@Scorpio &
@El Quijote
Nun, ich denke, wir sollten nicht päpstlicher als der Papst sein.
Uns allen dürfte klar sein, dass
@Dion keine Hosen im modernen Sinne gemeint hat, als er das Beispiel Johannas von Orleans anführte, sondern eben angenestelte Hosenbeine oder Beinwickel. (Im folgenden verwende ich das Wort "Hosen" auch in diesem Sinne.) Ein ausdrückliches Verbot, ob weltlich oder kirchlich, wonach Frauen solche nicht tragen dürften, ist mir nicht bekannt, aber das spielt in meinen Augen auch keine große Rolle.
Wenn Frauen für das Tragen von Männerkleidern bestraft werden konnten, und das konnten sie – wenngleich nicht mit solcher Regelmäßigkeit und Härte, wie
@Dion zu denken scheint, oder wie jene uns weismachen wollen, die moderne Vorstellungen von Geschlechtlichkeit in die Vergangenheit projizieren –, war ein ausformuliertes Verbot gar nicht nötig. Es genügte sich anzugucken, was seinerzeit als Herrenmode galt, und im Umkehrschluss zu folgern, dass Frauen solche Kleidungsstücke gefälligst nicht zu tragen hatten.
Man wird meines Erachtens zu dem Schluss kommen müssen, dass sich dieses Verbot nur auf Beinkleider beziehen kann. Denn die Oberbekleidung der mittelalterlichen Damen- und Herrenmode ähnelte sich häufig (Beispiel: Schaube); zumindest die Frauen der Oberschicht beanspruchten auch Herrenkleidungsstücke wie Wämser oder Herren-Kopfbedeckungen wie das Barett für sich.
Spontan fällt mir in der Tat nur Johanna von Orleans als mittelalterliche Frauengestalt ein, die hosentragend in den zeitgenössischen Quellen abgebildet wurde. Sowohl "maskulin" agierende fiktive bzw. semi-historische Frauengestalten (wie die Neun Heldinnen), als auch die wenigen historisch verbürgten in Kampfhandlungen verwickelten Frauen des Mittelalters (bspw. Johanna von Flandern, Johanna von der Bretagne, Caterina Sforza) werden immer mit Rüstung, aber auch mit Rock dargestellt.
Sammlung aus dem Forum:
(rechts unten: Johanna von Orleans)
Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass der jeweilige Illuminator/Illustrator die dargestellte Frau wahrscheinlich nicht mit eigenen Augen gesehen hat, und ihr in der Darstellung vielleicht nur deshalb Röcke verpasste, weil er sich nichts anderes vorstellen konnte (oder dem Betrachter das Geschlecht der dargestellten Person verdeutlichen wollte), spricht das in meinen Augen dafür, dass sich das zeitgenössische Publikum eine Frau eher als Kriegerin und Heerführerin denn in Männerkleidern bzw. -rüstung vorstellen konnte. Was mindestens für ein starkes Tabu spricht.
Zwar ist es prinzipiell möglich, dass diese Frauen trotzdem Hosen trugen. Immerhin wissen wir, dass Hosen mitunter auch von Frauen bei der Jagd zu Pferd getragen wurden. Es gab wohl auch nicht viele Männer, die einer Caterina Sforza das Hosentragen hätten verbieten können. Might makes right, das war schon immer so. Außerdem würde ich annehmen: Wenn bspw. ein Vasall Johannas von der Bretagne kein Problem damit hatte, einer Frau in die Schlacht zu folgen, dann dürfte er auch kein Problem damit gehabt haben, dass sie Hosen trug; jeder kampferprobte Ritter oder Knecht, dem etwas an seiner Herrin lag, hätte ihr vermutlich sogar dazu geraten, und sei es nur, damit sie leichter weglaufen könnte.
Trotzdem wären dann immer noch für die Nachwelt die Hosen gegen Röcke vertauscht worden. Alles in allem denke ich daher, dass
@Dion jedenfalls in der Sache Recht hat. De jure gab es zu Johannas Lebzeiten wohl kein Hosentrageverbot, de facto aber schon.