Zeigt der Menhir von Schnalstal Ötzis Ermordung?

El Quijote

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Anlässlich des 30jährigen Jubiläums des Fundes von Ötzi hat die FAZ vorige Tage einen Artikel veröffentlicht.
30 Jahre Gletscher-Mumie Ötzi: Wie starb er denn nun?

Aus dem Artikel:

Im Gegensatz zu [...] [dem] Bild von einem Mann, der todkrank und gehetzt sozusagen den Gnadenschuss bekam, hält Zink den „Ötzi“ anhand des Gelenkapparats und der Muskulatur [...] für einen gut trainierten und für sein Alter von etwa 40 bis 50 Jahren rüstigen Mann. Die Ausrüstung, besonders das Kupferbeil, lässt außerdem auf eine hervorgehobene Stellung in seiner Gruppe schließen. Aber warum wurden die wertvollen Sachen bei ihm gelassen? Zink erzählt, man habe Profiler [...] gebeten, ein Tatbild zu erstellen. „Die sagen, das sei typisch für einen Mord aus Heimtücke. Nicht Habgier jedenfalls.“​

Das ist eine Theorie, die der Archäologe Leitner weit auszuschmücken versteht. Oben auf dem Tisenjoch deutet er gestenreich auf eine von natürlichen Felszinnen verdeckte Stelle gut 20 Meter vom Fundort der Mumie entfernt, „an der wir mit guten Gründen vermuten können, dass sich der oder die Bogenschützen versteckt gehalten haben, um dann den Mann im Eis aus dem Hinterhalt niederzustrecken“. [...] Seine Vermutung: Das Opfer sei ein Anführer gewesen, dem ein Teil der Gruppe nicht mehr folgen wollte. Nach der Auseinandersetzung, bei der die Handwunde entstanden sei, habe er sich in die Berge geflüchtet, vielleicht um Verbündete aufzusuchen. „Das haben die anderen vereitelt und sind ihm gefolgt – nicht dass er einmal mit Verstärkung zurückkommt. So haben sie ihn beseitigt.“​

Um aber nicht in ihrer Gemeinschaft als Mörder dazustehen, hätten sie die wertvollen Sachen zurückgelassen und nur den tödlichen Pfeil abgebrochen. Leitner stellt zudem eine Beziehung zu einem etwa 500 Jahre jüngeren Fund im Schnalstal her: Ein Menhir mit einer eingeritzten Abbildung. Sie zeigt einen Bogenschützen und vor ihm einen unbewaffneten Mann. Leitners Vermutung: „Dass es sich um einen fast schon berühmten Mord gehandelt hat“, über den man noch Jahrhunderte später erzählte.​

So ganz will das freilich nicht zu der Heimlichkeit und dem zurückgelassenen Beil passen.
Ich teile den Zweifel von Stephan Löwenstein an Leitners These, obgleich aus anderen Gründen. So wie Leitner das darstellt, ist es durchaus möglich, dass Ötzi von seinen eigenen Leuten umgebracht wurde. Und ich hielte es durchaus mit der These Leitners für vereinbar, dass diese zwar den Mord zu verheimlichen versuchten, aber am Ende die Geschichte doch herauskam (irgendwer verplappert sich ja immer) bzw. die Menschen sich zusammenreimen konnten, was passierte: Eine bestimmte Anzahl von Personen verlässt das Dorf nach einem Streit, wobei am Ende der Anführer (oder zumindest eine peson herausgehobener Stellung) nicht zurückkehrt. Das ganze einige Tage nach einem handfesten "Streit".

Mein Zweifel an der These Leitners ist eher darin begründet, dass dieser annimmt, dass die Geschichte so prominent war, dass sie noch ein halbes Jahrtausend später bildlich festgehalten worden sei.

