Läutete das Christentum das Ende der Gladiatorenspiele ein?

Die Frage ist eben, inwieweit die Olympischen Spiele heidnischen Opferungen gleichkamen. Dass sie Zeus geweiht waren, ist jedenfalls klar.
sie finden in keinem Tempel statt, zelebrieren keine Opfer, eigene (Grassoden)Altäre werden ebenfalls nicht errichtet, und "dem Zeus geweiht" könnte für einige seitdem vergangene Jahrhunderte römischer Zeit ebenfalls nicht mehr so ganz up to date gewesen sein - bezogen auf den zitierten Text scheinen mir die Olympischen Spiele da unverdächtig.
 
Eine rein säkulare Veranstaltung waren die Spiele aber nicht. Opfer waren schon Teil des Veranstaltungsprogramms. Ob sie in römischer Zeit abhandenkamen, weiß ich nicht (es ist auch nicht viel über die Olympischen Spiele der Spätantike bekannt), bezweifle es aber.
 
Gab es nun ein Verbot der Olympischen Spiele seitens des Theodosius oder nicht?
Es geht hier um die Exkommunikation von Wagenlenkern und Schauspielern. Die Exkommunikation ist eine kirchliche Disziplinarmaßnahme; die Betroffenen dürfen kein kirchliches Amt ausüben, werden nicht zu den Sakramenten zugelassen und erhalten kein kirchliches Begräbnis. (In der Praxis hat man das nicht so eng gesehen: "Obwohl eine Exkommunikation nicht zu einem christlichen Begräbnis hätte führen dürfen, sind uns aus der römischen Basilika St. Paul vor den Mauern, den römischen Callixtus-Katakomben sowie Florenz und Aquileia Grabsteine eines Pantomimus, einer Schauspielerin und verschiedener Wagenlenker überliefert, die eine christliche Grabstätte erhielten.")

Theodosius hat kein Edikt erlassen, das Wagenlenker bestraft - im Gegenteil, er hat ja selber eifrig Wagenrennen veranstaltet. Schon vergessen?
 
Ich will anhand von 2 Artikeln noch einmal kursorisch das darstellen, was zum Ende der Gladiatorenkämpfe überliefert ist, eventuell wurde das schon gebracht.

1. Allgemein

Den Niedergang des Gladiatorenwesens ab Anfang 4. Jh:
  • 325 verkündet Konstantin I, dass Verbrecher in die Bergwerke kommen und nicht mehr als Gladiatoren ausgebildet werden dürfen (C.Th. XV.12.1, auch C.Iust. XI.43.1)
  • 4. Jh: Soldaten und Palastgardisten dürfen nicht mehr als Gladiatoren angemietet werden (C.Th. XV.12.2)
  • 365: Christen dürfen nicht mehr zum Tod in der Arena verurteilt werden (C.Th. XV.12.3)
  • 399: Honorius und Arkadius schließen die kaiserlichen Gladiatorenschulen in West und Ost.
  • 404: Ein Mönch soll den letzten Gladiatorenkampf in Rom gesehen haben: dort sei er ins Kolosseum gegangen und habe versucht, die Kämpfe zu beenden, darauf wurde er von den Zuschauern gesteinigt, von Kaiser Honorius wurden darauf die Kämpfe untersagt (Theodoret, Hist. eccl. 5.27). Historischer Gehalt ist nicht sicher.
Wagenrennen (=> Circus) und Tierhatzen (=> Amphitheater) wurden dagegen weitergeführt. Das wurde ja schon gesagt.

2. Trier

Ein Amphitheater gab es in Trier ab dem 2. Jh. Dort fanden Tierhetzen, Hinrichtungen von Verbrechern und Gladiatorenkämpfe statt. Höhepunkt der Beliebtheit war das 2. - frühes 3. Jh.

