Heutige Kaufkraft des Gulden

Du hast recht, @Sepiola, den Gulden gab es in Hochmittelalter noch nicht – ich habe mich von dieser Angabe leiten lassen (ohne es noch einmal zu lesen) und nicht berücksichtigt, dass die baltischen Kreuzzüge des Deutschen Ordens erst ab 1230 stattfanden. Aber das war noch zu Zeiten des Staufenkaisers Friedrich II., den ich noch zum Hochmittelalter zähle, was nicht korrekt ist.

Was Du weiter nicht berücksichtigt hast, ist, dass das Buch den Titel "Die Preußenreisen des europäischen Adels" trägt und man aus den Reisekosten eines Adligen oder Patriziers wohl kaum auf die Reisekosten des Durchschnittsreisenden schließen kann.

"Selbst angesichts des Lebensstils ostentativer Verschwendung, den alle diese Herren pflegten, waren die Preußenreisen also teuer, sehr teurer sogar." (Teil 2, S. 175)


Wenn allein das Pferd*, das man auf Reisen ritt, in 40 Tagen 100 Gulden an Unterhalt kostete
Du reimst Dir wieder mal irgendwas zusammen. Gemeint sind doch offensichtlich die Reisekosten für eine komplette Reise, und natürlich ist nicht "allein das Pferd" gemeint, sondern es handelt sich um eine Faustregel "will man in dieses Land gehen, braucht man so viele hundert Gulden wie Pferde": Ist man mit 10 Pferden unterwegs, muss man 1000 Gulden veranschlagen, ist man mit 20 Pferden unterwegs, muss man 2000 Gulden veranschlagen usw.

Und wie kommst Du jetzt plötzlich auf 40 Tage?
Die einfache Reiseroute benötigt laut Jaique Dex sechs Wochen, der Aufenthalt in Königsberg 15 Tage, macht zusammen rund 100 Tage:
"Et quant leur reise fuit faite, ilz s'en revinxent a Cunisberch et sejournont xv jours. Et puiz missent vi sepmainez au revenir a Metz. Item qui veult aller en ce payx, il Ii faut tant de chevalx, tant de c florins."
 
Heute wird dass gesondert abgrechnet. Aber auch im Mittelalter und in der FNZ?

Du hattest Dich auf heutige Handwerkerrechnungen bezogen:

Wenn man heutige Preise für Handwerksleistungen sieht, dann ist da von 50 € und mehr pro Stunde die Rede. Bei 8 Stunden wären das 400 € pro Tag oder ca. 8.000 € pro Monat. Davon gehen zwar noch Steuern und sonstige Vorsorgeaufwendungen ab, aber vom Rest kann man heute gut leben.

Davon gehen erstmal vor allem auch Material- und Transportkosten runter.

Ich hatte einige Handwerkerrechnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts in Händen, da wurden immer Tagelöhne, Material und Transport gesondert verrechnet.
(Natürlich gab es wie heute auch Werklieferungsverträge: Der Schreiner verspricht einen Schrank aus Eiche, soundso groß, der kostet soundsoviel, wieviele Stunden der Schreiner daran arbeitet, interessiert den Auftraggeber dann nicht.)
 
Ich hatte einige Handwerkerrechnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts in Händen, da wurden immer Tagelöhne, Material und Transport gesondert verrechnet.
(Natürlich gab es wie heute auch Werklieferungsverträge: Der Schreiner verspricht einen Schrank aus Eiche, soundso groß, der kostet soundsoviel, wieviele Stunden der Schreiner daran arbeitet, interessiert den Auftraggeber dann nicht.)
Gut, wenn das so ist, ziehe ich meine Bedenken in dieser Hinsicht zurück, was Vergleichbarkeit betrifft.
 
Was Du weiter nicht berücksichtigt hast, ist, dass das Buch den Titel "Die Preußenreisen des europäischen Adels" trägt und man aus den Reisekosten eines Adligen oder Patriziers wohl kaum auf die Reisekosten des Durchschnittsreisenden schließen kann.
Über den Durchschnittsreisenden habe ich nicht geschrieben, sondern über Reisende mit Pferd.

Du reimst Dir wieder mal irgendwas zusammen. Gemeint sind doch offensichtlich die Reisekosten für eine komplette Reise, und natürlich ist nicht "allein das Pferd" gemeint, sondern es handelt sich um eine Faustregel "will man in dieses Land gehen, braucht man so viele hundert Gulden wie Pferde": Ist man mit 10 Pferden unterwegs, muss man 1000 Gulden veranschlagen, ist man mit 20 Pferden unterwegs, muss man 2000 Gulden veranschlagen usw.

Und wie kommst Du jetzt plötzlich auf 40 Tage?
Das mit 40 Tagen und 1 Gulden je Pferd habe ich aus dem Paravicinis Buch Die Preußenreisen des europäischen Adels, Seite 191. Dort ist das fast genauso beschrieben – wörtlich "wenig mehr als 40 Tage", was mit den von dir erwähnten 6 Wochen gemeint sein konnte.
 
Über den Durchschnittsreisenden habe ich nicht geschrieben, sondern über Reisende mit Pferd.

Zur Erinnerung, worüber wir beide geschrieben haben, mit Markierungen als Lesehilfe: Es ging die ganze Zeit um Handwerker (Meister und Gesellen), in diesem Zusammenhang hast Du die Reisekosten für einen Reisenden mit durchschnittlich 1 Gulden beziffert:

Allerdings lebten nur Handwerksmeisterfamilien gut, schon ein Geselle, der eigentlich das gleiche handwerkliche Können drauf hatte, konnte gerade noch für sich sorgen, konnte keine Familie ernähren, lebte oft im Haus des Meisters, so dass ein guter Teil seine Lohns in Kost und Logis bestand; er musste hoffen, dass der Meister stirbt und er die Witwe oder die Tochter heiraten und damit die Werkstatt bzw. das Geschäft "beerben" konnte.

