name das ursprüngliche enthielt. es ist der tag des
altdeutschen gottes Zio, des nordischen Tŷr der dem Mars entspricht;"
Die nachfolgende Etymologie des bairischen Ertag untermauert das.
 
Hm, das setzte wohl voraus, dass die potentiellen Kunden beispielsweise jenseits der Grenze lesen konnten und Unterlagen hatten, aus welchen sie den Wochentag erschließen konnten und die Markttage.
Bei den täglichen Märkten in einer römischen Stadt war das für die städtische und umgebenden Land-Bevölkerung anders, meine ich.

Dass römerzeitlich an Grenzstationen Waren auf gut Glück und ohne Beziehung zu einem vermutlichen Wochentag angeboten wurden, scheint mir plausibler. Bislang fand ich jedenfalls keine Literatur zum Thema regelmäßige wiederkehrende Wochenmärkte in der (späteren) Römerzeit.

Vllt. helfen die Ausführungen zum Nundinalzyklus etwas weiter
Römischer Kalender – Wikipedia
 
@Maglor , Du widerlegst dich selbst. Zitat aus dem Grimmschen Wörterbuch:
"...liegt in dingestag und zinstag eine misglückte erklärung, die aus dem nicht mehr verstandenen ziestag einen dies
judicii oder dies census machte, immer ist gewis dasz der alte name das ursprüngliche enthielt. es ist der tag des
altdeutschen gottes Zio, des nordischen Tŷr der dem Mars entspricht;"
Die nachfolgende Etymologie des bairischen Ertag untermauert das.
Wenn man Mars mit Tyr identfiziert und dann wieder die frisischen Inschriften (CIVES TU|IHANTI [RIB 1593] aber CIVES TUIHANTI | CUNEI FRISIORUM [RIB 1594]) aus Housesteads mit dem Mars Thingsus (< DEO | MARTI | THINCSO [RIB 1593, in RIB 1594 nur DEO MARTE ohne Zusatz]) heranzieht, bekommt man beides unter, die Gleichsetzung von Mars und Tyr und die etymologisch und historiolinguistisch saubere Herleitung des Dienstags vom Thing. Da kann man also den hochverehrten Pionieren der Sprachwissenschaft besten Gewissens widersprechen.
 
@Maglor , Du widerlegst dich selbst.
Nein, es stimmt alles, was Maglor sagt:
1. Den Dienstag kann man etymologisch nicht auf *tiwaz zurückführen.
Da kann man also den hochverehrten Pionieren der Sprachwissenschaft besten Gewissens widersprechen.
Sicherlich ist Wilhelm Grimm schon lange keine Referenz mehr für etymologische Fragen. Er hat aber schon damals klar gesehen und zum Ausdruck gebracht, daß eine reguläre Herleitung ausgeschlossen ist ("unorganisch eingeschoben ... misglückte erklärung").
Und wie ich @Maglor verstanden habe, hat er das Grimmsche Wörterbuch nur verlinkt, weil dort die mittelalterlichen Formen gesammelt belegt sind. (Das ist ein bleibendes Verdienst der Gebrüder Grimm.)

2. Die Namenform "Di" ist offensichtlich frei erfunden. (Diese findet sich auch nicht bei Grimm.)
 
Wenn man Mars mit Tyr identfiziert und dann wieder die frisischen Inschriften (CIVES TU|IHANTI [RIB 1593] aber CIVES TUIHANTI | CUNEI FRISIORUM [RIB 1594]) aus Housesteads mit dem Mars Thingsus (< DEO | MARTI | THINCSO [RIB 1593, in RIB 1594 nur DEO MARTE ohne Zusatz]) heranzieht, bekommt man beides unter, die Gleichsetzung von Mars und Tyr und die etymologisch und historiolinguistisch saubere Herleitung des Dienstags vom Thing. Da kann man also den hochverehrten Pionieren der Sprachwissenschaft besten Gewissens widersprechen.

Einmal 1000 Jahre hin und zurück? Thinge sind erst seit der Wikingerzeit dokumentiert. Tacitus spricht zwar von Volksversammlungen, aber die Bezeichnung "Thing" ist in keiner antiken Quelle belegt. Und Tyr kommt erst in den Eddas vor. Das sind alles Spekulationen, mehr nicht.
Da haben die Sprachwissenschaftler schon gründlicher gearbeitet.

Gruß
Kochant
 
Und im Neuhochdeutschen auch indirekt noch erhalten, etwa in beDINGen/BeDINGung. Es muss also vor der hochdeutschen Lautverschiebung bereits existiert haben, da es diese sonst nicht hätte mitmachen könnnen.
 
Das Wort ist aber eindeutig älter, es ist im Althochdeutschen (8. Jh.), Altenglischen, Altsächsischen und Altnordischen belegt.
Die Inschrift von Housesteads ist aber aus dem 3. Jahrhundert. Und wer die dort genannten Tuihanti sind, ist auch nicht wirklich geklärt. Bei Strabo werden TUBATII erwähnt und Tacitus nennt ein germanisches Volk TUBANTES. Identisch ist das nicht.
 
Die Inschrift von Housesteads ist aber aus dem 3. Jahrhundert. Und wer die dort genannten Tuihanti sind, ist auch nicht wirklich geklärt.

Nicht in RIB 1593 aber in RIB 1594:

CIVES TUIHANTI | CUNEI FRISIORUM
"Bürger Twentes aus der Einheit ("Keil") der Frisen"

Weihestein RIB 1594 ist mit Weihestein RIB 1593 textlich fast identisch. Grün markiert die Gemeinsamkeiten, rot markiert die Unterschiede:


Deo / Marti / Thincso / et duabus / Alaisiagis / Bed(a)e et Fi/mmilen(a)e / et n(umini) Aug(usti) Ger/m(ani) cives Tu/ihanti / v(otum) s(olverunt) l(ibentes) m(erito)


Deo / Marti et duabus / Alaisiagis et N(umini) Aug(usti) / Ger(mani) cives Tuihanti / cunei Frisiorum / Ver(covicianorum) Se(ve)r(iani) Alexand/riani votum / solverunt / libent[es] / m(erito)
 
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