AEIOU - Kaiser Friedrich III.

Na ja. Bedeutende Teile des niederösterreichischen Adels standen zeitweise in Feindschaft zu Friedrich III., die Pottendorfer, die Liechtensteiner, die Ebersdorfer und die Hohenberger und sicher noch ein paar andere Geschlechter. Die Steiermark hat eine andere Geschichte als Ober- und Niederösterreich. Dass es überhaupt keine Verbindungen gab, wird nicht behauptet, nur muss man feststellen, dass Territorien im Spätmittelalter fragile Gebilde waren, weil es sich dabei im Wesentlichen um Lehensverbände handelte.
Das Verhältnis zwischen Albertinern und Leopoldinern war ungefähr dasselbe wie zwischen Pfälzern und bayerischen Wittelsbachern oder den französischen und burgundischen Valois, nicht sonderlich gut. Die ferne Verwandtschaft hat es nicht besser gemacht. Ladislaus war ein Verwandter vierten Grades, das Urenkelkind des Bruders Albrecht (Albrecht III.-> Albrecht IV. -> Albrecht V. -> Ladislaus Postumus, also Urenkel und somit vierter Grad zu Friedrich III.), also schon ein relativ ferner Verwandter. Wichtig war, dass Ladislaus direkt mit Kaiser Sigmund verwandt war, der den Leopoldinern nicht gerade freundschaftlich nahestand. Das war sein Großvater, also ein naher Verwandter. Barbara von Cilli seine Großmutter, ein Geschlecht, das in größter Feindschaft zu den Ernestinern stand.

"Entscheidender scheint mir allerdings, dass der Anspruch der drei Habsburger auf sogenannten "donau"- bzw. "niederösterreichischen" Lande von niemanden, auch nicht von den Landständen, bestritten wurde."

Natürlich nicht, da die Ansprüche anderer europäischer Herrscher gewiss keine Vorteile gebracht hätten. Die Nähe zu den Habsburgern bedeutet jedoch nicht, dass man sich widerstandslos einer Steuerhoheit unterworfen hätte, die außerhalb der Zustimmungsrechte der jeweiligen Landstände gelegen hätte oder ohne Zwang, landfremde Geschlechter bei der Verwaltung des Landes hätte mitmachen lassen.

Diese Argumente sind aber auch egal. Am Ende geht es um die Beobachtung, dass Devisen einfach deshalb verwendet wurden, weil Dynastien Großverbände bildeten und die Wappen als solche nicht mehr sonderlich aussagekräftig waren. Mit dem Lilienwappen allein konnte ein Valois sich nur bedingt von einem anderen Valois absetzen, speziell dann, wenn er mit ihm verfeindet war. Bei den Habsburgern ist es im Prinzip nicht anders. Der Brauch der Devise war sinnvoll und ohne Grund hat man das AEIOU ja auch nicht auf Fahnen geführt.

Duxit pro signo sui regno Romanorum et famulorum suorum quinque vocales aureas heißt es in einer Quelle. Das AEIOU war somit kein klassisches "Privatzeichen". Es wurde auch auf Siegeln seiner Anhänger geführt, z.T. auch solcher, die keinen Bezug zu den habsburgischen Ländern hatten. Zufall? Keineswegs. Nur die Adaption eines Brauches, der sich an heraldischen Regeln orientierte.
 
Das AEIOU war somit kein klassisches "Privatzeichen".

Im Ursprung war es genau das, Friedrich hat es in seinem Notizbuch so festgehalten:

Pei belhem pau oder
auff welhem silbergeschir
oder kirengebant oder
andern [aeiov] kleinaten
der strich und die funff
puestaben stend, das ist
mein, herczog Friedreis
des jungern, gebessen; oder
ich hab das selbig paun
oder machen lassen.


("Bei welchem Bau oder auf welchem Silbergeschirr oder Kirchengewand oder anderen [aeiov] Kleinodien, der Strich und die fünf Buchstaben stehen, das ist mein, Herzog Friedrichs des Jüngeren, gewesen oder ich habe dasselbe bauen oder machen lassen.")


