30jähriger Krieg

bitte nehmt mir nicht allzu übel wenn manches nicht haargenau der realität entspricht...bin aber nur ein Schüler der 12. Klasse, der einen Vortrag über den 30jähriegn Krieg halten sollte...

Zur Beruhigung: wenn Du dies selbst einräumst, bin ich einer der Letzten, der das übelnimmt... ;)

ich meine damit eher einen Verteidigungskrieg d. katholilten

Denn...
böhmisch-pfälz. Krieg: Böhmen greift kath. Liga bzw Habsburg an

Richtig; das böhmische Heer unter Matthias Heinrich von Thurn drang zunächst in die österreichischen Stammlande der Habsburger ein und stand sogar vor Wien.
Aber: der Kaiser wurde angegriffen und nicht die Liga, denn er gehörte dieser nicht an!
Und wenn Du dann den "Gegenangriff" betrachtest, mußt Du Dich schon bei dieser Phase von der Sichtweise der konfessionellen Lager trennen, denn gegen Böhmen zog neben den Kaiserlichen und dem Ligaheer auch das mit dem Kaiser verbündete Kursachsen, eine nicht ganz unwichtige protestantische Macht (Lutheraner)!

dänisch-niedersächs. Krieg: die Dänen greifen mit in den Kireg gegen Habsburg ein sind mit niedersachsen verbunden

schweidische Krieg - dt. Kaiser wird aus schweden angegriffen

schwedisch-frz Krieg: nun wird auch frankreich (obwohl katholisch) aktiv gegen Katholiten...

Das katholische Frankreich war von Anbeginn Unterstützer und Bündnispartner von Union, Dänemark und Schweden gewesen bzw. stützte auch die Niederlande, welche relativ zeitgleich gegen Spanien kämpfte.

Ich betone noch einmal, daß die verfeindeten Lager i.d.S. nicht konfessionell homogen waren - ergo: nicht Katholiken vs. Protestanten, sondern Habsburgische vs. Antihabsburgische Koalition!

ich sag damit nciht dass die katholiten bzw die Habsburger unschuldig waren...
natürlich wollten sie auch mehr macht...

Eben; das wollten jeweils auf ihre Art alle beteiligten Kriegsparteien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Frage, inwieweit der Dreissigjährige Krieg ein Religions- bzw. Konfessionskrieg war, würde ich mit einem bedingten "Nein" beantworten:
Vor allem war der Krieg eine Auseinandersetzung der großen europäischen Mächte um ihre zukünftige Position. Aber die Frage der Konfession (katholisch, lutherisch oder calvinisch) ist eng mit diesem Machtkampf verwoben. Die Rekatholisierung Böhmens, der säkularisierten Kirchenbesitzungen und damit tendentiell des gesamten Reiches war das zuerst unausgesprochene und dann durch das Restitutionsedikt offenbare Ziel Kaiser Ferdinands II. Dieses Ziel ist seitens des Kaisers immer wieder dementiert worden, in dem er die Rechtmäßigkeit des Ediktes vorschob, die rein formell auch gegeben war. In der Realität hätte das aber dazu geführt, das weite Teile des vollkommen protestantischen Norddeutschlands, insbesondere die großen ehemaligen Bistümer, die längst durch protestantische Fürsten verwaltet wurden (sog. Administratoren), der katholischen Kirche hätten restituiert werden müssen und damit gemäß dem Augsburger Religionsfrieden hätten zwangsrekatholisiert werden dürfen. Ein Vorhaben, das für die Protestanten inakzeptabel war und die dadurch zu Verbündeten Schwedens wurden.
Albrecht v. Wallenstein hat das Restitutionsedikt in richtiger Einsicht immer als politischen Fehler schärfstens kritisiert, er ist sogar vor Abgesandten der Stadt Hamburg soweit gegangen, das Edikt als unsinnig zu bezeichnen und seine vollkommene Rücknahme anzukündigen (wozu er nicht authorisiert war).
Man sieht also, wie eng konfessionelle und politische Interessen verknüpft waren (nicht unähnlich unseren heutigen Umständen), so daß man zwar von keinem Religionskrieg, so aber doch von einem konfessionell motivierten Krieg sprechen kann.

Nach der Aufhebung des Restitutionsediktes im Frieden von Prag 1635 verschwindet das konfessionelle Moment von der politischen Bühne, es geht nur noch um die Frage der Machtverteilung zwischen den beteiligten Staaten, zum ersten Mal kommen hier sogar nationale Elemente ins Spiel.

