Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Der Straßenbau schaffte doch Allwetterstraßen.
Wie gesagt: Es gab noch bis in die 1950er Jahre Sommerwege, das waren die unbebauten Randstreifen der gepflasterten Straßen, auf welchen man mit Wagen fuhr, um den Kontakt eisenbeschlagener Räder mit hartem Pflasterstein zu vermeiden. Klar, mit Autos fuhr man besser auf der gepflasterten Straße und heute hat ja jeder Pferde- und Eselskarren (wenn man die noch irgendwo sieht) Gummibereifung. Aber wie alt ist Gummibereifung? Ca. 120 Jahre?). Die römische Gesetzgebung kennt bzgl. des Straßenbaus genau das: den unbebauten Randstreifen. Dass es dazu eine Gesetzgebung gab, besagt aber auch, dass es Probleme mit der Freihaltung dieser Randstreifen gab, weil Leute dort temporär (etwa eien Marktstand) oder dauerhaft etwas draufsetzten. Klar kannst du zu jedem Wetter auf einer gepflasterten Straße mit deinem Karren umherfahren, angenehmer ist aber weicherer Untergrund, sofern dieser nicht soooo weich ist, dass er dein Fortkommen hemmt.
 
Ich dachte hier im besonderen daran, das die Randwege (Sommerwege) recht schnell ausgefahren werden können, insbesondere nach starkem Regen. Hier boten dann die "Festen Straßen" dem Militär und seinem Tross noch ein schnelles vorankommen.
 
Jetzt, wo der eine oder andere von Euch Urlaub im wunderschönen Voralpenland macht: Die Via Claudia Augusta ist sehr anschaulich und zum Teil sehr gut erhalten. Ich mag besonders die Erläuterungen der parallel zur ehemaligen Eisenbahntrasse verlaufenden Römerstrasse unweit Schongau, nordöstlich von Füssen und dem Forggensee.
Dort sieht man die sehr breite, nur gekieste Straße im Gelände, und sieht auch anhand der Aushubgruben und Wegdämme,
wie zweckmäßig Militärwege das Gelände und die Möglichkeiten nutzten.

Auch im rechtsrheinischen Germanien nutzten die Römer vorhandene Wege, bauten sie mit minimalen Mitteln aus.

Der Weg der nach Kalkriese führte, wird den römischen Truppen anfangs nicht allzu grauslich erschienen sein.
 
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Ich spreche hier von festen "Römerstraßen"
aber solche hatte Varus auf seinem letzten Weg nicht zur Verfügung.
Ich frage mich halt, ob die Entfernungen, die eine (oder mehrere) römische Legionen zu augustäischer Zeit in der Germania zurücklegen konnten, ungefähr dem entsprachen, was quasi der Norm oder Erwartung innerhalb des Imperiums war - und ich neige zu der Vermutung, dass sie auf den Wegebündeln in der Germania eher geringere Distanzen pro tag schafften. Mag sein, dass die Wegebündel bei gutem Wetter für Handelskarawanen geeignet waren, aber die Varuslegionen (auch unvollständig) sind eine Massenveranstaltung, die jede solche Karawane weit übertreffen dürfte (und ich glaube nicht, dass die Wegebündel für riesige Truppenaufgebote ausgerichtet waren). Und ich meine nach wie vor, dass eine solche "Massenveranstaltung" eine Schneise der Verwüstung hinterlässt, dass die hintere Hälfte eines solchen Zugs sich auf arg zerzausten (da sind schon über Tausend Mann mit Karren, Lasttieren usw durchgepflügt) Wegen vorwärts schinden musste und entsprechend langsamer war, weniger Entfernung schaffte.
Ist nur (m)eine Vermutung.
 