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In der Öffentlichkeit scheint die im selben Notizbuch vermerkte "Auflösung" als erdreich ist osterreich vnderthan eine gewisse Verbreitung gefunden haben, anders ist die persiflierende Schmähinschrift Aller Erst Ist Osterreich Verdorben wohl kaum zu erklären.
 
Richtig. Aber genau darum ist es doch bemerkenswert, dass der gleiche unbekannte Wiener Chronist davon berichtet, dass der Kaiser die Devise mit amor electis usw. auflöste. Denn das Aller Erst Ist Osterreich Verdorben war ja nicht der Konter auf amor electis etc, sondern auf das Austriae est imperare omni universo ... . Man beachte den Rezeptionsvorgang.
 
Das Urteil Lhotskys beruht auf einer Quellenlage des Jahres 1944. Er ging von fünf Stellen aus, die das Distichon überliefern und sprach davon, dass es ganz randständig überliefert sei. Es ist aber mindestens in zehn Quellen nachweisbar. Der Wiener Chronist, den Lhotsky nennt, ist eindeutig.

Der kunig het auch in derselben zeit nach seinem willen an der purkh ze Wienn aines tails pawen und sein liberey, die funff vocalpuchstaben, an manigen steten der purkh kostlich machen lassen. Da het ainer dem kunig ze smach uber dieselben puchstaben geschriben: Aller Erst Ist Osterreich Verdorben. Dem kunig das missvielle und ließ die abtun. Welcherlay auslegung der kunig auf denselben puchstaben het, ist in disen zwain lateinischen versen begriffen, die dises puches zesambseczer an ainer kostlichen almar desselben kúnigs gesehen hat: En! Amor Electis, Iniustis Ordinor Ultor. Sic Fridericus ego rex mea iura rego.

Lhotsky schrieb das Distichon einem gewissen Nicolaus Petschacher zu. Jedoch blieb er den Beleg schuldig. Die Forschung ist dem gefolgt, so dass die oben erwähnte Stelle nicht ernst genommen wurde. Zu Unrecht. Die Vorgänge spielten sich Anfang der 1440er Jahre ab. Petschachers Gedichte werden jedoch ins Jahr 1445 verortet. Somit liegt ein für die weitere Diskussion problematisches Urteil vor.
Die "Österreich"-Auslegung kann nicht nach 1440 entstanden sein. Das amor electis schon, da der zweite Vers aller Wahrscheinlichkeit nach erst nachträglich angefügt wurde. Dafür sprechen metrische Gründe. Der Zinnaer Druck spricht im Zusammenhang mit der Devise von arma, Wappen. Wer sich Universitätsbibliothek Eichstätt-Ingolstadt, Cod. St 704, fol. 42v anschaut, wird feststellen, dass das amor electis "als prominent platzierter cri de guerre (Schlachtruf)" oberhalb der Wappenscheibe angebracht ist, während die übrigen Auslegungen als echte Wahlsprüche verwendet werden. Man kann dass alles als Zufall bzw. reine Meinung ansehen oder als Indiz.
 
@Ernst22 Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt. Das Indiz regt zur Suche an, die Meinung verhindert sie. Vielleicht ist das ein Grundproblem bei der Forschung zum AEIOU.
 
Das Urteil Lhotskys beruht auf einer Quellenlage des Jahres 1944. Er ging von fünf Stellen aus, die das Distichon überliefern und sprach davon, dass es ganz randständig überliefert sei. Es ist aber mindestens in zehn Quellen nachweisbar. Der Wiener Chronist, den Lhotsky nennt, ist eindeutig.
... Welcherlay auslegung der kunig auf denselben puchstaben het, ist in disen zwain lateinischen versen begriffen, die dises puches zesambseczer an ainer kostlichen almar desselben kúnigs gesehen hat: En! Amor Electis, Iniustis Ordinor Ultor. Sic Fridericus ego rex mea iura rego.

