Warum erneuerst du den Thread jetzt?
Warum sollte ich das nicht tun? Antwortest Du nicht auch auf ältere Stränge? Außerdem gehörten Versuche, die afrikanische Beteiligung am Sklavenhandel entweder zu überzeichnen oder zu verschweigen, je nach Couleur, zum Diskussionsgegenstand.
Woman King ist auch nicht weniger inakurat als Braveheart.
Ein gewagtes Statement. Braveheart hantiert mit Kompositcharakteren, geht äußerst liberal mit dem Zeitstrahl um und tut sein Äußerstes, um die Engländer als brutale Snobs und die Schotten als gutmütige Naturburschen darzustellen. 'The Woman King' biegt sich die Fakten aber nicht einfach nur hin, sondern vergewaltigt regelrecht die Geschichte selbst.
Es mag ja noch angehen, die Agojie – wahrheitswidrig – als Vehikel zur weiblichen Emanzipation darzustellen, ungefähr so, wie 'Braveheart' ständig mit dem Wort Freiheit um sich wirft, als hätte William Wallace für Demokratie, Menschenrechte und Coca Cola gekämpft.
Doch die Darstellung Dahomeys als liberales Wonderland ist schlichtweg falsch und bewegt sich auf einem Niveau der Dummheit eines 'Der Patriot', wo sowohl der Sklavenbesitz des historischen Vorbilds des Protagonisten verschwiegen wird, als auch munter-einvernehmliches Zusammenleben mit schwülstig-amerikanischen Beschwörungsformeln den realen Rassismus gegenüber Afroamerikanern ersetzt.
Der Unterschied besteht freilich darin, dass 'The Woman King' laut Regisseurin Gina Prince-Bythewood ("setting the record straight") als Antwort auf die Sklaverei und Rassismus verdrängende Geschichtsklitterung früherer Hollywood-Filme gedacht war. Und das tut dieser Film, indem er Geschichtsklitterung betreibt und nebenbei selbst rassistische Stereotypen bedient. Das ist schon bemerkenswert.
Und dass Oyo Dahomey den Sklavenhandel quasi aufgezwungen hätte und die Agojie dagegen gekämpft hätten, ist schlichtweg Unsinn und wäre von Hollywood eigentlich nur noch zu toppen gewesen, wenn in einem Film wie 'Welcome to Sarajevo' plötzlich die jugoslawische Armee das von bosnischen Serben belagerte Sarajewo befreit hätte. Denn Dahomey hatte schon seit dem 16. Jahrhundert Sklaven verschachert, lange vor der Hochzeit Oyos, und musste tatsächlich von außen gezwungen werden, damit aufzuhören.
Tatsache ist, dass Dahomey nicht für das Sujet des Films taugt.
Ich glaube der Film bekommt vor allem so viel Hass ab weil es eine feministische, pro-afrikanische Geschichte erzählt, die...und das muss ich wohl noch mal schreiben, halt leider nichts mit den Fakten zu tun hat.
Der Film wurde nicht zuletzt in Afrika selbst zerrissen, z.B. von der nigerianischen Presse. Für sie ist Dahomey kein gelobtes Land, sondern wird ähnlich gesehen wie bspw. Japan in China: Als historischer Unterdrücker und Profiteur des eigenen Leids. Und was 'Braveheart' angeht: Ich habe noch keinen 1. Engländer und/oder 2. History Nerd gesehen, dem der Film nicht die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte. Sogar in Schottland selbst wird der Film mittlerweile vor allem durch den Kakao gezogen.
Dass manche Rezensenten und Kommentatoren im Westen 'The Woman King' aus politischen Gründen abwerten – oder aber über den grünen Klee loben, siehe z.B. die Rezension auf Filmstarts.de, wo der Film in einer Aneinanderreihung politischer Buzzwords ernsthaft als "Geschichtsstunde" gepriesen wird – tut für die Diskussion nichts zur Sache.
Hätte ich die feministische Agenda des Films wirklich angreifen wollen, hätte ich mich vielleicht der Frage gewidmet, wie die 57-jährige Viola Davis mit ihren 55 kg es mit mehreren 20-jährigen, 80 kg schweren Männern im Nahkampf aufnehmen kann. Wenigstens behauptet der Film, dass sie es kann.