War das Mittelalter ein Rückschritt?

Das Serapeion wurde als heidnischer Tempel mit der gewaltigen Kultstatue des ägyptischen StadtGottes Sarapis zerstört.
Eine knappe Beschreibung des Serapeions findet sich im Ägypten-Exkurs des Ammianus Marcellinus, zu dem er einleitend schreibt, das meiste habe er mit eigenen Augen gesehen (wahrscheinlich in den Jahren 363ff). Ammianus rühmt das Serapeion als prominentesten Tempel Alexandrias, mit sehr weitläufigen Säulenhallen, lebensechten Standbildern und einer Vielzahl von Kunstwerken, das alles schreibt er in der Gegenwartsform. Von den Bibliotheken des Serapeions schreibt er jedoch in der Vergangenheitsform. Diese scheinen zu seiner Zeit schon lange nicht mehr existiert zu haben, denn er bringt ihr Verschwinden mit dem Brand zu Caesars Zeiten in Verbindung.
 
Der Tempel war ein großer Komplex gewesen, mittig die berühmte Statue von Sarapis.
Die ganze Anlage ist im östlichen Mittelmeerraum bekannt-berühmt gewesen und weithin sichtbar.

Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt (2004), notiert S. 17 f. u.a.

Fest steht, daß unter Gallienus eine verheerende Seuche in Alexandria wütete, außerdem, daß weite Teile der Stadt im Gefolge der Kämpfe zwischen Kaiser Aurelian und Königin Zenobia im Jahr 272 zerstört wurden und später offenkundig verödeten. Die Belagerung und Einnahme Alexandrias durch Diokletian nach dem Usurpationsversuch des L. Domitius Domitianus 297 scheint gleichfalls schwere Zerstörungen zur Folge gehabt zu haben. Die Stadt muß in diesen Jahrzehnten somit urbanistisch und demographisch substantielle Einbußen gegenüber der Prinzipatszeit erlitten haben. Hinweise auf einen weiteren Niedergang Alexandrias in der Folgezeit gibt es nicht. Angesichts der Stabilisierung der politischen Verhältnisse im Reich und der neuerlichen Sicherheit der Handelswege ist vielmehr von einer Erholung oder gar Blüte der Stadt auszugehen, auch wenn die dürftige Quellensituation nicht erlaubt, diese Folgerung zu verifizieren.

S. 18 u.a.:

Als eine Großstadt erwies sie sich vor allem in der Weise, daß die vielfaltigen Mechanismen sozialer Abhängigkeiten und Kontrolle, wie sie im überschaubaren Raum einer Polis zum Vorteil des inneren Friedens wirken konnten, versagten. Die Unkontrollierbarkeit und leichte Erregbarkeit der Alexandriner, ihre Neigung zu Widersetzlichkeit gegen Magistrate und Herrscher sowie zu städtischem Aufruhr waren seit Jahrhunderten nahezu sprichwörtlich; kaum eine Würdigung Alexandrias verzichtet darauf, diesen Zug des alexandrinischen populus herauszustellen.17

Hervorhebung von mir.