Eindeutig ist, dass der Wiener Chronist den Spruch an einem kostbaren Schrank des Königs gesehen hat. Aber was sagt uns das? Wie bereits mehrfach erwähnt, akzeptierte der König unterschiedliche Interpretationen der fünf Vokale und besaß Gegenstände mit unterschliedlichen AEIOU-Sprüchen, erhalten ist ein kostbarer Becher mit der Inschrift aquila eius iuste omnia vincet.
 
@Sepiola

Was sagt uns das? Es geht um eine erkenntnistheoretische Feststellung. Es besteht ein Unterschied zwischen einer Meinung, einem Indiz und einem Beweis. Wenn ein Historiker eine Meinung vertritt, ist das eine Sache, wenn sich ein Zeitgenosse so dezidiert äußert, ist es ein Indiz. Der Chronist hat ja den Spruch gesehen. Ein Indiz ist höher zu werten und sollte Anlass dazu geben, nachzuforschen. Ein Indiz ist kein Beweis, kann aber in Kombination mit mehreren Indizien sich einem Beweis nähern. Die Stelle sagt uns, dass das AEIOU auf einem Prachtschrank des Kaisers mit Amor Electis, Iniustis Ordinor Ultor aufgelöst wurde. Die Auflösung aquila eius iuste omnia vincet erscheint nicht im Notizbuch Friedrichs III. Soll man deshalb davon ausgehen, dass sie vor der Austriae-Auslegung und dem amor electis erfunden wurde? Wohl kaum. Dafür gibt es kein Indiz.

Ich halte die Diskussion für nicht zielführend. Jede Auslegung des AEIOU war Teil einer Überlieferung. Jede Auslegung wurde zu einem bestimmten Zeitpunkt erfunden und damit zu einem Teil einer Überlieferungsgeschichte. Theoretisch muss es eine erste Auslegung gegeben haben. Es ist wie bei einem Stammbaum, der nach unten hin breiter wird, im Prinzip jedoch immer einen Ausgangspunkt hat.

Es sei denn man geht davon aus, dass das AEIOU außerhalb jeder Tradition erfunden wurde und mit der Absicht unter das Volk gebracht wurde, den Betrachter über seinen Sinngehalt im Unklaren zu lassen bzw. ein inhaltsloses Symbol zu schaffen, für das Außenstehende eine Lösung zu finden hatten. Variabilität ja, aber nicht in der Grundintention. Für den Kaiser hatte das Akronym eine Grundbedeutung. Vor allem ist es aber ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein mittelalterlicher Herrscher außerhalb jeder Tradition ein Symbol schuf. Das spräche gegen die damaligen Mentalitätstrukturen.
 
Es sei denn man geht davon aus, dass das AEIOU außerhalb jeder Tradition erfunden wurde und mit der Absicht unter das Volk gebracht wurde, den Betrachter über seinen Sinngehalt im Unklaren zu lassen bzw. ein inhaltsloses Symbol zu schaffen
Vielleicht war es ja auch einfach nurdazu gedacht vergesslichen Personen die Abfolge der Vokale im Alphabet besser einzuprägen ;)
 
