Sepiola
Aktives Mitglied
Bekanntermaßen starteten die Briten gleich mit Beginn des Krieges ihre völkerrechtswidrige Seeblockade Deutschlands.
Wir hatten vor einiger Zeit einen (inzwischen gelöschten Thread) über die Seeblockade. Zu Beginn der Diskussion war ich davon ausgegangen, dass die Völkerrechtswidrigkeit eine anerkannte Tatsache sei (und hatte dies auch mehrfach zitiert). Im Lauf der Diskussion sind mir Zweifel gekommen, gegen welche Vereinbarungen Großbritannien genau verstoßen haben soll. Genannt wurde die Londoner Deklaration, die von Großbritannien jedoch gar nicht ratifiziert worden war. Diese sei vom Haager Schiedshof in dem Carthage- und Manoubafall als maßgebend angesehen worden, las ich in einem Aufsatz des Völkerrechtlers Hans Wehberg, Das Seekriegsrecht im gegenwärtigen Kriege, in: Weltwirtschaftliches Archiv 5 (1915).
Die Carthage- bzw. Manouba-Affären wurden am 6. Mai 1913 entschieden:
Eine Erwähnung der Londoner Deklaration finde ich hier lediglich in einer gemeinsamen Note des französischen Botschafters und des italienischen Außenministers vom 26. Januar 1912, jedoch in keinem der Schiedssprüche. Wenn ich das richtig verstehe, konnte die Londoner Deklaration in dem Verfahren nur deswegen eine Rolle spielen, weil die beiden beteiligten Mächte sich vorab darauf verständigt hatten. Zum einem für andere Mächte bindenden Recht wurde die Londoner Deklaration dadurch keinesfalls. Das schreibt auch Wehberg ziemlich unmissverständlich:
"Die Londoner Deklaration würde, so glaubte man, eine neue Epoche des Seekriegsechts einleiten. Durch die Regelung des Konterbande- und Blockaderechts schien gleichzeitig die Ratifikation des Abkommens über den internationalen Prisenhof möglich gemacht.
Leider hat sich diese Hoffnung nicht verwirklicht. An England setzte bald eine Opposition ein, die die Londoner Deklaration für gefährlich erklärte und insbesondere die Konterbandebestimmungen tadelte. Das englische Oberhaus lehnte die englische Prisenbill, deren Annahme die Vorbedingung zur Ratifikation der Londoner Erklärung und des Prisenhofabkommens war, ab, und so sind bis heute die beiden Abkommen nicht ratifiziert worden.
So war das Seekriegsrecht bei Beginn des europäischen Krieges im August 1914 keineswegs in der Hauptsache geregelt. Das letztere wäre der Fall gewesen, wenn die Londoner Erklärung ratifiziert worden wäre."
Zur Frage des Rechtsbruchs lese ich dann weiter unten:
"Zwar wird es schwer sein, in allen Fällen England einen glatten Rechtsbruch nachzuweisen, weil tatsächlich ein anerkanntes Seerecht in den Fragen der Konterbande leider nicht besteht; aber es gibt doch gewisse Grundsätze, die der modernen Zeit entsprechen, andere, die im wesentlichen einer vergangenen Zeit angehören und von der Mehrzahl der Kulturstaaten nicht mehr als maßgebend betrachtet werden. Englands Standpunkt in den Konterbandefragen ist nicht fortschrittlich. Aber wer weiß, daß es den Völkern nicht darauf ankommt, in einem Kriege möglichst als human zu gelten, sondern daß sie den Hauptwert auf den Sieg legen, der wird berücksichtigen müssen, daß Englands Lage eine merkwürdige ist und Englands Interessen auf dem Gebiete des Seekriegsrechts mit denen der anderen Staaten nicht übereinstimmen. In der Tat haben auch die neutralen Staaten gar nicht energisch verlangt, daß England die Grundsätze der Londoner Deklaration anwende und seine Modifikation dieser Erklärung aufgebe. Nur schüchterne Versuche sind im ersten Halbjahre des Krieges in dieser Richtung gemacht worden, und auch die berühmte Note der Vereinigten Staaten vom 28. Dezember 1914 stellt in dieser Richtung keine bedeutsame Forderung auf."
Meine konkrete Frage wäre: Gegen welche völkerrechtlich bindenden Bestimmungen hat Großbritannien mit welchen Handlungen verstoßen?
Zuletzt bearbeitet: