Läutete das Christentum das Ende der Gladiatorenspiele ein?

Ach, Sepiola, die Prüderie der Christen - egal ob orthodox, katholisch oder protestantisch - ist geradezu sprichwörtlich.
Erst dachte, Du hättest meinen Beitrag nicht gelesen, jetzt sehe ich, dass mir ein Formulierungsfehler unterlaufen ist.
Schreiben wollte ich:

Da würde ich doch erstmal die Frage nach Ursache und Wirkung stellen. Hat das Christentum die spätantike Prüderie verursacht - oder war es im Gegenteil ein allgemeiner Trend zur Prüderie (oder sagen wir besser: Askese), die dem Christentum Zulauf und Auftrieb veschaffte?
 
Dion impliziert, Prüderie sei eine Erfindung monotheistischer Religionen.
Nein, ich impliziere das nicht. Ich stelle nur fest: Das Christentum hat ein Problem mit der Sexualität in einer Weise, die vorher, also z.B. im alten Griechenland, nicht da war. Wenn gesagt wird, Europa habe jüdische-griechische-römische kulturellen Wurzeln, dann gilt das nicht für den Umgang mit der Sexualität und ihrer Darstellung.

Nun, es steht außer Frage, dass Religionsvertreter von Judentum, Christentum und Islam oft eine rigide Haltung zur Sexualität haben, nicht immer frei von Bigotterie.
Oft? Ich sage: Im Christentum und Islam fast immer.

Aber Prüderie unterliegt Wellenbewegungen.
Natürlich. Eine der seltenen Lockerungen der Sitten während der Herrschaft des Christentums in Europa war die Zeit der Renaissance. Aber diese Lockerung dauerte nur kurz: Michelangelo konnte z.B. zu der Zeit in der Sixtinischen Kapelle nackte Menschen malen, aber schon 25 Jahre später mussten die Geschlechtsteile übermalt werden. Der Zeitgeist hat sich wieder geändert.

Da würde ich doch erstmal die Frage nach Ursache und Wirkung stellen. Hat das Christentum die spätantike Prüderie verursacht - oder war es im Gegenteil ein allgemeiner Trend zur Prüderie (oder sagen wir besser: Askese), die dem Christentum Zulauf und Auftrieb veschaffte?
Wenn, wie anscheinend im Laufe des 4. Jahrhunderts, die Mehrheit der Bevölkerung christlich wurde, waren wohl die Christen die Träger des allgemeinen Trends zur Prüderie bzw. zur Askese und sonst niemand. Die Mehrheit des Volkes bestimmt, in welche Richtug es geht. Und weil das Volk dumm ist, folgt es demjenigen, der gut reden und die Probleme der Zeit auf eine einfache Ursache zurückführen kann.

Jedenfalls haben Christen dafür gesorgt, dass die Abbildungen von nackten Menschen auf den Münzen verschwanden, und das für immer und nicht nur zeitweise, wie es der Fall gewesen wäre, wenn es sich dabei nur um eine der üblichen Wellen der Prüderie handelte. Alles, was irgendwie nach Nacktheit und Sex aussah, musste verschwinden; so wurde der Gott des Weines und des Rausches, Dionysos, dämonisiert, und der bockfüßige Gott Pan später zum Teufel umfunktioniert. Beide traten zuvor nackt auf. Die Radikalität mit der Christen die freie Sexualität und die Nacktheit nun bekämpften, war bis dahin selbst den verhältnismäßig prüden Juden unbekannt, geschweige denn Römern oder Griechen.
 
Die Attraktivität des Christentums – ich habe es schon gesagt – lag in der Einfachheit der Botschaft: Ein Gott als Lösung für alle Probleme der menschlichen Existenz, statt einer Vielzahl davon.
 
Die Attraktivität des Christentums – ich habe es schon gesagt – lag in der Einfachheit der Botschaft: Ein Gott als Lösung für alle Probleme der menschlichen Existenz, statt einer Vielzahl davon.
Ist das wirklich schon alles? Oder kommt nicht auch die Aufhebung sozialer Schranken zumindest im Glauben hinzu, also der innovative Umstand, dass Sklaven, römische Bürger, arm, reich usw. in einem Bethaus gemeinsam beten? Siehe auch Nadelöhr-Gleichnis.
 
