Dabei wurden keine anderen Kriterien angelegt als in anderen Würzburger Zenten auch. Insbesondere lassen sich keine besonderen Anweisungen aus Würzburg erkennen, nach Hexen zu suchen oder sie gezielt zu verfolgen.
Hier widerspricht sich Meier teilweise selbst, denn in dem Aufsatz, den ich gestern zitierte, schrieb er – Zitat:
Julius Echter stärkte den Zentgrafen und das Gerolzhöfer Gericht in ihrem Tun, er akzeptierte die Geständnisse und Beweise aus Gerolzhofen und ordnete den Einsatz der Folter an.
Dazu von dir kein Wort.
Um noch einmal auf die Folter zurückzukommen: Sie konnte ausdrücklich für jene Personen angeordnet werden, die der Ketzerei oder der Hexerei beschuldigt wurden, wobei seit der Bulle „Super illius specula“ des Papstes Johannes XXII. die Zauberei wie Ketzerei zu ahnden war.
Um uns nicht im Kleinklein zu verzetteln, schlage ich vor, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dazu ist es zunächst notwendig zu klären, wie es überhaupt zu Hexenverfolgungen kommen konnte.
Meine Version dieser Geschichte ist diese:
In der Bibel gibt es mehrere Stellen (2Mose 22,17, 3Mo 20,6; 3Mo 20,27; 5Mo 18,10; 1Sam 28,9; Mal 3,5), in denen gesagt wird, dass man Zauberer oder vielmehr Zauberinnen, Wahrsager, Totenbeschwörer oder Hellseher nicht leben lassen sollte. Das kann man eindeutig als göttlichen Auftrag an den Menschen verstehen.
Daraus baute Augustinus seine Theorie des Teufelspaktes: Dem Teufel bereite es regelrechte Freude, mit seinen Gehilfen, den Dämonen, Menschen zum bösen Tun zu verleiten. Durch den Pakt mit dem Teufel erhalten Menschen die Möglichkeit, sich in Tiere zu verwandeln und Wetter- oder andere Schadenszauber zu betreiben.
Glücklicherweise ließ sich die Kirche zunächst davon nicht beeinflussen – hielt die Zauberei für einen Aberglauben.
Aber in der Zeiten der Hochscholastik griff Thomas von Aquin auf Augustinus zurück und entwickelte daraus die Lehre von einer Gegenkirche. Demnach herrschte Teufel als gefallener Engel mit Duldung Gottes über einen Dämonenstaat. Seinen Anhängern unter den Menschen verleihe der Teufel übernatürlich Kräfte, mit deren Hilfe sie in der Lage versetzt werden, ihre Mitmenschen schädigen zu können. Der Pakt werde durch Geschlechtsverkehr mit männlichen oder weiblichen Dämonen (incubi und succubi) bekräftigt, aus dem sogar Teufelskinder hervorgehen könnten. Mit dem Pakt mit dem Teufel war der Abfall vom christlichen Glauben vollzogen – sie wurden zu Ketzern.
Und den Ketzern unterstellte die Kirche magische Praktiken, Teufelsanbetung, Opferung von Neugeborenen und wollüstige Ausschweifungen. All dies geschehe in den nächtlichen Versammlungen, auf denen der Teufel in Tiergestalt erscheine – das war wohl die Keimzelle für die spätere Vorstellung des Hexensabbats.
Aus Schadenszauber, Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft und geheimen Versammlungen kristallisierte sich ein neuer Verbrechenstatbestand heraus: Das
crimen magiae (Verbrechen der Zauberei), das als
crimen exceptum (außerordentliches Verbrechen) die Aufmerksamkeit der Inquisitoren geradezu verlangte.
Konsequenterweise ordnete der Papst Johannes XXII. (im Jahr 1326) an, dass Schadenszauber nach Bestimmungen für Ketzer verfolgt und zu ahnden sei.
Wiederum als Konsequenz daraus, folgten Verfolgungen der Zauberer in Südfrankreich (1320-1350), seit der Wende zum 15. Jahrhundert auch in der Schweiz gegen "Teufelsbündler" und "Hexensekten" ebenso wie in Südfrankreich, Nordspanien, französischen Alpen, Savoyen, Burgund, in der Mitte des Jahrhunderts auch vereinzelt in Lothringen und in der Erzdiözese Trier.
Der Begriff Hexe erscheint in einem deutschen Gerichtstext erstmal 1419 in Luzern, während sie in Frankreich sorciere heißen und in Italien strega. Der Auftauchen dieser neuer Bezeichnungen bezeugt einen Wahrnehmungs- und Substanzwechsel zu dem ehemaligen Begriff Zauberer bzw. Zauberin, die ja alleine handelten. Hexen handelten aber als Mitglieder einer großen Verschwörung – ihnen wurde zur Last gelegt: Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug, Hexensabbat und Schadenszauber, die von allen Hexen gemeinsam begangen wurden. Und weil eine Verschwörung notgedrungen aus mehreren Komplizen bestehe, musste, um den Namen dieser Komplizen zu erfahren, gefoltert werden.
Und es war nicht allein des Kramers Hexenhammer, es gab auch andere Theologen, die Ähnliches über Hexen schrieben: Johannes Nider, Nicolas Jacquer, Johannes Hartlieb. Aber Hexenhammer war tatsächlich ein Hammer ohnegleichen. Dabei schrieb Kramer im dritten Teil seines Buches, dass Inquisitoren nur dann gegen Hexen vorgehen sollten, wenn es einen Bezug zu Ketzerei gebe. Und sie sollen von Amts wegen – aufgrund einer Denunziation – den Prozess einleiten, am besten in einem summarischen Ketzerinquisitionsprozess.
Es gab natürlich auch Stimmen, die gegen diesen Unsinn anschrieben (Agrippa von Nettesheim, Erasmus von Rotterdam, Johann Weyer). Einige Städte (z.B. Nürnberg) folgten diesen Kritikern, aber wie wir wissen setzten sich leider die Befürworter der Hexenverschwörung durch; dazu zählen Jean Bodin, Martin del Rio, Nicolas Remy oder auch Peter Binsfeld, die sich alle auf Hexenhammer direkt oder indirekt beriefen.
Die Carolina vertrat in dieser Sache eine verhältnismäßig milde Position: Todesstrafe gab es nur bei erwiesenem Schadenszauber. Dazu brauchte man 2 glaubwürdige Zeugen oder ein Geständnis des Angeklagten - auch solche durch Folter erzwungene. Aber die Carolina galt nicht überall. Viel wichtiger waren die städtischen oder fürstlichen Regelungen. Die erste Territorialgesetzgebung, die nicht nur den Schadenszauber, sondern auch den Teufelspakt mit der Todesstrafe belegte, war die Kursächsische Kriminalordnung von 1572.
Die römische Inquisition war in Sachen Hexen zurückhaltend. Es gab hohe Hürden, so musste eine tatsächliche Schädigung vorliegen, die nicht auf eine natürliche Weise erklärt werden konnte. Eine Denunziation, die einem weltlichen Gericht genügte, um einen Verfahren zu eröffnen, genügte der (kirchlichen) Inquisition nicht.
Aber den Anfang machte die Kirche mit ihren Theologen Augustinus und Thomas von Aquin. Ohne ihren Lehren wäre es wahrscheinlich nicht zu dieser Tragödie gekommen.
Das ist mein Resümee zu diesem Komplex. Es wäre schön, wenn wir uns darauf einigen könnten. Und wenn nicht, geht die Diskussion halt weiter. In diesem Fall sollte man mir natürlich sagen, was an dieser Zusammenstellung konkret falsch sei.