Und wenn wir uns das Bild mal anschauen, dann ist gar nicht klar, dass auf dem Menhir eine Ermordung (oder zumindest Tötung) dargestellt wird:

menhir_latsch.jpg
Suedtirol-Vinschgau-Latsch-Menhire_01.jpg


Auf dem Menhir sind dargestellt: drei Dolche, ein bis zwei Hirsche, ein vierrädriger Ochsenkarren, ein zoomorphes Wesen, das nicht näher einzugrenzen ist, vielleicht ein Hund, drei Beile und eine Axt oder ein Hammer, diverse Kreise, Punkte und Striche und zwei anthropomorphe Figuren, die in einander übergehen, davon eine ein Bogenschütze. Durchbohrt der Pfeil nun den Körper der vorderen Figur? Oder wollte der Künstler hier perspektivsiche Verzerrung darstellen? Sehen wir einen Mord, eine kriegerische Szene oder einfach nur zwei Personen, die nebeneinander stehen?
 
Mein Zweifel an der These Leitners ist eher darin begründet, dass dieser annimmt, dass die Geschichte so prominent war, dass sie noch ein halbes Jahrtausend später bildlich festgehalten worden sei.
...der nächste Schritt wäre, diesen möglicherweise sippeninternen Hinterhalt (?!) zur motivischen Urzelle von Siegfrieds Ermordung hochzustilisieren...
500 Jahre Bekanntheit des Vorfalls und damit mündliche sowie bildliche Tradierung? Zu diesen Zeiten?? Halte ich für Mumpitz.

Was weiß man über die Wege, welche die Ötzileute durchs Eis gingen? Ein gelegter Hinterhalt setzt exakte Ortskenntnis voraus - das wiederum hätte es den Hinterbliebenen möglich gemacht, den "verschwundenen / gefüchteten" zu finden. Und dann wäre er wohl nicht wie gefunden liegen geblieben, sondern bestattet worden (die Theorie, es sei eine Bestattung, kein Tatort in situ, wird überwiegend abgelehnt)
 
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500 Jahre Bekanntheit des Vorfalls und damit mündliche sowie bildliche Tradierung? Zu diesen Zeiten?? Halte ich für Mumpitz.

Ich habe ja selbst die 500 Jahre zwischen Ötzis Tod und der Entstehung des Bildsteins von Schnalstal für eine Zeitspanne erklärt, die es höchst unwahrscheinlich macht, dass ein Zusammenhang zwischen Ereignis und Bild besteht. Selbst wenn man das Bild so liest, dass da Person A von Person B in den Rücken geschossen wird, so ist - bei aller räumlichen Nähe - doch die Art der Tötung an sich jetzt nicht so außergewöhnlich, dass man da ein singuläres Ereignis identifizieren könnte.
Gleichwohl muss man natürlich eingestehen, dass das historische Gedächtnis bis ins 20. Jhdt. anders funktionierte, als heute. Heute verbringen wir unsere Abende an Fernseher und Computer, in Singlehaushalten und Kleinfamilien. Wir wissen kaum noch etwas aus dem Leben unserer Großeltern (außer dem, was auf Dokumenten festgehalten ist).
Vor der Erfindung der Massenmedien dürfte man viel mehr erzählt haben und da hörte man eben als Kleinkind das erste Mal die Geschichte, wie Großvater einmal alleine einen Bären getötet hatte und man hörte sie zwar nicht jeden Tag, aber immer wieder und jeder von uns weiß, dass, wenn man ein Erlebnis erzählt, die ersten Male die Erzählung (nicht deswegen der Inhalt) noch variiert, während im Laufe der Zeit die Struktur der Erzählungen sich immer weiter angleicht. Und so hört ein Kind also von seinen Verwandten diese Geschichte immer wieder, wahrscheinlich sogar mit theatralischen Elemente gespickt, also dass der Erzähler etwa brüllt und läuft wie ein Bär. Das Kind wächst heran und bekommt selber Kinder und die Geschichte wird tradiert. Natürlich ist irgendwann nicht mehr klar, wie viele Generationen die Geschichte eigentlich alt ist, aber sie wird wahrscheinlich immer gleich erzählt, weil die früheren Erzähler sie immer gleich erzählt haben und die neuen Erzähler sie von kleinauf gehört haben und daher im Schlaf nacherzählen können. Und so ist es schon plausibel, dass Geschichten auch in mündlichen Gesellschaften über Generationen einigermaßen stabil tradiert werden.