Die Attraktivität des Christentums – ich habe es schon gesagt – lag in der Einfachheit der Botschaft: Ein Gott als Lösung für alle Probleme der menschlichen Existenz, statt einer Vielzahl davon.
Eine derart simplifizierende "Erklärung" verrät eine gewisse Denkfaulheit Deinerseits.

Weder war die Botschaft so "einfach", noch lief das Christentum außer Konkurrenz, man denke an allerhand henotheistische/monotheistische Strömungen, die ebenfalls mit einer Gottheit "als Lösung für alle Probleme" aufwarten konnten, wie etwa Mithraismus, Manichäismus, Judentum oder Sol Invictus.
Gerade das Christentum hatte ja größte Schwierigkeiten mit seiner Lehre vom dreifaltigen Gott, der schon innerhalb des Christentums für erbitterte Streitigkeiten - gerade im 4. Jahrhundert (siehe z. B. den "Arianischen Streit") - und erhebliche Konfusion sorgte.
 
Oder kommt nicht auch die Aufhebung sozialer Schranken zumindest im Glauben hinzu, also der innovative Umstand, dass Sklaven, römische Bürger, arm, reich usw. in einem Bethaus gemeinsam beten?
Das war sicher für ärmere Schichten attraktiv, aber nicht für die höheren.

Siehe auch Nadelöhr-Gleichnis.
Das war und ist etwas, um den Sozialneid abzumildern, sprich die Armen ruhigzustellen.

Gerade das Christentum hatte ja größte Schwierigkeiten mit seiner Lehre vom dreifaltigen Gott, der schon innerhalb des Christentums für erbitterte Streitigkeiten - gerade im 4. Jahrhundert (siehe z. B. den "Arianischen Streit") - und erhebliche Konfusion sorgte.
Dafür interessierte sich das Volk wahrscheinlich weniger: Hauptsache ein Gott für alles.

Übrigens war Gaius Appuleius Diocles, ein Wagenlenker im 2. Jahrhundert, der bestbezahlte Sportler aller Zeiten: Er verdiente in 24 Jahren 35 Millionen Sesterzen.

Gladiatoren verdienten auch nicht schlecht, wenn sie berühmt waren und lange genug lebten. Und – Zitat: Gladiatoren genossen in der römischen Gesellschaft einen ähnlichen Ruf wie heutige Popstars.
 
Ich weiß zwar nicht, was die Prüderie der Christen mit dem Ende der Gladiatorenspiele zu tun hat, aber bitte: das ist doch ein (ziemlich abgelutschtes) Thema, das seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten diskutiert wird. Es wird oft die Endzeiterwartung der frühen Christen angeführt, insbesondere bei Paulus: das Reich Gottes kommt bald, warum also Kinder zeugen? Mit der Zeit schwand diese Erwartung, weil sie nicht eintraf, und wie das immer so ist, wenn Erwartungen enttäuscht werden, entsteht kognitive Dissonanz, die durch noch radikalere Überlegungen weitergetrieben wird. (Kognitive Dissonanz – Wikipedia ) Etwa als Heroismus in der Nachfolge der Märtyrer: Als die Märtyrer-Welle abebbte (nachdem das Christentum religio licita wurde), dachte man sich neue heroische Taten aus, und die hatten damit zu tun, den irdischen Körper zu überwinden, um den himmlischen Körper zu gewinnen (denn mit diesem sollte man ja am Jüngsten Tag auferstehen). Es ist also keine Körperfeindlichkeit, die die Christen in ihren radikalen Denkrichtungen umtrieb, sondern ihre Beziehung zum "richtigen", also dem himmlischen Körper. In diesen radikalen Ausprägungen einer heroischen Abwendung vom irdischen Leben (und damit, nicht vergessen, auch von den irdischen politischen Gebilden!) ist die christliche Prüderie verwurzelt. So entstehen Wüstenväter, Säulenheilige, verschleierte Jungfrauen und vieles mehr. Dagegen stehen Pragmatiker wie etwa Clemens von Alexandria.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dafür interessierte sich das Volk wahrscheinlich weniger: Hauptsache ein Gott für alles.
In diesen Irrtum verfällst Du immer wieder: Du hältst "das Volk" für genauso desinteressiert und denkfaul wie Dich selber.