In Trier nahmen die Bewohner Anfang des 5. Jh vor Barbareneinfällen Zuflucht im Amphitheater. Wschl. wurde im 5. Jh das Amphitheater nicht mehr genutzt. Der Circus blieb dagegen in Schuss, wschl. bis ins 6. Jh hinein:
Davon berichtete der Kirchenvater Salvian, der die Trierer Vergnügungssucht mit verachtenden Worten tadelte: „Durch drei [...] aufeinanderfolgende Zerstörungen ist die Hauptstadt der Gallier ausgetilgt worden; obwohl die ganze Stadt verbrannt war, [...] forderten wenige Adelige, die das Verderben überlebt hatten, von den Kaisern Zirkusspiele, sozusagen als höchstes Trostmittel für die zerstörte Stadt" (Salvian, De gubernatione dei VI.15).

Die Autorin des Artikels bezieht sich auf diese Circus-Veranstaltungen im 5. Jh:
Eine eigene Finanzierung durch die städtische Elite war wohl nicht mehr möglich, aber offensichtlich gab es diese noch und ein nennenswertes Publikum.


Lit:
K. Ackenheil, Das Ende der Gladiatorenkämpfe und Amphitheater
K. Deppmeyer, Brüche, Tranformationen, Kontinuiten
beide im Katalog "Der Untergang des Römischen Reichs"
 
Ich will anhand von 2 Artikeln noch einmal kursorisch das darstellen, was zum Ende der Gladiatorenkämpfe überliefert ist, eventuell wurde das schon gebracht.

1. Allgemein

Den Niedergang des Gladiatorenwesens ab Anfang 4. Jh:

Ein massiver Niedergang des Gladiatorenwesens hat schon um die Mitte des 3. Jahrhunderts eingesetzt:

Was den gleichsamen „Anfang vom Ende“ betrifft, so erscheint auch hier die geläufige Einordnung in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts bei genauerer Betrachtung nicht haltbar. Die geringe Anzahl an Zeugnissen im 4. Jahrhundert sowie die weitreichende Aufgabe der Amphitheaterbauten in eben diesem Zeitraum implizieren vielmehr, dass ein Rückgang der Gladiatur schon zuvor eingesetzt haben muss. Hierauf lassen mehrere Aspekte schließen: Sind im 2. und frühen 3. Jahrhundert eine beträchtliche Anzahl von inschriftlichen Zeugnissen über Gladiatorenspiele, insbesondere Grabinschriften, überall im Reich verbreitet, so lässt diese Evidenz ab der Mitte des 3. Jahrhunderts bereits deutlich nach. [...] Geht die Anzahl an Inschriften nach der Mitte des 3. Jahrhunderts allgemein auf circa zehn Prozent des vorherigen Bestands zurück, reduzieren sich die Hunderte von Zeugnissen zu Gladiatoren aus dem 2. und frühen 3. Jahrhundert auf circa fünf Inschriften im gesamten 4. Jahrhundert!

Auch das weitgehende Schweigen kirchlicher Texte über die Gladiatoren bereits zu Beginn des 4. Jahrhunderts erweckt Misstrauen [...] Die ansonsten weitgehende Abwesenheit der Gladiatoren in offiziellen kirchlichen Texten bereits zu Beginn des 4. Jahrhunderts ist somit bemerkenswert, da Kirchenväter wie Tertullian, Minucius Felix, Cyprian oder Novatian und das aus dem Osten stammende Testamentum Domini diese im 3. Jahrhundert noch eifrig thematisiert hatten. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass eine Gefährdung der Gläubigen durch die Teilnahme an Gladiatorenkämpfen oder eine Mitwirkung von Christen als Kämpfer in der Arena als nicht mehr sehr wahrscheinlich eingeschätzt wurden – offenbar, weil Gladiatorenkämpfe schon um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert nicht mehr sehr verbreitet waren. Im Übrigen gilt diese Feststellung auch für Texte des Judentums: In der Talmudliteratur, die nach dem 3. Jahrhundert entstand, wird zwar auf verschiedene Arten von spectacula eingegangen, Gladiatorenkämpfe sind jedoch nicht mehr erwähnt.