S. 27 u.a.:

Wie wenige andere heidnische Gottheiten mußte Sarapis christlichen Bischöfen - nicht nur wegen seiner weiten Popularität - als unmittelbare Herausforderung erscheinen: Sein Wandel zum kosmopolitischen Gott im Imperium Romanum,57 seine in römischer Zeit zunehmend betonten henotheistischen Züge,58 sein Auftreten als Sotêr, Retter und Heiler, zusammen mit dem ihm zugeschriebenen Wissen um die Zukunft und seiner Zuständigkeit fur ein jenseitiges Leben,59 und die Mysterien, mit denen sein Kult gefeiert wurde, ließen ihn in eine bedrohliche Nähe zur christlichen Heilslehre rücken. In der Tat wurde eine Verwandtschaft der beiden Gottheiten von ihren Anhängern - gerade in Ägypten - deutlich empfunden.60 Der theophore Name Sarapion behauptete sich nicht nur in diesem Raum unter Christen mit beachtlicher Zählebigkeit und wurde auch von einer Anzahl von Bischöfen getragen.61 Die überragende Bedeutung des Sarapiskultes für Alexandria mußte jedem antiken Besucher der Stadt unmittelbar ins Auge fallen:62 Obwohl nicht im eigentlichen Zentrum der Stadt, welches sich südöstlich des Großen Hafens befand, gelegen, dominierte die gewaltige, dem Sarapiskult gewidmete Tempelanlage im Südwesten des Viertels Rhakotis, nahe der Peripherie der Metropolis, das gesamte Stadtbild, da sie sich auf einem zu einer künstlichen Akropolis ausgebauten alleinstehenden Hügel erstreckte.63 So überschaute das Sarapeion die Stadt, welche die Küstenebene zwischen Mittelmeer und mareotischen Binnensee einnahm.
 
Die Bibliothek im Serapeion war nur eine kleine gewesen...sofern da noch bei den Demolierungen durch den christlichen, teils monastischen Pöbel des Jahres 392 Bestände vorhanden gewesen sind, waren die nicht der Anlass und eben sowenig das Ziel.

Von christlichen Zerstörungen der riesigen Bibliothek oder des Museion gibt es dagegen keine Überlieferung, kein Nachweis.
 
Immer noch empfehlenswert sind von Johannes Hahn
Johannes Hahn schreibt in seinem Essay – den Link dazu habe ich bereits gebracht –, dass es in Alexandria zu systematischen Profanierung, Plünderung, Umwidmung oder Zerstörung der gesamten paganer Infrastruktur in Alexandria gekommen sei, so dass Gelehrte nach Konstantinopel geflüchtet sind. Klar, was sollten sie noch in Alexandria ohne Bibliotheken bzw. Schriftrollen – zumindest ich zähle Bibliotheken zur Infrastruktur einer Stadt.

Weil sich sein Essay nicht kopieren lässt, habe ich 4 Screenshots angefertigt und darin einige Abschnitte farblich markiert.
 

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Johannes Hahn schreibt in seinem Essay – den Link dazu habe ich bereits gebracht –, dass es in Alexandria zu systematischen Profanierung, Plünderung, Umwidmung oder Zerstörung der gesamten paganer Infrastruktur in Alexandria gekommen sei, so dass Gelehrte nach Konstantinopel geflüchtet sind. Klar, was sollten sie noch in Alexandria ohne Bibliotheken bzw. Schriftrollen – zumindest ich zähle Bibliotheken zur Infrastruktur einer Stadt.

Weil sich sein Essay nicht kopieren lässt, habe ich 4 Screenshots angefertigt und darin einige Abschnitte farblich markiert.

Da steht nichts über die Zerstörung von brauchbaren Schriften, oder hab ich was übersehen??? Keiner bezweifelt, dass das Heidentum bekämpft wurde.
 
Weil sich sein Essay nicht kopieren lässt, habe ich 4 Screenshots angefertigt und darin einige Abschnitte farblich markiert.
danke für die "Lesehilfe" :) - ich kann weder in den Screenshots noch im Link irgendwas über Bücher/Bibliothekenzerstörung bei den Ausschreitungen a.d. 392 in Alexandria finden. Aber die Beschreibung der aufgeheizten Stimmung, der wechselseitigen Provokationen, bis es zu den Ausschreitungen (bürgerkriegsähnliche Zustände) kam, ist gleichermaßen bestürzend wie spannend.
 
@Dion waren eigentlich alle "heidnischen" Tempel, also die zahlreichen Dianatempel, Isistempel, Mithräen, Iupitertempel, Serapistempel usw. usf. im römischen Imperium nicht nur repräsentative & künstlerisch gestaltete Kultstätten, sondern zugleich auch "heidnisch-wissenschaftliche" Bibliotheken und religiöse Bibliotheken? Und wenn sie das waren, also ein Konglomerat aus Universität & Heiligtum, waren dann die diversen antiken Religionen allesamt gelehrsame Buchreligionen, weil ihre Tempel vor Büchern überquollen? ;)
 
Bemerkenswert die selektive Wahrnehmung von Hahns Beitrag...nirgends schreibt dieser von der Zerstörung der Bibliothek oder des Museions usw.

Noch weit umfangreicher dazu schreibt Hahn in seiner überarbeiteten und erweiterten Habilitationsschrift Gewalt und religiöser Konflikt (2004), rund 100 Seiten nur zu Alexandria.

Schade...und wie gehabt irgendwelche Bruchstücke zusammen gerafft...oder ist das nun der neue Minimal-Kurs?: Wenn in Alexandria der christliche Mob und Ortsbischof um 400 n. Chr. gewütet hat, ist das ausreichend genug, generell 'das Christentum' für alle Phasen, Zeiten, Regionen und Richtungen als explizit bildungs-/wissensfeindlich jenseits christlicher Glaubensinhalte/Theologie abzuqualifizieren...streng geschichtswissenschaftlich...;)

Hahn beleuchtet im eben angeführten Titel übrigens auch jene Phase für Antiochia..mit deutlich anderen Ergebnissen u. Abläufen.

Kleiner Tipp...die berühmte Bibliothek und das Museion wurden wohl nicht von 'den Christen' zerstört, und unter den Gelehrten/Wissenschaftlern/Philosophen im 5.-7. mit Herkunft/Studium in Alexandria findet man beispielsweise Olympiodor, Stephanos und Proklos.
 
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Gleiche oder ganz ähnliche Ereignisse wie in Alexandria grob um 400 n. Chr. finden sich eben weder in Athen, Konstantinopel, Rom, Antiochia oder diversen anderen bedeutsamen Großstädten in 'Ost-Rom', schon gar nicht im christlichen westlichen Römischen Restreich....und auch nicht in bedeutenden christlichen Gemeinden in größeren Städten außerhalb des oströmischen Reiches.

Schau an, die christliche Theologie-Schule von Nisibis hatte seit Gründung im 5. Jh. sogar einen bedeutsamen Anteil an der Übersetzung klassischer griechischer-'heidnischer' Literatur ins Syrische/Aramäische, wovon die Araber und der spätere Islam profitierten. Kein Wunder bei der Prägung durch die Antiochenische Theologie.
 
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Noch weit umfangreicher dazu schreibt Hahn in seiner überarbeiteten und erweiterten Habilitationsschrift Gewalt und religiöser Konflikt (2004), rund 100 Seiten nur zu Alexandria.

Da findet sich auch der Hinweis, dass bereits über dreißig Jahre zuvor römische Truppen unter dem Kommando des dux Aegypti das Serapeion geplündert und entweiht hatten. Die Aktion wurde dem damaligen homöischen Bischof Georg angelastet:

"Julians Bemühen in seinem Schreiben an die Stadt, hierfür später den christlichen Bischof verantwortlich zu machen, erklärt sich aus seinem offensichtlichen Bestreben, keinerlei Schatten auf seinen kaiserlichen Verwandten fallen zu lassen und diesen von jeder Schuld für die antiheidnischen Maßnahmen der zurückliegenden Jahre in Alexandria freizusprechen. Tatsächlich wird jener kommandierende Offizier aber Befehle des kaiserlichen Hofes ausgeführt haben, als er das Heiligtum nicht nur vorübergehend besetzte, sondern es systematisch seiner wertvollen Weihgaben und Ausstattung beraubte."​

Bischof Georg wurde am 24. Dezember 361 von einem aufgebrachten Mob gelyncht.


Bei Hahn wird auch ausführlich der Bibliotheksbrand in Antiochia mit seiner Vorgeschichte beschrieben. Nach Hahns Darstellung war das Verhältnis zwischen Christen, Heiden und Juden in Antiochia recht einvernehmlich. Interessant ist auch, was er über die heidnischen Feste schreibt.
"In auf den ersten Blick merkwürdigem Widerspruch zum Niedergang der großen städtischen Heiligtümer steht die Popularität der großen heidnischen Feste Antiochias [...] Doch dieser beeindruckende heidnische Festkalender, der sich noch durch die gleichermaßen von Heiden und Christen besuchten jüdischen Feste in der Stadt ergänzen ließe, hatte seinen heidnisch-kultischen Hintergrund schon lange verloren: Libanios bemüht sich zwar, die Olympischen Spiele noch als ihrer Wurzel nach religiöse Feier zu betrachten, doch waren sie offenkundig bereits bei ihrer Wiederbelebung durch Commodus ihres sakralen Rahmens weitgehend beraubt worden."
Die Feste waren mehr oder weniger zu Volksbelustigungen geworden. Daran stießen sich allenfalls asketische Moralapostel wie der heidnische Kaiser Julian, der das Maiumas-Fest verbot "wegen der dabei im Mittelpunkt stehenden Prassereien und der enormen Aufwendungen von Privatleuten", während Johannes Chrysostomos gegen das auch von Christen gefeierte Neujahrsfest wetterte.

"Die auf den ersten Blick beeindruckende Zählebigkeit der heidnischen Feste in Antiochia unter den christlichen Kaisern erweist sich somit als ein Mißverständnis: Die kultischen Elemente und der religiöse Gehalt dieser Ereignisse waren längst verloren gegangen. Allein die damit verbundenen Spiele, Aufführungen und Gelage erfreuten sich in heidnischen wie christlichen Kreisen der Bevölkerung ungebrochener oder gar wachsender Beliebtheit und befriedigten die sprichwörtliche Leidenschaft der Antiochener für öffentliche Unterhaltung jeder Art. Die merkwürdig anmutende Allianz eines Julian mit Johannes Chrysostomos in der heftigen Ablehnung dieser Festlichkeiten unterstreicht den frappierenden Niedergang auch dieses konstitutiven Elementes der traditionellen Heidentums."​

schon gar nicht im christlichen westlichen Römischen Restreich...
... während es in Dions Alternativweltgeschichte gerade die Lateiner waren, die gezielte Schriftenvernichtung betrieben haben.
 
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Alexandria/Gaza usw.

Man darf...man m u s s hier die militanten wie - mal vorsichtig ausgedrückt - arg ruralen ägyptischen Mönchsorden aus u. in der Wüste erwähnen...mit den oft ganz hervorragenden Beziehungen der Bischöfe von Alexandria zu ihnen.

Diese Prügelmönche...ja, auch die Wüstenväter...bildeten zeitweise geradezu jederzeit einsatz- wie abrufbereite und mobile, größere Prügel- und Gewaltkommandos, die selbst in Antiochia mal auftauchten, weiter südlich sowieso.

Und die Burschen machten im Zweifelsfall keine größeren Unterschiede zwischen 'Heiden' & aus ihrer Sicht 'Häretikern'.
 
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Praktisch alle großen innerchristlich-theologischen Konflikte und Auseinandersetzungen vom 4. bis zum 6./.7 Jh. sind oströmisch-griechischen Ursprung.

Entsprechend weit überrepräsentiert sind auf den diversen ökumenischen Konzilien im genannten Zeitraum die oströmisch(-griechisch sprachigen) Bischöfe, andererseits hatten diese Konzilien allesamt eben auch im 'Osten' statt gefunden.
Im etwas schlichteren, nüchterneren lateinisch-römischen Westen verstand man einen erheblichen Teil der (östlichen) Auseinandersetzungen nicht so richtig, zumindest vielfach anfangs. Nur der römische Bischof war überall mit Abgesandten dabei.
 