Es sei nicht möglich, auf den Markt zu gehen, ohne in ein Gespräch über das Verhältnis von Gott-Vater und Gott-Sohn verwickelt zu werden, schrieb im 5. Jahrhundert der Kirchenschriftsteller Sokrates. Wenn der Bischof Gregor von Nyssa Ende des 4. Jahrhunderts die Diskussionsbereitschaft seiner Generation karikiert, bezeugt er zugleich das allgemeine Interesse seiner Zeitgenossen an christologischen Themen: „Die ganze Stadt (Konstantinopel) ist voll von solchen [Menschen], die Gässchen, die Märkte, die Plätze, die Straßen [...]. Bittest du jemanden um Kleingeld, hält er einen philosophischen Vortrag über den Gezeugten oder Ungezeugten. Fragst du nach dem Preis eines Brotes, erhält man zur Antwort, der Vater sei größer und der Sohn untergeordnet. Fragt man aber, ob das Bad [in den Thermen] bereitet ist, antwortet man, der Sohn sei aus dem Nichts erschaffen."
Ein neuer Gott für die alte Welt

(Sorry, wenn hier schon wieder vom Bad die Rede ist, das für die Christen offensichtlich so alltäglich wie das Brötchenkaufen war...)
 
Ich weiß zwar nicht, was die Prüderie der Christen mit dem Ende der Gladiatorenspiele zu tun hat, aber bitte: das ist doch ein (ziemlich abgelutschtes) Thema, das seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten diskutiert wird.
Hast du dich je gefragt, warum die Römer nichts dabei fanden, sich nackt vor anderen auszuziehen und so zu baden? Dabei waren die Geschlechter zwar getrennt, aber eben nackt. Seiner Nacktheit musste man sich also nicht schämen. Das galt auch für sportliche Aktivitäten in Gymnasien. Das änderte sich mit dem Christentum.

Es ist also keine Körperfeindlichkeit, die die Christen in ihren radikalen Denkrichtungen umtrieb, sondern ihre Beziehung zum "richtigen", also dem himmlischen Körper. In diesen radikalen Ausprägungen einer heroischen Abwendung vom irdischen Leben (und damit, nicht vergessen, auch von den irdischen politischen Gebilden!) ist die christliche Prüderie verwurzelt. So entstehen Wüstenväter, Säulenheilige, verschleierte Jungfrauen und vieles mehr.
Schon möglich, dass damals dem so war, aber diese Ansicht 1700 Jahre weiter zu predigen und die Menschen mit den Höllenqualen zu drohen, wenn sie sich entblößten oder, schlimmer noch, nicht nur zum Kinderzeugung miteinander Sex haben, das halte ich für verbrecherisch.

(Sorry, wenn hier schon wieder vom Bad die Rede ist, das für die Christen offensichtlich so alltäglich wie das Brötchenkaufen war...)
Ja, das war in Konstantinopel, wo, wie wir wissen, die alte römische Badekultur weiter lebte. Aber netter Versuch, das Christentum in Punkto Nacktheit lockerer erscheinen zu lassen, als es wirklich war und ist.

Was das Zitat betrifft: Wir wissen – z.B. aus Briefen des Ambrosius von Mailand –, dass es Bischöfe gab, die den Menschen auf der Straße dazu gebracht haben, Gotteshäuser der Andersgläubigen zu zerstören. Pogrome sind also keine Erfindung des Mittelalters, es gab sie schon zu einem frühen Zeitpunkt (des Christentums). Dass es solche Gespräche in Konstantinopel gab, das will ich nicht in Abrede stellen, aber vielleicht fanden sie in einer aufgeheizten Stimmung statt, möglicherweise vor oder nach einem solchen Pogrom?
 
Dabei waren die Geschlechter zwar getrennt, aber eben nackt.
...ein Blick in ein heutiges Frei- oder Hallenbad: nach Geschlechtern getrennte Umkleidekabinen! Badebekleidungsvorschriften!
Sicher sind unsere heutigen Freibäder mit ihren großen Rutschen, Sprungbrettern, Schwimmbecken etc prüde Unterdrückungsanstalten der grimmigen Kirche! :D:D:D
 
Hast du dich je gefragt, warum die Römer nichts dabei fanden, sich nackt vor anderen auszuziehen und so zu baden?
Du hast schon die Bäder in Konstantinopel erwähnt, aber auch im Westen gab es nach Konstantin weiterhin eine Thermen-Kultur; die römischen Therme wurden erst durch Totila zerstört, Mitte 6. Jh. Und in diesen Bädern war man weiterhin so nackig wie in polytheistischen Zeiten, ob Christ oder nicht. Es ist vielleicht interessant, dass der allerchristliche Kaiser Justinian sogar in Rom versucht hatte, die Aquädukte wieder aufzubauen.

