War das Mittelalter ein Rückschritt?

ziehst du vorsorglich den Autor in Zweifel

Wo habe ich den Autor in Zweifel gezogen?

Ich habe geschrieben, dass man nachsehen müsste ob er im Einzelnen tatsächlich so argumentiert, weil ich sein Werk nicht kenne und nicht weiß ob er in dem Wiki-Artikel korrekt wiedergegeben wurde, also steht meine Antwort unter dem Vorbehalt, dass dies der Fall ist.

Ich halte es für ein Gebot der Seriösität Aussagen, aus Rezensionen oder anderer darauf Bezug nehmender Literatur nicht vorbehaltlos zu übernehmen, wenn ich das nicht selbst überprüft habe.

Warum bist du der Meinung, dass mir diese Tendenz nicht passen würde? Sie entspricht doch wesentlich eher meiner Auffassung, dass sich potentielle Vernichtung von Schriftgut in den Bahnen auf religiöse Vorstellungen beschränkte, als deiner Auffassung, es wäre dabei um Zerstörung von Wissen gegangen.

Wenn man dem Zitat so folgen möchte, ging es um Dämonen, nicht um Wissen.
Es sei denn natürlich du wolltest postulieren, dass die Christen Wissen grundsätzlich für dämonisch hielten, dass allerdings wäre ein extrem steile These.
 
Das Serapeion hatte eine kleine Bibliothek....die wahrscheinlich schon im Abgang gewesen ...
Das ist nur eine Vermutung.

Siehe die Bibliothek von Alexandria, für die keine Überlieferung der Zerstörung durch alexandrinische Christen tradiert und nachgewiesen wurde.
Dass es da über die Zerstörung der Bibliothek von Alexandria keine Überlieferung gibt ist unstrittig. Strittig ist nur, wer für die Zerstörung infrage käme.

Wo habe ich den Autor in Zweifel gezogen?
Habe ich oben in Nummer #239 zitiert.
 
@Dion

Dadurch eine sachlisch falsche Unterstellung zu widerholen wird sie nicht richtiger.

Darf ich deiner Haltung zu dieser Thematik dann entnehmen, dass du es vorziehen würdest die Darstellungen von Rezensionen ohne eigene Kunsultation des Buches für bare Münze zu nehmen?

Falls ja, würde das nicht unbedingt für deine Arbeitsweise sprechen.
 
Dass es da über die Zerstörung der Bibliothek von Alexandria keine Überlieferung gibt ist unstrittig. Strittig ist nur, wer für die Zerstörung infrage käme.

Wenn es denn überhaupt eine gewesen war in der Absicht, die Schriftrollen zu zerstören. Abgang/Abgänge können durch diverse andere Ursachen geschehen.

Vielleicht nochmals zur Anregung in diesem Zusammenhang:

Johannes Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt (2004), S. 112:

[…] Die genauen Hintergründe dieser Mordtat müssen aus den zu rekonstruierenden Rahmenbedingungen der historischen Situation und den Äußerungen der Überlieferung erschlossen werden. Zunächst steht außer Zweifel, daß weder die von Hyptia gelehrte Philosophie noch ihre Lehrtätigkeit an sich eine beachtliche Rolle gespielt haben. […]

Philosophie als obligater Bestandteil des traditionellen Bildungskanons für die aristokratische Führungsschicht hatte jedenfalls in Alexandria auch für Christen nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, und das ungehinderte Fortblühen der alexandrinischen Neuplatonismus wie überhaupt der philosophischen Schulbetriebes in der Stadt bis zur arabischen Eroberung ist hierfür der klarste Beleg. Weder im Jahre 415 noch zu einem anderen Zeitpunkt vor der Regierung Justinians wurden Professoren in Alexandria wegen der von ihnen gelehrten Philosophie oder um ihrer einfachen heidnischen Gesinnung willen attackiert oder verfolgt.
[…]

Sowohl die christliche wie die heidnische Überlieferung zum Tod der Hyptia lassen nun keinen Zweifel daran, daß die Ermordung der Philosophin primär wegen ihres eminenten Einflusses in der alexandrinischen Gesellschaft und Politik erfolgte. [...]

Valens übrigens war nur oströmischer Kaiser...für seinen 'west-römischen', christlichen Bruder Valentinian I. sind keine Verfolgungen paganer Philosophen bekannt usw.
 