Wenn ich das alles lese, werden sich die spätantiken und mittelalterlichen Christen in Ost und West noch als vorbildliche Bewahrer der griechisch-römischen Kultur und Wissenschaft entpuppen, und wir dann den Rückgang in diesen beiden Bereichen im Mittelalter konsequenterweise den bedauernswerten „Umständen“ zuschreiben. :(
 
@Dion ehrlich gesagt, verstehe ich Sinn und Anlass dieser Unmutsäußerung nicht so ganz.

Wir sind uns doch wohl einig darüber, dass wir hier über Geschichte, nicht über persönliche Meinungen diskutieren und das Geschichte sich einmal nur an Hand der Quellen konstruieren und rekonstruieren lässt.

Wenn die Überlieferung, die Vernichtung von antikem Schriftgut durch Christen nicht in der Form bezeugt, wie du das gerne hättest, wirst du das akzeptieren müssen.
Du müsstest doch mittlerweile selbst bemerkt haben, dass du zunehmend mit nicht verifizierbaren Mutmaßungen agierst um deine Interpretation in Sachen Serapeion nicht aufgeben zu müssen, weil die Überlieferung jedenfalls eine dezidierte Unterstützung deiner Betrachtungsweise nicht hergibt.

Deswegen stilisiert kein Mensch die spätantiken und mittelalterlichen Christen als "vorbildliche Bewahrer der griechisch-römischen Kultur und Wissenschaft", das ist wieder reine Polemik.
Einzig deine Vorstellung, die die Christen als mutwillige Zerstörer vorchristlichen Wissens und Schriftguts sehen möchte, findet bei den anderen Diskutanten keinen Anklang, weil es keine Belege dafür gibt, oder mindestens im Zusammenhang mit dieser Diskussion noch keine präsentiert wurden.

Wenn du diesen Stand der Diskussion für unbefriedigend hältst, dann bemüh dich doch darum diene Hpothesen wirklich stichhaltig zu untermauern, nicht mit irgendwelchen tendenziösen, wenig belegten Wikipedia-Einträgen oder Verweisen auf Quellen und Sekundärliteratur, die die Kernbehauptung an sich nicht stützen, sondern mit sehr viel gutem Willen in diese Richtung interpretiert werden müssen, um mit dieser Aussage in Einklang zu stehen.
So leid es tut, aber christliches Vorgehen gegen nichtchristliche Tempel, zumal lediglich auf regionaler Ebene ist einmal kein Beleg für christliche Absichten per se vorchristliches Wissen und vorchristliche Schriften zu vernichten.


Ich weiß auch nicht, was die Polemisierung in Richtung "bedauernswerter Umstände" da jetzt soll.

Die Verknappung von Schreibmaterial durch die Umstellung von Papyrus auf Pergament und die Veränderung der Bevölkerungsstruktur im Sinne einer Deurbanisierung, was eine zentrale Tradierung und Vermittlung von Wissen sehr erschwerte, sind im Gegensatz zu deinen Einlassungen nachweisbar und nachgewiesen.

Und man muss sicherlich nicht gleich in Kategorien des historischen Materialismus verfallen um anerkennen zu können, dass bestimmte Entwicklungen und Tendenzen möglicherweise auch eher in der Veränderung der materiellen Rahmenbedingungen, als in postulierten, im Zweifel nicht nachweisbaren Geisteshaltungen begründet liegen.
Jedenfalls erscheint es in diesem Fall deutlich sinnvoller die tatsächlich nachgewiesenen Änderungen der materiellen Rahmnebedingungen lediglich behaupteten Geisteshaltungen in der Betrachtung möglicher Ursachen für die weitere Entwicklung voran zu stellen.
 