...der nächste Schritt wäre, diesen möglicherweise sippeninternen Hinterhalt (?!) zur motivischen Urzelle von Siegfrieds Ermordung hochzustilisieren...
Nach mindestens drei Threads "War Arminius Siegfried?" also demnächst "War Ötzi Siegfried?"
 
Ich stelle nicht in Abrede, dass Geschichten (als Verarbeitung realer Vorfälle) tradiert werden, ja über zig Generationen hinweg - aber beim Ötzi (seeehr lange her, obendrein keine parallel vergleichbaren Ansätze zu spätsteinzeitlichen/kupfersteinzeitlichen Ansätzen möglicher Geschichten) ist das doch gar zu unwahrscheinlich.
Wenn er, wie oft erklärt wird, in seiner Gegend ein sizial hochgestellter "Prominenter" war, so bleibt unerklärlich, warum er nach seinem gewaltsamen Tod nicht bestattet wurde - Bestattungen mit Grabbeigaben soll es zu der Zeit doch gegeben haben. Die Möglichkeit, dass der verschwundene Prominente nicht habe gefunden werden können (Hinterhalt -》Wegkenntnisse) erscheint unwahrscheinlich.
Wie sieht es mit Grabräuberei im gefragten Zeitraum aus? Waren Gräber mit mutmaßlich wertvollen Beigaben damals schon Ziel dieses räuberischen Erwerbszweigs? Wenn ja, wundert umso mehr, dass der "hochgestellte prominente" Ötzi nicht post mortem seiner wertvollen Axt entledigt wurde.
 
Hallo

@EQ
und zwei anthropomorphe Figuren, die in einander übergehen, davon eine ein Bogenschütze. Durchbohrt der Pfeil nun den Körper der vorderen Figur? Oder wollte der Künstler hier perspektivsiche Verzerrung darstellen?

Ich sehe die Darstelleung eher so,daß 2 Personen eine Stange tragen (in Schulterhöhe,oder auf der Schulter) und an der Stange ein Gegenstand befestigt ist.

mfg
schwedenmann
 
Wenn er, wie oft erklärt wird, in seiner Gegend ein sizial hochgestellter "Prominenter" war, so bleibt unerklärlich, warum er nach seinem gewaltsamen Tod nicht bestattet wurde - Bestattungen mit Grabbeigaben soll es zu der Zeit doch gegeben haben. Die Möglichkeit, dass der verschwundene Prominente nicht habe gefunden werden können (Hinterhalt -》Wegkenntnisse) erscheint unwahrscheinlich.
Nach dem was mir bekannt ist, dürften die nur geringfügigst vorhandenen Verwesungsanzeichen und fehlender Tierbiss dafür sprechen, dass Ötzis Leichnam äußerst zeitnah zu seinem Tod von Schnee überdeckt worden sein müsste.
Wie sieht es mit Grabräuberei im gefragten Zeitraum aus? Waren Gräber mit mutmaßlich wertvollen Beigaben damals schon Ziel dieses räuberischen Erwerbszweigs? Wenn ja, wundert umso mehr, dass der "hochgestellte prominente" Ötzi nicht post mortem seiner wertvollen Axt entledigt wurde.
Es gibt eine Theorie die aufgrund von Pollenanalysen im Körper Ötzis sowie um diesen herum, ableiten zu können glaubt, dass er Monate zuvor an einem gänzlich anderen Ort verstorben sei, und erst danach auf das Tisenjoch verbracht worden sei. Dann hätten wir so etwas wie eine Grablege. Diese Theorie hat allerdings etliche Gegner (s. bspw. Wikipedia zu Ötzi).
Wenn es sich beim Fundort nicht um den Tatort (mit direkter Todesfolge) noch eine Grablege handelt, sondern sich Ötzi schwerstverletzt in die Mulde zum Sterben zurückzog bzw. in selbige hinein stürzte, würde für Grabräuber wenig Anhaltspunkt für ein gezieltes Auffinden gegeben sein.
Es dürfte schwerlich zu klären sein, ob der Pfeilschuss oder die Schädelfraktur infolge Sturz oder Schlag letztlich zu seinem Tode führten, geschweige denn, ob überhaupt, und wenn ja, wie lange Ötzi nach dem Erhalt dieser Verletzungen noch (mobil) am Leben blieb.
 
Zuletzt bearbeitet:
dass Ötzis Leichnam äußerst zeitnah zu seinem Tod von Schnee überdeckt worden sein müsste.
@Lukullus hat sich dieser "Hinterhalt" oder Mord nicht ohnehin in Eis und Schnee abgespielt? Die Ausstattung von "Ötzi" soll doch winter- bzw frosttauglich gewesen sein. Und wenn ihn keine Verfolger in so unwirtlicher Gegend erreicht hatten, sondern er in einen Hinterhalt geraten war, dann spricht doch letzteres für sehr genaue Wegkenntnis der Beteiligten. Und letztere hätte ermöglicht, den "verschollenen" zu finden (falls irgendwer am Verbleib des "hochgestellten" interessiert gewesen wäre)
Schnee und Eis finden sich nicht auf der 500 Jahre jüngeren angeblichen Abbildung.
 
Die etwas detailliertere Zeichnung in der Ausstellung der Latscher Menhir // Exhibition - The Laces Menhir zeigt noch zusätzliche Elemente und dass die Linie zwischen den beiden Figuren nicht durchgehend ist. Bild

Wenn man von der These ausgeht, dass diese Menhire im Südtirol eine Art von Ahnenkult waren und die Geschichte einer bestimmten Person erzählen, dann kann man die Möglichkeit kaum ausschließen, dass hier eine Erschiessung dargestellt wird.
Andererseits sehen die Leute in Latsch diese Zeichnung auch in der Tradition der Felsritzungen im Valcamonica. Dort sieht man auch Jagdszenen, allerdings keine, bei der eine Person mit angesetztem Bogen hinter einer anderen steht.
Höchstens mal zwei berittene Speerwerfer:Bild
 
Ich stelle nicht in Abrede, dass Geschichten (als Verarbeitung realer Vorfälle) tradiert werden, ja über zig Generationen hinweg - aber beim Ötzi (seeehr lange her, obendrein keine parallel vergleichbaren Ansätze zu spätsteinzeitlichen/kupfersteinzeitlichen Ansätzen möglicher Geschichten) ist das doch gar zu unwahrscheinlich.
Da sind wir ganz beieinander.

Wenn er, wie oft erklärt wird, in seiner Gegend ein sozial hochgestellter "Prominenter" war, so bleibt unerklärlich, warum er nach seinem gewaltsamen Tod nicht bestattet wurde - Bestattungen mit Grabbeigaben soll es zu der Zeit doch gegeben haben. Die Möglichkeit, dass der verschwundene Prominente nicht habe gefunden werden können (Hinterhalt -》Wegkenntnisse) erscheint unwahrscheinlich.
Wie sieht es mit Grabräuberei im gefragten Zeitraum aus? Waren Gräber mit mutmaßlich wertvollen Beigaben damals schon Ziel dieses räuberischen Erwerbszweigs? Wenn ja, wundert umso mehr, dass der "hochgestellte prominente" Ötzi nicht post mortem seiner wertvollen Axt entledigt wurde.
Es heißt ja immer, er habe an einer uneinsichtige Stelle gelagert. Hinzu kam, dass Schnee gefallen sein muss. Nicht umsonst ist er ja als Gletschermumie auf uns gekommen. Sprich: eigentlich hätten ihn nur seine Mörder ausplündern können. Wenn die Gründe hatten, dies nicht zu tun, um ihre Beteiligung am Verschwinden Ötzis zu verschleiern, wie das Leitner phantasievoll mutmaßt, dann finde ich das durchaus plausibel.

Ich sehe die Darstellung eher so, daß 2 Personen eine Stange tragen (in Schulterhöhe oder auf der Schulter) und an der Stange ein Gegenstand befestigt ist.
Interessante Perspektive. Ich glaube zwar weiterhin, dass dies die Darstellung eines Bogenschützen ist, aber ich kann deine Lesart des Bildes nachvollziehen.
 
Laut Wiki wurde anhand von CO2-Datierung der Todeszeitpunkt auf 3258 (+/- 89) v. Chr. datiert.

Ötzi – Wikipedia


Auf der Seite des BR habe ich folgenden Artikel gefunden:


RAI - Südtirol: Ötzi – Der Mann aus dem Eis | BR.de


Dort findet sich eine Abbildung des Menhir mit dem Ausschnitt der Szene, die als die Tötung interpretiert wird:

014-oetzi-relief-100~_v-img__16__9__m_-4423061158a17f4152aef84861ed0243214ae6e7.jpg


(Diese Ausschnittsvergrößerung ist ein wenig deutlicher als die oben von El Q eingestellten Bilder)

Allerdings wird im Artikel der zeitliche Abstand zwischen Menhir und dem Tod von Ötzi auf "nur" noch 300 Jahre beziffert:

Zwar ist dieser Bildstein rund 300 Jahre jünger als Ötzi, doch sein Bildprogramm weicht von der üblichen Darstellung ab.​

Unabhängig davon, ob ein Ereignis nun über 300 oder 500 Jahre mündlich tradiert werden kann, stellt sich für mich zunächst die Frage, wie genau dieser Menhir datiert werden kann. Dazu habe ich leider ad hoc keine Informationen gefunden.
 
Unabhängig davon, ob ein Ereignis nun über 300 oder 500 Jahre mündlich tradiert werden kann, stellt sich für mich zunächst die Frage, wie genau dieser Menhir datiert werden kann. Dazu habe ich leider ad hoc keine Informationen gefunden.
Es sind ja Beile und Dolche dargestellt. Vor allem die Dolche sprechen eine bestimmte Formensprache. Nun bin ich zwar kein Archäologe und erst recht kein Prähistoriker mit Bronzezeitkompetenzen, weiß aber dennoch so viel, dass die Formensprache bronzezeitlicher Dolche und Schwerter für die Datierung gut herangezogen werden kann. Da hat bereits früh der Herr Montelius aus Schweden an der Seriation gearbeitet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unabhängig davon, ob ein Ereignis nun über 300 oder 500 Jahre mündlich tradiert werden kann, stellt sich für mich zunächst die Frage, wie genau dieser Menhir datiert werden kann.
Man hat in Latsch, am Fundort des Menhirs, Siedlungsreste und Grabfunde aus der Kupfer- und frühen Bronzezeit entdeckt. Ich könnte mit vorstellen, dass man diese Funde datieren und mit dargestellten Gegenständen auf dem Menhir in Verbindung bringen konnte.

Edit:
Laut Wiki wurde anhand von CO2-Datierung der Todeszeitpunkt auf 3258 (+/- 89) v. Chr. datiert.

Das dürfte eher eine Radiocarbondatierung (C14) sein.
 
Man hat in Latsch, am Fundort des Menhirs, Siedlungsreste und Grabfunde aus der Kupfer- und frühen Bronzezeit entdeckt. Ich könnte mit vorstellen, dass man diese Funde datieren und mit dargestellten Gegenständen auf dem Menhir in Verbindung bringen konnte.

Die Seite habe ich auch schon gefunden. Leider steht da zur Datierung der Siedlung nur ein Zeitrahmen:

Die ältesten Funde weisen zweifelsfrei in die Kupferzeit, die jüngsten in die frühe Bronzezeit (ca. 3.500 bis 1.700 v. Chr.). Außerdem wurden Körpergräber aus der Eisenzeit entdeckt.​

Ansonsten dürfte wohl El Q mit seiner Annahme Recht haben, dass die Formensprache zur Datierung herangezogen werden kann. Ich bin leider ebensowenig Experte für die Bronzezeit.

Das dürfte eher eine Radiocarbondatierung (C14) sein.

Natürlich nicht CO2, sondern C14. Ich erröte und erblasse zur gleichen Zeit. Vermutlich hat die Umweltdebatte zu dieser Fehlleistung geführt.
 
Es dürfte schwerlich zu klären sein, ob der Pfeilschuss oder die Schädelfraktur infolge Sturz oder Schlag letztlich zu seinem Tode führten, geschweige denn, ob überhaupt, und wenn ja, wie lange Ötzi nach dem Erhalt dieser Verletzungen noch (mobil) am Leben blieb.
So wie ich das verstehe, war der Pfeil auf jeden Fall tödlich weil er eine Schlagader im Schulterbereich verletzte.
Gletschermumie: Die Rätsel des Ötzi
Lang kann er danach nicht mehr gelebt haben. Also weniger als eine Stunde wahrscheinlich.
 
