Warum kam es zu keiner Intervention von außen?

In Spanien wurde die Republik von Frankreich und England nicht unterstützt.
Pro forma unterstützte auch das Deutsche Reich die Putschisten nicht. Es wurde sogar ein Gesetz verabschiedet, dass Deutschen die Einreise nach Spanien und Teilnahme am Bürgerkrieg verbot. Defacto kämpfte die Legion Condor (ohne deutsche Hoheitszeichen) für Franco. Freiwillige bspw. aus Frankreich oder GB kämpften sowohl für die Republik als auch für die Putschisten in Spanien. Auch Deutsche kämpften auf Internationaler Seite gegen Franco.
 
Spätestens, im Jahre 1931, war klar, dass Deutschland, sowohl politisch, sozial und ökonomisch tief im "Schlamassel" steckte!
Das galt ja auch für die anderen Spieler auf der Bühne. Die USA brauchten den "new deal" um wieder die Spur zu finden, während in Europa nach dem 1. Weltkrieg die Glutnester nie wirklich gelöscht werden konnten und ein Land nach dem anderen Diktaturen anheimfiel.
Hätte man sich bereits 1920 mit einer Intervention gegen das Horthy-Regime stellen sollen? Oder gegen Mussolini 1922?
Radikalisierung war ja nichts ungewöhnliches nach den Großen Krieg und wurde von einer erschöpften Staatengemeinschaft hingenommen.
Und als die Weltwirtschaftskrise Wind in die Glutnester trieb hatten alle damit zu tun sich selbst zu erhalten.
 
Im Falle der SU rafften sich die Alliierten F, GB und Japan zu einer Militärintervention auf. Von 1918-1922 gab es einige Militäroperationen, bei denen es darum ging, die Tschechische Legion zu unterstützen, die einen Großteil Siberiens und der Bahnlinie des Sibirienexpress kontrollierte, außerdem sollten Weiße wie Denikin und Koltschak unterstützt werden.
In Sibirien, Nordrussland, Bessarabien, im Kaukasus und in der Ukraine waren die Alliierten aktiv. Nach dem Zusammenbruch der Weißen zogen sich die Alliierten 1920, Japan 1922 zurück.

Die Beurteilung der Intervention ist sehr kontrovers: Frederick L. Schumann war der Ansicht, die Intervention habe das Ost-West-Verhältnis vergiftet und viel zu den Konflikten des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges beigetragen. Die Spitzen der SU selbst nahmen die Intervention als Beweis, dass der Westen die SU vernichten wolle und ihre Regierung zerstören, wenn es nur möglich sei.
Der Historiker Robert Maddox beurteilte die Intervention sehr kritisch. Die unmittelbare Folge der Intervention bestand darin, den Bürgerkrieg in der SU zu verlängern und zu seiner Eskalation beigetragen zu haben. John Thompson dagegen fand, dass die Intervention zwar nicht die SU vernichtet habe, aber die Ausbreitung der Revolution nach Mitteleuropa verhindert habe.

Winston Churchill war der prominenteste Befürworter der Intervention. Er beklagte, dass man die Gelegenheit versäumte, den sowjetischen Staat zu beseitigen, solange er noch in den Kinderschuhen steckte. Besonders nach dem 2. Weltkrieg ließ er sich dazu aus. 1954 sagte er sinngemäß bei einem Besuch in Washington: "Wäre ich 1919 richtig unterstützt worden, hätten wir den Bolschewismus in seiner Wiege erwürgt. Aber alle sagten "wie schockierend."
 
Das Problem bei Griffels Threads, ist, dass er einen viel späteren Kenntnisstand als selbstverständlich voraussetzt und dann ein fiktives Szenario entwirft, dass sich durch Eingriff von außen, eben Intervention hätte verhindern lassen.

Genau deswegen habe ich mich so sehr auf das Ende der 1920er Jahre eingeschossen.

Hitler ist die eine Diskussion.

Wenn man aber über Interventionsmöglichkeiten und Anreize redet, sollten wir vielleicht auch über Hindenburg und dessen politische Praxis reden.