Bleibt die Frage, wie man das in einem knappen Referat für die 12. Klasse vorträgt? Vielleicht filterst Du die Informationen nochmals und formulierst einige Schlagworte daraus.
Viel Erfolg!
 
Interessant ist auch der Begriff Staatenbildungskrieg, aber dazu morgen mehr, bin einfach zu müde.

Mal sehen, wie die Geschichtswissenschaft diesen Krieg in 20 Jahren bewertet?!
 
Staatenbildungskrieg

Na denn gut' Nacht!

Staatenbildungskrieg trifft es in vielerlei Hinsicht, auch wenn für das Römische Reich als Gesamtstaat eher eine Entstaatlichung die Folge war.
 
... die Frage der Konfession (katholisch, lutherisch oder calvinisch) ist eng mit diesem Machtkampf verwoben. Die Rekatholisierung Böhmens, der säkularisierten Kirchenbesitzungen und damit tendentiell des gesamten Reiches war das zuerst unausgesprochene und dann durch das Restitutionsedikt offenbare Ziel Kaiser Ferdinands II. Dieses Ziel ist seitens des Kaisers immer wieder dementiert worden, in dem er die Rechtmäßigkeit des Ediktes vorschob, die rein formell auch gegeben war. In der Realität hätte das aber dazu geführt, das weite Teile des vollkommen protestantischen Norddeutschlands, insbesondere die großen ehemaligen Bistümer, die längst durch protestantische Fürsten verwaltet wurden (sog. Administratoren), der katholischen Kirche hätten restituiert werden müssen und damit gemäß dem Augsburger Religionsfrieden hätten zwangsrekatholisiert werden dürfen. Ein Vorhaben, das für die Protestanten inakzeptabel war und die dadurch zu Verbündeten Schwedens wurden.

Es war nicht bloß das Restitutionsedikt, sondern es brauchte dazu noch die schwedische Invasion und deren Druck, um bspw. Kursachsen (lutherisch, mit dem Kaiser verbündet, dementsprechend bei Kriegsbeginn auch auf Seiten der Kaiserlichen) die Fronten wechseln zu lassen.
Daß das Restitutionsedikt die Opposition der protestantischen Reichsfürsten natürlich unweigerlich heraufbeschwor, steht dennoch außer Frage.

Man sieht also, wie eng konfessionelle und politische Interessen verknüpft waren (nicht unähnlich unseren heutigen Umständen), so daß man zwar von keinem Religionskrieg, so aber doch von einem konfessionell motivierten Krieg sprechen kann.

Dies würde ich abschwächen, weil mE lediglich die Lagerbildung vor dem Krieg bzw. zu Kriegsbeginn konfessionell motiviert war - und selbst das ist nicht ganz exakt; ich verweise nochmals auf die beiden bereits in meinem vorigen Beitrag angeführten Beispiele Kursachsen und Frankreich (welches als katholisches Land bereits in den ersten Kriegsjahren gegen Kaiser und Liga aufgestellt war).

Nach der Aufhebung des Restitutionsediktes im Frieden von Prag 1635 verschwindet das konfessionelle Moment von der politischen Bühne, es geht nur noch um die Frage der Machtverteilung zwischen den beteiligten Staaten...

Wenn wir schon die beiden genannten Beispiele zu Kriegsbeginn außen vor lassen, so hebt doch spätestens Wallensteins Heer, welches immerhin zur Ducrhsetzung der politischen Interessen des Kaisers nicht unwichtig ist, das konfessionelle Moment auf.
Unter Wallensteins Kommando kämpfen Söldner aus verschiedenen Gebieten des Reiches, und die Erkenntnis, daß damit ein gemischt-konfessionelles Heer über Jahre hinweg für die Interessen des Kaisers stritt, ist ja nun so neu auch nicht...



Zum anderen Aspekt noch...

Interessant ist auch der Begriff Staatenbildungskrieg, aber dazu morgen mehr, bin einfach zu müde.

Staatenbildungskrieg trifft es in vielerlei Hinsicht, auch wenn für das Römische Reich als Gesamtstaat eher eine Entstaatlichung die Folge war.

Diese These vertritt Johannes Burkhardt, und mit dieser wird sich seit spätestens dem Wintersemester 2003/2004 an Universitäten auseinandergesetzt.
Mehr dazu unter http://www.bunddertraenen.de/studium/daten/2004.01.04.staatenbildungskrieg.pdf

Ich will zwar nicht so weit gehen, diese These zu beurteilen, aber interessant erscheint sie allemal...
 