Ein Handwerker berechnete seine Preise nach dem Materialwert und der Arbeitszeit, die er für die Herstellung eines Produktes benötigte, plus Gewinnmarge. Diese Marge variierte, denn die Herstellungsmethoden und Preise wurden von den Zünften weitgehend vorgegeben: War er geschickt im Einkauf und vielleicht auch gut und fleißig, konnte seine Werkstatt mehr Produkte in gleicher Zeit billiger herstellen als die Konkurrenz und damit auch mehr Geld einnehmen.

Wenn man heutige Preise für Handwerksleistungen sieht, dann ist da von 50 € und mehr pro Stunde die Rede. Bei 8 Stunden wären das 400 € pro Tag oder ca. 8.000 € pro Monat. Davon gehen zwar noch Steuern und sonstige Vorsorgeaufwendungen ab, aber vom Rest kann man heute gut leben.

Ich denke, ähnlich war es im Hochmittelalter: Die Arbeit musste den Mann und seine Familie – und den/die Gesellen – ernähren. Aus den Stadt-Rechnungen der Zeit geht hervor, wieviel Geld für welche Leistungen ausgegeben wurden. Damit hat man auch die Kaufkraft der jeweiligen Währung. Natürlich nicht in der Weise 1 Gulden = x Euro, aber Annäherungswerte lassen sich damit herausfinden.

Irgendwo – vielleicht sogar in diesem Forum? – habe ich herausgefunden, dass im Hochmittelalter ein Reisender durchschnittlich 1 Gulden pro Tag für Kost und Logis in den Gasthäusern brauchte, bei einer billigen Absteige auch weniger.

Diese unhaltbare Aussage habe ich moniert:

Durchschnittliche Reisekosten (für Handwerker und ihre Gesellen?) mit einem Gulden pro Tag anzusetzen, halte ich sogar für frühneuzeitliche Verhältnisse für maßlos übertrieben.

Daraufhin hast Du folgende unsinnige Rechnung konstruiert:

Wenn allein das Pferd*, das man auf Reisen ritt, in 40 Tagen 100 Gulden an Unterhalt kostete (Gulden, weil diese Angabe im Jahr 1406 niedergeschrieben wurde, als es Gulden schon gab), dann dürfte 1 Gulden pro Reisetag und Person nicht zu viel sein.


Das mit 40 Tagen und 1 Gulden je Pferd habe ich aus dem Paravicinis Buch Die Preußenreisen des europäischen Adels, Seite 191. Dort ist das fast genauso beschrieben – wörtlich "wenig mehr als 40 Tage", was mit den von dir erwähnten 6 Wochen gemeint sein konnte.

"Fast genauso", nur halt ganz anders: Das mit "in 40 Tagen 100 Gulden an Unterhalt" steht da nicht, ebensowenig wie "allein das Pferd". Wenn die Reise von Flandern nach Preußen 40 Tage dauert, dauert die Rückreise ebenso lange. Der dort erwähnte "Metzer Preußenfahrer" ist natürlich Jaique Dex, den ich oben zitiert habe.
 
Es ging die ganze Zeit um Handwerker (Meister und Gesellen), in diesem Zusammenhang hast Du die Reisekosten für einen Reisenden mit durchschnittlich 1 Gulden beziffert:
Tut mir leid, aber das war ein Missverständnis. Ich habe das
Irgendwo – vielleicht sogar in diesem Forum? – habe ich herausgefunden, dass im Hochmittelalter ein Reisender durchschnittlich 1 Gulden pro Tag für Kost und Logis in den Gasthäusern brauchte, bei einer billigen Absteige auch weniger.

Wenn man heute reist, dann dürfte das ca. 100-300 € pro Tag kosten. Dann hätten wir den Vergleichswert 1 Gulden ~ 100-300 €. Warum? Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen sind über Jahrhunderte ziemlich gleichgeblieben, deswegen können sie als Indikator für die Kaufkraft der jeweilige Währung dienen.
zwar in dem gleichen Beitrag geschrieben, wo es um die Preise für Handwerksleistungen ging, aber bei den Reisekosten waren weder Handwerksmeister noch -gesellen gemeint. Bei den 2 Absätzen ging es lediglich um die bessere Vergleichbarkeit von Reisekosten, als das bei den Kosten für Handwerkerleistungen der Fall ist.

"Fast genauso", nur halt ganz anders: Das mit "in 40 Tagen 100 Gulden an Unterhalt" steht da nicht, ebensowenig wie "allein das Pferd".
Mann, bist du pingelig! Zum Vergleich zitiere ich jetzt die 2 betreffenden Sätze aus dem Buch:

"Von der Dauer der Reise von Flandern nach Preußen über Land wusste Froissart, dass sie gewöhnlich wenig mehr als 40 Tage dauere (was zutrifft)⁵. Zu den Kosten gibt ein Metzer Preußenfahrer die Faustregel von 100 Gulden je Pferd⁶."


Das sollte reichen zum Thema Reisekosten, daher zurück zu anderen Berechnungen:

Auf der von dir verlinkten Wien-Wiki-Seite wird Gulden dem Pfund gleichgesetzt. Nur war ein Pfund nicht überall gleich schwer: In Wien war er schwerer als z.B. in Köln, deshalb war seine Kaufkraft auch höher. Später wurde Mark eingeführt: 2 Mark ergaben 1 Pfund. Die Unterschiede aber bleiben bestehen: Die Wiener Mark wog ca. 280 g, die Kölner ca. 230 g. Das bedeutet, dass auch die Umrechnung in Gulden auf der Wien-Wiki-Seite nur für Wien oder vielleicht Österreich funktioniert, nicht aber für das übrige "Deutschland", wo die Kölner Mark bestimmend war, die aber 50 g weniger wog und deshalb auch weniger wert war.

