über Hosentrageverbote für Frauen

Die Kirche war stets gegen körperbetonte Kleidung, da sie nach der Lehrmeinung zur Unzucht verführte und überdies Eitelkeit als sündiger Hochmut galt. Dies traf übrigens auch auf die Herrenmode zu. Der Klerus konnte gegen Schamkapseln und zur Schau gestellte Männerwaden genauso vortrefflich wettern wie gegen tiefe Dekolletés.

Und hat der Klerus die Schamkapseln verboten? Oder wenigstens verboten, dass Kirchen mit Abbildungen von Männern mit Schamkapseln geschmückt werden?


Oppenheim, St. Katharina:

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Kraftsheim, St. Georg:

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Hosenverbot für Frauen​

In Frankreich ist ein altes Gesetz aufgetaucht, das den Frauen das Tragen von Hosen verbietet. Das Hosenverbot ist nicht nur verfassungswidrig – sondern auch immer noch gültig.

Die Revolutionäre haben es verboten.
 
"Inquisitionsprozess" von Lateinisch "inquirere" (= untersuchen, nachforschen, im weiteren Sinn "nach Beweisen suchen") bedeutet erstmal nur, dass das ein Verfahren war, das auf Befragungen, Sammeln von Beweisen etc. basierte und das Verfahren nicht auf einem Gottsurteil oder anderen in früheren Abschnitten des Mittelalters üblichen "Prozessmethoden" beruhte.
Nur als kleine Ergänzung:
Das Wesentliche am „Inquisitionsprozess“ ist, dass der Ankläger zugleich auch der Richter war. Damit unterschied er sich von älteren Prozessformen, in denen meist die Opfer einer Straftat selbst als Ankläger auftreten mussten. (Staatsanwaltschaften sind eine vergleichsweise junge Einrichtung.) Im Inquisitionsprozess übernahm ein Vertreter der Obrigkeit die Anklage, ermittelte selbst und fällte das Urteil. Angestrebt wurde dabei ein Geständnis des Angeklagten.

Richtig und wichtig ist somit, dass „Inquisitionsprozess“ nichts mit der kirchlichen „Inquisition“ zu tun hat, sondern einfach nur eine spezielle Form des Strafprozesses ist, die auch in rein weltlichen Angelegenheiten angewendet wurde und bis ins 19. Jhdt. hinein gebräuchlich war. (Im Verwaltungsstrafrecht vieler Staaten wird im Prinzip bis heute nach einem abgeschwächten Inquisitionsverfahren vorgegangen.)
 
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Der Prozess gegen Jeanne war ein politischer Inquisitionsprozess. Das sieht man u.a. daran, dass das Inquisitionsgericht alle Zeugenaussagen annahm, also auch von Meineidigen, Kriminellen und Exkommunizierten, denen man Anonymität zusicherte. Und dass die Anklage konstruiert war und man daran arbeitete, sie auf jeden Fall verurteilen zu können, beweist im letzten Urteil die Feststellung des wiederholten Tragens der Männerkleidung, was ohne das Zutun des Kerkermeisters gar nicht möglich gewesen wäre: Man hat ihr Frauenkleider weggenommen und nur Männerkleidung gegeben.

Anfangs war der Prozess öffentlich, aber nachdem Jeanne unangreifbare Antworten lieferte, wurde er im Geheimen weitergeführt. Gleichwohl: Inquisitionsprozesse waren die Sache der Kirche und nur der Kirche.

Das ist Unsinn! Inquisitions-Prozess heißt die Prozessform, die durch die Rezeption des römischen Rechts im Spätmittelalter entstandene Prozess-Form. Es geht um eine Untersuchung, eine Inquisitio. Mit der Inquisition hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun.

In den Jahren 1805 bis 1814 führte die kurfürstlich hessische und königlich westphälische Justiz Untersuchungsverfahren gegen verschiedene Räuber und Räuberbanden.

In den Findbüchern findet man die Akten:

Acta Inquisitionis speciales, den Salomon Jakob bzw. Abraham picard betreffend.