So wie ich das verstehe, war der Pfeil auf jeden Fall tödlich weil er eine Schlagader im Schulterbereich verletzte.
Gletschermumie: Die Rätsel des Ötzi
Lang kann er danach nicht mehr gelebt haben. Also weniger als eine Stunde wahrscheinlich.

Noch aus dem von mir oben zitierten Artikel des BR:

Dass tief in seiner linken Schulter die totbringende Pfeilspitze steckte, hatte man bis zum Jahr 2001 übersehen. Erst bei erneuten Untersuchungen konnte man die Feuersteinspitze und die Wunde deutlich ausmachen. Die Todesverletzung ist letztendlich die Durchtrennung der Schlagader, die zum linken Arm führt. Es ist dadurch zu einem sehr starken Blutverlust gekommen, der letztlich zum Tode des Mannes geführt hat. Die Überlebenszeit zwischen der Verletzung und dem Tod ist mit ungefähr 10 bis 20 Minuten einzugrenzen.
 
Wenn man einer Tradierungsthese folgt, stellt sich dennoch das Problem, dass wir über das Ötzi-Ereignis einfach zu wenig wissen, um mehr als eine hochspekulative Verbindung zu den Gravuren herstellen zu können. Vorherrschend wird vertreten, dass Ötzi alleine unterwegs gewesen sei, als er in den Kampf verwickelt wurde. In dem von @hatl verlinkten Spektrum-Artikel (#14) wird auch diese These vorgestellt:

"Alexander Binsteiner geht von einem ganz anderen Zusammenhang aus: Könnte Ötzi nicht Händler gewesen sein, der mit Kumpanen zusammen Kupfer aus dem Salzburger Land holte? Als die Gruppe wieder einmal unterwegs war, lauerten ihr Wegelagerer auf. Ötzi bekam einen Pfeil in den Rücken, seine Kumpel aber konnten die Angreifer zurückschlagen. Den Pfeilschaft konnten sie zwar aus dem Rücken ziehen, doch ihre Hilfe kam zu spät. Den verstorbenen Ötzi bestatteten sie dann oben auf dem Tisenjoch in einer natürlichen Rinne. Und zwar, wie es zu der Zeit üblich war, mit seiner persönlichen Ausrüstung und damit auch mit dem wertvollen Kupferbeil."

In dem Artikel wird dieser These das Argument gegenübergestellt, dass Ötzi sich nachweislich zuvor im Süden aufgehalten habe, also noch gar kein attraktives Kupfer zu rauben gewesen sein könne. Ist aus meiner Sicht eher ein schwächelndes Gegenargument. Wenn jemand im Salzburger Land Kupfer einhandeln wollte, wird er vermutlich irgend etwas für die Bergleute recht Attraktives dabei gehabt haben. Auch würde der abgewinkelte Arm dagegen sprechen, dass Ötzi von Kameraden (not-)bestattet wurde. Man könnte pro Kameradschaft aber munter weiter spekulieren: Ötzi noch gar nicht tot als ihn ein Kamerad schwerverletzt in die Mulde bettete, auf dem Tisenjoch wird weiter gekämpft, aufkommender Schneesturm,... - bringt allerdings NIX.
Über die Umstände Ötzis Zutodekommens wissen wir einfach zu wenig. Es werden vermutlich auch künftig einfach zu viele Fragezeichen bleiben, als dass der Fall wirklich umfänglich wird rekonstruiert werden können.
Insofern, bei allem Charme entlang der Zeitstellung zwischen Ötzis Tod und Menhir-Datierung, erachte ich die gedachte Verbindung von der Eismumie zu einem Detail einer komplexen Ritzzeichnung für mehr als mutig.

Edit:
Wenn ich der Tradierungsthese mal folge, wirft sich mir folgende Frage auf: wer hat denn den Bild-Stein aufgestellt?
Jene die mit Ötzi fühlten: seht, so fies sind die anderen, schießen uns hinterrücks nen tollen Kumpel weg, während wir eigentlich nur im Sonnenschein Hirsche züchten wollen.
Jene denen Ötzi auf den Zeiger ging?
Jene die ein (moralisches) Mahnmal errichten wollten?
...
 