@Sepiola

Die Erforschung der Rezeptionsgeschichte des AEIOU ist fundamental, um die Devise zu verstehen. Das Problem: Sie wurde nie geschrieben.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da das AEIOU als solches unveränderlich ist, seine Auslegungen jedoch zu kurz sind, um Veränderungen über die Zeit festzustellen. Die Überlieferung läuft anders ab als etwa in einem stemma codicum. Die Lachmannsche Methode funktioniert bei den Auslegungen nicht, da das AEIOU in erster Linie mündlich weitertradiert wurde und man kaum feststellen kann, welche Auslegungsvariante aus der anderen hervorging. Das heißt aber nicht, dass nicht jede Auslegung eine eigene Genealogie gehabt hätte und eine solche Genealogie theoretisch nicht darstellbar wäre. Zu einem Zeitpunkt x erfindet jemand quila eius iuste omnia vincet, zu einem Zeitpunkt y wird das amor electis in die Welt gesetzt, zu einem Zeitpunkt z die austria est-Auslegung. Es gibt rund 300 Auslegungen, davon sind sagen wir einmal ungefähr fünf bis 1493 relevant. Diejenige Auslegung, welche in diesem Zeitraum am Häufigsten vorkommt, ist der heißeste Kandidat. Warum? Weil eine Auslegung, die sehr früh erdacht wurde, auch die größere Wahrscheinlichkeit hatte, rezipiert zu werden als eine, die jünger war. Deren Stammbaum muss logischerweise kürzer sein. Auch die räumliche Verwendung spielt eine Rolle. Wurde eine Variante in der Nähe des Kaisers ganz besonders benutzt, deutet das auf den selben Sachverhalt hin. Damit ist nichts bewiesen. Der Vorteil dieser Betrachtungsweise ist aber, dass er methodisch begründet ist und nicht auf reiner Vermutung basiert. Dem Historiker, der sich dem Problem seriös widmen will, bleibt also nichts anderes übrig, als alle Stellen jeder dieser Auslegungsvarianten zu sammeln und sehen, welche davon am Häufigsten verbreitet war und von der Umgebung des Kaisers tendenziell bevorzugt wurde. Daraus lassen sich weitere Indizien ableiten, die nicht mit bloßen Meinungen zu verwechseln sind.

Natürlich kann man sich auf den unterkomplexen Standpunkt stellen und sagen: "Aber diese Auslegung gab es auch.", "Es sind mehrere Auslegungen, daher war das Akronym variabel". Nur bringen solche Feststellungen rezeptionstheoretisch nichts. Die Analyse der Rezeption bleibt davon unberührt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich kann man sich auf den unterkomplexen Standpunkt stellen und sagen: "Aber diese Auslegung gab es auch.", "Es sind mehrere Auslegungen, daher war das Akronym variabel". Nur bringen solche Feststellungen rezeptionstheoretisch nichts. Die Analyse der Rezeption bleibt davon unberührt.
Man kann es aber auch unnötig verkomplizieren.
Wir haben a) Auslegungen, die zu Friedrichs Zeiten nicht belegt sind und b) Auslegungen, die belegt sind und von Friedrich selbst in seinem Notizbuch festgehalten oder sonstwie akzeptiert worden sind (Becher).
Friedrich scheint es gefallen zu haben, dass mit der Ambivalenz des AEIOV ein (pseudo)gelehrtes Spiel getrieben wurde.
 
Damit ist nichts bewiesen. Der Vorteil dieser Betrachtungsweise ist aber, dass er methodisch begründet ist und nicht auf reiner Vermutung basiert.
vielleicht ist das missverständlich formuliert, vielleicht begreife ich es auch schlichtweg nicht, aber das klingt für mich nach einer ziemlich schräg-absurden Methodik (nichts bewiesen bei methodische Begründung in Vernunftverzicht...) ?!?
 
@El Quijote Das ist besser ausgedrückt und dürfte der Wahrheit sehr nahe kommen.

@dekumatland Recht viel mehr als "Alle ere ist ob uns" "Aquila electa iuste omnia vincit", "Als erdrich ist Osterrich untertan/Austriae est imperare omni universo" oder "amor electis" gibt es nicht. Es spielt in der Forschung schon seit Langem eine wichtige Rolle, welche dieser Varianten in den Quellen zuerst genannt wird. Das ist Konsens.

Wenn man 300 Auslegungen hat, von denen schätzungsweise zehn bis 1493 enstanden sind, fallen ungefähr 290 weg. 97 von 100 Auslegungen sind uninteressant, weil sie nach dem Tod des Kaisers erfunden wurden. Wenn der Kaiser um 1440 nur zwei oder drei in sein Notizbuch eingetragen hat und schätzungsweise nur zehn bis 1470 im Umlauf waren, von diesen zehn aber nur vier vermehrt Verwendung gefunden haben, muss diesen vier Auslegungen eine besondere Bedeutung beigemessen worden sein. Die Frage ist: Welche war dem Kaiser wichtiger? Welche war verbreiteter, bekannter? Warum war die eine Auslegung populärer als die andere? Weshalb wurde die eine Auslegung der anderen vorgezogen, obwohl die andere auch im Umlauf war? Wieso steht z.B. in Wappenbüchern das "amor electis" über den anderen Auslegungen?