Valens übrigens war nur oströmischer Kaiser...für seinen 'west-römischen', christlichen Bruder Valentinian I. sind keine Verfolgungen paganer Philosophen bekannt usw.
Ja, das könnte* stimmen, obwohl die beiden Kaiser ziemlich synchron handelten – Zitat:

In 364, the Nicene Christian Valentinian I succeeded Jovian as emperor along with his brother Valens, who tended to promulgate Arianism during his reign in the Eastern part of the empire. Initially both emperors showed relative tolerance towards pagans. Although his religious policy is less well-evidenced than that of his brother, Valens did not deny promotions to pagans. This picture changed when both in their respective dominions came to conduct what is known as magic trials, in Rome from 369 to 375, and in Antioch from early 372 onwards. ⁸ What had started as Valens ’ brutal reaction to a conspiracy soon turned into a general investigation of suspicious religious activity throughout the Ε astern empire and an unprecedented incident of book-burning. ⁹
Valentinian I and Valens passed their own laws against suspicious pagan activities in their respective dominions. On 12 December 370, before the magic trials started in Antioch, a law was passed in Constantinople, ruling that “ the teaching of astrology shall cease. ” It stated that if any person “ should be caught while engaged in this forbidden error [ … ], he shall suffer capital punishment ” , regardless of whether he is a teacher or student of such “ prohibited things. ” ¹ ⁰ Christian authors frequently employ the term error to refer to philosophical or heretical tenets. ¹¹ The law is addressed to Modestus, praetorian prefect of the East, who headed a commission to judge the trials. ¹² By contrast, Valentinian passed two different but more sympathetic laws for the senate of Rome in 371: neither divination nor other forms of religio allowed in the past were to be considered criminal offences unless they were harmfully practised. Legal procedures were regulated for senators involved in magic trials. ¹³ The emperors reacted to initial accusations as outlined below. However, both emperors in Constantinople in an unknown year issued a harsh edict on burning pamphlets. ¹ ⁴ Along with the laws against mathematici ( “ astrologers ” ), this could have served as the legal basis for the book searches that followed.


Quelle: Rohmann, Dirk. Christianity, Book-Burning and Censorship in Late Antiquity: Studies in Text Transmission, Walter de Gruyter GmbH, 2016. ProQuest Ebook Central

* Ich habe noch nicht das ganze Buch von Rohmann gelesen.
 
Kurz vor 450 kam der Kirchenhistoriker Sozomenus in Bezug auf die Herrschaft des Valens zu dem Schluss: "Fast alle griechischen Philosophen sind zu dieser Zeit umgekommen." Allerdings neigen Autoren wie Sozomenus dazu, die Geschichte als Erfolgsgeschichte des Christentums zu interpretieren und damit die historischen Fakten zu verfälschen. (übersetzt mit DeepL)

Geht noch weiter, Anschlusstext:

Autoren wie Sozomenus neigen jedoch dazu, die Geschichte als Erfolgsgeschichte des Christentums zu interpretieren und verfälschen daher die historischen Fakten. Außerdem hätten einige dieser Philosophen, die in ihrer Kunst als überlegen galten, versucht, den Namen des Nachfolgers von Valens zu erfahren, "weil sie sich über den Fortschritt des Christentums ärgerten"³⁴ Diese Weissagung, die von der Hoffnung auf einen toleranteren künftigen Kaiser inspiriert war, wurde als Vorwand für weitere Versuche genommen. Während die Kirchenhistoriker dazu neigen, sich nicht näher mit diesem Fall zu befassen, geht der heidnische Bericht des Zosimus, der etwa ein halbes Jahrhundert später verfasst wurde, viel ausführlicher auf diese Ereignisse ein. Wie Ammianus beschreibt auch Zosimus, dass Häuser durchsucht wurden, Informanten Anschuldigungen erhoben und es zu Prozessen und Hinrichtungen kam. Laut Zosimus richtete Valens seinen Zorn gegen Philosophen und Gelehrte.
Der Anstifter der Prozesse war Festus, Prokonsul in Asiae von 372 bis 378.³⁵ Zosimus könnte Recht haben, denn auch aus anderen Quellen sind Fälle von Literaten bekannt, die auf Befehl von Festus hingerichtet wurden.³⁶ Es ist also wahrscheinlich, dass die von Valens im Osten initiierten Prozesse den Ruin vieler Bücher im Besitz von Philosophen verursacht haben könnten, aber die Rhetorik der entsprechenden Texte erfordert Vorsicht. Obwohl für einige heidnischen Autoren die Episode als ein wegweisender Fall von Grausamkeit durch christliche Kaiser erschien, ist es wahrscheinlich, dass ihre Auswirkungen mit der Zeit übertrieben wurden. Die Behörden suchten offenbar nach Büchern, um Beweise für Hochverrat zu sammeln, aber das erklärt kaum, warum diese Texte verbrannt wurden. Möglicherweise diente die Bücherverbrennung als öffentliches Ritual, um die Bevölkerung einzuschüchtern, was in diesem und im nächsten Kapitel noch häufiger vorkommen wird.