Zuletzt bearbeitet:
GetImage.ashx


Dies ist die Umzeichnung der von Naresuan verlinkten Seite. Sie unterscheidet sich dadurch, dass man viel mehr zoomorphe Wesen (Hirsche) sieht, auch solche, die von den beiden anthropomorphen oder menschlichen Figuren überlagert werden. Das spricht imho verstärkt dafür, dass es sich um eine Jagdszene handelt.

(Warum schreibe ich anthropomorph und zoomorph? Weil wir die Darstellungen zwar lesen können, aber nicht mit letzter Sicherheit wissen, ob es sich um Menschen und Hirsche handelt oder nicht einfach um in Stein gemeißelte Mythen. Wenn wir einen Kopf mit Löwenfellmütze sehen, wissen wir, dass es sich um Herkules handeln muss. Sehen wir einen mit Weinlaubkrone, wissen wir, dass es sich um Bacchus/Dionysos, sehen wir eine Frau mit Helm und Speer, wissen wir, dass es sich um Britannia Pallas Athene handelt. Bei vorschriftlichen Kulturen wissen wir das nicht. Wir wissen nicht, ob wir es mit einer Repäsentation von Göttern in verschiedenen Erscheinungsformen (man denke an Zeus, der mal als Schwan, mal als Stier und mal als Göttervater auftritt) zu tun haben, oder mit Menschen und Tieren. Die Benennung als anthropo- bzw. zoomorph ist daher interpretationsoffener als Menschen und Hirsche zu schreiben, weil sie berücksichtigt, dass wir nicht in letzter Sicherheit die Darstellungshintergründe kennen.)
 
Wie man nun aus dieser Zeichnung auf eine Darstellung von Ötzis Tod kommen kann, ist mir schleierhaft.
In dem Zusammenhang gäben doch die Tierdarstellungen wenig Sinn, selbst in einer wie auch immer gearteten mythologischen Bedeutung.
Nach einem ersten Blick auf das Bild wäre meine erste Interpretation, dass hier zwei Jäger ihre Jagdbeute(Hirsche) gegen angreifende Wölfe verteidigen.
 
Nach einem ersten Blick auf das Bild wäre meine erste Interpretation, dass hier zwei Jäger ihre Jagdbeute (Hirsche) gegen angreifende Wölfe verteidigen.
Hm... Ich hatte kurzzeitig an Jagdhunde gedacht. Habe das dann aber hinantangestellt, weil die als Hunde/Wölfe interpretierten Figuren zu abstrakt sind. Könnte sich genausogut um Rehe oder Hirschkälber handeln.
 
In Latsch schreiben sie, der Menhir wurde im späten 4. bis frühen 3. Jahrtausend v. Chr. geschaffen. In http://www.ssdi.ch/NeolithicArt/Elemente.pdf wird der Stein unter der Überschrift Hämmer und Äxte des Endneolithikums und der frühen Bronzezeit (2200-1500 BC) in Italien (Seite 26) aufgeführt, jedoch auf der Chronologietabelle Seite 45 wieder ins späte 4. Jahrtausend platziert. Wenn ich mich nicht irre, kann man 3250 v. Chr. noch zum späten 4. Jahrtausend rechnen. Die 500 Jahre Differenz zwischen der Errichtung des Menhirs und dem Tode Ötzis wäre dann also das Maximum. Im besten Fall (für die These) wurde der Stein zur Zeit seines Todes aufgestellt.
Diese Datierung gilt aber nur für die ersten Elemente (Beile) auf dem Stein. Danach wurden über Generationen hinweg weitere Figuren hinzugefügt. Wann genau, kann vermutlich niemand sagen, aber der Bogenschütze zählt vermutlich nicht zu den Ersten.

Der Bogenschütze erscheint auch auf einem Stein in Lovero bei Tirano.
Bitte nicht weitersagen - Ich sehe schon die Schlagzeile: Stein beweist: Ötzis Mörder flüchtete nach der Tat nach Tirano!
Lovero.JPG
 
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