Was die Prüderie betrifft, eine nette Anekdote aus Goethes Dichtung und Wahrheit, wo er mit den Brüdern Stolberg in die Schweiz reist:

Die guten harmlosen Jünglinge, welche gar nichts Anstößiges fanden, halb nackt wie ein poetischer Schäfer, oder ganz nackt wie eine heidnische Gottheit sich zu sehen, wurden von Freunden erinnert, dergleichen zu unterlassen. Man machte ihnen begreiflich: sie weseten nicht in der uranfänglichen Natur, sondern in einem Lande, das für gut und nützlich erachtet habe, an älteren, aus der Mittelzeit sich herschreibenden Einrichtungen und Sitten fest zu halten.
 
Zuletzt bearbeitet:
...ein Blick in ein heutiges Frei- oder Hallenbad: nach Geschlechtern getrennte Umkleidekabinen! Badebekleidungsvorschriften!
Ja, aber sie baden nicht nackt wie das im alten Rom üblich war.

Du hast schon die Bäder in Konstantinopel erwähnt, aber auch im Westen gab es nach Konstantin weiterhin eine Thermen-Kultur; die römischen Therme wurden erst durch Totila zerstört, Mitte 6. Jh. Und in diesen Bädern war man weiterhin so nackig wie in polytheistischen Zeiten, ob Christ oder nicht.
Über die Badesitten haben wir schon in einen anderen Faden mehr als genug diskutiert, deshalb gehe ich nur kurz auf Goethe ein.

In freier Natur hat man auf dem Land trotz Christentums fast immer nackt gebadet – weil man keine Badebekleidung hatte. Die Szene, die Goethe da beschreibt, war wohl eine solche.
 
Dies ist ja ein polythematischer Thread, der von den Gladiatoren über die Wagenlenker, über die nackten Männer in der Badewanne bis zum Ende der Olympischen Spiele reicht. Zu letzterem Thema bin ich zufällig auf eine interessante Notiz in einem Text von Peter Brown (Christianization and Religious Conflict) gestoßen.

Da geht es um den Präfekt von Konstantinopel, Leontius, der um 434 vorgeschlagen hatte, die Olympischen Spiele in Chalcedon abzuhalten. Davon bekam der Abt Hypatius Wind und marschierte mit einer Abordnung von 20 Mönchen zu Leontius, um dagegen zu protestieren. Der Bischof Eulalius hielt sich dagegen aus der Affäre heraus, ja, sprach sich sogar gegen das Anliegen der Mönche aus.

Was lernen wir hieraus? Mit Sicherheit dieses:
1. die Ol. Spiele hatten auch unter christlichen Machthabern noch einen guten Ruf, so dass man sie weiter ausüben wollte.
2. Hardcore-Christen wie Hypatius passte das nicht; Softcore-Christen wie Eulalius war dies egal

Über das Ende der Ol. Spiele kann man aber nur spekulieren.
Entweder
die Spiele wurden noch abgehalten und Leontius wollte sie lediglich nach Chalcedon holen
oder
die Spiele wurden nicht mehr abgehalten und Leontius wollte sie in Chalcedon reaktivieren.

Quelle: Callinicus, Vita Hypatii 33. Im Netz verfügbar, leider in Altgriechisch, für mich unerreichbar.
 
In freier Natur hat man auf dem Land trotz Christentums fast immer nackt gebadet – weil man keine Badebekleidung hatte. Die Szene, die Goethe da beschreibt, war wohl eine solche.
Deswegen habe ich diese Anekdote nicht gebracht, sondern zur Illustration unterschiedlicher Vorstellungen zur Nacktheit, die gleichzeitig herrschen können. Da hätten wir zur fraglichen Zeit etwa die gemäßigten Vorstellungen eines Clemens von Alexandrien gegen fanatische Ansichten eines Tertullian oder Johannes Chrysostomos.
 
Entweder
die Spiele wurden noch abgehalten und Leontius wollte sie lediglich nach Chalcedon holen
oder
die Spiele wurden nicht mehr abgehalten und Leontius wollte sie in Chalcedon reaktivieren.