http://digital.bib-bvb.de/view/bvb_...=16068031&locale=en&usePid1=true&usePid2=true

Angenommen es gibt von einer mittelalterlichen Schrift 25 Überlieferungsträger. 20 dieser Überlieferungsträger befinden sich in Polen. Der Autor stammte aber aus Frankreich und war nie in Polen. Nur eine Handschrift ist in Frankreich erhalten. Welchen Schluss ziehst du daraus? Ja klar, du würdest vermuten, dass es sich dabei um das Exemplar, handelt, das dem Original am Nächsten ist. Damit ist nichts bewiesen, aber ein anhaltspunkt gegeben.
Beim AEIOU ist es im Prinzip nicht anders. Nur sind andere methodische Grundannahmen zu stellen. Wenn z.B. der Herold eines Kaisers nur eine Auslegung in sein Wappenbuch notiert, der Kaiser aber nur 2 Auslegungen in seinem Notizbuch hinterlässt, lässt das eine gewisse Wahrscheinlichkeitsvermutung zu.

Damit ist kein Beweis erbracht. Es eröffnet aber den Weg, zielgerichtete Fragen zu stellen bzw. gezielt zu suchen. Das 15. Jahrhundert ist eine relativ quellenreiche Zeit. Vieles wird erst im Zuge der Digitalisierung entdeckt. Lhotsky baute den Kenntnisstand der Quellen auf einem Wissensstand, der aus dem Jahr 1944 stammte. Ein Grund auf diesem Kenntnisstand zu verweilen?

Etwas für falsch, unwahrscheinlich oder unsinnig zu halten, ist kein Grund, nicht zu suchen. Genau das war aber der Fall, weil Lhotsky die en-amor-Auslegung auf die Zeit um 1445 verlegte und davon ausging, dass die Auslegung erst eine nachtägliche Erfindung sei. Ganz so einfach ist es nicht.
 
@dekumatland Es scheint, als ob die Argumentation für dich schwer nachvollziehbar ist, weil sie auf einer Art methodischer Annäherung beruht, die nicht direkt in den Texten selbst feststellbar ist, sondern eher auf der Analyse ihrer Verbreitung und Nutzung basiert. Es ist verständlich, dass diese Herangehensweise für jemanden, der eine tiefere inhaltliche oder textkritische Analyse erwartet, „absurd“ oder „schräg“ erscheinen kann, weil sie sich auf indirekte Hinweise stützt und nicht auf direkte Beweise. Deine Kritik, dass das auf „Vernunftverzicht“ hinauslaufen könnte, ist verständlich, aber in diesem Kontext ist „Vernunftverzicht“ eher als Verzicht auf eine naive, unstrukturierte Annahme zu verstehen. Es geht darum, eine methodisch begründete Annäherung zu wählen, die auf Daten basiert (Häufigkeit, räumliche Verteilung), anstatt auf reiner Spekulation. Vielleicht hilft es, das so zu formulieren: Die Methode ist nicht perfekt, aber sie ist die beste, die wir unter den gegebenen Umständen haben, um die komplexen Verbreitungsmuster der Auslegungen nachzuvollziehen. Es ist kein Beweis im strengen Sinne, aber eine plausible Herangehensweise, die auf nachvollziehbaren Kriterien beruht. Eine textkritische Analyse bei fünf Wörtern ist schlechterdings nicht möglich.
 
Da wäre als erstes abzuklären, wer von den Äbtissinnen das AEIOU als Siegel hatte.

