Schwarze Legende des Deutschen Orden

Laut Titel geht es um die "Brutalität des Deutschen Ordens".
Ich halte den Titel für wenig sinnvoll und wiederhole mich:

Den Titel halte ich auch nicht für sinnvoll, aber nur weil ein Titel nicht sinnvoll ist, heißt das ja nicht, dass da nicht am Ende eine vernünftige Diskussion darbei herumkommen kann, wenn man es schafft das Thema sinnvoll einzugrenzen, würde ich meinen.

Natürlich gibt es kein Brutalometer, an dem sich das konkrete Ausmaß an Gewalt etc. in diesem Sinne messen ließe und natürlich wird auf Grund der geringen Quellendichte vieles nicht endgültig beantwortet/nachgewiesen werden können.

Dennoch wird man sich z.B. etwa über in Osteuropa kursierende Geschichtsbilder bezüglich des Ordensstaates unterhalten und sich etwa damit befassen können, was sich an Ereignissen und Zuschreibungen belegen lässt und was nicht, wo es Interpretationsspielraum gibt und wo es z.B. wahrscheinlich erscheint, dass Dinge, die für Preußen, das Kaiserreich oder den Nationalsozialismus charakteristisch sind, auf den Ordensstaat zurückprojiziert werden.

Ich denke diese Diskussion könnte man sinnvoll führen, am Titel selbst störe ich mich nicht.
 
Dennoch wird man sich z.B. etwa über in Osteuropa kursierende Geschichtsbilder bezüglich des Ordensstaates unterhalten und sich etwa damit befassen können, was sich an Ereignissen und Zuschreibungen belegen lässt und was nicht, wo es Interpretationsspielraum gibt und wo es z.B. wahrscheinlich erscheint, dass Dinge, die für Preußen, das Kaiserreich oder den Nationalsozialismus charakteristisch sind, auf den Ordensstaat zurückprojiziert werden.

Also hiermit kann man vielleicht noch was anfangen. Die anderen Beiträge...

Leider finde ich den Forenpost nicht mehr, kann lediglich sagen, dass da die Auffassung verbreitet wurde die Polen hätten eine humaner Sicht der Heiden gehabt die der Orden gnadenlos kolonisierte.

Ähnlich geht es in dem berühmten polnischen Bild der Schlacht bei Tannenberg (Battle of Grunwald (Matejko) - Wikipedia ) zu, wo Ulrich von Jungingen von einem "edlen Wilden" niedergemacht wird. Anscheinend sogar mit der heiligen Lanze, da er dieses Symbol deutsch-polnischer Freundschaft verriet.

Das ist natürlich stark nationalistisch, aber ist da was dran? Ist der Orden Schuld am Konflikt?? War es nicht so, dass sie die Ritter erst eingeladen hatten?

Vielleicht bin ich ja zu leichtgläubig, wobei ich auch nicht recht glauben wollte, dass es Juden im mittelalterlichen Polen bedeutend besser ging...
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider finde ich den Forenpost nicht mehr, kann lediglich sagen, dass da die Auffassung verbreitet wurde die Polen hätten eine humaner Sicht der Heiden gehabt die der Orden gnadenlos kolonisierte.

Ja, das braucht man aber nicht ernsthaft zu diskutieren.
Einfach weil der Orden nur deswegen im Prussenland operieren konnte, weil er von Herzog Konrad von Masowien, einem polnischen Fürsten aus der Dynastie der Piasten mit Ländereien in der Gegend von Kulm versehen wurde, die die Ausgangsbasis für seine Aktivitäten bildeten.
Insofern war das Vorgehen gegen die Prussen mindestens mal eine co-Produktion zwischen dem Orden und dem Herzog von Masowien.

Warum sich mit sowas weiter beschäftigen oder sich gar drüber aufregen? Zeitverschwendug.

Was hat das nun mit irgendeiner "Schuld" zu tun? In den 200 Jahren zwischen der Ankunft des Ordens im Baltikum und Tannenberg änderten sich eben die Interessenlagen und die politischen Konstellationen.
Das soll schon einmal vorkommen.

Natürlich kann man sich damit beschäftigen, wie der Orden mit den Unterworfenen Prussen dann anschließend umging und in welcher Form er das Land beherrschte, nur wo wären da jetzt die konkreten Aufhänger, respektive Gesichtspunkte unter denen man das diskutieren sollte?
Das Thema ist ein bisschen groß um es mal eben in einen 3-Zeilen Allgemeinabriss zu packen.
 