Weitere Berichte über die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts zeichnen ein ähnliches Bild: Sowohl bei den Säkularspielen von Philippus Arabs als auch bei den Triumphfeiern von Carinus in den Jahren 248 und 285 sind in der Historia Augusta keine klassischen Gladiatorenkämpfe mehr bezeugt. [...] Das Preisedikt Diokletians aus dem Jahr 301 enthielt zwar einen Passus über die Kosten für den Ankauf exotischer Tiere wie Löwen, Strauße, Leoparden, Bären, Eber oder Hirsche [...], aber eine preisliche Regelung für Gladiatoren wurde anscheinend nicht mehr für notwendig erachtet – dies ist umso erstaunlicher, da die Kaiser sich 120 Jahre zuvor im Jahr 177 noch dazu genötigt sahen, die Kosten für die Veranstaltung von Gladiatorenspielen detailliert zu regeln. [...]

Zuletzt verweist der archäologische Befund in eine ähnliche Richtung: Obwohl Amphitheater im westlichen Imperium Romanum, inspiriert durch das flavische Kolosseum, verstärkt erst ab dem Beginn des 2. Jahrhundert errichtet wurden, ist bereits ab der Mitte des 3. Jahrhunderts fast kein einziger Neubau dieses Architekturtypus mehr bezeugt. [...] Die ersten Nutzungsaufgaben setzten schon in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts ein, um sich anschließend während des 4. Jahrhunderts fast im gesamten Reich zu vollziehen.
VI. Das Vermächtnis des Amphitheaters: Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen
 
Zuletzt bearbeitet:
Sowohl bei den Säkularspielen von Philippus Arabs als auch bei den Triumphfeiern von Carinus in den Jahren 248 und 285 sind in der Historia Augusta keine klassischen Gladiatorenkämpfe mehr bezeugt.
Klingt durchaus plausibel. Mitten in der beinahe finalen Krise des Römischen Reichs hatte man wohl andere Sorgen als Gladiatorenkämpfe zu veranstalten, außerdem war das sehr aufwändig und teuer und die Staatskasse war leer (weshalb die Steuerschraube massiv angezogen wurde). Einspruch dagegen wäre die 1000-Jahr-Feier: hier hätte man sich vorstellen können, dass alle Register gezogen wurden, und sie wurden auch. Ich lese, dass bei den 1000-Jahr-Feiern unter Philipp
eine (wenn auch nicht sehr zuverlässige) Quelle [berichtet], er habe dazu jene Gladiatoren und Tiere eingesetzt, die eigentlich für die Feierlichkeien anlässlich Gordians Sieg über die Perser vorgesehen waren.
(M. Kulikowski, Triumph der Macht, S. 222)

Es hat also auch hier Gladiatorenspiele gegeben, trotz Puk. Und es sind alles Indizien, die er anführt, oftmals nur "argumenta e silentio". Wo doch die textlichen Überlieferungen in den Zeiten der Reichskrise mehr als dürftig sind!

Auch ist von Konstantin bezeugt, dass er Gladiatorenspiele ausgerichtet hatte, und zwar 323, nach dem Sieg über die Sarmaten, die er mit einem Triumph feierte und dabei "neue Gladiatorenspiele einführte, die ludi Sarmatici" (ebenfalls Kulikowski, S.347). Später, 350, hören wir von Nepotianus, einem Usurpator, der seine Garde aus Gladiatoren zusammenstellte; so waren diese auch 350 noch aktiv und lebendig.