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Eine Verfolgung paganer Philosophen und Gelehrten ist bei Valentinian I. nicht belegt.
Und ein Verbot astrologischer, magischer und zauberischer Schriften und Tätigkeiten, seit Augustus immer wieder von kaiserlicher Seite erlassen inkl. großer Bücherverbrennungen, ist kein sicherer Beleg für dafür, dass damit auch sonstige 'häretische', pagane philosophische und nichtchristliche Schriften inkludiert gewesen waren.

Außerdem erinnere ich nochmals wiederholt daran:

Johannes Hahn, Gewalt und religiöser Konflikt (2004), S. 112:

[…] Die genauen Hintergründe dieser Mordtat müssen aus den zu rekonstruierenden Rahmenbedingungen der historischen Situation und den Äußerungen der Überlieferung erschlossen werden. Zunächst steht außer Zweifel, daß weder die von Hyptia gelehrte Philosophie noch ihre Lehrtätigkeit an sich eine beachtliche Rolle gespielt haben. […]

Philosophie als obligater Bestandteil des traditionellen Bildungskanons für die aristokratische Führungsschicht hatte jedenfalls in Alexandria auch für Christen nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, und das ungehinderte Fortblühen der alexandrinischen Neuplatonismus wie überhaupt der philosophischen Schulbetriebes in der Stadt bis zur arabischen Eroberung ist hierfür der klarste Beleg. Weder im Jahre 415 noch zu einem anderen Zeitpunkt vor der Regierung Justinians wurden Professoren in Alexandria wegen der von ihnen gelehrten Philosophie oder um ihrer einfachen heidnischen Gesinnung willen attackiert oder verfolgt.[…]​

Sowohl die christliche wie die heidnische Überlieferung zum Tod der Hyptia lassen nun keinen Zweifel daran, daß die Ermordung der Philosophin primär wegen ihres eminenten Einflusses in der alexandrinischen Gesellschaft und Politik erfolgte. [...]
Hervorhebungen von mir
 
Valens bzw. Festus haben also im oströmischen Reich einige pagane Philosophen vor allem wegen ihrer Zukunftsvisionen und -äußerungen gegenüber Valens und für eine/die Zeit nach der Herrschaft von Valens verfolgt, was durchaus als Hochverrat diffamiert und verfolgt werden konnte.

Zur Ergänzung hinsichtlich Valens, der auch die Anhomöer wie nicht-homöischen Katholiken hatte verfolgen lassen, scheint der Hinweis sinnvoll zu sein, dass Valens sich die Dienste und Freundschaft des nichtchristlichen, bekannten Philosophen Themistios sicherte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Wort alles in deinem Beitrag ist nicht von mir. Warum du es eingefügt hast, interessiert mich nicht, ich will hiermit diese Unterstellung nur zurückweisen.
...machst du gerade mimimi? ;)
Wäre dir statt "alles" "fast alles" lieber?
Nebenbei: es liegt nicht an mir, dass deine Beiträge den Eindruck vermitteln, als wären "die Christen" der Hauptverursacher des Verlusts antiker Schriften.
 
Ich finde das schon erschreckend, denn nicht nur Bücher wurden vernichtet, sondern auch Menschen, die verbotene Bücher besaßen
Dein gespieltes Erschrecken hätte größere Wirkung entfaltet, wenn Du es schon an diesem Punkt unserer diesbezüglichen Diskussionen zur Anwendung gebracht hättest:
"Den Dichter einer Atellanenkomödie verbrannte er wegen eines einzigen Verses, der eine zweideutige Anspielung enthielt, mitten in der Arena des Amphitheaters."

Ansonsten nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass es keine sachlichen Einwände zu meinen Bemerkungen über den Literaturschwund gibt.
 
Du hättest nicht nur die Bilder schauen, sondern auch lesen sollen, dass z.B. in der Serapheumbibliothek Schriftrollen aufbewahrt wurden...

Ja sicher sind irgendwo auf dem Gelände des Serapeions irgendwann Schriften aufbewahrt worden.

