Historische Romane

Die Bücher weiß ich nicht mehr, habe ich entsorgt, einmal hat da jemand Kartoffeln gebraten, das muß um 1350 herum oder früher gewesen sein, da ist dann bei mir Schluß.

Ich habe halt immer die Furcht, sowas zu finden.

Ich bin da nicht so pingelig. Es gibt wahrscheinlich keinen völlig fehlerfreien historischen Roman. Umberto Ecos "Der Name der Rose" ist ein Meisterwerk, auch wenn dem Meister ein paar grobe Schnitzer unterlaufen sind, zumindest in der ersten Fassung:
Hat man als Leser eine der ersten Übersetzungen des Romans zur Hand, so wird man wohl über so manche Fauxpas des Autors stolpern. Man wird nicht umhin kommen, dass man befremdet von Kürbissen, Paprika oder Violinen liest. Erst in einer späteren Ausgabe hat Eco diese Anachronismen im Original "bereinigt" und sprach bei einem Interview darüber von einem "Frühjahrsputz".
Der Name der Rose

Wenn die Geschichte gut geschrieben ist, nehme ich auch die eine oder andere kleine Unstimmigkeit in Kauf. Mich stört es eher, wenn der Autor mit seinen angeblich tiefschürfenden Recherchen protzt und man dann aber auf Schritt und Tritt merkt, dass er von der Epoche, über die er schreibt, nahezu keine Ahnung hat.

Und ich finde es eher belustigend, wenn Leute ihr historisches "Wissen" aus Romanen schöpfen und dann verwundert sind, wenn sie erfahren, dass dies oder jenes gar nicht stimmt. Aber... das steht doch da drin, schwarz auf weiß, ich habe es doch selbst gelesen...?
 
Ich bin da nicht so pingelig. Es gibt wahrscheinlich keinen völlig fehlerfreien historischen Roman.

Ja,sei froh darüber, ich weiß auch nicht warum das bei mir so ist, ist schon komisch.
 
Ich bin da nicht so pingelig. Es gibt wahrscheinlich keinen völlig fehlerfreien historischen Roman. Umberto Ecos "Der Name der Rose" ist ein Meisterwerk, auch wenn dem Meister ein paar grobe Schnitzer unterlaufen sind, zumindest in der ersten Fassung:
Hat man als Leser eine der ersten Übersetzungen des Romans zur Hand, so wird man wohl über so manche Fauxpas des Autors stolpern. Man wird nicht umhin kommen, dass man befremdet von Kürbissen, Paprika oder Violinen liest. Erst in einer späteren Ausgabe hat Eco diese Anachronismen im Original "bereinigt" und sprach bei einem Interview darüber von einem "Frühjahrsputz".
Der Name der Rose
Damit ist er nicht allein. Schon Georg Ebers, einer der bekanntesten Verfasser sog. "Professorenromane" des 19. Jhdts., nahm noch für die 5. Auflage seines Romans "Eine ägyptische Königstochter" (der zur Zeit der ersten Eroberung Ägyptens durch die Perser spielte) ein paar kleine Korrekturen bei botanischen Details vor, nachdem er u. a. darauf aufmerksam gemacht worden war, dass Mimosen aus Amerika stammen, Bananen erst von den Arabern in Ägypten eingeführt worden seien und irgendein Baum nur in höheren Gegenden wachse.

Schade, naja, dann pass ich lieber auf wenn ichs lese, sonst merk ich mir noch was Falsches.
Aus diesem Grund lese ich kaum "historische Romane": Hinterher weiß ich dann oft nicht so genau, was historisch stimmt und was nicht. Damit meine ich nicht einmal nur Fehler im Sinne (bewusster oder unbewusster) Verstöße gegen historisch Belegtes. Wer einen lesbaren flüssigen Roman schreiben will, kommt gar nicht umhin, allerhand Fiktionales einzufügen, um die dürren historischen Fakten mit Leben zu füllen. Für mich als Leser stellt sich dann aber die Frage, was davon belegt und was erfunden ist.
Z. B. las ich in meiner Jugend den Roman "Der Makedonier" von Nicolas Guild über die frühen Jahre Philipps II. von Makedonien. Mittlerweile habe ich die meisten antiken Quellen über diesen König gelesen, aber trotzdem weiß ich bei manchen Sachen aus dem Roman immer noch nicht, ob sie irgendwo belegt oder vom Autor erfunden waren.
Daher lese ich lieber gleich die Quellen, auch wenn sie trockener und spröder sein mögen.
 