Das widerlegt natürlich nicht, dass der Niedergang schon im 3. Jh begann, es belegt aber, dass es mit den Gladiatoren auch im 4. Jh nicht aus und vorbei war. Diese These wird von der Festfreudigkeit der Römer unterstützt. So gab es im 4. Jh. weitaus mehr Freizeitangebote in Form von Wagenrennen, Tierhetzen, Theateraufführungen etc. Karl Christ (Geschichte der römischen Kaiserzeit) berichtet, dass es unter Augustus insgesamt 65 Spieltage pro Jahr gab, im 4. Jh dagegen 10 Tage Fechten, 64 Tage Wagenrennen und Tierhetzen, an 102 Tagen Theaterfestspiele. Nun: wenn wir die Regeln aus dem Codex Theodosianus, die ich aufgelistet habe, betrachten, dann setzen diese natürlich schon voraus, dass es Gladiatorenkämpfe gegeben hat, wozu sonst ein Gesetz dagegen?
 
Die Exkommunikation ist eine kirchliche Disziplinarmaßnahme; die Betroffenen dürfen kein kirchliches Amt ausüben, werden nicht zu den Sakramenten zugelassen und erhalten kein kirchliches Begräbnis. (In der Praxis hat man das nicht so eng gesehen: …
Jetzt komme mir bitte nicht mit Ausnahmen. Exkommunikation war zwar „nur“ eine kirchliche Strafe, die aber gleichwohl gewaltigen Einfluss auf das Leben der Nichtkleriker und sogar die höchsten staatlichen Repräsentanten hatte. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Ambrosius von Mailand der den Kaiser Theodosius auch schon mal mit der Exkommunikation bedrohte, bis dieser tat, was der Bischof verlangte.

Der Einfluss des Christentums auf den römischen Staat war also schon zu diesem frühen Zeitpunkt enorm – jetzt zu sagen, das Christentum hätte mit der Abschaffung der Olympischen Spiele nichts oder nur am Rande zu tun, ist schlicht eine Untertreibung, deren Sinn ich nicht begreife.

Es ist nicht zu übersehen: Die christliche Sicht auf die Olympische Spiele und überhaupt auf Sport war eine andere als die der alten Griechen – Zitat aus Christen und Sport, einem Artikel der Uni Mannheim:

Der griechische Sport stimmte nicht mit den christlichen Idealen überein. Gute Christen sollten kein Interesse an diesem Kult der körperlichen Schönheit und Stärke haben.
(…)
Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der Bevölkerung christlich und die paganen Kulte gingen unter. Die ganze Gesellschaft (sowohl Christen als auch Pagane) wurde generell prüder: Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.
 
Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.
Was mich bei diesem Zitat - neben der eigentlichen Diskussion - interessieren würde: Athletische Nacktheit kenne ich eigentlich nur von den Griechen, in den Gymnasien. M.W. hatten die Römer solche Einrichtungen nicht, wenn man nicht diejenigen Abteilungen in den Thermen berücksichtigt, die für athletische Übungen (nicht unbedingt nackt) reserviert waren (palaestra). "Athletische Nacktheit" - kannten das die Römer?
 
Es ist nicht zu übersehen: Die christliche Sicht auf die Olympische Spiele und überhaupt auf Sport war eine andere als die der alten Griechen – Zitat aus Christen und Sport, einem Artikel der Uni Mannheim:

Der griechische Sport stimmte nicht mit den christlichen Idealen überein. Gute Christen sollten kein Interesse an diesem Kult der körperlichen Schönheit und Stärke haben.
(…)
Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der Bevölkerung christlich und die paganen Kulte gingen unter. Die ganze Gesellschaft (sowohl Christen als auch Pagane) wurde generell prüder: Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.
Davon scheint mir das in Spätantike, Frühmittelalter und Mittelalter sehr trainierte Kriegshandwerk ausgenommen gewesen zu sein.
 
Jetzt komme mir bitte nicht mit Ausnahmen. Exkommunikation war zwar „nur“ eine kirchliche Strafe, die aber gleichwohl gewaltigen Einfluss auf das Leben der Nichtkleriker und sogar die höchsten staatlichen Repräsentanten hatte. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Ambrosius von Mailand der den Kaiser Theodosius auch schon mal mit der Exkommunikation bedrohte, bis dieser tat, was der Bischof verlangte.