Die Mauerreste, die mutmaßlich mit der Bibliothek in Verbindung gebracht werden, werden dem dritten vorchristlichen Jahrhundert zugewiesen. Ob es Belege gibt, dass da im 4. Jahrhundert noch Schriften aufbewahrt wurden, geht weder aus dem Text noch aus den bunten Bildern hervor.

Anstatt Dich mit der Frage zu befassen, ob kurz vor dem Jahr 391 noch überhaupt eine Bibliothek bestand und falls ja, welche Schriften dort aufbewahrt wurden, bringst Du Vermutungen darüber, was Jahrhunderte vorher da gewesen sein könnte.

Das ist nur eine Vermutung.
Diesmal nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass Du Vermutungen jetzt doch nicht als Belege gelten lässt.

Zum Stichwort
möchte ich noch den Hinweis geben, dass ich eine Alternativfrage (erkennbar an dem Wort oder) gestellt hatte, die sich sinnvollerweise nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten lässt. War mit Deinem "Nein" ein "Weder-noch" gemeint?
Und um weitere Scheindiskussionen zu vermeiden, wiederhole ich nochmal den Hintergrund meiner Frage:
Mich würde interessieren, wofür oder wogegen Du eigentlich Argumente suchst.
 
Die eigentliche Aufgabe in diesem Faden scheint gelegentlich noch zu sein, in einem Geschichtsforum zumal, sich von monokausalen Erklärungsversuchen - von geradezu mythischer Wirksamkeit, scheint mir - zu lösen.
Vor allem wenn so globale Begriffe/Komplexe wie 'Christentum' als über alle Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte wie Jahrtausende, über alle Örtlichkeiten, Persönlichkeiten, Regionen und Erdteile, Situationen und Kriege, Katastrophen und Seuchen, Kulturen und Unterschiede wie Differenzierungen und Kontingenzen hinweg als allein ausmachbare, monokausale Ursache für alle möglichen restringierenden, retardierenden Entwicklungen verantwortlich gemacht wird.

Schönes Beispiel stellt (das hellenistische) Alexandria in Ägypten dar.
Folgt man gewissen Vereinfachungen, so herrschen dort ab spätestens dem fortgeschrittenen 4. Jh. ein christlicher bildungs-/wissensfeindlicher, antiheidnischer und gewaltbereiter Mob samt Ortsbischof und wahl- oder zeitweise dem oströmischen Kaiser unumschränkt, durchweg und sorgt für den umgehenden Niedergang bzw. die umgehende Auslöschung nichtchristlicher wissenschaftlicher und nichtwissenschaftlicher Bildungstradition und -'Güter' wie jene 'heidnischen' Bibliotheken und Buchrollen-Bestände - und von 'heidnischen' Persönlichkeiten.

Die davon abweichenden, hinreichend rekonstruierbaren, komplexen Wirklichkeiten/Situationen wurden in einigen Beiträgen hier thematisiert...
  • Hyptia
  • Serapeion
  • die Fortbestand des alexandrinische Neuplatonismus, des philosophischen Schulbetriebes
  • die - empirisch - nachweisbaren Philosophen, Gelehrten
  • die damit verbundene, wahrscheinliche Weiterexistenz der Bibliothek von Alexandria
  • der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria
  • usw.
Die oft genug sinisteren Wendungen/Turbulenzen des Christentums/der Christentümer vor allem im östlichen Römischen Reich, und dort an einigen Hotspots wie Alexandria, vom 4.-6. Jahrhundert und später, bieten davon unabhängig einen immer wieder wenig attraktiven Einblick...
 
Zuletzt bearbeitet:
in dem Buch* „Rohmann, Dirk. Christianity, Book-Burning and Censorship in Late Antiquity: Studies in Text Transmission”
... gibt es ein Kapitel über die Zerstörung von Bibliotheken; demnach gibt es keine wesentlichen Erkennnisse seit dem Buch von Speyer: Keine Quelle berichtet über eine gezielte Vernichtung von Bibliotheken, mit Ausnahme der von mir erwähnten Zerstörung der Bibliothek in Antiochia. (Und auch dazu schreibt Rohmann, die Quellen seien recht spät und mit Vorsicht zu genießen.)

Was mich im Zusammenhang mit Alexandria etwas erstaunt, ist, dass auf die Plünderung des Serapeions 357/358 gar nicht eingegangen wird. Wenn man sich schon in Vermutungen ergeht, könnte man ja auch darüber spekulieren, ob nicht damals schon die Bibliothek betroffen war.