Das Studium der Historie des Mittelalters ist nun nicht gerade ein Vergnügen, aber ich finde an Deiner Fragestellung nichts Nationalistisches.

Ich habe auch mir mal meine alten Aufzeichnungen zu Gemüte geführt.

Fakt ist ja wohl betreffs des Deutschen Ordens eins:

Der Orden betrieb eine Expansionspolitik!

Unter den Hochmeister Hermann von Salza wurde der Orden in das Burzenland (Ungarn) verlegt. Der Orden besaß dieses Land als Lehn 1211/1225. König Andreas II. aus Ungarn vertrieb 1225 diesen Orden aus Ungarn wegen seiner Expansionspolitik.
Herzog von Masowien rief diesen Orden ins Kulmer Land (zwischen Kulm und Thorn). Es begann der Orden 1225/1226 nach kaiserlicher Besitzbestätigung (1226 Goldbulle von Rimini) die Eroberung des Gebietes der Pruzzen.

Die Pruzzen worden mit Brutaler Gewalt unterworfen und missioniert, zum Teil worden sie sogar wohl ausgerottet. Der Orden rief deutsche Siedler in das Land, die aber nur zögerlich kamen. 1232 schloss sich der 1202 gegründete Schwertbrüderorden den Deutschen Orden an. Der Deutsche Orden wurde damit auch Herr in Livland und Kurland.

Es dauerte nicht lang und der ansässige Adel und das mit ihn verbündete Bürgertum der Städte und die Bauern griffen den Orden an. Grund war wohl die Lasten die dieser Orden den Einheimischen auferlegte.
Außenpolitisch hatte der Orden auch ein Problem mit der polnisch-litauischen Union (Personalunion von 1386).

Es folgte dann die bekannt Schlacht bei Tannenberg/Schlacht bei Grunewald 1410. Der Deutsche Orden unterlag da am 14.07.1410.
1442 - 1. große Prußenaufsatand

1442 verzeichnet die Historie den 1. großen Pruzzen (auch genannt Prußen) Aufstand gegen den D.O.
Der Anführer der Prußen war Herkus Monte, ein Herzog der Natanger (Natanger ein prußischer Stamm -> s. Wiki.) Dieser Aufstand war dann 1249 beendet und endete mit dem Frieden von Christburg. 1243 rief auch Papst Innocenz IV. zum Kreuzzug gegen die Pruzzen auf.

Es gab später noch einen 2. Prußenaufstand 1260 – 1283.

Mich als Hobby-Historiker macht das Datum 1442 des 1. Prußenaufstand stutzig. Tag und Monat finde ich aber nicht im Netz. Vielleicht kennt dies jemand. Weil, im April, am 5. ging es ja vom D.O. gegen die Russen und wie ich lese im gleichen Jahr gegen die Prußen.

In Erfurt haben wir ja auch etwas aus dieser Zeit.
Immerhin war der „Deutsche Orden“ auch genannt der „Deutsche Ritterorden“ über 5 Jahrhunderte in Erfurt präsent.
Wir haben einen Comthurhof in der Comthurgasse.
Ist ein recht prächtiges Anwesen. Hat zwei Zugänge.

Ein Zugang direkt vom Augustinerkloster (bekannt auch durch Martin Luther, er war dort Mönch) und den zweiten Zugang von der Comturgasse.
Dieser Hof existiert seit 1251 als ein Verwaltungssitz des „Deutschen Ordens“. Nach über 500 Jahren(1787) ging dieses Anwesen in den Besitz des Mainzer Erzbischofs.

Am Eingang, am Torbogen gleich 3 Wappen.

1. Wappen des Landcomturs von Rehen,
2. Wappen des Hofmeister Wolfgang Schutzbar und
3. Wappen Kontur Franz von Hatzfeld.
Alle 3 Herrschaften sind bei Wiki zu finden.
 
(...)
1442 - 1. große Prußenaufsatand
1442 verzeichnet die Historie den 1. großen Pruzzen (auch genannt Prußen) Aufstand gegen den D.O.
(...)
Es gab später noch einen 2. Prußenaufstand 1260 – 1283.
Mich als Hobby-Historiker macht das Datum 1442 des 1. Prußenaufstand stutzig.
@Ralf.M mich verblüffen die Jahreszahlen und die Nummerierung.
 