De facto war in den späten 1920er Jahren ein Mann, den die Entente noch 10 Jahre zuvor gerne als Kriegsverbrecher auf der Anklagebank gesehen hätte und seinerzeit dessen Auslieferung forderte oberster Repräsentant Deutschlands mit umfassender Machtfülle.
Unter diesem Mann brach Deutschlands die Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags systematisch, was spätestens am Ende der 1920er Jahre im übrigen Europa bekannt wurde und ab Ende der 1920er Jahre beginnt der Mann auch sich im Stil der alten kaiserlichen Regierungen zunehmend über das Parlament hinweg zu setzen.

Die Frage ist, brauchte es überhaupt einen Hitler um einen Anreiz für eine potentielle Intervention zu schaffen?
Denn wie ich das sehe war schon die politische Praxis in Deutschland deutlich vor Hitler für die Entente-Mächte, im Besondern Frankreich eine ziemliche Zumutung, die im Grunde eine Herausforderung darstellte.
 
Das galt ja auch für die anderen Spieler auf der Bühne. Die USA brauchten den "new deal" um wieder die Spur zu finden, während in Europa nach dem 1. Weltkrieg die Glutnester nie wirklich gelöscht werden konnten und ein Land nach dem anderen Diktaturen anheimfiel.
Hätte man sich bereits 1920 mit einer Intervention gegen das Horthy-Regime stellen sollen? Oder gegen Mussolini 1922?
Radikalisierung war ja nichts ungewöhnliches nach den Großen Krieg und wurde von einer erschöpften Staatengemeinschaft hingenommen.
Und als die Weltwirtschaftskrise Wind in die Glutnester trieb hatten alle damit zu tun sich selbst zu erhalten.

Diese ganzen Entwicklungen zeigen auch, das der Versailler Vertrag eben nicht sonderlich gut gelungen war.
 
Genau deswegen habe ich mich so sehr auf das Ende der 1920er Jahre eingeschossen.

Hitler ist die eine Diskussion.

Wenn man aber über Interventionsmöglichkeiten und Anreize redet, sollten wir vielleicht auch über Hindenburg und dessen politische Praxis reden.

De facto war in den späten 1920er Jahren ein Mann, den die Entente noch 10 Jahre zuvor gerne als Kriegsverbrecher auf der Anklagebank gesehen hätte und seinerzeit dessen Auslieferung forderte oberster Repräsentant Deutschlands mit umfassender Machtfülle.
Unter diesem Mann brach Deutschlands die Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags systematisch, was spätestens am Ende der 1920er Jahre im übrigen Europa bekannt wurde und ab Ende der 1920er Jahre beginnt der Mann auch sich im Stil der alten kaiserlichen Regierungen zunehmend über das Parlament hinweg zu setzen.

Die Frage ist, brauchte es überhaupt einen Hitler um einen Anreiz für eine potentielle Intervention zu schaffen?
Denn wie ich das sehe war schon die politische Praxis in Deutschland deutlich vor Hitler für die Entente-Mächte, im Besondern Frankreich eine ziemliche Zumutung, die im Grunde eine Herausforderung darstellte.

Die Weimarer Republik war unter den Präsidialkabinetten von Brüning, Papen und Schleicher keine Demokratie mehr, sondern im Grunde eine Diktatur auf Abruf. Der Reichspräsident hatte sehr viel Macht in der Weimarer Republik, bestimmte den Reichskanzler. Hindenburg hätte nie in dieses Amt gelangen dürfen. Das Format dieses Mannes genügte nicht im entferntesten den Aufgaben, die sich stellten.

Schon im 1. Weltkrieg war er eine Galionsfigur gewesen, nach der Schlacht bei Tannenberg sagte Max Hofmann boshaft, nie sei jemand mit so wenig eigenen geistigen und körperlichen Leistungen berühmt geworden.