Bischof Georg wurde am 24. Dezember 361 von einem aufgebrachten Mob gelyncht.
Was ich dazu bei Rohmann lese, war mir bisher neu:
Bischof Georg besaß eine umfangreiche Bibliothek, diese enthielt "viele Bücher über Philosophie und viele über Rhetorik; viele auch über die Lehren der gottlosen Galiläer [= Christen]", und diese Bibliothek wurde bei den Ausschreitungen 361 geplündert. (Julian ließ Nachforschungen über den Verbleib dieser Bücher anstellen; er wollte die christlichen Bücher vernichten, sorgte sich aber darüber, dass bei der Aktion auch die "nützlichen" Bücher draufgehen könnten.)
 
Strittig ist nur, wer für die Zerstörung infrage käme.

Ich habe es mir jetzt schon eine Weile verkniffen, Johannes Chrysostomos Adv. Jud. 6,1 ins Spiel zu bringen, weil ich im Zweifel bin, ob er wirklich aktuelle Informationen über die Bibliotheksbestände des Serapeions besaß oder sein Wissen aus einem alten Schinken bezog.
Aber nehmen wir spaßeshalber mal an, es handle es sich um den letzten Stand vor der Zerstörung der Bibliothek: Dann lagerten dort "heilige Schriften", möglicherweise die Urschriften der Septuaginta. (Chrysostomos' Argumentation geht so: Im Serapeion werden heilige Schriften aufbewahrt, das macht aber das Serapeion an sich noch nicht zu einem heiligen Ort.)

Wer käme dann für eine mutwillige Zerstörung der Bibliothek samt Inhalt in Frage?
 
Was mich im Zusammenhang mit Alexandria etwas erstaunt, ist, dass auf die Plünderung des Serapeions 357/358 gar nicht eingegangen wird.

Ja...der Autor hat dafür wohl zu wenig Platz im Titel...und für dieses Ereignis vielleicht im Rahmen seiner Arbeitshypothese weniger Interesse...;)

Bischof Georg und die Hintergründe samt Plünderung des Serapeions 357/358 siehe Johannes Hahn, Gewalt, S. 66-74
 
Ja...der Autor hat dafür wohl zu wenig Platz im Titel...und für dieses Ereignis vielleicht im Rahmen seiner Arbeitshypothese weniger Interesse...;)
Ich hatte zuvor schon vom selben Autor The Destruction of the Serapeum of Alexandria, Its Library, and the Immediate Reactions, in: Klio 104/1 (2022) durchgelesen, da verliert er auch kein Wort darüber.
 
Valens bzw. Festus haben also im oströmischen Reich einige pagane Philosophen vor allem wegen ihrer Zukunftsvisionen und -äußerungen gegenüber Valens und für eine/die Zeit nach der Herrschaft von Valens verfolgt, was durchaus als Hochverrat diffamiert und verfolgt werden konnte.

Die forcierte Rückkehr Valens zur Privilegierung der christlichen Reichskirche nach der 'heidnischen' Episode unter Julian bzw. die Art seines Agierens hat anscheinend in seinem oströmischen Reichsteil schnell Kritik bzw. offen formulierte Zukunftshoffnungen/-Visionen für eine Zeit nach Valens bei einigen Philosophen hervor gerufen.

Das war anscheinend der Auslöser u. Anfang für den sich dann verselbständigenden Kurs gegen die freien, paganen Philosophen...und nicht der Wunsch Valens, (primär) speziell Exponenten des 'Paganentums' aus christlicher Intoleranz zu verfolgen.

Dazu passt, dass Valens sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen hatte.
Dazu passt ebenfalls die beachtliche Stellung u. Beziehung des paganen Philosophen Themistios bei/zu Valens.

Valens lies alles - in vielfacher kaiserlicher Tradition - niederknüppeln, was seine Herrschaft in Frage stellen konnte...das Verbot astrologischer, magischer u. zauberischer Schriften und Praktiker stellt in diesem Kontext einen klassischen kaiserlichen Handlungstopos dar....und alle nicht homöischen christlichen Strömungen inner- und außerhalb der Reichskirche hatten unter seinem Regime wenig zu lachen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Rohmanns Conclusion scheint mir erfreulich differenziert zu sein. Das kann vielleicht gewisse StrohfeuerDiskussionen abkürzen...oder verhindern ;)
 
Als Zitat aus dem Rohmanns Buch
Möglicherweise diente die Bücherverbrennung als öffentliches Ritual, um die Bevölkerung einzuschüchtern, was in diesem und im nächsten Kapitel noch häufiger vorkommen wird.
Dieses Einschüchtern-Wollen ist nichts Ungewöhnliches – das gab es davor und danach bis in unsere Tage öfters.