Rückschritt oder nur Umdenken ?
Last der Welt
»Der Imperialismus«, konstatiert Raith, »reizte die Römer nicht mehr so wie früher.«

Statt dessen setzte sich allenthalben im Reich ein Prozeß des Umdenkens durch, der den altrömischen Prinzipien der Machtentfaltung strikt widersprach: Bedürfnislosigkeit und Freiheit von Eigentum predigte etwa der Kynische Bettelorden, Lebensbescheidenheit propagierte die Philosophenschule der Stoa. Auch eine Friedensbewegung machte den römischen Staatsgewaltigen zu schaffen - die frühen Christen weigerten sich, Kriegsdienste mit der Waffe zu leisten.

und
Der Staatsbankrott war zum Dauerzustand geworden; das Reich war kaum noch in der Lage, seine Bediensteten (mittlerweile rund 50 Prozent der Bevölkerung) zu entlohnen.
 
Justinian ordnete 545/6 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an und ließ im Jahre 562 heidnische Bücher öffentlich verbrennen.[37]
https://de.wikipedia.org/wiki/Justinian_I.

Das wird wohl kaum große Auswirkungen gehabt haben, hatte Justinian nicht noch selber einen großen Gesetzeskodex gemacht/machen lassen??

Rückschritt oder nur Umdenken ?
Last der Welt
»Der Imperialismus«, konstatiert Raith, »reizte die Römer nicht mehr so wie früher.«

Statt dessen setzte sich allenthalben im Reich ein Prozeß des Umdenkens durch, der den altrömischen Prinzipien der Machtentfaltung strikt widersprach: Bedürfnislosigkeit und Freiheit von Eigentum predigte etwa der Kynische Bettelorden, Lebensbescheidenheit propagierte die Philosophenschule der Stoa. Auch eine Friedensbewegung machte den römischen Staatsgewaltigen zu schaffen - die frühen Christen weigerten sich, Kriegsdienste mit der Waffe zu leisten.

und
Der Staatsbankrott war zum Dauerzustand geworden; das Reich war kaum noch in der Lage, seine Bediensteten (mittlerweile rund 50 Prozent der Bevölkerung) zu entlohnen.

Also ich glaube kaum, dass das Christentum groß zur "Verweichlichung" der römischen Bevölkerung geführt hat. Christen gab es schon lange in der römischen Armee. Das sieht man an den Christenverfolgungen.
 
Also ich glaube kaum, dass das Christentum groß zur "Verweichlichung" der römischen Bevölkerung geführt hat.
:D das christliche Militär des christlichen Kaisers Justinian unter dem Befehl der christlichen Generäle Belisar und Narses hatte den Vandalen und Ostgoten wohl doch eher unverweichlicht gezeigt, wo der Bartl den Most holt :D
 
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Justinian ordnete 545/6 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an und ließ im Jahre 562 heidnische Bücher öffentlich verbrennen.
Wie die Antworten zeigen, beeindruckt das hier niemanden: Es wird weiter negiert, dass Christen heidnische Bücher absichtlich vernichteten.

Rückschritt oder nur Umdenken ?
Last der Welt
Vielen Dank für den Link. Bezüglich des Niedergangs des Imperiums zitiere ich daraus einen Satz:

Auf die Frage, wie es dazu gekommen war, hat noch jede Historiker-Generation eine andere Antwort gefunden. Mal machten die Geschichtsforscher den Ansturm unverbrauchter Naturvölker, mal die Dekadenz der im Luxus erschlafften römischen Oberschicht oder auch das Ende der Sklavenwirtschaft für den Kollaps des Römerreichs verantwortlich.

Dieser Satz ist jetzt zwar 40 Jahre alt, aber er stimmt noch immer. Ein Beispiel dazu: Aus dem Jahr 2022 stammt dieser Artikel – Zitat:

Niedergang einer Weltmacht – Wie das Römische Reich sich selbst vernichtete

Die Hunnen, das Klima, die Dekadenz? Von wegen. Eine neue Ausstellung rekonstruiert die blutigen Bürgerkriege im antiken Riesenreich – und zeigt: Die Römer hatten ein Ost-West-Problem.
 
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