Das OR taumelt und sucht nach einer Stütze.
Die erfolgreichen Putschisten Talat und Enver sehen diese vor allem im Deutschen Reich.
Ich will mal an dieser Stelle weitermachen, und sorry für die Selbstzitierung.
Als Gerüst verwende ich eine Masterarbeit für deren Verlinkung ich mich bei
@silesia bedanke. 1)
Nach dem blutigen Coup vom
23.01.1913 durch eine Gruppe von radikalen Militärs (Talat, Enver) wird der gestürzte Großwesir Kalim durch den General Mahmut Shevket ersetzt, der wohl in den Coup eingebunden war.
Noch ist der 1. Balkankrieg nicht zu Ende, doch faktisch schon entschieden.
Das neue Regime kann den auferlegten Friedens-Bedingungen nicht zustimmen, hat es doch gegen deren Annahme geputscht.
So werden am
30. Januar die aussichtslosen Kämpfe durch die osmanische Armee wieder aufgenommen.
Das Ergebnis ist eine Niederlage an allen Fronten.
Das OR ist dem Kollaps nahe, seine Lage unsicherer denn je.
Denn die unabwendbare Katastrophe des 1. Balkankriegs hat den Blick der Mächte auf das OR verändert, während sich die innenpolitische Situation als fragil und radikalisiert darstellt.
Am
16. April 1913 kommt es endlich zum Waffenstillstand, der 'Kranke Mann am Bosporus' ist geschlagen.
Acht Tage später am
24. April, fühlt der neue Großwesir Mahmud Shevket beim deutschen Botschafter Wangenheim vor, wie es um die Möglichkeit bestellt sei eine Militärmission zu entsenden.
Der nimmt den Ball umgehend auf.
Nur zwei Tage danach am
26. April erhält das AA in Berlin einen ausführlichen Bericht darüber und über Lage und Stimmung im OR .
Er lobt den Großwesir über den grünen Klee. Unter Shevket habe sich rasch alles gebessert, ein neuer Geist herrsche nach vorangegangener Verzweiflung, und so schlecht sei die „türkische“ Armee nicht usw.
Und sofern die „Jungtürken“ am Ruder blieben wäre die Fortsetzung der Politik Shevkets „bis auf Weiteres“ gesichert.
Und schließlich:
„D i e M a c h t, w e l c h e d i e A r m e e k o n t r o l l i e r t, w i r d i n d e r T ü r k e i i m m e r
d i e s t ä r k s t e s e i n. *
Es wird keiner deutschfeindlichen Regierung möglich sein, sich am
Ruder zu halten, wenn die Armee von uns kontrolliert ist. Diese
Erwägung mag auch Mahmud Schewket vorschweben. Er scheint damit
zu rechnen, daß die von uns beeinflußte Armee zu einer Stärke der
jungtürkischen Herrschaft wird.“ 2)
Am
22. Mai 1913 berichtet Wangenheim nach Berlin, dass ihn der Großwesir gebeten habe
„Seiner Majestät dem Kaiser die Bitte um einen leitenden General für die türkische Armee zu unterbreiten.“ 2) Dok. 15 440
Keine vier Wochen später,
11. Juni, wird der Großwesir ermordet. Die Täterschaft bleibt bis heute spekulativ.
Es folgt Said Halim von Gnaden der Putschisten der CUP (Jungtürken).
Schaun wir mal wie es weitergeht für die Osmanen, die sich an einer Bruchstelle der Geschichte befinden . ...
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* diese Schreibweise ist die Hervorhebung dieser Zeit, und die einzige im Dokument.
1) Enip Öncü :
http://www.thesis.bilkent.edu.tr/0002417.pdf
2) GP 38 Dok. Nr. 15 439.
https://archive.org/details/grossepolitik38germ
Dazu eine Anmerkung:
Es wurden nach dem Ersten Weltkrieg von Regierungsstellen vieler Nationen Sammlungen offizieller Dokumente veröffentlicht. Diese waren, so wie ich es verstehe, Bestandteil einer Auseinandersetzung um Kriegsursachen und Kriegsschuld. Insofern kann man argwöhnen, dass die Zusammenstellung dieser Dokumente tendenziös war.
(Es würde mich interessieren wie andere Forumsteilnehmer das einschätzen)
Doch machen Historiker, insbesondere Albertini, reichlich Gebrauch von diesen. Diese Dokumente sind auch zweifellos eine interessante Lektüre. Doch können diese wohl nur im Kontext gesehen werden.
Bemerkenswert ist bei den zur Liman-von-Sanders Krise veröffentlichten Dokumenten (des AA der Weimarer Republik ) der unterschiedliche Standpunkt in der internen Kommunikation zu dem was nach außen kommuniziert wird.
Sehr lesenswert sind die dokumentierten Randbemerkungen des KW2.
„Schurke!.. Esel! .. nun Nacken steif, und Hand ans Schwert!“ (Mei, der Willy halt.)