Zur Ergänzung hinsichtlich Valens, der auch die Anhomöer wie nicht-homöischen Katholiken hatte verfolgen lassen, scheint der Hinweis sinnvoll zu sein, dass Valens sich die Dienste und Freundschaft des nichtchristlichen, bekannten Philosophen Themistios sicherte.
Diese ambivalente Haltung des Kaisers überrascht mich nicht, schließlich war er auch nur ein Mensch.

...machst du gerade mimimi?;)
Nein, ich habe lediglich eine Unterstellung deinerseits zurückgewiesen. Dass du das jetzt ins Lächerliche ziehst, damit musst du klarkommen, nicht ich.

Dein gespieltes Erschrecken hätte größere Wirkung entfaltet, wenn …
Du musst schon mir überlassen, wann ich was schreibe.

Anstatt Dich mit der Frage zu befassen, ob kurz vor dem Jahr 391 noch überhaupt eine Bibliothek bestand und falls ja, welche Schriften dort aufbewahrt wurden, bringst Du Vermutungen darüber, was Jahrhunderte vorher da gewesen sein könnte.
Darüber haben wir schon gesprochen: Du meinst, es gäbe keinen Beweis, dass sich vor der Zerstörung des Serapheum dort Schriftrollen befunden haben. Und ich meine, es gäbe keinen Beweis dafür, dass die Schriftrollen irgendwann zuvor entfernt wurden.

Das sind 2 unbewiesene entgegengesetzte Positionen – sich darüber zu streiten, bringt nichts. (Das ist so ähnlich wie mit dem Gottesbeweis: Beweise, dass es Gott gibt verso beweise, dass es Gott nicht gibt)

Mich würde interessieren, wofür oder wogegen Du eigentlich Argumente suchst.
Ich werde hier – auch von dir! – immer wieder aufgefordert, Beweise für meine Ansicht zu bringen, dass das Christentum mit dazu beigetragen habe, dass das Frühmittelalter* im Westen im Vergleich zu dem Stand im römischen Reich ein Rückschritt auf den Gebieten der Kultur und der Technologie war.

* Würde man das Mittelalter als Ganzes (also die 1000 Jahre) betrachten, dann müsste man die im Titel des Fadens gestellte Frage verneinen. Dass meine Ansicht eine gewisse Berechtigung hat, habe ich schon in meinem Posting #81 versucht darzustellen, in dem ich zumindest die technologischen „Errungenschaften“ des Mittelalters zusammengetragen habe; dort sieht man in den ersten 4 mittelalterlichen Jahrhunderten gähnende Leere.

Die eigentliche Aufgabe in diesem Faden scheint gelegentlich noch zu sein, in einem Geschichtsforum zumal, sich von monokausalen Erklärungsversuchen - von geradezu mythischer Wirksamkeit, scheint mir - zu lösen.
Ich habe es in der Antwort an @Sepiola schon angedeutet: Weder ich noch sonst jemand versucht hier dem Christentum alleinige Verantwortung für irgendetwas zuzuschieben. Aber dass das Christentum eine Mitverantwortung hat, steht für mich außer Zweifel, schließlich hat es in Gestalt der Päpste und der Bischöfe die geistige und politische Führung auf dem Gebiet des ehemaligen römischen Reiches übernommen.

Momentan geht es in diesem Faden um die Frage, ob und inwieweit diese Mitverantwortung schon mit den Bischöfen und den christlichen Kaisern in der Spätantike begann.

Die davon abweichenden, hinreichend rekonstruierbaren, komplexen Wirklichkeiten/Situationen wurden in einigen Beiträgen hier thematisiert...
  • Hyptia
  • Serapeion
  • die Fortbestand des alexandrinische Neuplatonismus, des philosophischen Schulbetriebes
  • die - empirisch - nachweisbaren Philosophen, Gelehrten
  • die damit verbundene, wahrscheinliche Weiterexistenz der Bibliothek von Alexandria
  • der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria
  • usw.
Einverstanden – obwohl die Umschreibung „der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria“ für die Flucht der Philosophen aus Alexandria ein Euphemismus darstellt. Es sollte auch klar sein, dass man eine ein halbes Jahrtausend dauernde Tradition nicht so einfach ungeschehen machen kann, obwohl sich Patriarchen wie z.B. Theophilos oder Kyrill von Alexandria alle Mühe dazu gaben.