Damit ist er nicht allein. Schon Georg Ebers, einer der bekanntesten Verfasser sog. "Professorenromane" des 19. Jhdts., nahm noch für die 5. Auflage seines Romans "Eine ägyptische Königstochter" (der zur Zeit der ersten Eroberung Ägyptens durch die Perser spielte) ein paar kleine Korrekturen bei botanischen Details vor, nachdem er u. a. darauf aufmerksam gemacht worden war, dass Mimosen aus Amerika stammen, Bananen erst von den Arabern in Ägypten eingeführt worden seien und irgendein Baum nur in höheren Gegenden wachse.


Aus diesem Grund lese ich kaum "historische Romane": Hinterher weiß ich dann oft nicht so genau, was historisch stimmt und was nicht. Damit meine ich nicht einmal nur Fehler im Sinne (bewusster oder unbewusster) Verstöße gegen historisch Belegtes. Wer einen lesbaren flüssigen Roman schreiben will, kommt gar nicht umhin, allerhand Fiktionales einzufügen, um die dürren historischen Fakten mit Leben zu füllen. Für mich als Leser stellt sich dann aber die Frage, was davon belegt und was erfunden ist.
Z. B. las ich in meiner Jugend den Roman "Der Makedonier" von Nicolas Guild über die frühen Jahre Philipps II. von Makedonien. Mittlerweile habe ich die meisten antiken Quellen über diesen König gelesen, aber trotzdem weiß ich bei manchen Sachen aus dem Roman immer noch nicht, ob sie irgendwo belegt oder vom Autor erfunden waren.
Daher lese ich lieber gleich die Quellen, auch wenn sie trockener und spröder sein mögen.

Da kann man schon die Lust am lesen verlieren...

Lese grad noch Flauberts Salambo und auch wenn er sich glaub ich recht eng an die Quellen hält, sie zumindest gelesen hat, die Beschreibung von Karthago, den Waffen etc ließt sich doch irgendwie eher wie ein Fantasy oder Science Fiction Roman als die Bilder einer antiken Stadt die ich im Kopf habe. Davon bin ich schon etwas enttäuscht. Liegt vielleicht am Alter. Immerhin beweist er Fantasie.

Wo kann man denn am Besten Quellen finden? Nur in Universitätsbibliotheken? Hab so das Gefühl ich müsste das eigentlich wissen, ist man aber bei uns kaum drauf eingegangen...
 
Heutzutage findet man die meisten Quellentexte sowie etliche (wenngleich ältere, weil nur sie gemeinfrei sind) deutsche Übersetzungen auch im Internet.
 
Heutzutage findet man die meisten Quellentexte sowie etliche (wenngleich ältere, weil nur sie gemeinfrei sind) deutsche Übersetzungen auch im Internet.

Also ich bräuchte ne deutsche Übersetzung. Hab mal nach der Friedrichschronick von Otto von Freising und Thietmars Chronick (die ich in Buchform gelesen hab) gesucht und da nichts gemeinfreies gefunden. Gibt es da spezielle Seiten?
 
Ja, die meisten deutschsprachigen Bücher des 19. und frühen 20. Jhdts. sind in Fraktur. Das Lesen ist bloß Übungssache. (Lediglich Binnen-s und f sowie V und B sind in Fraktur schwer auseinanderzuhalten.) Ich musste das schon in der Volksschule (Grundschule) lernen.
 
Umberto Ecos "Der Name der Rose" ist ein Meisterwerk, auch wenn dem Meister ein paar grobe Schnitzer unterlaufen sind, zumindest in der ersten Fassung:
mich hatten "Dinosaurier" in der Beschreibung der Bestien auf einem gotischen Kirchenportal verwundert - aber ich hatte nur die Übersetzung gelesen und nie ins Original geschaut (ich mag ein Banause sein, aber obwohl ich dass gerne gelesen hatte, komme ich nicht von meiner Einordnung "isn netter Kuttentatort" weg...)
 
