Heutige Kaufkraft des Gulden

Pro Wohnung natürlich.
(Pro Quadratmeter wäre für einen Handwerker seinerzeit schon quasi unbezahlbar gewesen.)
Ok, ich habe gefragt, weil 0,88 Euro für die Jahreskaltmiete einer Wohnung heute ja nur ein symbolischer Preis ist.
Auf die Gefahr hin, zu wiederholen, was ich an anderer Stelle schon gesagt habe: Wenn man die Frage, welchem heutigen Geldbetrag ein Gulden aus dem Jahr 1521 entspräche, so umformulieren will, dass sie (zumindest theoretisch) stringent beantwortet werden kann, könnte man fragen: Wieviel Prozent vom Durchschnittseinkommen einer Person machte damals ein Gulden aus, und welcher Geldbetrag ergibt sich heute für diesen Prozentbetrag vom Durchschnittseinkommen?
Wenn sich die relative Position eines Handwerkereinkommens innerhalb der gesamten Einkommensverteilung seit 1521 nicht stark verschoben hat, kann man diese Rechnung statt mit dem für 1521 schwer zu ermittelnden Durchschnittseinkommen auch mit dem damaligen und heutigen Handwerkereinkommen aufmachen.
 
Ok, ich habe gefragt, weil 0,88 Euro für die Jahreskaltmiete einer Wohnung heute ja nur ein symbolischer Preis ist.
Ein Gulden entsprach damals einem Wochenlohn eines Handwerksmeisters, war also kein symbolischer Betrag, aber dennoch günstig, weil die Fuggerei auch damals schon nur für unschuldig in Not geratene Augsburger Bürger gedacht war, keine Habenichtse oder Bettler.
 
Und wie ist man auf diesen Wert gekommen?
Die Mark war ja eine neue Währung (die sich von der Lübischen und der Hamburger Mark unterschied), die Umrechnung konnte deshalb im Prinzip beliebig festgesetzt werden, wobei bei einem höheren Wert einer Mark relativ zu den alten Werten natürlich weniger Mark in Umlauf gebracht werden konnte.
Man wählte 3 Mark gleich einen Taler, aus dem bis dahin bestehenden Tauschverhältnis zwischen Taler und Gulden ergab sich das Gulden-Mark-Tauschverhältnis.
 
Auf die Gefahr hin, zu wiederholen, was ich an anderer Stelle schon gesagt habe: Wenn man die Frage, welchem heutigen Geldbetrag ein Gulden aus dem Jahr 1521 entspräche, so umformulieren will, dass sie (zumindest theoretisch) stringent beantwortet werden kann, könnte man fragen: Wieviel Prozent vom Durchschnittseinkommen einer Person machte damals ein Gulden aus, und welcher Geldbetrag ergibt sich heute für diesen Prozentbetrag vom Durchschnittseinkommen?

Angenommen, man könnte aus welchen Quellen auch immer das Durchschnittseinkommen berechnen, welche Erkenntnisse würde das liefern?

Ein Bauer mit einem wöchentlichen Einkommen von 1 Gulden war im Vergleich mit einem Schneider mit einem wöchentlichen Einkommen von 1 Gulden stinkreich.
Gehen wir mal davon aus, dass der Bauer hinsichtlich Nahrungsmittel zu 100% Selbstversorger war. Wenn er nun 1 Gulden pro Woche verdiente, konnte er davon relativ luxuriös leben, er konnte z. B. jede Woche die Wochenproduktion eines Schneiders an Kleidern aufkaufen.
Der Schneider hingegen musste von seinem Gulden den Einkauf seiner Lebensmittel und seiner Stoffe bestreiten und kam damit gerade so über die Runden.
 
Ich frage mich immer mehr, ob es nicht überhaupt zwecklos ist, solche Vergleiche anzustellen.

Ein für uns fassbares Beispiel, der Einfachheit halber setze ich 2 D-Mark mit 1 Euro gleich und runde alle Preise auf.

Ein Mann verdient €1.800 im Monat. Der Preis für einen Liter Milch beträgt derzeit beim Discounter €1 (0,055% des Monatseinkommens); eine neuen Marken-Waschmaschine kauft er für €500 (27,8% d.E.); er hat ein Smartphone, das ihn €10 im Monat kostet (0,55% d.E.) und mit dem er jederzeit und überall telefonieren und das Internet nutzen kann.

Sein Vater verdiente in vergleichbarer Position direkt umgerechnet €4.000. Der Liter Milch kostete ihn €0,20 (0,005% d.E.); die neue Marken-Waschmaschine kaufte er für €2.000 (50% d.E.); Smartphones und das Internet waren noch nicht erfunden.

Wer ist wohlhabender, Vater oder Sohn?

Es ist ja nicht nur so, dass der Preis für eine bestimmte Dienstleistung oder ein Produkt variiert, sondern die Dienstleistungen und Produkte sich auch noch selbst verändern, bzw. neue hinzukommen. In historischen Zeiten fand dieser Prozess natürlich auch statt, nur langsamer.
 
eine neuen Marken-Waschmaschine kauft er für €500

Wir haben letzten Monat eine Neue bekommen, Energieffizienzklasse C liegt schon bei 800 €, wir haben für 1.3 eine EEK A genommen. Die 500 € Mehrkosten bekommen wir wohl kaum wieder heraus in den erwarteten zehn Jahren Lebensdauer des Geräts (ups: ich stelle gerade fest, dass du von einer WaMa redest, ich aber von einer SpüMa).

Es ist ja nicht nur so, dass der Preis für eine bestimmte Dienstleistung oder ein Produkt variiert, sondern die Dienstleistungen und Produkte sich auch noch selbst verändern, bzw. neue hinzukommen. In historischen Zeiten fand dieser Prozess natürlich auch statt, nur langsamer.
Stimmt, das beschreibt die Problematik und ihre Komplexität recht gut, aber das kann ja kein Grund sein, sich nicht Gedanken darüber zu machen, wie viel wert ein Geldwert von Anno Dazumal heute wäre. Man muss sich eben von der Vorstellung lösen, dass das mit einer einfachen Formel umzurechnen ist.

Manchmal sind Preise aber auch falsch berechnet:

Nehmen wir den Liter Milch. Die Milch ist viel zu billig, die Supermärkte drücken die Preise, die Bauern verdienen kaum etwas dran. Und selbst dann, wenn die Bauern einen fairen Preis für die Milch bekämen, wäre der Preis noch zu gering, weil Veganer über die Trinkwasserversorgung meinen Milchkonsum mitbezahlen. (Kühe machen Mist, Mist wird in Form von Gülle auf Feldern und Wiesen entsorgt, Phosphate fließen in Flüsse und Bäche, das kann zu vermehrten Algenwachstum und infolgedessen Fischsterben führen, die Aufbereitung des Wassers zu Trinkwasser wird aufwendiger).

Ähnliches gilt für unsere digitalen Endgeräte. Tw. bezahlen Leute 1000 € für das Smartphone der richtigen Firma (nehmen wir eine Firma mit einer geschälten Banane als Logo. Das Smartphone von denen kann auch nicht wesentlich mehr, als dass des Mitbewerbers, kostet aber, weil es von der richtigen Marke ist, das doppelte bis dreifache mehr: das nennt man Warenfetisch.
Auf der anderen Seite bekommt man, wenn man sich für einen Anderthalbjahresvertrag entschließt, Endgeräte, die ohne Vertrag mehrere hundert € kosten, unterpreisig hinterhergeschmissen (und diecLeutem die gar nichtmetrischer den Wert ihrer Endgeräte zu schätzen wissen, holten sich früher alle zwei, mittlerweile alle anderthalb Jahre das neue Endgerät und die Altgeräte verrotten oft in Schubladen, obwohl darin Seltene Erden und Edelmetall verbaut sind.

Während die einen Endgeräte wegen des Warenfetischs zu teuer sind, sind die anderen (auch wenn man die Bedingungen für die Bergleute und die Umweltschäden, die bei der Gewinnung Seltener Erden verursacht werden, in Betracht zieht) viel zu billig zu haben.
 
Also wenn ich "Gulden" aus der Zeit der Fuggers (Jacob Fugger in der Zeit von 1495-1525) hätte, wären diese bei mir Sammlerobjekte.
Und den Wert würde ich mir aus einschlägigen Katalogen holen bzw. bei seriösen Münzhändlern erfragen.
Mit der Kaufkraft – als Vergleich € - würde ich mich bestimmt nicht beschäftigen.
 
@El Quijote was du kritisch betrachtest, das sind die üblichen Verfahrensweisen einer gewinnmaximierenden kapitalistischen Marktwirtschaft, also das A und O unseres freiheitlich demokratischen westlichen Wohlstands. Ohne dieses A und O kein Wohlstand mit Spülmaschinen, Smartphones, Warenfetisch, SUV, Mobilität, medizinischer Versorgung usw. Klassischerweise gerät Kritik am A und O in den Verdacht, staatszersetzender antidemokratischer kommunistischer Umtriebe...
Überlegungen zur Umrechnung wie Gulden in Euro, Gehälterrelationen damals vs heute, geraten auf Abwege, wenn sie die Wirtschaftsformen wertende vergleichen - eine möglichst sachliche, öde rechnerische Vergleichsweise scheint mir nützlicher.
 
Interessante Interpretation dessen, was ich schrieb. Was daran kommunistisch oder antidemokratisch sein soll, habe ich aber nicht verstanden.
 
@El Quijote

Ich kann Dir nicht ganz folgen.

Welche Rolle spielt die ökologische Komponente bei der Frage nach der Kaufkraft einer Geldmenge im direkten Vergleich?

Ob eine Ware nun billig ist, weil sie gewinnmaximierend unter Wert verkauft wird (gebunden an einen Dienstleistungsvertrag); oder weil eine planwirtschaftliche Lenkungsbehörde den Preis festsetzt; oder weil der Verkäufer ein Strandräuber ist und selbst keinen Heller dafür aufwenden musste, spielt doch eigentlich keine Rolle. Das grundlegende Problem scheint mir zu sein, dass Kaufkraftvergleiche allenfalls grobe Anhaltspunkte dafür liefern können, ob eine Geldmenge Wohlstand repräsentiert oder nicht, da augenscheinlich gleichartige Produkte nicht immer vergleichbar sind. Und wenn Vergleichsperson A ein Produkt zur Verfügung steht, das zu Lebzeiten der Vergleichsperson B noch nicht existierte, was dann?

Wenn man es genau betrachtet, könnte man vielleicht sogar zu dem Ergebnis kommen, dass nicht mal bei etwas so simplem wie einem Liter Milch Vergleichbarkeit besteht. Meine Vorfahren haben Frischmilch vom Bauern bezogen, die ohne Kühlung nach einem Tag Butter war. Ich hingegen kaufe ultrahocherhitzte, homogenisierte Milch, die unangebrochen monatelang hält und bei entsprechender Kühlung nach fünf Tagen durchaus noch trinkbar ist. Kaufe ich nicht ein vielseitigeres und damit wertvolleres Produkt?

Für den bloßen Kaufkraftvergleich ist es da auch nicht relevant, welches Produkt gesünder ist, oder ob in der Produzentenkette jemand geschröpft wird. Solche Erwägungen sind nämlich relativ neu und dürften Vergleichspersonen in der Vergangenheit eher fremd gewesen sein, zumal umso weiter wir in der Vergangenheit zurückgehen. Vergleiche ich mich mit jemandem, der noch mit dem Gulden bezahlt hat, dürfte dieser jemand keinerlei Umwelt- oder Sozialbewusstsein im heutigen Sinne gehabt haben und einfach darauf aus gewesen sein, für den geringstmöglichen Betrag das bestmögliche Produkt bzw. die bestmögliche Leistung zu bekommen.
 
Interessante Interpretation dessen, was ich schrieb.
Das - falls du #30 von meiner Wenigkeit meinst - war keine Interpretation, sondern eine Komprimierung: du hast kritische Worte (mit immanenter Wertung) zu den üblichen Verfahrensweisen der kapitalistischen freien Marktwirtschaft geäussert. Funfact: da bin ganz deiner Meinung (was du den ironischen Formulierungen vom A und O unseres Wohlstands hättest entnehmen können)

Was daran kommunistisch oder antidemokratisch sein soll, habe ich aber nicht verstanden.
Das war doch ganz klar formuliert:
Klassischerweise gerät Kritik am A und O in den Verdacht, staatszersetzender antidemokratischer kommunistischer Umtriebe...
Kritik am Tanz ums goldene Kalb wird von den Jüngern dieser Glaubensrichtung gerne wie oben beschrieben abgewatscht (erinnerst du dich vielleicht an das beliebte "geh doch rüber" als Totschlagargument?), womit weder gesagt ist, dass der Verdacht zutreffend ist, noch dass freie kapitalistische Marktwirtschaft notwendig die Prämisse für Demokratie sei.

Das Problem ist ein anderes:
Überlegungen zur Umrechnung wie Gulden in Euro, Gehälterrelationen damals vs heute, geraten auf Abwege, wenn sie die Wirtschaftsformen wertende vergleichen
Wenn wir die Währungen früherer Zeiten samt früheren Lebensstandards mit den heutigen vergleichen wollen, nützen uns wertende Betrachtungen zu Wirtschaftsformen weniger als die banale rechnerische Komparatistik zur Kaufkraft (sofern wir Daten zu dieser ermitteln können) Mit anderen Worten: deine kritischen - und richtigen! - Bemerkungen zum Warenfetisch erklären nicht die Kaufkraft historischer Währungen.
 
Bei der Umstellung/Umrechnung der Reichswährung ging man aber vom Silbergulden aus, nicht vom viel früheren Goldgulden!?

Grob: 1,8gr. Au 5 Goldmark 25gr Ag 5 Mark
 
Mir ist natürlich klar, dass 1520 niemand eine Pauschalreise buchte, um in den Urlaub zu fahren, man i.d.R. auf kleinerem Raum lebte und auch weniger Konsumgüter hatte (wir müssen ja gar nicht zum digitalen Endgerät gehen, es reicht ja schon, wenn wir über Kleidung sprechen. Muck wird gleich sicherlich schimpfen, dass ich MA- und FNZ-Klischees aufsitze und diese weiterverbreite, aber schon so viel Kleidung, wie heute jeder von uns im Schrank hat, wird im MA und in der FNZ niemand besessen haben. Aber man hatte auch keine Wegwerfkleidung, wie das mittlerweile ja üblich ist. Will sagen: Ich bin also ganz bei euch, dass es schwierig ist, Kaufkraftvergleiche anzustellen. Man kann aber feststellen, wie viel man 1520 für eine Brot ausgab und wie viel heute für den BigMac (heute wird Inflation gerne am BigMac gemessen) und wie das im Verhältnis zum Gesamteinkommen stand (sofern man die Daten ausfindig machen kann). Will sagen: Schwieirg ja und unter Abstrichen, aber nicht gänzlich unmöglich und auch nicht gänzlich unsinnig.
 
Natürlich sind Kaufkraftvergleiche möglich, allerdings immer mit Abstrichen, unter der Beachtung der entsprechenden Lebensverhältnisse und dem entsprechendem "Warenkorb".
 
Muck wird gleich sicherlich schimpfen, dass ich MA- und FNZ-Klischees aufsitze und diese weiterverbreite
Ui, Du hast ja keine gute Meinung von mir :D
Natürlich sind Kaufkraftvergleiche möglich, allerdings immer mit Abstrichen, unter der Beachtung der entsprechenden Lebensverhältnisse und dem entsprechendem "Warenkorb".
Ich denke, Ihr beide und ich liegen nicht so weit auseinander, wie es scheinen könnte. Bezieht man den Vergleich auf einen sehr konkreten kleinen Warenkorb wie Grundnahrungsmittel, dürfte eine Vergleichbarkeit gegeben sein. Das mit der Milch war ein übertriebenes Beispiel, das nur der Veranschaulichung dienen sollte.

Schon bei Verbrauchs- und bei Luxusgütern scheint mir aber eine Vergleichbarkeit nicht gegeben, zumindest nicht in einer Weise, dass am Ende eine konkrete Vergleichszahl unterm Strich stünde. Dafür sind die Warenkörbe einfach zu unterschiedlich. Ich habe z.B. mal einen Artikel gelesen, in dem zum Vergleich individuellen Wohlstands das Smartphone mit dem Rapier verglichen wurde, beide Gegenstände seien schließlich Statussymbole. Ich halte das für sehr gewagt.

Oder sitze ich hier einem Trugschluss auf?
 
Ich habe z.B. mal einen Artikel gelesen, in dem zum Vergleich individuellen Wohlstands das Smartphone mit dem Rapier verglichen wurde, beide Gegenstände seien schließlich Statussymbole. Ich halte das für sehr gewagt.

Oder sitze ich hier einem Trugschluss auf?
Vermutlich ist es deswegen gewagt, weil der Kauf eines Rapiers bestimmten Bevölkerungsschichten vorbehalten war, wohingegen das Smartphone fast jeder hat. Für Menschen, die ihre Heimat verlassen (müssen) ist das Smartphone das digitale Zuhause und Überlebenstool. Aber ich denke trotzdem, dass dieser Vergleich - bei aller Begrenztheit - durchaus legitim ist.
 
...gab es Rapier-Vodafone/Telekom mit bequemen Ratenverträgen, garantierten Updates etc? ;) Mir kommt der Vergleich Rapier-Smartephone eher untauglich vor.
 
Wenn man die Produkte in Warengruppen aufteilt passt das schon einigermaßen. Bitte nicht vergessen, Industrieprodukte sind im allgemeinen wesentlich günstiger in der Produktion als Handarbeit, wie sie zur damaligen Zeit fast ausschließlich vorkam.
 
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