Er wurde so etwas wie ein Ersatzkaiser. 1914 war er schon im Ruhestand gewesen, er war aufgewachsen unter dem Eindruck des Deutschen Krieges von 1866 und des Deutsch-Französischen von 1870/71. 1914 war er sozusagen reanimiert worden. Nach von Prittwitz Abberufung gab es sonst kaum jemanden, dem man den Oberbefehl übertragen konnte. Da hatte er das Glück, zwei Könner und Macher wie Ludendorff den Helden von Lüttich und Max Hofmann und nach der Schlacht von Tannenberg war Hindenburgs plötzlich zu einem medialen Superhelden geworden. Als er 1925 Reichspräsident wurde, war er bereits 77. Zu seinen Gunsten könnte man sagen, dass seine Kandidatur zumindest die politische Rechte einband, die während seiner Kandidatur die Opposition gegen die Weimarer Republik aufgab, aber Hindenburg war natürlich nicht der Mann, die Demokratie zu verteidigen.

Allerdings sah man Hindenburgs Kandidatur in GB relativ gelassen, GB wäre jedenfalls kaum bereit gewesen, wegen Hindenburgs Präsidentschaft zu intervenieren. Wenn überhaupt so wäre nur Frankreich dafür in Frage gekommen. Frankreich war aber wie gesagt zu schwach, um Deutschland dauerhaft in Schach zu halten. So wie der Versailler Vertrag zustande gekommen war, wie er angelegt war, forderte er geradezu dazu auf, die Auflagen zu unterlaufen. Das war zu erwarten. Bis 1988 hätte Deutschland Reparationen bezahlen sollen. Was dann tatsächlich gezahlt wurde, ist eine andere Frage.

Hindenburgs Präsidentschaft war aber kaum ein Grund für eine Intervention: Bei den Wahlen konnte man jedenfalls den Vorwurf von Wahlfälschungen oder Wahlbehinderungen nicht geltend machen, Hindenburg war in demokratischen und freien Wahlen von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt worden.

Das Mittel einer Intervention war 1919 bis 19222 in der SU gescheitert, und die Ruhrbesetzung 1923 hatte nicht gerade dazu beigetragen, die politischen Verhältnisse der Weimarer Republik zu stabilisieren- es war ja auch nicht Motiv der Besetzung. Eine Begründung, notfalls auch einen Vorwand, in Deutschland zu intervenieren hätte sich sicher finden lassen. Ein solches Experiment lässt sich aber nicht beliebig wiederholen.
 
Hindenburgs Präsidentschaft war aber kaum ein Grund für eine Intervention: Bei den Wahlen konnte man jedenfalls den Vorwurf von Wahlfälschungen oder Wahlbehinderungen nicht geltend machen, Hindenburg war in demokratischen und freien Wahlen von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt worden.
Hinzu kommt, dass es in den 20er-30er Jahren nirgendwo allgemeiner Konsens war, man müsse überall dort intervenieren, wo Wahlen nicht 100%ig korrekt ablaufen oder wo sich undemokratische Verhältnisse etablieren.

Ein krasser Verstoß gegen die militärischen Auflagen de Versailler Vertrags (massive Aufrüstung, Befestigungen & Truppen entlang der Westgrenze etc) hätten zu einer drastischen Intervention geführt, aber derartige Verstöße ereigneten sich erst später (Westwall usf)
 
Ein krasser Verstoß gegen die militärischen Auflagen de Versailler Vertrags (massive Aufrüstung, Befestigungen & Truppen entlang der Westgrenze etc) hätten zu einer drastischen Intervention geführt, aber derartige Verstöße ereigneten sich erst später
Naja, in der Zwischenkriegszeit unterwanderte die Reichswehr das Verbot des Versailler Vertrages, Panzer oder eine Luftwaffe zu besitzen. Unter großer Geheimhaltung wurden in der Sowjetunion in Kooperation mit der Roten Armee Flugzeuge und Panzer gebaut und erprobt. Ich weiß nicht, ob man das von Alliierter Seite als "krassen Verstoß" gegen den Versailler Vertrag angesehen hätte.
 
Diese ganzen Entwicklungen zeigen auch, das der Versailler Vertrag eben nicht sonderlich gut gelungen war.

Der Vertrag von Versailles sollte im Kontext der Vorgeschichte und vielleicht im Vergleich mit dem Vertrag von Brest-Litowsk betrachtet werden. Wenn man sich die teils absurden Reparationsforderungen ansieht, sollte man sie sehen im Vergleich zu dem, was dann schließlich tatsächlich und unterm Strich gezahlt wurde.

Im Weltkrieg hatten die Kriegsführenden aller Parteien in ihrer Kriegspropaganda dem Kriegsgegner praktisch das Menschsein abgesprochen, und der Friedensvertrag war aufgeladen mit dem ganzen Hass und der Hysterie der Kriegszeit. Menschlich und psychologisch war der Vertrag vielleicht in vielem verständlich, aber dieser Vertrag war in keiner Weise geeignet, Europa so etwas wie eine Friedensordnung zu geben.

Fairerweise wird man sagen müssen, dass unter den Erwartungen, unter dem Druck auch einer aufgeheizten, aufgehetzten öffentlichen Meinung nicht viel mehr von dieser Friedenskonferenz erwartet werden konnte. Clemenceau, "der Tiger" musste seinen Hut nehmen, weil er nach Meinung vieler Wähler einen viel zu generösen Frieden geschlossen hatte. Zu den Friedensverhandlungen war die deutsche Delegation nicht mal am Katzentisch zugelassen. Vereinzelt wurde die Forderung ausgesprochen, dass man nicht unterzeichnen sollte. Aber es blieb keine Wahl, Deutschland musste unterschreiben. Das war schon ein Diktat, eine Nötigung. Einen solchen Vertrag, unter solchen Bedingungen geschlossen, hält kein Mensch auch nur eine Minute länger, als man ihn dazu zwingen kann.

Den Kriegsgegner am Boden zerstören, ihn für alles Unrecht bezahlen zu lassen, Reparationszahlungen für Jahrzehnte und nie wieder Krieg in Europa waren einfach Forderungen, die sich gegenseitig ausschließen. Wenn man den Krieg beenden wollte, der alle Kriege beenden sollte, dann ging das nicht, ohne die Besiegten einzubinden. Das waren Gepflogenheiten der Diplomatie, an der Ordnung des Wiener Kongresses war Frankreich natürlich beteiligt. Freilich war etwa der Frieden von Brest Litowsk genauso kleinlich und erpresserisch wie Versailles, und die sich am lautesten darüber beschwerten, hätten ihren Gegnern ziemlich genau die gleichen Friedensbedingungen diktiert, wenn sie in der Lage gewesen wären.

Wenn Deutschland an den Verhandlungen beteiligt worden wäre, wenn das alles mit etwas mehr Würde und Maß geschehen wäre, wäre wohl auch eine vernünftige Entschädigung für Kriegsschäden in Belgien und Frankreich für die deutsche Bevölkerung akzeptabel gewesen.

So wie der Vertrag zustande kam, war er eigentlich von Anfang an dazu angelegt, dass er aufgeweicht wurde.

Deutschland zahlte Reparationen, erfüllte Vertragsbedingungen, in der Erwartung, dass dafür ein Stückchen die Bestimmungen von Versailles gelockert wurden. Das war sozusagen "Geschäftsgrundlage".
 
Unter großer Geheimhaltung
@Ugh Valencia ich weiß nicht, ab wann diese Angelegenheit in Frankreich und England bekannt wurde. Wenn das aber im Zeitraum der 20er Jahre dort nicht entdeckt, ausspioniert, aufgedeckt wurde, dann war ja nach außen hin "alles ok".
Wenn ich mich richtig erinnere, "durfte" D in Richtung Osten befestigen und ein kleines Heer unterhalten. Große Rüstung und Westgrenze nicht entmilitarisieren hingegen war "no go".
Bitte korrigieren, wenn ich das falsch erinnere.
 