Der Einfluss des Christentums auf den römischen Staat war also schon zu diesem frühen Zeitpunkt enorm – jetzt zu sagen, das Christentum hätte mit der Abschaffung der Olympischen Spiele nichts oder nur am Rande zu tun, ist schlicht eine Untertreibung, deren Sinn ich nicht begreife.

Es hilft Dir nichts, die historisch belegbare Realität sieht halt so aus: Die frommen Kirchenväter haben gegen die Wagenrennen gewettert und die Wagenlenker mit Exkommunikation bedroht, die Kaiser haben aber darauf gepfiffen und weiterhin Wagenrennen veranstaltet, und das noch viele Jahrhunderte lang. Und die Kirche? Hat sich halt angepasst. Als im 11. Jahrhundert die Kyjiwer Sophienkathedrale mit Fresken geschmückt wurde, fand man es schick, ein großes Wagenrennen darzustellen.

sofiyskiy_sobor_133.jpg


SOFIA CATHEDRAL - Mosaics and frescoes of St. Sofia Cathedral in Kiev - pictures, history, description...

http://sofiyskiy-sobor.polnaya.info/images/sofiyskiy_sobor_133.jpg
 
Die frommen Kirchenväter haben gegen die Wagenrennen gewettert und die Wagenlenker mit Exkommunikation bedroht, die Kaiser haben aber darauf gepfiffen und weiterhin Wagenrennen veranstaltet, und das noch viele Jahrhunderte lang.
Wagenrennen haben eine besondere Faszination – unvergessen der Wagenrennen in dem Film Ben Hur –, die noch bei den heutigen Formel-1 Rennen zu beobachten ist; die Mechanismen scheinen die gleichen zu sein wie damals.

Es geht mir vielmehr um das, was ich oben zitiert hatte: Die Ansicht der Menschen auf den (griechischen) Körperkult, den Sport und die Sporthelden hat sich unter dem Einfluss des Christentums geändert. Und damit einher ging auch die Ablehnung der Nacktheit, die bei manchen Sportarten wohl obligatorisch war.

Im Artikel der Uni Mannheim wird nicht ohne Grund gesagt, dass die Gesellschaft insgesamt prüder geworden ist – Zitat: „Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der Bevölkerung christlich und die paganen Kulte gingen unter. Die ganze Gesellschaft (sowohl Christen als auch Pagane) wurde generell prüder: Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.“
 
Dann empfehle ich mal Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, ein Buch, das es für Klass. Archäologie und Alte Geschichte zum Standardwerk gebracht hat. Zanker schildert u.a. das spätrepublikanische Rom und Augustus' Umgestaltungsmaßbahmen. Im spätrepublikanischen Rom stellten sich nach Zanker reiche römische Bürger im Stil nackter geiechischer Heroen mit Statuen auf dem Forum dar. Augustus änderte das und ließ bei seiner Umgestaltung Roms diese Statuen entfernen. Auch er war eher prüde. Anhänger einer monotheistischen Religion war er nicht.
 
Das mit Augustus weiß ich, El Quijote, aber was soll das beweisen? Auch in der Renaissance, der Rückbesinnung auf die (griechische) Antike, waren Christen im Allgemeinen weniger prüde als zuvor und danach. Trotzdem sagt man nichts Unrichtiges, wenn man Christen – mit Ausnahme der ebenfalls christlichen Adamiten und vielleicht noch irgendwelcher Sekte – mehr Prüderie attestiert als z.B. Atheisten; wobei auch diese richtig prüde sein können.
 