(Wenn solche super Wege üblich waren, ist dann der teure aufwändige Straßenbau innerhalb des Imperiums nicht unsinnig gewesen, weil es genauso gut ohne derartige Rieseninvestitionen gegangen wäre?)
"Allwetterstraße" bezog sich auf diesen Kommentar und sonst nichts. Das Varus keine "Straßen" hatte scheint klar zu sein, das mögliche Marschtempo jedoch nicht. Da wir nicht wirklich wissen, welche Route genommen wurde, lassen sich auch die Marschverhältnisse nicht sicher abschätzen. Wald, aber wie dicht wirklich? Gab es "freies Feld"? Gab es lange schmale Kolonnen oder war ein paralleles marschieren Möglich?
Ohne weitere archäologische Befunde, die Aufschluß über die Marschroute geben wird das schwierig. Oder aber vielleicht war ein Marsch nördlich des Gebirges doch möglich/sinnvoll ( entgegen meiner persönlichen Einschätzung)?
 
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Was ist denn mit dem alten Weg von Minden über Kalkriese nach Bramsche und weiter?
Da sollen doch auf der Strecke von sechs Kilometer vor Kalkriese römische Funde gemacht worden sein. Davon
hört man auch nichts mehr.
Der Weg führt zwischen dem Wiehengebirge und dem Großen Moor entlang. Wer schon einmal in Kalkriese war, hat sicher beobachtet, das das Gelände recht flach sich nach Norden senkt. Soweit ich mich erinnere gibt in Kalkriese auch Ergebnisse zum bewuchs des Geländes. Kein undurchlässiger Waldbestand. Die Engstelle bei Kalkriese soll
bis 1000 m breit gewesen sein. Keine engen Schluchten.
 
Mein Problem mit der Nordroute ist das ehemalige große Moor, das vom Dümmer bis fast ans Wiehengebirge reichte, heute ist davon nur noch das Venner Moor übrig.
 
aber solche hatte Varus auf seinem letzten Weg nicht zur Verfügung.
Weiß ich nicht. auch die Römer haben Bohlwege angelegt. Die gab es hier. Teilweise römischen Ursprungs.

Mein Problem mit der Nordroute ist das ehemalige große Moor, das vom Dümmer bis fast ans Wiehengebirge reichte, heute ist davon nur noch das Venner Moor übrig.
Wenn die Bauern auf Paludikultur umstellen, dann würde sich einiges wiedervernässen lassen. Büffel statt Kühe, Moorpflanzen (als Dämmstoffe z.B.) anstatt Monokulturmais.
 
Weiß ich nicht. auch die Römer haben Bohlwege angelegt. Die gab es hier. Teilweise römischen Ursprungs.
So ein Bohlenweg zum überbrücken/passieren sumpfiger Niederungen: wie breit war der, d.h. wie viele Mann konnten da nebeneinander marschieren? Ich vermute, dass ein Bohlenwegabschnitt des Marschwegs zu einer eher schmalen Kolonne führte und darum verlangsamend wirkte (quasi Stau vorm Nadelöhr)
Hier ist doch im Kontext mit Varus' letztem Weg von einer sehr großen Marschtruppe (drei vermutlich etwas ausgedünnte Legionen) die Rede: das belastete sicherlich die Wege (falls an meinen Überlegungen zuvor was dran ist) und kann zu Verlangsamung geführt haben, zudem je größer das Aufgebot, umso länger der Stau an einem Nadelöhr -- ich vermute, dass das Indizien dafür sind, dass Varus' Truppe überwiegend nicht die Distanzen schaffte, die ansonsten üblich oder gewohnt waren (also keine täglichen 20-30km). Wenn da was dran sein sollte, dann kann Varus keine allzu großen Entfernungen zurückgelegt haben (?!)
 
Gerade an solchen Nadelöhren wäre es dann geboten, ein Lager anzulegen. Aber ich verstehe was du meinst. Solche Stellen sind immer beliebt, ich denke jetzt mal ans SpätMA nach Schottland: Stirling Bridge 1297 oder Bannockburn 1314.
 