Naja, in der Zwischenkriegszeit unterwanderte die Reichswehr das Verbot des Versailler Vertrages, Panzer oder eine Luftwaffe zu besitzen. Unter großer Geheimhaltung
@Ugh Valencia laut Tante Wiki waren das eindeutig Verstöße gegen den Versailler Vertrag, aber es sieht so aus, als wären diese nicht geahndeten (nicht entdeckten?) Verstöße nicht sonderlich effizient gewesen:
Um dieses Ziel zu erreichen, war die Reichswehrführung bereit, gegen den als Reichsgesetz geltenden Versailler Vertrag zu verstoßen und illegale Maßnahmen zu ergreifen wie die Ausrüstung der Einwohnerwehren mit militärischem Gerät, die Billigung der Schwarzen Reichswehr, die Einrichtung von Schwarzen Kassen wie zum Beispiel bei der Lohmann-Affäre, die Verschleierung von staatlichen Rüstungsinvestitionen durch das Montan-Schema, die geheime Rüstungsplanung durch die Stega, die Weiterführung des verbotenen Generalstabes unter der Tarnbezeichnung Truppenamt und die militärische Kooperation mit der Sowjetunion im Rahmen des Rapallo-Vertrages zur Gewinnung von grundlegenden taktischen und technischen Kenntnissen. Bis zum Beginn der dreißiger Jahre blieben jedoch das Ausmaß und die militärische Effizienz dieser Maßnahmen auf personellem und materiellem Gebiet relativ gering.[
Tante Wiki Wiederaufrüstung
 
Ich neige eher dazu von einen Friedensdiktat zu sprechen. Die Unterschrift unter dem sogenannten "Vertrag" wurde schlicht und ergreifend erpresst. Die Deutschen waren ja nicht einmal zu den Verhandlungen zugelassen; sie waren nur Objekt.
Ein Frieden, der eben kein Diktatfrieden gewesen wäre, war ja schon deutlich vorher möglich gewesen. Nur wurden die Friedensbemühungen der Mittelmächte samt und sonders zurückgewiesen; man wollte eben nichts anderes als die bedingungslose Kapitulation. Es hätten längst nicht so viele Menschen ihr Leben verlieren oder den Rest ihres Lebens mit entsetzlichen Behinderungen leben müssen und das weil man die bedingungslose Kapitulation wollte. Und in diesem "Vertrag" war schon die Saat für den nächsten großen Krieg ausgesät worden.

Aber die Deutschen haben sich gegenüber den Russen genauso schändlich verhalten. Aber immerhin haben sie sich mit den Russen an einem Tisch gesetzt und gesprochen.
 
Der Vertrag von Versailles sollte im Kontext der Vorgeschichte und vielleicht im Vergleich mit dem Vertrag von Brest-Litowsk betrachtet werden. Wenn man sich die teils absurden Reparationsforderungen ansieht, sollte man sie sehen im Vergleich zu dem, was dann schließlich tatsächlich und unterm Strich gezahlt wurde.

Im Weltkrieg hatten die Kriegsführenden aller Parteien in ihrer Kriegspropaganda dem Kriegsgegner praktisch das Menschsein abgesprochen, und der Friedensvertrag war aufgeladen mit dem ganzen Hass und der Hysterie der Kriegszeit. Menschlich und psychologisch war der Vertrag vielleicht in vielem verständlich, aber dieser Vertrag war in keiner Weise geeignet, Europa so etwas wie eine Friedensordnung zu geben.

Fairerweise wird man sagen müssen, dass unter den Erwartungen, unter dem Druck auch einer aufgeheizten, aufgehetzten öffentlichen Meinung nicht viel mehr von dieser Friedenskonferenz erwartet werden konnte. Clemenceau, "der Tiger" musste seinen Hut nehmen, weil er nach Meinung vieler Wähler einen viel zu generösen Frieden geschlossen hatte. Zu den Friedensverhandlungen war die deutsche Delegation nicht mal am Katzentisch zugelassen. Vereinzelt wurde die Forderung ausgesprochen, dass man nicht unterzeichnen sollte. Aber es blieb keine Wahl, Deutschland musste unterschreiben. Das war schon ein Diktat, eine Nötigung. Einen solchen Vertrag, unter solchen Bedingungen geschlossen, hält kein Mensch auch nur eine Minute länger, als man ihn dazu zwingen kann.

Den Kriegsgegner am Boden zerstören, ihn für alles Unrecht bezahlen zu lassen, Reparationszahlungen für Jahrzehnte und nie wieder Krieg in Europa waren einfach Forderungen, die sich gegenseitig ausschließen. Wenn man den Krieg beenden wollte, der alle Kriege beenden sollte, dann ging das nicht, ohne die Besiegten einzubinden. Das waren Gepflogenheiten der Diplomatie, an der Ordnung des Wiener Kongresses war Frankreich natürlich beteiligt. Freilich war etwa der Frieden von Brest Litowsk genauso kleinlich und erpresserisch wie Versailles, und die sich am lautesten darüber beschwerten, hätten ihren Gegnern ziemlich genau die gleichen Friedensbedingungen diktiert, wenn sie in der Lage gewesen wären.