Lese grad noch Flauberts Salambo und auch wenn er sich glaub ich recht eng an die Quellen hält, sie zumindest gelesen hat, die Beschreibung von Karthago, den Waffen etc ließt sich doch irgendwie eher wie ein Fantasy oder Science Fiction Roman als die Bilder einer antiken Stadt die ich im Kopf habe. Davon bin ich schon etwas enttäuscht. Liegt vielleicht am Alter. Immerhin beweist er Fantasie.
...an deinem Alter oder an den 160 Jahren, die der Roman von Flaubert inzwischen "alt" ist?
1862 erschien Flauberts Roman und wirkte sogleich verstörend auf die Leserschaft - schreiben konnte der brillant! - aber in Sachen Wissenschaft (egal welcher!) kann man nur den Stand bis 1862 voraussetzen. Mal pointiert gesagt: dass kein Autor des 19. Jhs. "metallurgische Fingerabdrücke und deren Auswertung" kennen konnte, sollte nicht zu Unmut führen (sintemalen Romane keine Habilitationsschriften in der Geschichtswissenschaft sind und auch nie waren)
 
Mal pointiert gesagt: dass kein Autor des 19. Jhs. "metallurgische Fingerabdrücke und deren Auswertung" kennen konnte, sollte nicht zu Unmut führen (sintemalen Romane keine Habilitationsschriften in der Geschichtswissenschaft sind und auch nie waren)

Das setze ich auch nicht voraus, aber man merkt schon, dass er Vieles mit seiner Fantasie ausgefüllt hat, was die Forschung vielleicht noch nicht wissen konnte, z.B. Kleidung. Vielleicht muss ich mal das Buch zitieren um die Sache auf den Punkt zu bringen...
 
Schade, naja, dann pass ich lieber auf wenn ichs lese, sonst merk ich mir noch was Falsches.
Ein Beispiel für den unheilvollen Einfluss von "Historienromanen", die sich nicht auf Fakten beschränken, ist der Wikipedia-Artikel über Chaerea, den Mörder Caligulas. In ihm konnte man 2015 einige Monate lang lesen, Chaerea sei ein Überlebender der Schlacht im Teutoburger Wald gewesen. Diese "Information" geht allerdings nicht auf antike Quellen zurück, sondern anscheinend auf den Roman "I, Claudius" von Robert Graves.
 
Robert Graves hat diesen Roman in den 1930er-Jahren geschrieben. Erst im 21. Jahrhundert wurde offiziell und endgültig zumindest im deutschen Sprachraum "vorgeschrieben", dass ein historischer Roman mindestens dem Anspruch, ein populärwissenschaftliches Geschichtsbuch zu sein, genügen muss. (Oder dass ein historischer Roman zumindest als solches von seinen Autorinnen bzw. Autoren und den Verlagen vermarktet werden muss. Unwichtig ist dagegen, dass dieser Anspruch auch tatsächlich erfüllt ist - zurzeit gilt, mein persönlicher Eindruck), wenn Autorin bzw. Autor und Verlag das behaupten, dann ist dies der Fall. Dies gilt auch, wenn es durch eine objektive, faktenbezogene Prüfung keineswegs bestätigt werden kann.)

Hinzu kommt noch, dass in den letzten achtzig Jahren eine ganze Reihe von primären Quellen publiziert und zum Teil auch ausgewertet wurden, die in den 1930er-Jahren noch nicht zur Verfügung standen. Im 21. Jahrhundert wurde durch die Publikation von vielen Quellen im Internet der Zugriff auf diese auch für die breite Masse ermöglicht und häufig auch in Volltextform. Zudem wurde durch die Schaffung von Online-Katalogen auch die Recherche in der Bibliothek vereinfacht.

Wenn jemand an dem falschen Fakt auf Wikipedia Schuld trägt, dann nicht der längst verstorbene Robert Graves (der noch im 19. Jahrhundert geboren wurde) als Autor eines historischen Romans, dessen Forschungsstand nach über 80 Jahren nicht mehr aktuell ist und nicht den heute - in der Theorie - üblichen Anforderungen an einen gut recherchierten Roman entspricht, sondern der Verfasser oder die Verfasserin von diesem Teil des Artikels auf Wikipedia.
 
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