Dion
Aktives Mitglied
Ja, im Kleinklein des Alltags kann der Überblick für das Ganze schon mal verloren gehen.Das sieht jetzt schon viel differenzierter aus!
Nur her damit - vielleicht können wird dann eine neue Liste zusammenstellen.Da wird es noch Diskussionsbedarf en Detail geben (Wasserleitungen & Bäder Karls des Großen - übrigens ganz kurios, weil militärisch: Sperrstellungen (z.B. ostgotische) waren ein militärtechnisches Novum in der Spätantike - - es gäbe noch mehr)
Natürlich gibt es das Christentum genauso wie es den Kommunismus gibt. Beides sind Ideen, an die Menschen mehr oder minder begeistert glaub(t)en und in ihrer Begeisterung auch Gräueltaten anrichteten – selbstverständlich im Glauben, sie tun damit Gutes.'Das Christentum' gibt es nicht.
Ja, das hast du. Aber du hast auch Hypatia und Serapeion genannt als abweichend von – Zitat:Ich hatte ausdrücklich auf den Fortbestand der bekannten neuplatonischen Schule und ihrer Lehrtätigkeit hingewiesen, der belegt ist.
Hypatia und Serapeion wurden beide Opfer des von dir genannten Mobs – passen also nicht zu den 4 nachfolgend genannten positiven Fällen. Aber vielleicht habe ich dich nur falsch verstanden.Folgt man gewissen Vereinfachungen, so herrschen dort ab spätestens dem fortgeschrittenen 4. Jh. ein christlicher bildungs-/wissensfeindlicher, antiheidnischer und gewaltbereiter Mob samt Ortsbischof und …
(…)
Die davon abweichenden, hinreichend rekonstruierbaren, komplexen Wirklichkeiten/Situationen wurden in einigen Beiträgen hier thematisiert...
- Hyptia
- Serapeion
- die Fortbestand des alexandrinische Neuplatonismus, des philosophischen Schulbetriebes
- die - empirisch - nachweisbaren Philosophen, Gelehrten
- die damit verbundene, wahrscheinliche Weiterexistenz der Bibliothek von Alexandria
- der Nachschub an Gelehrten in Konstantinopel aus Alexandria
- usw.
Wie man es nimmt. In der Conclusio schreibt Rohmann u.a. dies:Waren und sind primär keine anti-heidnischen Gesetzgebungen gewesen.Was soll das heißen Valens hätte „sonst keine entscheidenden oder bedeutenderen anti-heidnischen Gesetzgebungen erlassen“? Reichen die Gesetze nicht, die ich in #245 zitiert habe?
In Bezug auf die kaiserliche Zensurgesetzgebung habe ich auf die vielen praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, die eine systematische Durchsetzung dieser Gesetze verhinderten. Es gibt besonders wenig Belege dafür, dass staatliche Behörden die Zensur- oder Bücherverbrennungsgesetze durchgesetzt haben, abgesehen von einigen spektakulären Vorfällen. Andererseits gibt es wahrscheinlich mehr Belege für eine klerikale Durchsetzung oder für Vorfälle von Bücherverbrennungen durch - wie ich es genannt habe - eifrige Christen, die manchmal von den staatlichen Behörden unterstützt wurden, insbesondere von den defensores, wie wir in Kapitel 3 gesehen haben. Wie auch bei anderen religiösen Gesetzen bildete die kaiserliche Gesetzgebung eher einen rechtlichen Rahmen, mit dem den Tendenzen der damaligen Zeit Rechnung getragen wurde, als dass sie eine Richtlinie darstellte, von der man ernsthaft annahm, dass sie im gesamten Reich in Kraft gesetzt werden sollte. Übersetzt mit DeepL.com
Mit anderen Worten: Die kaiserliche Gesetzgebung sicherte die von Klerikern gewünschten und vielfach durchgesetzten Bücherverbrennungen rechtlich ab; Kleriker konnten staatlicherseits für ihr Tun nicht zu Rechenschaft gezogen werden. Das fing schon mit dem Bischof Ambrosius von Mailand und dem Kaiser Theodosius I. an – siehe hier.
Wenn ein Bischof mit auf der Religion basierenden Drohungen sogar einen Kaiser dazu bringen kann, nachzugeben, was kann man dann von normalen staatlichen Beamten erwarten? Die kuschten vor Klerikern, die nach und nach das Kommando im Staat übernommen haben und sie behielten sie das ganze Mittelalter hindurch – siehe Gang nach Canossa des Kaisers Heinrich den IV. Dass es zwischendurch auch Kaiser gab, die dem Klerus Paroli boten – siehe Stauferkaiser Friedrich der II. – steht auf einem anderen Blatt: Der war mächtig genug und konnte sich zudem auf nichtkäufliche, aus Sarazenen! gebildete Leibgarde verlassen; sie waren immun sowohl für Verlockungen (sie kämen in den Himmel) wie auch Drohungen (sie kämen in die Hölle) des Papstes.
Irgendwo habe ich schon gesagt: Wer die wahre Macht im Staate hat, der ist auch verantwortlich dafür, was im Staat getan oder nicht getan wird. Und im Frühmittelalter gab es so gut wie keine Innovationen, und selbst vieles, was man im römischen Reich kannte, hat man in Vergessenheit geraten lassen. Insofern kann man im Sinne des Fadentitels schon konstatieren: Frühmittelalter war ein Rückschritt.