Vielleicht eine Klärung:den Lindwurm habe ich mit Siegfried nicht verbunden;es war einfach meine Vorstellung von lang. Wenn ich -für mich- die Absicht von Arminius unterstelle, nicht unbedingt Varus auf gut ausgebaute Straßen zu lotsen. Von Assoziationen nationalistischer Prägung bin ich Lichtjahre entfernt.
Aber ich freue mich, daß die Gedankengänge partiell aufgegriffen wurden.
Und: die Tagesmarschleistung wird unterschiedlich angegeben, ist also kein Mantra
 
stimmt wohl, El Quijote, aber vorliegend ein Lager einrichten, um geordnet das Nadelöhr zu passieren....wäre das nicht im Sinne Arminius` gewesen?Erinnert mich an die DB, wenn der Schlafwagen hinten angehängt wurde
 
Vielleicht eine Klärung:den Lindwurm habe ich mit Siegfried nicht verbunden;es war einfach meine Vorstellung von lang. Wenn ich -für mich- die Absicht von Arminius unterstelle, nicht unbedingt Varus auf gut ausgebaute Straßen zu lotsen. Von Assoziationen nationalistischer Prägung bin ich Lichtjahre entfernt.
Das mit dem Lindwurm wirst du wahrscheinlich irgendwo gelesen haben. Vermutlich irgendwo im Internet oder bei Ritter-Schaumburg (Schaumburg-Lippe war ein Fehler). Das wird sich dann bei dir im Unterbewusstsein festgesetzt haben. Es steht ja jedem frei, sich hinter Höfler/Ritter-Schaumburg et. al. zu stellen (was du nicht notwendigerweise tust, nur weil du "Lindwurm" schreibst), nur muss man sich eben bewusst sein, dass das eine Sichtweise ist, die nicht unumstritten ist, eine Minderheitenmeinung. Wikipedia behauptet auch, dass Dieter Timpe sich dieser Meinung angeschlossen hätte, ich kann mich aber derzeit nicht erinnern, das bei Timpe gelesen zu haben, ist aber auch schon 18(?) Jahre her, dass ich Timpe gelesen habe.
 
Habe mein Unterbewußtsein befragt. Ungefähr vor 66 Jahren habe ich die Nibelungensage gelesen. Wer bei mir Hintergründe a la Timpe, Ritter-Schaumburg vermutet, verweise ich auf meine Tapete im Arbeitszimmer.
Etwas hinein zu interpretieren, an das ich selbst überhaupt nicht gedacht habe, irgendwie ulkig . Meine Frau heißt auch nicht Krimhild.
Mein Psychotherapeut hat mir auch nicht geraten, Brunhilde zu heiraten, aber das war vor 53 Jahren.
Autosuggestion kann ich mir nicht leisten, weil ich sonst mit dem Rollator stürze. Noch Fragen?
 
Bei allen Spekulationen zu wirtschaftlichen Interessen stellt sich doch die Frage, wie viel die Römer denn zu Kriegsbeginn überhaupt über die wirtschaftlichen Möglichkeiten Germaniens wussten.

Ich bleibe dabei: Die Römer hatten klare geographische und topographische Vorstellungen, planten ihre Feldzüge und deren Versorgung. Römische, keltische und heimische Händler kannten die Germania bis zur Ostsee, ihr Wissen war die Grundlage vieler strategischer Entscheidungen.

Vorher eroberte Provinzen hatten der senatorischen Oberschicht sagenhaften Reichtum beschert. Selbst wenn Germanien etwas weniger abgeworfen hätte, wäre es noch interessant genug gewesen. Das heutige Baden-Württemberg, die Donaugrenze und die Wetterau wurden Jahrhunderte lang gehalten.

Man kann davon ausgehen, dass die Römer sehr genau wussten, was sie dort taten, und die Möglichkeiten und Gefahren sehr gut abschätzen konnten. Das setzt intensive Vorab-Erkundung voraus.

Es ist doch genau das, was letztlich Varus zum Vorwurf gemacht wird: Dass er den Marsch seiner Legionen eben mangelhaft geplant hatte, zu wenig das Gelände und die Gegebenheiten erkundete und trotz all seiner militärischen Erfahrung etwas blauäugig losmarschierte.

Was selbstverständlich impliziert, dass Feldzüge üblicherweise minutiös geplant wurden.
Wer ein Aquädukt über 200km im richtigen Neigungswinkel baut, überlässt auch bei einem Feldzug nichts dem Zufall.
 
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