Acta inquisitionis specialis den Mathieu Rouhet, vulgo Major betreffend.

Waren das Inquisitionsprozesse und sollte die katholische Kirche im protestantischen Hessen eine Dependance unterhalten haben?

Nein, natürlich nicht, alle geistlichen und weltlichen Gerichte führten Inquisitionsprozesse.

Der Inquisitionsprozess war ganz einfach die übliche Prozessform für die Kriminalgerichtsbarkeit.

Der Inquisitionsprozess zeichnete sich durch fpögende Charakteristika aus:

er war nicht öffentlich
- Es gab keine Trennung zwischen Richter und Ankläger.
-Die zuständige Behörde ermittelte und befragte Zeugen
-Es wurde jedem Angeklagten ein Verteidiger gestellt. Die Verteidigung war eingeschränkt. Verteidiger konnten keine eigenen Zeugen befragen, eine Verteidigung war nur auf interpretatorischer Basis möglich, sie konnte Zeugen und Zeugenaussagen in Frage stellen.
-Eine Überführung und Verurteilung war nur durch ein Geständnis oder zwei Tatzeugen (und nicht etwa Komplizen) möglich.

Das war auch der Grund, weshalb abgebrühte Räuber und Gauner lieber das alte Inquisitionsverfahren vorzogen, als moderne Indizienprrozesse. Der Räuber Picard gab sogar ein Verbrechen zu, dass er gar nicht begangen und erfunden hatte, nur um dadurch Auslieferung an die Franzosen zu entgehen, wo er durch ein Spezialgericht auch nach Indizien verurteilt werden konnte. In Kurhessen musste man ihn zum Geständnis bringen, anders war eine Verurteilung nicht möglich.

Die Inquisition hat zwar zur Rationalisierung der Rechtspflege beigetragen, aber mit der Spanischen oder Römischen Inquisition hat der Inquisitionsprozess nichts zu tun.

Er hat seinen Namen von der Inquisitio= Untersuchung. Es wurde unterschieden zwischen einer General-Inquisition und einer Spezial-Inquisition. Während der general-Inquisition wurden Zeugen ermittelt, Aussagen und Motive ermittelt und Zeugen befragt, mögliche Verdächtige ermittelt. wenn sich aus der General-Inquisition ausreichend Verdachtsmomente gegen eine Person ergaben, wurde eine Spezial-Inquisition eingeleitet, der Verdächtige in Haft genommen. Die Inquirenten waren sozusagen Untersuchungs-Richter und Staatsanwalt in Personalunion. Sie sprachen nicht das Urteil, sondern leiteten nur die Untersuchung (Inquisitio).
 
@El Quijote

Ich denke aber, dass @Dions Behauptung in der Sache durchaus haltbar ist, wenn auch ungenau formuliert. Es gab kein förmliches Hosentrageverbot für Frauen; indem es Frauen jedoch verboten war, Männerkleider zu tragen, wozu nun mal die Hose zählte, bestand im Endeffekt eben doch ein Hosentrageverbot. Allerdings wurde dieses Verbot durchaus nicht gnadenlos einförmig gehandhabt und wurde, zumindest im Mittelalter, von Ausnahmen durchbrochen. Konnte eine Frau geltend machen, aus Armut oder zum Schutz ihrer Tugend oder Gesundheit Männerkleidung getragen zu haben, galt sie als entschuldigt. Zumindest in manchen Gegenden Europas (meiner Wahrnehmung nach in slawischen Ländern) war auch das Tragen einer Art Rockhose bei der Landarbeit wenigstens geduldet. Es liegt sogar nahe, dass man ihr genau die Sachen gab, die sie zuvor getragen hatte. Anders wäre ihr "Rückfall" kaum zu konstruieren gewesen. Wahrscheinlich wird es sich um Bruche, Beinlinge und Gambeson gehandelt haben.

Ich habe mich ja mal mit Kleidungsforschung und Kleiderordnungen beschäftigt.