Wer käme dann für eine mutwillige Zerstörung der Bibliothek samt Inhalt in Frage?
Ein Mob – wie der seinerzeit von Theophilos aufgehetzter – ist blind und unterscheidet nicht zwischen christlichen und heidnischen Schriften.

Ja...der Autor hat dafür wohl zu wenig Platz im Titel...und für dieses Ereignis vielleicht im Rahmen seiner Arbeitshypothese weniger Interesse...;)
Schön zu sehen, wie du dich hier am argumentum ad hominem versuchst.

Dazu passt, dass Valens sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen hatte.
Was soll das heißen Valens hätte „sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen“? Reichen die Gesetze nicht, die ich in #245 zitiert habe?
 
Weder ich noch sonst jemand versucht hier dem Christentum alleinige Verantwortung für irgendetwas zuzuschieben. Aber dass das Christentum eine Mitverantwortung hat, steht für mich außer Zweifel,
Das sieht jetzt schon viel differenzierter aus! (mir war beim lesen deiner streitbaren Beiträge zuvor nicht ersichtlich, dass du das alles eigentlich so gemeint hattest)
Ich werde hier – auch von dir! – immer wieder aufgefordert, Beweise für meine Ansicht zu bringen, dass das Christentum mit dazu beigetragen habe, dass das Frühmittelalter* im Westen im Vergleich zu dem Stand im römischen Reich ein Rückschritt auf den Gebieten der Kultur und der Technologie war.
Da wird es noch Diskussionsbedarf en Detail geben (Wasserleitungen & Bäder Karls des Großen - übrigens ganz kurios, weil militärisch: Sperrstellungen (z.B. ostgotische) waren ein militärtechnisches Novum in der Spätantike - - es gäbe noch mehr)
Momentan geht es in diesem Faden um die Frage, ob und inwieweit diese Mitverantwortung schon mit den Bischöfen und den christlichen Kaisern in der Spätantike begann.
und es ist zu fragen, welches Ausmaß bzgl. der Zerstörungen die Reichskrise des 3. Jhs. bewirkt hatte. Wirtschaftlich war es ab da "im Westen" schon auf dem absteigenden Ast (flächendeckend gab es keine Weiterfinanzierung großer öffentlicher Projekte, eher punktuell noch in relativ sicher gelegenen Großstädten; regional Bevölkerungsrückgang, Verarmung - Bagaudenaufstände etc)

ach ja: in rhetorischer Tradition geklagt Gregor von Tours in der Vorrede seiner Frankengeschichte, dass sein Latein nicht mehr so geschliffen wie die klass. Vorgänger (die er ergo ausreichend gekannt haben muss!) sei.
 
Ich habe es in der Antwort an @Sepiola schon angedeutet: Weder ich noch sonst jemand versucht hier dem Christentum alleinige Verantwortung für irgendetwas zuzuschieben. Aber dass das Christentum eine Mitverantwortung hat, steht für mich außer Zweifel,

Erster Teil...erfreulich...hört sich schon anders an. Zweiter Teil: 'Das Christentum' gibt es nicht. Bischöfe, Akteure, Herrscher, die ägyptischen Mönche usw. usw. handelten an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten, Regionen, Phasen unterschiedlich, unterschiedlich stark, unterschiedlich nachhaltig, unterschiedlich systematisch, unterschiedlich differenziert und differenzierend.


inverstanden – obwohl die Umschreibung „der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria“ für die Flucht der Philosophen aus Alexandria ein Euphemismus darstellt.
Ich hatte ausdrücklich auf den Fortbestand der bekannten neuplatonischen Schule und ihrer Lehrtätigkeit hingewiesen, der belegt ist.

Siehe Beitrag+246, Zitatauszug von Hahn:
Weder im Jahre 415 noch zu einem anderen Zeitpunkt vor der Regierung Justinians wurden Professoren in Alexandria wegen der von ihnen gelehrten Philosophie oder um ihrer einfachen heidnischen Gesinnung willen attackiert oder verfolgt.

Als letzter nachweisbarer Vertreter gilt Stephanus von Alexandria, der 610 an den kaiserlichen Hof in Byzanz berufen wurde. Übrigens auch Astronom, Alchemist, Astrologe usw. usw.