- Falls dabei herauskommt, dass nur eine bestimmte Äbtissin das AEIOU als Siegel oder Teil des Siegels führt, ob es da nicht einen Bezug zu Friedrich III. oder vielleicht der späteren Militärakademie von Wiener Neustadt hatte.
- Falls dabei herauskommt, dass ein solches Siegel mehrere Äbtissinnen führten, wäre zu klären, ob es sich dabei um das Siegel von Einzelpersonen handelt oder ab einem bestimmten Zeitpunkt dieses Siegel von der jeweils eingesetzten Äbtissin verwendet wurde. Im ersteren Fall wäre der persönliche und politische Hintergrund jeder dieser Äbtissinnen zu untersuchen, beim zweiten Fall wäre zu eruieren, unter welcher Äbtissin dies erstmals der Fall war und dann müsste diese als Person bzw. ihre Amtszeit überprüft werden.

Allerdings wäre auch zu klären, ob die Buchstaben auf dem Siegel tatsächlich mit dem AEIOV von Friedrich III. ident sind.

Da das Kloster nach der Reformation noch als evangelisches Damenstift bis in die Gegenwart bestand, wäre auch vorstellbar, dass eine der "Äbtissinnen" aus dem Zeitraum 18. -20. Jahrhundert einen Vater hatte, der als Militär an der Militärakademie in Wiener Neustadt ausgebildet wurde und vielleicht das AEIOU der "Äbtissinnen" bzw. einer "Äbtissin" von Ribnitz darauf zurückzuführen ist.
 
Eine Bild des besagten Siegels (Abb.6), sowie eine These, warum die Äbtissin Hedwig von Mecklenburg, Äbtissin des Klosters Ribnitz 1423-1467, und ihre Nachfolgerin Elisabeth AEIOV auf ihrem Siegel hatten, in:
Klarissen und Franziskaner im Spiegel der Chroniken, Urkunden und Siegel des Klosters Ribnitz (13. bis 16. Jahrhundert), Anke und Wolfgang Huschner in Mecklenburgische Jahrbücher 137. Jahrgang 2022

Demnach hätte Friedrich III. 1442 den Wittstocker Vertrag bestätigt und die Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Stargard mit ihren jeweiligen Herzogtümern belehnt.
Hedwig als Tochter des Herzogs Johann II. von Mecklenburg-Stargard sei wohl darüber so erfreut gewesen, dass sie Friedrichs "Devise" übernahm. Möglich sei noch ein Bezug zur Kaiserkrönung von 1452 an die der Herzog von Mecklenburg eingeladen wurde.
 
@Teresa C. Wenn der Kaiser dem Kloster irgendwelche Privilegien ausgestellt hat, wird der Bezug zum Kaiser da sein, weil Siegel des Kaisers mit dem AEIOU versehen waren. Die Abbildung ist eindeutig: Ein sehr gut erhaltenes, massives mittelalterliches Siegel, das den Mecklenburger Ochsen zeigt. Mit herausstreckender Zunge - drolliges Tierchen!
Auch Pordenone, Schottwien, die Propstei St. Ulrich, und mehrere kirchliche Institutionen in Wiener Neustadt führten das AEIOU auf ihren Siegeln. Ein klassisches Panier. Die Redensart "sich etwas auf die Fahnen schreiben" ist hier wortwörtlich zu nehmen. D.h. heißt übertragen auf die Denkkategorien der Heraldik, dass dich die Äbtissinnen unter die Fahnen des Kaiser stellten. Ergibt auch irgendwie Sinn.

Tatsächlich wurde das AEIOU auch als Fahne ins Feld geführt:

Feldfahne
 
---kurze Unterbrechung
vielleicht ist das missverständlich formuliert
@Bellissima @Ernst22 ich muss um Pardon bitten: mein Einwand resultierte aus einem blöden Lesefehler meinerseits. Peinlicherweise hatte ich statt "nicht auf reiner Vermutung" kurioserweise "nicht auf reiner Vernunft" wahrgenommen... wahrscheinlich sollte man nicht übermüdet zitieren, auf jeden Fall aber genauer lesen (gilt für mich!)
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@Teresa C. Ein Bezug zur Habyburgersynastie "Austriae est imperare omni universo" scheint genauso unwahrscheinlich wie zur Militärakademie. Da sind mehr als 1000 Kilometer dazwischen. Exakt das verstehe ich unter "gemeint" und "geglaubt".
 
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