The Teutonic Knights – Henryk Sienkiewicz | #language & literature | Culture.pl

Also laut diesem Artikel hat sich die Darstellung des Deutschordens seid dem Eintritt in die EU merklich ins positive verdreht. Ist also nicht alles schwarz weiß. Nicht, dass ich es so darstellen wollte. Aber was ich vor einigen Jahren in Foren gelesen habe, da konnte ich die Ressentiments noch spüren. Hab ja schon geschrieben, dass ich das nicht mehr finden kann, werde mich aber gern noch näher damit beschäftigen, jetzt wo ich wieder am Pc bin. Galt nicht sogar das Wort "Kreuzritter" als Beleidigung in Polen. So in etwa überheblicher Grobian? Auch da versagt Googe grade, aber das hab ich mir doch nicht eingebildet...

Näher auf deinen Post einzugehen verkneife ich mir mal.

"Als ich ein kleiner Junge war, in der Volksrepublik Polen der 70er Jahre, trug ich auf dem Spielplatz den Spitznamen Hans – wegen meiner deutschen Großmutter väterlicherseits. Und so musste ich, wenn wir wieder einmal Krieg spielten, in die Rolle des Bösewichts schlüpfen: Ich war dann ein Kreuzritter des Deutschen Ordens, bewaffnet mit Schwert und Schild. Wir schlugen die Schlacht bei Tannenberg, eine der größten Schlachten des späten Mittelalters. Meine Spielkameraden, oder in diesem Fall: meine Gegner, waren trotzdem mit modernsten Waffen ausgerüstet, zum Beispiel mit einer Spielzeugversion des T 34, eines sowjetischen Panzers aus dem Zweiten Weltkrieg. Dagegen konnte ich mit meinem Schwert natürlich wenig ausrichten. Unsere Schlacht endete wie das historische Vorbild: Die Deutschen – also ich – verloren, die Polen gewannen."

(2) Die Geschichte: Der Sieg von Tannenberg - Panorama - Gesellschaft - Tagesspiegel

"Interessant bei diesem Vorgang ist, dass sich in Polen ein ähnlicher Vorstellungswandel abspielte, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen: Das von Brandenburg-Preußen mit geteilte Polen betrachtete die Deutschordenstradition in hohem Maße negativ und wandte sich damit auf historischem Feld gegen den gegenwärtigen Feind, das Königreich Preußen, das noch dazu das alte Ordensland zu seinem Staate zählte. "Krzyżak" (= Kreuzritter) wurde in Polen zu einem sehr negativ belegten Schimpfwort für Deutsche. Dieser preußisch-polnische Gegensatz, seit der Reichsgründung unter preußischer Führung 1871 zum deutsch-polnischen Gegensatz entwickelt, ist teilweise bis in die Gegenwart politisch wirksam; er hat in der Geschichtsschreibung erst in jüngster Zeit eine sachlichere Aufarbeitung erfahren."

Deutscher Orden (uni-oldenburg.de)

So viel dazu. Da kann man mal sehen wie schwer es ist aus dem nichts mal eben Belege herzuzaubern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok, dann hast du falsch abgeschrieben - ich lese da, dass es im 13.Jh. einen 1. und 2. Aufstand gegeben habe, nicht wie bei dir fett gedruckt ein erster Mitte 15. Jh.

Im 15. Jahrhundert wehrten sich so wie ich verstanden hab die "Preußische" Bevölkerung gegen den Orden. Ob jetzt Deutsche, Polen, oder wohl eher was dazwischen oder Neues ist mir nicht ganz klar.
 
Wie auch immer: der Pruzzen Wiki Artikel teilt ja selber mit, dass er überarbeitet werden muss - ist also derzeit nicht so verlässlich.
 
Dieser preußisch-polnische Gegensatz, seit der Reichsgründung unter preußischer Führung 1871 zum deutsch-polnischen Gegensatz entwickelt, ist teilweise bis in die Gegenwart politisch wirksam
Das ist doch 19. Jh. und sagt eigentlich nichts über das Mittelalter, sondern projiziert ideologiegeladene Meinungen des 19. Jhs. auf die Folie des Mittelalters d.h. hier speziell auf den Deutschordebsstaat
 
zum Tei„l wurden sie sogar wohl ausgerottet“.
Wie gesagt aus meinen Aufzeichnungen.

Aber man findet auch was im Netz.