Wenn Deutschland an den Verhandlungen beteiligt worden wäre, wenn das alles mit etwas mehr Würde und Maß geschehen wäre, wäre wohl auch eine vernünftige Entschädigung für Kriegsschäden in Belgien und Frankreich für die deutsche Bevölkerung akzeptabel gewesen.

So wie der Vertrag zustande kam, war er eigentlich von Anfang an dazu angelegt, dass er aufgeweicht wurde.

Deutschland zahlte Reparationen, erfüllte Vertragsbedingungen, in der Erwartung, dass dafür ein Stückchen die Bestimmungen von Versailles gelockert wurden. Das war sozusagen "Geschäftsgrundlage".

Ein sehr schöner Beitrag!
 
Hinzu kommt, dass es in den 20er-30er Jahren nirgendwo allgemeiner Konsens war, man müsse überall dort intervenieren, wo Wahlen nicht 100%ig korrekt ablaufen oder wo sich undemokratische Verhältnisse etablieren.

Ein krasser Verstoß gegen die militärischen Auflagen de Versailler Vertrags (massive Aufrüstung, Befestigungen & Truppen entlang der Westgrenze etc) hätten zu einer drastischen Intervention geführt, aber derartige Verstöße ereigneten sich erst später (Westwall usf)

Frankreich hat gleich da weiter gemacht, wo es vor dem Ersten Weltkrieg aufgehört hatte. Schon 1921 wurde ein Bündnis mit Polen abgeschlossen; mit Spitze gegen das Deutsche Reich und der Sowjetunion. Polen wiederum war mit der Tschechoslowakei verbunden.

Man hatte nichts aus dem Krieg und Vorkriegszeit mit den fatalen Bündnismechanismen gelernt.
 
Margaret MacMillan ist doch die Urenkelin von David Lloyd George. Ist sie angesichts dieser Tatsache da wirklich neutral und objektiv?

Ich habe mir den dicken Brocken von Leonhardt, "Der überforderte Friede" geholt; aber noch nicht gelesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, in der Zwischenkriegszeit unterwanderte die Reichswehr das Verbot des Versailler Vertrages, Panzer oder eine Luftwaffe zu besitzen. Unter großer Geheimhaltung wurden in der Sowjetunion in Kooperation mit der Roten Armee Flugzeuge und Panzer gebaut und erprobt. Ich weiß nicht, ob man das von Alliierter Seite als "krassen Verstoß" gegen den Versailler Vertrag angesehen hätte.

Nicht nur das. Es wurde auch an Chemischen Kampfgas in der Sowjetunion gearbeitet.
 
Er wurde so etwas wie ein Ersatzkaiser. 1914 war er schon im Ruhestand gewesen, er war aufgewachsen unter dem Eindruck des Deutschen Krieges von 1866 und des Deutsch-Französischen von 1870/71. 1914 war er sozusagen reanimiert worden.

Hindenburg hat an beiden Krieg aktiv teilgenommen. 1866 war er als Leutnant bei Königgrätz dabei und 1871 dann als der Repräsentant seine Regiments bei der Kaiserproklamtion von Wilhelm I.
Das man diesen Herrn wieder in den aktiven Dienst überführte und ihm Ludendorff beigab, das war eine Katastrophe und unnötig gewesen. Die Krise in Ostpreußen wäre auch ohne diese Herrn erfolgreich gelöst worden.
 
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Das man diesen Herrn wieder in den aktiven Dienst überführte und ihm Ludendorff beigab, das war eine Katastrophe und unnötig gewesen. Die Krise in Ostpreußen wäre auch ohne diese Herrn erfolgreich gelöst worden.

Eine Katastrophe war, dass man sich dafür entschied ihn als Propaganda-Motiv zu instrumentalisieren und ihn in seiner Selbstdarstellung mehr oder minder schrankenlos gewähren ließ.

Ihn wieder in den aktiven Dienst zu nehmen allein, sehe ich nicht als Problem an.
 
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