Da wird zwar explizit das Material, der Schnitt festgelegt, festgelegt, wie viele Unterröcke eine Frau aus welchem Stand tragen durfte, aus welchem Material, dass aber Frauen ausdrücklich das Tragen von Hosen untersagt wurde, daran kann ich mich nirgendwo erinnern.

"Hosenrollen" waren ein beliebtes Genre und eine Möglichkeit für junge Schauspielerinnen Rollen zu übernehmen. Der Konsul Buddenbrook ist auch nicht über die Hosen entsetzt, die ein Starlet trägt, die die Rolle von Walter Tell spielt, sondern dass der Schüler Christian Buddenbrook ihr ein Rosen-Bouquet überreicht.

Was man sich fragen muss ist doch seit wann sind Frauen in Hosen überhaupt aufgefallen, und seit wann wurde das als unschicklich empfunden?

In Gaunerlisten und Steckbriefen wurde immer wieder mal erwähnt, dass eine Frau Hosen trug, weil man damit leichter flüchten konnte. Da wurde das vielleicht mal als unschicklich oder leicht anrüchig wahrgenommen, aber von einem regulären Verbot war keine Rede.

Bettina von Arnim reiste wie sie schreibt in Männerkleidern, trug sogar eine Pistole.

Dass Frauen in Hosen überhaupt als Ärgernis wahrgenommen wurden, dafür sammelte die Anthropologin Carola Lipp Material über Frauen im Vormärz. Schimpfende Weiber und patriotische Jungfrauen.

Überhaupt traten Frauen in Hosen allgemein erst um die Jahrhundertwende in Erscheinung. Für Radfahrerinnen oder Bogenschützinnen wurde der Hosenrock erfunden, und so richtig Krawall und Rabatz machten Suffragetten die in Bloomers aufkreuzten, die an Unterwäsche erinnerte und die auch schon mal einen Golfclub zerlegten.

Da wurde das teils als unschicklich wahrgenommen, aber an ein konkretes ausdrückliches Hosenverbot kann ich mich nirgend entsinnen, und es dürfte @Dion schwerfallen auch nur eine einzige Kleiderordnung zu zitieren, die das ausdrücklich verbietet.

Überhaupt traten von der ein oder anderen Hosenrolle mal abgesehen Frauen in Hosen doch erst im Zuge der Freizeit-Kultur im 19. Jahrhundert in Erscheinung, als Frauen sich auch sportlich betätigten und die Frauenrechtsbewegung Fahrt aufnahm und teilweise sehr militant wurde.
 

Da wurde das teils als unschicklich wahrgenommen, aber an ein konkretes ausdrückliches Hosenverbot kann ich mich nirgend entsinnen, und es dürfte @Dion schwerfallen auch nur eine einzige Kleiderordnung zu zitieren, die das ausdrücklich verbietet.
 
@Scorpio & @El Quijote

Nun, ich denke, wir sollten nicht päpstlicher als der Papst sein.

Uns allen dürfte klar sein, dass @Dion keine Hosen im modernen Sinne gemeint hat, als er das Beispiel Johannas von Orleans anführte, sondern eben angenestelte Hosenbeine oder Beinwickel. (Im folgenden verwende ich das Wort "Hosen" auch in diesem Sinne.) Ein ausdrückliches Verbot, ob weltlich oder kirchlich, wonach Frauen solche nicht tragen dürften, ist mir nicht bekannt, aber das spielt in meinen Augen auch keine große Rolle.

Wenn Frauen für das Tragen von Männerkleidern bestraft werden konnten, und das konnten sie – wenngleich nicht mit solcher Regelmäßigkeit und Härte, wie @Dion zu denken scheint, oder wie jene uns weismachen wollen, die moderne Vorstellungen von Geschlechtlichkeit in die Vergangenheit projizieren –, war ein ausformuliertes Verbot gar nicht nötig. Es genügte sich anzugucken, was seinerzeit als Herrenmode galt, und im Umkehrschluss zu folgern, dass Frauen solche Kleidungsstücke gefälligst nicht zu tragen hatten.