Im Artikel der Uni Mannheim wird nicht ohne Grund gesagt, dass die Gesellschaft insgesamt prüder geworden ist – Zitat: „Im Laufe des 4. Jahrhunderts wurde die Mehrheit der Bevölkerung christlich und die paganen Kulte gingen unter. Die ganze Gesellschaft (sowohl Christen als auch Pagane) wurde generell prüder: Seinen Körper zu trainieren wurde zu einem Zeichen der Eitelkeit und athletische Nacktheit war verpönt.“

Da würde ich doch erstmal die Frage nach Ursache und Wirkung stellen. Hat das Christentum die spätantike Prüderie verursacht - oder war es im Gegenteil ein allgemeiner Trend zur Prüderie (oder sagen wir besser: Askese), die dem Christentum Zulauf und Auftrieb verursachte?
 
Das mit Augustus weiß ich, El Quijote, aber was soll das beweisen? Auch in der Renaissance, der Rückbesinnung auf die (griechische) Antike, waren Christen im Allgemeinen weniger prüde als zuvor und danach. Trotzdem sagt man nichts Unrichtiges, wenn man Christen – mit Ausnahme der ebenfalls christlichen Adamiten und vielleicht noch irgendwelcher Sekte – mehr Prüderie attestiert als z.B. Atheisten; wobei auch diese richtig prüde sein können.

Aber mehr Prüderie als bestimmte Heiden? War Augustus jetzt die Ausnahme?
 
Nur so nebenbei, was die Amphitheater betrifft:

In Trier nahmen die Bewohner Anfang des 5. Jh vor Barbareneinfällen Zuflucht im Amphitheater.
Zufällig finde ich bei M. Meier, Gesch.d.Völkerwanderung, ebenfalls Amphitheater, die als Festungen genutzt wurden, und zwar im Westgotenreich des 7. Jh. So in Nîmes, als sich der Usurpator Paulus 673 im dortigen Amphitheater verschanzt hatte. In Mérida und in Cartagena hatte man sich sogar innerhalb von Amphitheatern angesiedelt, weil diese Bauten mit dicken Mauern bewehrt waren. Vermutlich kennt man solche Vorgänge auch anderswo im ehemaligen Westreich.
 
Da würde ich doch erstmal die Frage nach Ursache und Wirkung stellen.
Ach, Sepiola, die Prüderie der Christen - egal ob orthodox, katholisch oder protestantisch - ist geradezu sprichwörtlich.

Solche Zuschreibungen haben meistens einen wahren Kern. So auch hier: Wenn man sich die Geschichte der Moden und der darstellenden Kunst anschaut, war es immer die Geistlichkeit, die in den letzten 1700 Jahren gegen die ihrer Meinung nach zu offenherzige Kleidung und selbst gegen die abgebildete Nacktheit vorging und immer noch vorgeht.

Wenn sie verlangen, dass bestimmte Teile des menschlichen Körpers immer bedeckt sein müssen, kritisieren sie im Grunde ihren Gott, der ja den Menschen nach seinem eigenen Ebenbild und in allen seinen Teilen geschaffen hatte und stolz darauf war – Zitat (1. Mose 1,31): „Und siehe, es war sehr gut“.
 
Dafür gibt es von Hadrian eine gewisse Anzahl von Nacktstatuen, und natürlich auch von seinem Liebling. Die geistige Nähe zu Hellas sorgte für die "athletische Nacktheit".
Darum geht es ja nicht. Dion impliziert, Prüderie sei eine Erfindung monotheistischer Religionen. Nun, es steht außer Frage, dass Religionsvertreter von Judentum, Christentum und Islam oft eine rigide Haltung zur Sexualität haben, nicht immer frei von Bigotterie. Aber Prüderie unterliegt Wellenbewegungen. Augustus ließ die Nackedeis vom Forum Romanum entfernen. In den südlichen Pyrenäen strotzen romanische Kirchen von pornographischen Kragsteinen und Wasserspeiern. In den 70er Jahren riefen "linke" Bürgerschrecks "Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment", ein sich selbst als "links" verortender Student, der das heute täte, bräuchte sich in seiner "linken" Peer wegen sexistischer Haltung nicht mehr blicken zu lassen.
 
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