GenWiki -> Prußen.

Prußen – GenWiki (genealogy.net)

Eine Seite des Portal Memelland. Punkt 3.2.

Da liest man u.a.:

„Kamen diese der Forderung nicht nach, so wurde sie teilweise unter Folter und Bedrohung mit dem Tode, teilweise auch durch öffentliches Köpfen einiger Leute erzwungen, so dass es die Übrigen angesichts dieser Fakten vorzogen, der Forderung zur Taufe schleunigst nachzukommen...“
 
Zuletzt bearbeitet:
Ach so? ...naja, das habe ich dem Titel des Fadens nicht ansehen können, sorry

Es ging ursprünglich was an der Bewertung des Ordens als "brutal" etc drann ist. Dann wurde in Frage gestellt inwiefern dieses Urteil überhaupt noch in der "polnischen Psyche" präsent ist. Meiner Meinung nach ist es. Zumindest bei den Leuten die eher "patriotisch" sind. Ob sie auch was von Geschichte verstehen...naja, irgendwie ist dann auch noch der Vorwurf laut geworden ich sei nationalistisch oder so ein Mist, was ich als schwere Beleidigung auffasse, hasse ich doch grade den Nationalismus in Ländern wie Polen, Ungarn, Tschechien, Russland, oder eben leider auch Deutschland.

Übrigens, hier ist ne interessante Erklärung für das harte Durchgreifen des Ordens in Danzig -

Why did the Teutonic Knights and Poland hate each other? Shouldn't they have been on the same side? - Quora
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob jetzt Deutsche, Polen, oder wohl eher was dazwischen oder Neues ist mir nicht ganz klar.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Prußen haben keine slawische Sprache gesprochen, sondern eine baltische, waren also sprachlich weder mit Polen noch mit Deutschen enger verwandt - eher mit Litauern oder Letten.
Die "heidnischen" Preußen standen anfangs in Konkurrenz zu katholischen Polen, bzw Masowiern - und daher haben sie den damals katholischen Deutschen Orden ins Land geholt, Kulm abgetreten und im - gewiss umstrittenen - Vertrag von Kruschwitz alles noch zu erobernde preußische Land dem Orden zugesichert.
 
Da liest man u.a.:
„Kamen diese der Forderung nicht nach, so wurde sie teilweise unter Folter und Bedrohung mit dem Tode, teilweise auch durch öffentliches Köpfen einiger Leute erzwungen, so dass es die Übrigen angesichts dieser Fakten vorzogen, der Forderung zur Taufe schleunigst nachzukommen...“
@Ralf.M ähnliches habe ich auch schon mal irgendwo gelesen. Was das Zitat betrifft: "einige Leute öffentlich geköpft" als extrem drastischer Taufanreiz klingt zwar krass, aber was sollte man dann zu Verden an der Aller sagen? (sollte man jetzt weniger als Whataboutism geißeln, denn eher als makabren Scherz belächeln) Die nicht immer auf tolerante Friedfertigkeit setzende Missionstätigkeit im Mittelalter hatte gelegentlich Maßnahmen präferiert, die ganz und gar nicht nach Weihnachtskrippe schmecken. Kreuzzüge, Katharer- & Albingenserkreuzzüge, "Christianisierung" durch den fremdherrschenden Deutschritterorden, vorher schon Sachsenkriege - irgendwie stellt sich da die Frage nach der Brutalität weniger, vielmehr wäre zu fragen, wer nicht rüde vorgegangen ist...
 
Die "heidnischen" Preußen standen anfangs in Konkurrenz zu katholischen Polen, bzw Masowiern - und daher haben sie den damals katholischen Deutschen Orden ins Land geholt,
Das ist mißverständlich formuliert:
wer holte den deutschen Orden: die heidnischen Pruzzen oder die katholischen Polen?
der Deutsche Orden konnte im 13. und 14. Jh. noch nicht protestantisch sein...;)
 
Die "heidnischen" Preußen standen anfangs in Konkurrenz zu katholischen Polen, bzw Masowiern - und daher haben sie den damals katholischen Deutschen Orden ins Land geholt
das @Ugh Valencia liest sich aber so, als hätte das Kuriosum
Ich wüsste keinen Fall davon, dass eine "heidnische" Ethnie Kreuzritter anheuert
doch passiert ;) -- deswegen hab ich das doch als missverständlich formuliert bezeichnet.
 
Zurück
Oben