Es sollte auch klar sein, dass man eine ein halbes Jahrtausend dauernde Tradition nicht so einfach ungeschehen machen kann, obwohl sich Patriarchen wie z.B. Theophilos oder Kyrill von Alexandria alle Mühe dazu gaben.
An der klassischen Bildungstradition nahmen, ich hatte dies ebenfalls wiederholt gepostet, auch alexandrinische Christen teil, wie bereits ebenfalls in Beitrag 246 mit Zitatauszug von Hahn referiert:

Philosophie als obligater Bestandteil des traditionellen Bildungskanons für die aristokratische Führungsschicht hatte jedenfalls in Alexandria auch für Christen nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, und das ungehinderte Fortblühen der alexandrinischen Neuplatonismus wie überhaupt der philosophischen Schulbetriebes in der Stadt bis zur arabischen Eroberung ist hierfür der klarste Beleg.

Was soll das heißen Valens hätte „sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen“? Reichen die Gesetze nicht, die ich in #245 zitiert habe?

Waren und sind primär keine anti-heidnischen Gesetzgebungen gewesen.

Der Wiener Althistoriker Roland Steiner notiert in seinem Symposiums-Beitrag Gesetze gegen den Polytheismus zwischen Konstantin I. und Theodosius I. – Beobachtungen zu spätantiken kaiserlichen Verfügungen (in: Spätantiker Polytheismus im Westen des Römischen Reiches, Akten des Symposiums in Graz 2019), online abrufbar, S. 28 f. u.a.:

Valentinian I. und Valens waren wie Constans und Constantius II. mehr mit der Kirche beschäftigt als mit einer aktiven Christianisierung des Reiches. [...]
Die Brüder verboten Donatismus und Manichäismus, ansonsten lassen sich keine direkten Maßnahmen gegen das Heidentum finden. [...]
Auch die altbekannte Reihe von Verfügungen gegen magische Praktiken setzte sich fort. Valentinian und Valens verboten 364 und 370 erneut nächtliche Weissagungen und Zeremonien, wieder wurde die Todesstrafe angedroht.95 Wegen einer Anfrage des Proconsuls der Provinz Achaea, Praetextatus, gestattete Valentinian dann aber doch, die eleusinischen Mysterien zu feiern. 371 wurden auch offizielle Haruspizien wieder erlaubt. [...]
Als 371/372 in Antiochia ein angebliches Komplott gegen Valens durch den secundicerius notariorum Theodorus aufgedeckt wurde, nahmen die Prozessverantwortlichen an, dieser habe mit Hilfe magischer Praktiken auf den Thron gelangen wollen; ein Beispiel, das den Hintergrund der Gesetzgebung gegen Magie illustrieren hilft. Valens ließ eine Reihe von Majestätsprozessen führen. Mehreren heidnischen Intellektuellen und neuplatonischen Philosophen wurde Wahrsagerei und Giftmischerei vorgeworfen, einige wurden verurteilt und auch hingerichtet.99 Planvolles Handeln war dies kaum, allerdings verdeutlichen solche Vorfälle, wie gefährlich der Vorwurf der Zauberei im Falle der Strafverfolgung sein konnte.
[...]​

Dass Valens keine weiteren expliziten anti-heidnischen Gesetzgebungen gefördert und erlassen hat, war mir bereits vorher noch irgendwie bekannt gewesen und ist in der einschlägigen Wissenschaftsliteratur anerkannter Topos.

Wie schon oben notiert, vielleicht kann ein Blick in die Conclusion von Rohmann, der in Deinen Beiträgen eingeführt worden war, vielleicht kann ein Blick in die differenzierte Conclusion gewisse Strohfeuer-Dis. reduzieren...

In Beitrag # 209 war meinerseits schon auf die christliche theologische Schule von Nisibis (ab dem 5.. Jh.) hingewiesen...und auf ihre Rolle bei der Übersetzung klassischer griechisch-'heidnischer' Werke.

Schau an, die christliche Theologie-Schule von Nisibis hatte seit Gründung im 5. Jh. sogar einen bedeutsamen Anteil an der Übersetzung klassischer griechischer-'heidnischer' Literatur ins Syrische/Aramäische, wovon die Araber und der spätere Islam profitierten. Kein Wunder bei der Prägung durch die Antiochenische Theologie.

Schaut man sich die Verteilung der aktuell feststellbaren Geburtshoroskop-Erstellungen in der Spätantike an, so steigt die Verteilung halt deutlich wieder ab dem späten 4. Jh. an, Schwerpunkt offenbar natürlich im griechisch sprachigen Raum/Reichsteil. Nur für die Regierungszeit von Justinian I. gibt es eine ausgeprägte Lücke.


 
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