Man wird meines Erachtens zu dem Schluss kommen müssen, dass sich dieses Verbot nur auf Beinkleider beziehen kann. Denn die Oberbekleidung der mittelalterlichen Damen- und Herrenmode ähnelte sich häufig (Beispiel: Schaube); zumindest die Frauen der Oberschicht beanspruchten auch Herrenkleidungsstücke wie Wämser oder Herren-Kopfbedeckungen wie das Barett für sich.

Spontan fällt mir in der Tat nur Johanna von Orleans als mittelalterliche Frauengestalt ein, die hosentragend in den zeitgenössischen Quellen abgebildet wurde. Sowohl "maskulin" agierende fiktive bzw. semi-historische Frauengestalten (wie die Neun Heldinnen), als auch die wenigen historisch verbürgten in Kampfhandlungen verwickelten Frauen des Mittelalters (bspw. Johanna von Flandern, Johanna von der Bretagne, Caterina Sforza) werden immer mit Rüstung, aber auch mit Rock dargestellt.

Sammlung aus dem Forum:

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(rechts unten: Johanna von Orleans)

Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass der jeweilige Illuminator/Illustrator die dargestellte Frau wahrscheinlich nicht mit eigenen Augen gesehen hat, und ihr in der Darstellung vielleicht nur deshalb Röcke verpasste, weil er sich nichts anderes vorstellen konnte (oder dem Betrachter das Geschlecht der dargestellten Person verdeutlichen wollte), spricht das in meinen Augen dafür, dass sich das zeitgenössische Publikum eine Frau eher als Kriegerin und Heerführerin denn in Männerkleidern bzw. -rüstung vorstellen konnte. Was mindestens für ein starkes Tabu spricht.

Zwar ist es prinzipiell möglich, dass diese Frauen trotzdem Hosen trugen. Immerhin wissen wir, dass Hosen mitunter auch von Frauen bei der Jagd zu Pferd getragen wurden. Es gab wohl auch nicht viele Männer, die einer Caterina Sforza das Hosentragen hätten verbieten können. Might makes right, das war schon immer so. Außerdem würde ich annehmen: Wenn bspw. ein Vasall Johannas von der Bretagne kein Problem damit hatte, einer Frau in die Schlacht zu folgen, dann dürfte er auch kein Problem damit gehabt haben, dass sie Hosen trug; jeder kampferprobte Ritter oder Knecht, dem etwas an seiner Herrin lag, hätte ihr vermutlich sogar dazu geraten, und sei es nur, damit sie leichter weglaufen könnte.

Trotzdem wären dann immer noch für die Nachwelt die Hosen gegen Röcke vertauscht worden. Alles in allem denke ich daher, dass @Dion jedenfalls in der Sache Recht hat. De jure gab es zu Johannas Lebzeiten wohl kein Hosentrageverbot, de facto aber schon.
 
@schaf danke für den kuriosen Fund! Ich kannte das nicht und ich wusste nicht, dass sich George Sand wiederholt die Genehmigung, Hosen tragen zu dürfen, einholen musste. Ob sie auch wegen ihrer Zigarren Qualmerei eine behördliche Genehmigung brauchte?

Aber davon abgesehen: weiter weg von der Kirche, dem Papst, der heiligen Inquisition kann man gar nicht sein. Die kuriose Hosenverordnung ist eine Frucht des französischen Revolutionsregimes!
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ein explizites klerikales offizielles Hosenverbot für Frauen ist bislang nicht nachgewiesen worden. Die Technik, "Hosen" als Metapher für explizite Männerbekleidung zu verwenden, wirkt für Zeiträume vor dem 19. Jh. nicht überzeugend.
 
@muck zunächst lange Strümpfe - waren Strümpfe, winters nützlich, je Frauen verboten? Ich weiß, dass Wikipedia Beinlingen/Bruche als Männerbekleidung und "Vorläufer der Hose" bezeichnet. Da frage ich mich, ob und wann die bracae je außer Gebrauch kamen und ob diese für Frauen ebenfalls jemals verboten waren.
 