Ich nehme an, es handelt sich nicht um "die" Olympischen Spiele, sondern um ein lokales Sportfestival, das reaktiviert werden sollte.
Olympische Spiele gab es in der Spätantike außer in Olympia auch noch an anderen Orten. Die Olympischen Spiele von Antiochia (Syrien) wurden noch bis 520 abgehalten.
 
Ich nehme an, es handelt sich nicht um "die" Olympischen Spiele, sondern um ein lokales Sportfestival, das reaktiviert werden sollte.
Olympische Spiele gab es in der Spätantike außer in Olympia auch noch an anderen Orten. Die Olympischen Spiele von Antiochia (Syrien) wurden noch bis 520 abgehalten.
Sapperlot, das habe ich nicht gewusst!

Das sagt doch immerhin, dass es antike Spiele weiterhin gab, ob sie nun die originalen Ol. Spiele waren oder Generika. Außerdem gab es ja eine Menge anderer Spiele: Pythische, Nemeische, Isthmische. Das Gros dieser Spiele: Olympische Spiele der Antike an anderen Orten – Wikipedia
Es wäre nun interessant, wie lange diese Spiele aufgeführt wurden, aber zu einer solchen Recherche bin ich im Moment zu faul^^.
 
Ein paar Worte zum ach so lockeren Umgang der griechischen und römischen Heiden mit Nacktheit:
Ein bisschen nuancierter und komplexer war das schon.

Nehmen wir z. B. die bildende Kunst: Göttinnen wie Aphrodite und die Chariten, also diverse Göttinnen, die irgendwie mit Sexualität und Schönheit zu tun hatten, auch Nymphen, wurden tatsächlich gerne nackt dargestellt. Etliche andere Göttinnen (wie z. B. Athene, Artemis und Hera) hingegen bekleidet.
Das galt auch für Darstellungen irdischer Frauen: "Ehrbare" Frauen wurden bekleidet dargestellt, nackt Liebesdienerinnen u. ä.

Bei den Olympischen Spielen waren die Teilnehmer zwar nackt, verheiratete Frauen durften aber nicht ins Publikum.

Bei den Römern hatten manche durchaus gewichtige Stimmen wie der alte Cato sehr wohl ein Problem mit Nacktheit. (Cato lehnte es ab, zusammen mit seinem Sohn zu baden.)
 
Nehmen wir z. B. die bildende Kunst: Göttinnen wie Aphrodite und die Chariten, also diverse Göttinnen, die irgendwie mit Sexualität und Schönheit zu tun hatten, auch Nymphen, wurden tatsächlich gerne nackt dargestellt. Etliche andere Göttinnen (wie z. B. Athene, Artemis und Hera) hingegen bekleidet.
Das galt auch für Darstellungen irdischer Frauen: "Ehrbare" Frauen wurden bekleidet dargestellt, nackt Liebesdienerinnen u. ä.
Im christlichen Mittelalter waren die Restriktionen natürlich schärfer: Göttinnen und Liebesdienerinnen gingen gar nicht. Wer Nacktheit darstellen wollte (zumal an einer Kirchenfassade wie hier am Dom von Orvieto) musste auf das Thema "Adam und Eva" zurückgreifen - oder allenfalls auf die "Seelen der Verdammten".

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File:Orvieto059.jpg - Wikimedia Commons

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File:Orvieto046.jpg - Wikimedia Commons

siehe auch: Reliefs on the façade of Orvieto Cathedral (1310-30)
 
Wer Nacktheit darstellen wollte (zumal an einer Kirchenfassade wie hier am Dom von Orvieto) musste auf das Thema "Adam und Eva" zurückgreifen - oder allenfalls auf die "Seelen der Verdammten".
Och... man schaue sich die Seidenbörse von Valencia an (Lonja de Valencia, säkulare Spätgotik) da wird Onanie und Masturbation dargestellt. Die Colegiata de San Pedro de Cervatos hat sehr interessante Kragsteine, wo überdimensionierte Phalloi und Vaginen keine Seltenheit sind, zwischen den Kragsteinen sieht man auch mal die Darstellung des Stilus caninus (re-übersetzen ins Englische!). In der Frühzeit des Forums hat @Lucrezia_Borgia auch mal in einer Diskussion um die Geschichte der Intimrasur(?) ein Relief aus einer Kirche gezeigt, auf dem sich eine Frau ein Messer(?) an die Scham hält (ob hier tatsächlich eine Rasur angedeutet werden soll bezweifle ich, um ehrlich zu sein).
 
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