Lager Boberstein - Wer weiß mehr?

Nad29

Neues Mitglied
Hallo :)
Mein Ur-Großvater wurde 1943 von Luxemburg ins Lager Boberstein umgesiedelt, wo er nach 4 monatiger Internierung verstorben ist. Die Geschichte meines Ur-Großvaters soll in einem Kurzfilm dartgestellt werden, jedoch verlaufen die Recherchen bezüglich Boberstein schnell im Sande. Bis auf zwei Archivakten und etwas vager Literatur kam ich bisher nicht weiter. Die Frage stellt sich, wie der Alltag in Boberstein genau ausgesehen hat (vaste Beschreibungen sind vorhanden, woraus man viele Hypothesen bilden kann) und ob vielleicht jemand weiß, ob es Zeitzeugenberichte darüber gibt. Und wenn ja, wo ich diese finden/darauf zurückgreifen kann?

Ich danke schon vielmals im Voraus
sehr liebe Grüße
Nadine
 
Ich übernehme mal wieder die undankbare Aufgabe zu unken, dass da wahrscheinlich wenig kommen wird - um dann hoffentlich stante pede widerlegt zu werden.
Das Lager Boberstein, von dem ich bis gestern noch nie etwas gehört habe, dürfte selbst Spezialisten relativ unbekannt sein. Die Internetrechereche ergab - nichts Neues für dich, liebe Nadine, ist mir klar - dass hier zwischenzeitlich Luxemburger interniert waren, die aber angeblich relativ "frei" lebten. Es wird auch nichts Neues für dich sein, dass Luxemburg 1940 annektiert und als Teil des Deutschen Reichs betrachtet wurde, die Luxemburger also auch Kriegsdienst leisten mussten.
Ich denke, dass man Zeitzeugenaussagen wenn, dann in Luxemburg suchen müsste, also auch Publikationen von Zeitzeugenaussagen oder Egodokumenten in Luxemburg suchen müsste. Nun ist mir klar, dass der Buchmarkt in Luxemburg wesentlich kleiner sein dürfte, als in Dtld. und dass daher vieles vielleicht dann doch auf Deutsch oder Französisch publiziert ist, einfach weil das mehr Reichweite hat. Aber die Geisteswissenschaftliche Fakultät der Uni Luxemburg hat auch ein Institut für Geschichte. Dort wird man am ehesten jemanden finden, der etwas mehr zu Internierten aus Luxemburg weiß oder zumindest wo man Publikationen suchen muss.

Ich weiß, dass das wenig ist und - wenn überhaupt - kaum über deine Überlegungen hinausgehen wird, wollte dich aber auch nicht ganz ohne Antwort stehen lassen. Dass das Thema sehr speziell ist, wirst du selber wissen.
 
Vielleicht hast du dieses Buch schon recherchiert (ich weiss nicht ob es gut ist):

Karheiser Gilles: Die Umsiedlung Luxemburger Familien 1942 - 1945. Von der numerischen und namentlichen Erfassung bis zur Beschreibung des Lagerlebens anhand von Zeitzeugenberichten. Akademiker Verlag. 2013. 532 Seiten.
 
Manchmal dauert es etwas länger.;)

Die "Groupe de Recherches et d'Études sur la Guerre 1940-1945" des General Patton Memorial Museums in Ettelbrück sammelt Augenzeugenberichte, so z.B. die Geschichte der Familie Streicher, die u.a. auch in Boberstein war.
Ein Auszug:

Nach einer längeren Zugreise kam die Familie Streicher am 7. November 1943 in Boberstein an. Hier waren die Streichers mit vielen anderen Luxemburgern in einem Schloss untergebracht. Sie wurden in Gemeinschaftsräume eingewiesen, und zwar 3 Familien, insgesamt 19 Leute, pro Zimmer. Als Schlafstätten standen ihnen dreistöckige Betten zur Verfügung.
Bereits am darauffolgenden Tag wurden alle zur Arbeit eingeteilt, nur Josy, Nicole und Pauline durften die Lagerschule besuchen.
Als die Zahl der Umgesiedelten im Lager Boberstein zunahm, und somit der zur Verfügung stehende Raum immer enger wurde, versuchte der Lagerkommandant dieser Situation Herr zu werden, indem er eine Anzahl von Familien als „lagerfrei“ einstufen ließ. Lagerfrei bedeutete, dass diesen Personen in der Umgegend Arbeitsplätze zugewiesen wurden, wo sie ebenfalls einlogiert werden konnten.

Auch befasste sich offenbar die polnische Autorin Joanna Lamparska näher mit Boberstein, denn aus ihrem Buch "Dolina Królów - zamki i pałace u stóp Karkonoszy" (Das Tal der Könige. Schlösser und Paläste am Fuße des Riesengebirges, Asien-Presseverlag, Breslau 2010) gibt es ein paar zeitgenössische Fotos zum Lagerleben der Luxemburger in Boberstein:

Fotopolska.eu

Zum Bild mit den drei Männern steht als Kommentar (übersetzt):
In den Jahren 1942–1945 wurden während des Krieges Luxemburger im Palast in Bobrów interniert. Dahinter in der Mitte lag das Gasthaus „Scholzen“, wo man sich traf, um BBC-Sendungen und reale Berichte von der Front zu hören.
Leider kann ich nicht beurteilen, ob sich dieses "man" auf die Luxemburger oder die schlesische Bevölkerung bezieht.

Mögliche weitere Literatur:
Als Luxemburg entvölkert werden sollte - Geschichte und Geschichten der Umsiedlung (1942 - 1945), Evy Friedrich, Verlag Krippler-Muller, Luxemburg 1987.

Beim Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 (Frankfurt/ Main) gibt es einiges Material mit Stichwort Boberstein:

Der Streik im Hauptpostamt Luxemburg 1. September 1942 ; Roger Gaspart; 1982, worin Max Goebel, Deportationsnummer 051 über seine Zeit in Boberstein erzählt (luxemburgisch).
http://www.ons-jongen-a-meedercher..../359a9960aa9575643bd021b37c3538cf98482f92.pdf (Erënneronge vun deemools - De Max Goebel* erzielt - Seite 11)
 
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