Das habe ich aus den mir verfügbaren Quellen entnommen bzw. zusammengerechnet, ich weiß aber nicht, ob damals dies auch so gesehen wurde. Das Lösegeld für Richerd Löwenherz wurde jedenfalls in Kölner Mark berechnet.

Zum Einkommen: Auf der Wien-Wiki-Seite wird der Lohn eines Tagelöhners als Grundlage genommen. Heute sollte der Lohn eines Tagelöhners 12 € pro Stunde (Mindestlohn) betragen, was aber oft unterschritten wird – vor allem bei Erntehelfern.

Aber gut: Ein Tagelöhner verdient heute pro Tag 96 € (8 x 12 €) und in 8,6 Tagen (um vergleichbar zum angegebendem Jahr 1500 zu bleiben) 825 €. Dafür könnte er sich heute 165 Kilo Brot kaufen (1 Kilo 5 €), 33 Kilo Rindfleisch (je 25 €), 217 Liter Wein (ja 3,80 €) – wenn er dieses Geld nicht versteuern und keine Vorsorge betreiben müsste.

Im Vergleich zum Jahr 1500 wären das:
165 kg Brot zu 100 kg
33 kg Rindfleisch zu 44 kg
217 Liter Weißwein zu 78 Liter

Mit anderen Worten: Heute könnte sich ein Tagelöhner an jedem Tag dieser 8,6 Tagen 19,1 kg Brot kaufen, oder 3,8 kg Rindfleisch, oder 25,2 Liter Weißwein. Und ein Tagelöhner im Jahr 1500 könnte sich jeden Tag zwar weniger Brot (11,6 kg) und Wein (9,6 Liter) kaufen als heute, aber mehr Rindfleisch: 5,1 kg.

Anhand dieser Zahlen könnte man meinen, Tagelöhner lebten einst (und auch jetzt) in Saus und Braus. Aber dem war und ist nicht so – Zitat:

"Tagelöhner gehörten in der Regel zur landlosen Bevölkerung und kamen somit bereits aus ärmlichen Verhältnissen. Sie gingen außerdem in der Regel keinem bestimmten Beruf nach oder konnten keinen Beruf mehr ausüben. Deshalb waren sie gezwungen, alle möglichen körperlichen Hilfs-, Gelegenheits- und Saisonarbeiten anzunehmen, insbesondere auch Arbeiten, die unter dem Niveau des zunftmäßigen Handwerks lagen.
(…)
Von den Verdiensten konnte man allerdings eher schlecht als recht leben."


Das gilt auch für die heutigen Tagelöhner. Deshalb sind diese Zahlen kaum was wert und können kaum zu Vergleichen herangezogen werden.
 
Nur kurz zu den verschiedenen Bedürfnissen eines Adeligen und eines Handwerkers:
Der Handwerker brauchte Essen und einen Schlafplatz, vielleicht gelegentlich auch ein Platz im Bett einer Frau (bei Harff, kein Handwerker, sondern ein Ritter findet sich das und auch Warschitz berichtet davon)
Ein Adeliger musste mehr hermachen, der brauchte nicht nur für sich Essen und einen Schlafplatz, sondern auch für seine Begleiter, wo sicherlich auch ein paar Mann Bedeckung drunter zählten. Außerdem mussten die Tiere versorgt ggf. getauscht werden. Und ein Adeliger, der nichst hermacht, hat gewissermaßen seine Daseinsberechtigung verloren. Das sind Geldausgaben (Bedürfnisse), die ein Nichtadeliger nicht hat. Der Händler mag genauso reich sein oder reicher, als ein Graf, aber er muss eben nichts hermachen (er kann wohl, wenn er will, aber auch nicht zu doll, Schuster, bleib bei deinem Leisten!) Also braucht ein Adeliger repräsentative Kleidung und Waffen, muss vielleicht auch mal was ausrichten und für ein Turnier gerüstet sein, bei Spielen hinreichend in der Hinterhand haben, um mitsetzen zu können etc. Von einem Adeligen wird erwartet, dass er Geld ausgibt. Wer das nicht kann, der verliert an Ehre.
 
zwar in dem gleichen Beitrag geschrieben, wo es um die Preise für Handwerksleistungen ging, aber bei den Reisekosten waren weder Handwerksmeister noch -gesellen gemeint. Bei den 2 Absätzen ging es lediglich um die bessere Vergleichbarkeit von Reisekosten, als das bei den Kosten für Handwerkerleistungen der Fall ist.
Wäre allerdings zu hinterfragen, wie du auf dies postulierte bessere Vergleichbarkeit kommst.
Es ist doch mittlwereile deutlich gemacht worden, dass es durchaus darauf ankam, wer reiste.

Wenn man sich sich en Detail über Reisekosten unterhalten möchte, sollte man ggf. auch Weg- und Brückenzölle berücksichtigenn, die nochmal verschieden ausfallen konnten und die Jahreszeit in der gereist wurde.
War gerade die Ernte eingebracht (und wie gut war sie ausgefallen?), so dass die arktpreise für Lebensmittel gerade relativ günstig waren und damit auch die Bewirtung von Reisenden relativ günstig erledigt werden konnte, oder befand man sich irgendwo im Frühjahr, vor der Ernte, in der Periode, in der die Bevölkerung noch von der letztjährigen Ernte leben musste, während die Vorräte allmählich zur Neige gingen, mit entsprechenden Auswirkungen auf Marktpreise und Bewirtungskosten?

Selbst wenn wir die Frage wer denn nun reist mal außen vor lassen: Es dürfte kostenntechnisch schon erhebliche Unterschide gemacht haben, ob man in einer relativ großräumig organisierten Region (nehmen wir z.B. mal Böhmen) reiste, oder in einer kleinteilig zersplitterten Region mit 27 Kleinstheerrschaften, von denen jede Einzelne Weg-/Bürckenzölle etc. verlangt.
Und ob die Person zu einer Zeit reist, in der Lebensmittel gerade in Hülle und Fülle verfügbar sind, so dass die Bewirtung relativ günstig kommt oder man sich selbst anderweitig eindecken kann, wenn die zu teuer angesetzt ist oder ob hierfür im Zweifel eher hohe Kosten akzeptiert werden mussten.
Wenn man pauschal Reisekosten miteinander vergleichen möchte, käme es natürlich in jedem Fall auch noch auf das Transportmittel an.
Zu Fuß/zu Schiff/mit Packtier/mit Reittier/mit Wagen etc.
Auch da sind Unterschiede.

Mann, bist du pingelig! Zum Vergleich zitiere ich jetzt die 2 betreffenden Sätze aus dem Buch:

"Von der Dauer der Reise von Flandern nach Preußen über Land wusste Froissart, dass sie gewöhnlich wenig mehr als 40 Tage dauere (was zutrifft)⁵. Zu den Kosten gibt ein Metzer Preußenfahrer die Faustregel von 100 Gulden je Pferd⁶."
Der Einwand ist aber berechtigt. Und es wäre sicherlich auch nicht verkehrt mal einen Blick in die Orriginalquelle zu werfen und zu sehen, ob die im Buch richtig wiedergegeben wurde.

Das sollte reichen zum Thema Reisekosten, daher zurück zu anderen Berechnungen:
Offensichtlich tut es das, so wie du das präsentieren möchtest nicht.

Nur war ein Pfund nicht überall gleich schwer: In Wien war er schwerer als z.B. in Köln, deshalb war seine Kaufkraft auch höher.
Verzeihung, nein.

Nur weil in Köln und Wien mit verschiedenen Gewichtsmaßen hantiert wurde, war nicht zwangsläufig auch die Kaufkraft verschieden.
Ob die Kaufkraft des Guldens in Köln und Wien einigermaßen vergleichbar miteinander war, hängt davon ab, ob auch das Güterangebot, dass auf der Gegenseite stand einigermaßen miteinander vergleichbar war, oder ob es da signifikante Unterschiede gab.

Z.B. wird man wahrscheinlich davon ausgehen dürfen, dass Wein, der direkt in der Umgebung Wiens in größerem Stil kultiviert wurde, hier im Vergleich billiger war, als in Köln, dass zwar über den Rhein Anschluss an Weinbauregionen hatte, die aber weiter entfernt lagen, womit zusätzliche Transportkosten anfallen mussten.
Würde man es mit Handelsplätzen, wie z.B. Magdeburg vergleichen, die noch weiter weg von Weinbauregionen lagen und noch schlechter angebunden waren, würde selbst bei gleicher Währung und gleichen Maßeinheiten die Kaufkraft sehr unterschiedlich ausfallen, wenn man sie an der Ware Wein bemessen wollte.
Das Gleiche natürlich bei den meisten anderen Gütern. Je niedriger die Bodenerträge und/oder je dichter besiedelt die Region, desto niedriger das Angebot/höher die Nachfrage und entsprechend die Preisgestaltung.


Mit anderen Worten: Heute könnte sich ein Tagelöhner an jedem Tag dieser 8,6 Tagen 19,1 kg Brot kaufen, oder 3,8 kg Rindfleisch, oder 25,2 Liter Weißwein. Und ein Tagelöhner im Jahr 1500 könnte sich jeden Tag zwar weniger Brot (11,6 kg) und Wein (9,6 Liter) kaufen als heute, aber mehr Rindfleisch: 5,1 kg.
Könnte man, wenn man vergisst, dass man sich bei der Zusammenstellung solcher Wahrenkörbe in einem Modell bewegt.
In diesem Fall in einem, dass diverse notwendige Ausgaben des täglichen Lebens nicht berücksichtigt, wie z.B. Mittel für Unterkunft, Bekleidung, etc. darüber hinaus die Mennge der zu leistenden Abgaben.

Und bei Tagelöhnern in vormodernen Gesellschaften, wird man denn auch berücksichtigen müssen, dass es immer wieder Tage gab, an denen diese keine Abnehmer für ihre Arbeitskraft fanden, oder jedenfalls nicht ausgelastet waren ud an denen dann möglicherweise schonmal überhaupt kein Einkommen vorhanden war, während die Kosten aber weiterliefen.

Das gilt auch für die heutigen Tagelöhner. Deshalb sind diese Zahlen kaum was wert und können kaum zu Vergleichen herangezogen werden.
Die Zahlen sind durchaus etwas wert, wenn man sie entsprechend einordnet.

Anstatt wie du, sie einfach unhinterfragt zu übernehmen, platt zu behaupten "dat steht da also is dat so" und zu versuchen daraus Schlüsse zu ziehen, vonn denen man, wenn man sich mit dem Modell beschäftigt haben würde, verstanden haben müsste, dass es diese Schlüsse so nicht hergibt.


Wenn zur Illustration der Kaufkraft des Guldens für Wien, ein für Wien typischer Warenkorb benannt wird, um die Entwicklung der Kaufkraft zu verdeutlichen, hat dass natürlich durchaus seinen Wert.
Das es nicht unbedingt sinnvoll ist einen für Wien typischen Warenkorb mit völlig anderen Regionen, in denen möglicherweise eher andere Produkte typisch waren und Produktionsmengen sehr weit auseinandergehen konnten, zu vergleichen, sollte dabei klar sein.

Heutige Durchschnittspreise zwecks Kaufkraftbestimmung lassen sich überregional wesentlich einfacher Bilden, weil mit der modernen Infrastruktur und technologie Transportkosten für Güter heute weit weniger ins Gewicht fallen, bei gleichzeitig weit größeren Möglichkeiten insbesondere verderbliche Güter über weite Strecken zu transportieren, daher regionaltypische Eigenheiten der Produktion für die Preisgestaltung weniger wichtig sind, als in der vormodernen Welt, in der der Versuch überregional Durchschnittspreise ermitteln zu wollen, nur bedingt sinnvoll ist, weil die realen Preise auf Grund der Transportmöglichkeiten und Kosten sehr stark abweichen können und zwar um so stärker je weiter man die Region die man betrachtet fassen möchte.
 
Mann, bist du pingelig! Zum Vergleich zitiere ich jetzt die 2 betreffenden Sätze aus dem Buch:

"Von der Dauer der Reise von Flandern nach Preußen über Land wusste Froissart, dass sie gewöhnlich wenig mehr als 40 Tage dauere (was zutrifft)⁵. Zu den Kosten gibt ein Metzer Preußenfahrer die Faustregel von 100 Gulden je Pferd⁶."

Das brauchst Du nicht zitieren, das habe ich selber gelesen. Dass Du es nicht einmal schaffst, diese beiden Sätze inhaltlich richtig wiederzugeben, habe ich mit den Worten "Du reimst Dir wieder mal irgendwas zusammen." bzw. "Daraufhin hast Du folgende unsinnige Rechnung konstruiert" kommentiert.

Auf der von dir verlinkten Wien-Wiki-Seite wird Gulden dem Pfund gleichgesetzt.
Da würde ich empfehlen, weiterzulesen:
Im Mittelalter kennen wir in Wien den ungarischen Goldgulden und den rheinischen Goldgulden (Währung), der in der Relation zum Pfund erheblichen Schwankungen unterworfen war. Im 18. Jahrhundert entsprach in Österreich und Süd-Deutschland 1 Taler 2 Gulden.

Der Kaufkraftrechner basiert weitgehend auf dem rheinischen Gulden, das lässt sich ebenfalls nachlesen:
2) Rheinischer Gulden: Er wurde ab dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts in 4 Münzstätten des Heiligen Römischen Reichs (Basel, Dortmund, Nördlingen Frankfurt am Main) geprägt und galt in den Territorien der vier rheinischen Kurfürsten (Köln, Mainz, Trier, Pfalz) aufgrund gegenseitigen Verträge als Landeswährung. In Österreich betrug Ende 15. Jahrhundert der Umrechnungskurs für den ungarischen Gulden (23 1/2 Karat) 310-330 Pfennig, für den rheinischen Gulden (18 Karat) 240 Pfennig. Ab 1536 bildete in Österreich der Gulden im Wert des rheinischen Guldens anstelle des Pfunds die oberste Verrechnungseinheit

Wenn Du Dir die Mühe machst, mal ein paar Jahrgänge anzuschauen, wirst Du feststellen, dass die Preise für einzelne Waren starken Schwankungen unterworfen waren, teilsweise sicher bedingt je nach Ausfall der Ernte.

Für 1 Gulden bekam man anno 1500 77,9 Liter Wein, 1530 nur noch 30,6 Liter, 1540 dann wieder 74,1 Liter, 1550 klägliche 21,9 Liter.


Das gilt auch für die heutigen Tagelöhner. Deshalb sind diese Zahlen kaum was wert und können kaum zu Vergleichen herangezogen werden.
Die Zahlen sind eine Menge wert, wenn man eine Ahnung davon bekommen will, was ein Gulden wert war. (Ich bin zugegebenermaßen eher mit dem 18. Jahrhundert vertraut als mit dem 16. Jahrhundert oder dem Spätmittelalter.) Oft wurden Handwerker nicht nur in barer Münze entlohnt, insbesondere wenn sie entfernt vom Wohnort an Baustellen eingesetzt wurden. Da wurden vertragliche Leistungen des Auftraggebers nur teilweise in Bargeld abgerechnet, sondern eben auch in Rationen von Brot, Fleisch, Wein und Bier, mit denen die Arbeiter täglich versorgt wurden. Diese Rationen waren oft bemerkenswert üppig, das relativiert sich, wenn man bedenkt, dass täglich 10, 11, oft 14 Stunden lang hart gearbeitet wurde.
Vergleiche kann man sehr wohl anstellen. Was aber nicht funktioniert und nicht funktionieren kann, ist eine Umrechnungsformel "Ein Gulden entspricht soundsoviel Euro". Das sollte schon aus meinen ersten Beiträgen deutlich geworden sein.

Und bei Tagelöhnern in vormodernen Gesellschaften, wird man denn auch berücksichtigen müssen, dass es immer wieder Tage gab, an denen diese keine Abnehmer für ihre Arbeitskraft fanden, oder jedenfalls nicht ausgelastet waren ud an denen dann möglicherweise schonmal überhaupt kein Einkommen vorhanden war, während die Kosten aber weiterliefen.
Ein wichtiger Hinweis. Zunächst sind aber erst mal die Sonntage und zahlreichen Feiertage (in katholischen Gegenden fast ein Feiertag pro Woche) abzuziehen, an denen Tagelöhner grundsätzlich nichts bekamen. Zu denken ist an wandernde Gesellen, die oft tagelang unterwegs waren, um irgendwo an eine (oft nur kurzfristige) Beschäftigung zu kommen. Zu bedenken ist auch, dass viele Tagelöhner eine Familie durchbringen mussten.

Das sollte reichen zum Thema Reisekosten
Da hätte ich noch etwas anderes, eine detaillierte Reisekostenabrechnung eines Beamten aus dem Jahr 1720:
 
Wenn Du Dir die Mühe machst, mal ein paar Jahrgänge anzuschauen, wirst Du feststellen, dass die Preise für einzelne Waren starken Schwankungen unterworfen waren, teilsweise sicher bedingt je nach Ausfall der Ernte.

Für 1 Gulden bekam man anno 1500 77,9 Liter Wein, 1530 nur noch 30,6 Liter, 1540 dann wieder 74,1 Liter, 1550 klägliche 21,9 Liter.
Wobei ja bereits das Durschnittsswerte sind, die die saisonalen Schwankungen bei den Preisen diverser Produkte innerhalb der entsprechenden Jahre nicht berücksichtigen.
Bei Wein dürften sich die Schwankungen innerhalb des Jahres noch einigermaßen in Grezen halten, da Wein im hohen Maße haltbar ist und ohne weiteres auch über Jahre eingelagert werden kann.
Außerdem dürfte da zusätzlich zum regulären Konsum der Bevölkerung und des Adels auch die zusätzliche konstannte Nachfrage der Kirche nach Messwein die Nachfrage relativ konstant auf einem einigermaßen hohen Niveau gehalten haben.

Aber bei anderen Waren dürfte sich dass ja etwas anders verhalten haben.

Getreide und damit auch Brot, war natürlich während der Erntezeit und kurz danach, wesentlich billiger als vor allem im Frühsommer, vor Einbringung der Ernte, wenn die Vorräte aus dem vergangenen Jahr allmählich durch waren.

Fleisch (und damit korrespondierend der Preis(anstieg) für Salz als Konvervierungsmittel) wird vor allem ab Oktober/November relativ günstig zu haben gewesen sein, weil es natürlich Sinn mache dass Mastvieh, zu schlachten, so lange es gut genährt war, während des Winters wäre es deutlich abgemagert, oder man hätte zunehmend kostspiligerweise zufüttern müssen um es für das Frühjahr bei entsprechendem Gewicht zu halten, dass sich die Schlachtungen auch lohnten.
Das wird dann wegen des verderblichen Charakters vor allem wahrscheinlich irgendwo zwischen Oktober und Dezember, vielleicht Januar relativ günstig zu haben gewesen sein, aber ewig hielt sich ja auch gesalzenes Fleich nicht.


Dementsprechend wäre auch anzunehen, dass die Löhne (im Besonderen bei Tagelöhnern, die kaum Rücklagen bilden konnten) wahrscheinlich auch saisonal deutlich schwannkten (im Besonderen, wenn Kost als Sachleistung inkludiert war).
Das dürfte allerdings im Besonderen bei Tagelöhnern richtig an die Substanz gegangen sein, wenn sie in Perioden mit hohen Preisen für Grundnahrungsmittel (vor allem Frühling und Frühsommer), ihre Arbeitskraft nicht an den Mann bringen konnten und in dieser Zeit länger un- oder unterbeschäftigt blieben.

Ein wichtiger Hinweis. Zunächst sind aber erst mal die Sonntage und zahlreichen Feiertage (in katholischen Gegenden fast ein Feiertag pro Woche) abzuziehen, an denen Tagelöhner grundsätzlich nichts bekamen. Zu denken ist an wandernde Gesellen, die oft tagelang unterwegs waren, um irgendwo an eine (oft nur kurzfristige) Beschäftigung zu kommen. Zu bedenken ist auch, dass viele Tagelöhner eine Familie durchbringen mussten.
Oder auch insgesamt an Phasen, in denen in Sachen Konjunktur nicht so viel los war.

Vom Frühjahr an, bis in den Herbst, ließ sich ja, wenn in den Städten die Auftragslage eher mau war in die ländlichen Gebiete ausweichen.
Bei Aussat, Ernte, Ausbau und Reperaturarbeiten während des Sommers etc. etc. wird ja oft relativ problemfrei Beschäftigung zu finden gewesen sein.
Im Winter dürfte sich das aber schon komplizierter gestaltet haben, während aber hier vor allem Unterbringungskosten wegen des Bedürfnisses wenigstens gelegentlich zu heizen, gestiegen sein dürften.
Da passierte in der Landwirtschaft nicht viel, und auch Verkehr und Handel, wo ja immer wieder Personalbedraf gegeben war, waren ausgedünnt, möglicherweise bei strengen Witterungebedingungen überhaupt ausgesetzt.

Auch die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte dürfte vor allem im Herbst mit der Ernte- und Schlachtsaison zusätzlichen Arbeitskräftebedarf geschaffen haben, der aber sicherlich wieder wegfiel, wenn die Verarbeitung/Konservierung vollzogen war.

Für ländliche Tagelöhner oder Kleinbauern, die aus ihrem Landbesitz nur Teilweise ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten und sich einen Großteil des Jahres anders verdingten, war sicherlich das Verlagssystem eine Alternative, weil es auf dem Land keine Zunftordnungen gab, mit dem es ins Gehege kommen konnte.
Wie sah das eigentlich in den Städten aus?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn Du Dir die Mühe machst, mal ein paar Jahrgänge anzuschauen, wirst Du feststellen, dass die Preise für einzelne Waren starken Schwankungen unterworfen waren, teilsweise sicher bedingt je nach Ausfall der Ernte.
Eben deswegen sind Aussagen wie für soundsoviele Tage Arbeit bekam man soundsoviel Brot, Fleisch oder Wein kaum etwas wert. Okay, eine Ahnung bekommt man damit schon, das aber nur, wenn man nachschaut, was in dem/den Jahr/en so los war mit Ernte, Kriegen und Seuchen.
 
Außerdem dürfte da zusätzlich zum regulären Konsum der Bevölkerung und des Adels auch die zusätzliche konstannte Nachfrage der Kirche nach Messwein die Nachfrage relativ konstant auf einem einigermaßen hohen Niveau gehalten haben.

Der Messwein wurde nur von den Priestern in kleinen Dosen (dazu noch mit Wasser verdünnt) konsumiert, sicher kein Vergleich mit dem, was der Priester sich zu den täglichen Mahlzeiten genehmigte.

Hier gibt es eine Überschlagsrechnung zu den jährlichen Lebenshaltungskosten eines bürgerlichen Haushaltes aus Überlingen (ca. 1580):


Leider sind einige Positionen nicht beziffert, es ist aber klar, dass der Wein mit Abstand den dicksten Posten ausmacht, etwa ein Drittel der Aufwendungen für Lebensmittel!
Allein der Weinkonsum überstieg bei weitem die Ausgaben für eine Kindsmagd, falls ihr bürgerlicher Boss sie im Haus wohnen ließ und ihren Lebensunterhalt komplett bezahlte ("wiltu die im haus haben, gesteet sie dich all tag mit costen, getranck und lohn 12 D., macht ain jar 17 fl. 8 zwelfer.")


Dementsprechend wäre auch anzunehen, dass die Löhne (im Besonderen bei Tagelöhnern, die kaum Rücklagen bilden konnten) wahrscheinlich auch saisonal deutlich schwannkten (im Besonderen, wenn Kost als Sachleistung inkludiert war).

Ja, und zwar schon aufgrund der Arbeitszeit. Künstliches Licht war nur begrenzt verfügbar. Wenn im Sommer 14 Stunden geschuftet wurde, im Winter dagegen nur 10, wurde im Winter gern auch entsprechend weniger gezahlt.


EDIT: Dazu noch ein Beispiel, und zwar Tagelöhne von Nürnberger Bauhandwerskgesellen anno 1503:

"Winterlohn" (16. Oktober bis 22. Februar): 20 Pfennige
"kleiner Sommerlohn" (22. Februar bis 4. April und 24. August bis 16. Oktober): 24 Pfennige
"großer Sommerlohn" (4. April bis 24. August): 32 Pfennige

Pro Jahr sind 100 Sonn- und Feiertage und 265 Arbeitstage zu rechnen, wenn der Tagelöhner ohne Fehltage durcharbeitet, komme ich auf jährlich rund 28 Gulden.
(Eike Pies, Löhne und Preise von 1300 bis 2000, 2. Auflage Wuppertal 2003, S. 26)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn Du Dir die Mühe machst, mal ein paar Jahrgänge anzuschauen, wirst Du feststellen, dass die Preise für einzelne Waren starken Schwankungen unterworfen waren, teilsweise sicher bedingt je nach Ausfall der Ernte.​
Eben deswegen sind Aussagen wie für soundsoviele Tage Arbeit bekam man soundsoviel Brot, Fleisch oder Wein kaum etwas wert. Okay, eine Ahnung bekommt man damit schon, das aber nur, wenn man nachschaut, was in dem/den Jahr/en so los war mit Ernte, Kriegen und Seuchen.

Den Teil mit der Mühe hast Du wohl überlesen (ja, ich weiß, Lesen kann auch mühsam sein).

Es ist natürlich schon wichtig, zu wissen, ob 3 Kreuzer für einen Liter Wein eher ein Spottpreis oder eher oder exorbitant teuer sind.
(Natürlich nur, wenn man sich für Löhne und Preise in alter Zeit interessiert.)
 
Der Messwein wurde nur von den Priestern in kleinen Dosen (dazu noch mit Wasser verdünnt) konsumiert, sicher kein Vergleich mit dem, was der Priester sich zu den täglichen Mahlzeiten genehmigte.
Naja, bis ins Hochmittelalter hinein scheint der Laienkelch ja durchaus auch in der katholischen Kirche üblich gewesen zu sein.
Für die reformierten Glaubensrichtungen ist er jedenfalls ein Thema und wird mindestens bei den Hussiten im Spätmittelalter und bei den Lutheranern am Beginn der FNZ eingeführt.
Endgültig verworfen scheint der auf katholischer Seite erst seit dem Konzil von Trient zu sein.

Also mindestens in den evangelischen Territorien, dürfte der Bedarf an Wein für rituelle Zwecke, doch etwas größer gewesen und an der Erzeugung einer gewissen Nachfrage beteiligt gewesen sein.
Im Besonderen, wenn man bedenkt, dass dass viele evangelische Territorien im Norden über keine Weinbaugebiete verfügten und ihren Bedarf nur aus dem Süden decken konnten.

Auch sollte man da möglicherweise auf dem Schirm haben, dass die Konfessionsgrezen vor dem 30-Jährigen Krieg ja durchaus nochmal anders aussahen, als heute.
Das lutherische Bekenntnis hatte ja am Ende des 16. und Beginn des 17. Jahrhunderts durchaus auch Anklang bei eine Großteil der Bevölkerung in den habsburgischen Landen (außer Tirol und "Vorderösterreich" ) gefunden.

Die Rekatholisierungsbemühungen Ferdinand II. in den österreichischen Stammlanden, sind ja bekannt.


Danke für den interessanten Link btw.
 
Naja, bis ins Hochmittelalter hinein scheint der Laienkelch ja durchaus auch in der katholischen Kirche üblich gewesen zu sein.
Im Gegensatz zu den Priestern gingen die Laien nur ein- oder zweimal im Jahr zur Kommunion, und auch da bekam "jeder nor einen wönzigen Schlock".


Also mindestens in den evangelischen Territorien, dürfte der Bedarf an Wein für rituelle Zwecke, doch etwas größer gewesen und an der Erzeugung einer gewissen Nachfrage beteiligt gewesen sein.
Im Besonderen, wenn man bedenkt, dass dass viele evangelische Territorien im Norden über keine Weinbaugebiete verfügten und ihren Bedarf nur aus dem Süden decken konnten.

Dann nehmen wir doch mal Zahlen aus einem evangelischen Gebiet außerhalb der Weinbaugebiete:

"Tabelle 17: Die Ausgaben des Hospitals St. Jakob im Jahr 1575
Zehnt der Zittauer Pfarrkirche 3 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Hafer​
Zins auf den Oybin 14 Scheffel Weizen, 14 Scheffel Roggen, 14 Scheffel Hafer​
Zins auf den Oybin 213 Gr.​
Hospitalkaplan 224 Gr.​
Für Messwein und Brot 14 Gr.​
Gesindelohn 2.742 Gr.​
Tagelöhner 1.508 Gr. 6 d​
Schnitterlohn 2.014 Gr. 1 d​
Mäherlohn 1.330 Gr. 2 d​
Drescherlohn 3.382 Gr.​
Treber 2.592 Gr.​
Getränke 5.446 Gr.​
Fleisch 1.808 Gr. 3½ d​
Gewürze 228 Gr.​
Salz 2.523 Gr. 3 d​
Weihnachtsgericht (Streitzel, Semmeln) 261 Gr.​
Schmied 2.987 Gr. 1 d​
Riemer, Sattler, Seiler 1.012 Gr.​
Stellmacher, Wagner 308 Gr.​
Töpfer 90 Gr. 5 d​
Schlosser, Glaser, Fleischer, Bierschrötter 309 Gr. 1 d​
Büttner 1.070 Gr.​
Zimmerleute, Maurer, Schindelmacher, Holzspalter 2.604 Gr. 3 d​
Futterschneider 274 Gr.​
Fass- und Wagenpech 463 Gr.​
Gemeine Ausgabe 2.657 Gr. 3 d​
Gerstensamen 2.493 Gr.​
Summe 38.556 Gr. ½ d"​


Der Posten "für Messwein und Brot" ist mit Abstand der kleinste Posten in der Jahresrechnung, er beträgt gerade mal 0,26% der sonstigen Getränkerechnung. Und sogar wenn wir annehmen, dass das Zittauer Spital an genauso günstigen Wein kam wie der oben erwähnte Bürger im Weinbauort Überlingen, dann hätte der Überlinger Bürger den Jahresverbrauch des gesamten Spitals in durchschnittlich 10 Tagen weggesüffelt.

Wirtschaftlich gesehen kann der Messweinverbrauch nur marginalste Bedeutung gehabt haben.

(Mir fällt da ein Monty-Python-Sketch ein, wo ein sherrytrinkender Vikar während eines seelsorgerlichen Gesprächs Besuch vom Vertreter eines Sherry-Großhändlers erhält; nachdem man sich auf die nächste Lieferung geeinigt hat, verabschiedet sich der Vertreter mit den Worten: "Sie sind doch unser bester Kunde - Sie und die USA.")
 
Vielen Dank für den Link.

Eine allgemeine Frage zu den Münzsystemen: Warum wählte man "krumme" Zahlen für die Unterteilung der größeren Münzen, also z.B. 240 oder 60 oder 28 oder 24 oder 20 oder 12, und nicht viel einfacher zu handelnde Dezimalsystem?
 
Vielen Dank für den Link.

Eine allgemeine Frage zu den Münzsystemen: Warum wählte man "krumme" Zahlen für die Unterteilung der größeren Münzen, also z.B. 240 oder 60 oder 28 oder 24 oder 20 oder 12, und nicht viel einfacher zu handelnde Dezimalsystem?


Hast Du zufällig eine Uhr? Vielleicht mit Zifferblatt?
Warum wird das Zifferblatt in 12 Stunden und die Stunde in 60 Minuten eingeteilt und nicht in das viel einfacher zu handhabende Dezimalsystem?
Warum wird die Zeitangabe "halb fünf" mit den Zahlen "16.30" ausgedrückt?
 
Ich weiß schon, dass du damit auf Geschichte/Tradition anspielst, aber immerhin haben schon die Römer 1 Aureus mit 100 Sesterzen gleichgesetzt. Und mit der Verbreitung der arabischen Ziffern – und damit des Dezimalsystems – ab dem 13. Jahrhundert in Europa, hätte man auf dieses System auch auf die Währungen ausweiten können. Das dauerte aber bis ins 19. Jahrhundert und in Großbritannien bis in die 2. Hälfte des 20.

PS: Habe gerade gelesen, dass die Beharrungskräfte auch bei Mathematikern groß waren – Zitat:

Gleichzeitig mit der Null haben indische Mathematiker auch negative Zahlen eingeführt. Zusammen sind sie durch Leonardo von Pisa (Fibonacci) nach Europa gekommen. Für ihn war es kein Problem, dass bei der Rechnung mit Geldmengen eine negative Zahl als Schulden gedeutet werden konnte.[16] Die algebraische Benutzung negativer Zahlen konnten sich gegen den entschiedenen Widerstand selbst berühmter Mathematiker erst im 18. Jahrhundert durchsetzen.[17]

Da kommt mir wieder der Gauck-Spruch (geäußert in einem Interview mit Lanz – siehe ZDF-Mediathek) in den Sinn:

Der Mensch will keine Veränderungen.
 
Einen mathematischen Vorteil hat das Dezimalsystem nicht. Der Vorteil der Zwölfersysteme ist die Teilbarkeit durch 2, durch 3, durch 4 und durch 6. Zumal wenn man sowieso gewöhnt ist, das Jahr in 12 Monate, den Tag in 12 bzw. 24 Stunden und die Stunde in 60 Minuten zu teilen, ist es ganz sicher keine intellektuelle Überforderung, den Gulden in 24 Schillinge oder 60 Kreuzer zu teilen oder den Fuß in 12 Zoll. Letztere Unterteilung ist im angloamerikanischen Maßsystem heute noch in Gebrauch, sogar im internationalen Luftverkehr wird die Flughöhe in Fuß angegeben.

Welches Zählsystem man dazu verwendet, spielt übrigens keine Rolle. In den meisten Sprachen der Welt (auch in allen indoeuropäischen) ist das Zehnersystem verbreitet, wahrscheinlich wegen der Anzahl der Finger.
zehn - hundert - tausend
decem (X) - centum (C) - mille (M)
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider sind einige Positionen nicht beziffert, es ist aber klar, dass der Wein mit Abstand den dicksten Posten ausmacht, etwa ein Drittel der Aufwendungen für Lebensmittel!

Hier gibt es noch einen Aufsatz, der sich mit dem Weinkonsum von fünf gehobenen Bürgerhaushalten der Städte Köln und Nürnberg im 15./16. Jahrhundert beschäftigt:

 
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