Uns allen dürfte klar sein, dass Dion keine Hosen im modernen Sinne gemeint hat, als er das Beispiel Johannas von Orleans anführte,
Die Ursprungsfrage lautete, welche nachhaltigen Veränderungen revolutionäre und kriegerische Ereignisse Anfang des 20. Jhdts. ausgelöst hätten. Dions Behauptung: Frauen kamen in Fabrikarbeit und legten dafür Hosen an, damit sei das jahrhundertealte kirchliche Verbot für Frauen, Hosen zu tragen, unwiderruflich gebrochen gewesen.
Alles, was danach kam (das Bibelzitat, Jeanne d'Arc, wo keine Hosen erwähnt werden) war letztlich der Versuch, die Deutungshoheit über eine streitbare Behauptung zu behalten. Aber im Ursprung ging es eben sehr wohl um Hosen in modernen Sinne und das angebliche Trageverbot.
 
@Scorpio & @El Quijote

Nun, ich denke, wir sollten nicht päpstlicher als der Papst sein.
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Wenn Frauen für das Tragen von Männerkleidern bestraft werden konnten, und das konnten sie –

Anhang anzeigen 23772Anhang anzeigen 23773
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Wenn sie dafür bestraft werden konnten, dann müsste sich ja auch ein Beleg dafür finden. Einen Beleg dafür finden, dass das Tragen von Hosen Frauen ausdrücklich verboten war.

Es müsste sich auch wenigstens ein Beleg dafür finden, das eine Frau für das Tragen von Hosen bestraft wurde.



Wenn es tatsächlich illegal- und nicht bloß ungebührlich oder unschicklich für Frauen war, Hosen zu tragen, wenn das tatsächlich ein Straftatbestand war- Ja dann müsste sich doch wenigstens eine Kleiderordnung unter den unzähligen Ordnungen finden, die das tatsächlich verbietet.
Dann sollte sich doch wenigstens ein einziger Fall anführen lassen, in dem eine Frau dafür verurteilt wurde, dass sie Hosen getragen hatte.





Bis jetzt wurde in diesem Thread noch nicht eine einzige Quelle genannt, nicht ein einziges Indiz geliefert, das diese These belegt.

Es wurde auch keine Quelle genannt, dass tatsächlich ein solches Verbot angewendet wurde und eine Frau tatsächlich dafür zur Verantwortung gezogen wurde.

Dafür gibt es eine Reihe von Beispielen, dass Reisende im 18. und 19. Jahrhundert Männerkleidung anlegten, weil das einfach sicherer und praktischer war.

Nun gut, man könnte annehmen, dass für Leute wie Bettina von Arnim das Prinzip quod licet Jovi angewendet wurde.

Wenn das aber so war, warum hat man Julie Blasius die Freundin des Schinderhannes nicht für das Tragen von Hosen zur Verantwortung gezogen? Oder Christiane Delitz eine berüchtigte Brandstifterin

Die Justiz war bemüht, alle Untaten eines Delinquenten aufzuklären, bei Julie Blasius konnte ihr die Beteiligung an einem Überfall nicht nachgewiesen werden. Das Tragen von Hosen aber schon. Warum hat man sie nicht zur Verantwortung gezogen?

Wenn sich dieses eine Beispiel, dieser eine Fall eben nicht ausfindig machen lässt, dann kann man in der Regel auch die These in die Tonne treten.

Beim Nachdenken darüber, wie es mit Männern war, die Frauenkleider trugen, fiel mir Charles dé Eon de Beauchamps ein. Der Maquis d´ Eon war vielleicht der erste Transvestit transgender.
Der Marquis de Eon war ein bekannter Fechtlehrer und Diplomat, der jahrelang in der Londoner Gesellschaft Aufsehen erregte, weil er Frauenkleider trug. Seit 1785 lebte Eon in England Nach dem Tod <Louis XV. verlor er seine Pension, Ludwig XVI. erlaubte d´ Eon die Rückkehr nach Frankreich und er setzte eine hohe Pension aus für die Rückgabe von Papieren, bestimmte aber, dass d´Eon Frauenkleider tragen müsse.

Warum er das verfügte, weiß ich nicht.


https://de.wikipedia.org/wiki/Charles_d`Eon_de_Beauchamps
 
Ich vermute nicht, dass dieser Zustand der ungewöhnlich starken Politisierung der Kirche schon überwunden war.
Ja, das ist möglich. Gleichwohl wird in anderen Fäden immer wieder betont, die Kirche hätte keine weltliche Macht inne, aber jetzt, in diesem Fall, wird es besonders deutlich, dass sie doch bestimmte, was Recht und was Unrecht zu sein hat. Denn natürlich hat sie damals und bis weit in das 20. Jahrhundert die moralische Schnur vorgegeben – dass man nicht immer auf sie hörte, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls war sie hier stark genug, eine junge Frau zum Tode zu verurteilen, nur weil diese es gewagt hatte, sich nicht so zu verhalten, wie von der Kirche vorgegeben.

Die Kirche war stets gegen körperbetonte Kleidung, da sie nach der Lehrmeinung zur Unzucht verführte und überdies Eitelkeit als sündiger Hochmut galt.
Das weiß ich, nur gibt es in diesem Forum Beiträge, die die Rolle der Kirche als höchste moralische Instanz negierten oder kleizureden versuchten, so nach dem Motto: Kirche hätte keine Macht, Gesetze zu erlassen, das war nur den jeweiligen Herrschern vorbehalten. Formal ist das natürlich richtig, praktisch aber nicht, denn der Vogt in Rouen hatte nach dem Urteil in von der Kirche geführten Inquisitionsprozess keine Wahl: Er musste Jeanne auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen.

Ausdrücklich äußert sich der Corpus Iuris Canonici nur zum Anklagepunkt "Auflehnung gegen die Kirche".
Dem ist jetzt vielleicht so, aber wie war die Situation damals? Hier habe ich in “Corpus iuris canonici (Gratians Decretum) cum Glossis Joh. Teutonici”, erschienen in Venedig im Jahr 1525, auf Folio 45 etwas über “virili veste” gefunden. Ich kann kein Latein, aber was dasteht, ähnelt schon dem Spruch in 5 Mose 22,5 aus dem Alten Testament aus – siehe den roten Pfeil im Bild.

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Wenn ich Anathema mit Verfluchung übersetze, dann wurde Jeanne mit dem Urteil als von Gott verfluchte Person bezeichnet – wir erinnern uns: "Eine Frau soll nicht Männersachen tragen und ein Mann soll nicht Frauenkleider anziehen; denn wer das tut, der ist dem HERRN, deinem Gott, ein Gräuel.” - d.h. sie wurde geächtet.

Damit kann auch die Frage von @El Quijote, ob der Bibelspruch in das Kirchenrecht umgewandelt wurde, bejaht werden.

Warum ist das Urteil von Rouen für Dich "die" Meinung der Kirche? Warum nicht das von Poitiers 1429, warum nicht das von Paris 1456?
Auch diese Urteile sind Positionen der Kirche - ändert sich die politische Situation, ändert auch die Kirche mitunter ihre Meinung.
 
Hier habe ich in “Corpus iuris canonici (Gratians Decretum) cum Glossis Joh. Teutonici”, erschienen in Venedig im Jahr 1525, auf Folio 45 etwas über “virili veste” gefunden.


SI qua mulier suo proposito vtile iudicans, vt virili veste vtatur, propter hoc virilem habitum imitetur: anathema sit.

"Wenn eine Frau es für ihre Zwecke als nützlich erachtet, Männerkleider zu tragen und sie aus diesem Grund männliches Aussehen imitiert, sei sie ausgeschlossen."
 
Si qua mulier suo proposito utile iudicans, ut uirili
ueste utatur, propter hoc uiri habitum imitetur
anathema sit.


Wenn eine Frau es zu ihren Zwecken als nützlich beurteilt, dass sie Männerkleidung benutze, weil sie männliches Gehabe imitiert, dann sei das mit Kirchenbann belegt.
 
Was ist ein "Kirchenbann"?
Ich mein, was für erlebte Konsequenzen zog ein solcher nach sich?
 
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