Dazu möchte ich noch etwas anmerken, nicht als Kritik, sondern um die Sicht noch zu erweitern:

Ich halte das Restitutionsedikt für den wichtigsten Grund der antikaiserlichen Politik der protestantischen Reichsfürsten und insbesondere Sachsens. Der Kurfürst von Sachsen betrieb vorher eine kaisertreue Beschwichtigungspolitik und wurde durch das Edikt zum Feind des Kaisers. Ohne die Restitutionsproblematik wäre der Kurfürst von Sachsen wahrscheinlich niemals ins schwedische Lager gewechselt und damit wäre einer schwedischen Invasion von vorherein die Grundlagen entzogen worden, ohne daß ich mich jetzt in eine Was-wäre-wenn-Diskussion verstricken möchte. Außerdem kann ich jetzt spontan über die schwedisch-sächsischen Verhandlungen keine Auskunft geben.

Vollkommen richtig, alle teilnehmenden Mächte hatten vor allem weltliche Absichten, aber das religiöse Moment war bis 1635 mit diesen Interessen meist untrennbar: Der Böhmisch-pfälzische Krieg war ein reiner Verfassungskrieg gegen die rechtswidrige Absetzung Ferdinands als König von Böhmen. Nach dem Sieg über die Böhmen begann Ferdinand aber sofort mit der Rekatholisierung Böhmens, was rechtlich gesehen zumindest fragwürdig war und politisch die Prioritäten des Kaisers für alle Reichsfürsten deutlich machte: Grundlage aller kaiserlichen Entscheidungen war die Religion, eine moderne Politik die sich in erster Linie an den tatsächlichen Bedürfnissen des Staates orientierte (wie Richelieu sie betrieb) war für Ferdinand nicht vorstellbar.
Wie in der ersten Kriegsphase stehen auch im Dänischen Krieg wieder protestantische gegen katholische Interessen, die religiösen und weltlichen Elemente waren eng verwoben: Auch dies war ein Verfassungskrieg, denn es geht in erster Linie um die Wiedereinsetzung Friedrichs als König von Böhmen oder doch mindestens um die Rückgabe der Pfalz. In der Oberpfalz hatte Maximilian von Bayern mit der Gegenreformation bereits begonnen, rechtlich wiederum in Ordnung, aber religiös unzumutbar.
Die religiöse Heterogenität der wallensteinschen Armee zeigt vor allem, daß ihr Kommandeur eigene Ansichten hatte und das die Haltung in Religionsfragen im 17. Jahrhundert schon sehr differenziert sein konnte, sie hat für den Charakter des Krieges als Religions- oder Verfassungskrieg meiner Ansicht nach weniger Bedeutung.
Mit dem Restitutionsedikt wird dieses Vorgehen der Habsburger Partei auf das ganze Reich ausgedehnt: Sämtliche Kirchengüter, die niemals formell übereignet wurden, sollten zurückgegeben werden. Hinter einer weltlichen Forderung verbergen sich religiöse Ziele: Die tatsächliche Konsequenz daraus wäre die Rekatholisierung des Reiches gewesen, das haben die protestantischen Kurfürsten richtig erkannt. Bei den Verhandlungen um Wallensteins Absetzung zeigt der Kaiser, daß es ihm nur um die Religion geht, dafür ist er bereit, seine sämtlichen politischen und militärischen Positionen zu opfern. Natürlich geht es auch um die Wahl seines Sohnes, was einmal mehr zeigt, wie engstirnig der Kaiser war: Trotz seiner überragenden Position läßt er sich politisch auf die alte Bittstellerposition reduzieren, um die Wahl durchzusetzen, von einer Idee eine habsburgischen Absolutismus konnte niemals die Rede sein.
Daher bin ich der Meinung, daß bis zum Frieden von Prag die Religionsfrage ein sehr wichtiger Beweggrund für das Handeln der beteiligten Mächte war. Allerdings sollte man immer berücksichtigen (ich betone das dauernd, weil ich es für sehr wichtig halte), daß durch die unglückliche Lösung des Augsburger Religionsfriedens Konfession und Besitz untrennbar miteinander verbunden waren, und vielleicht ist der Dreißgjährige Krieg deshalb vor allem ein Verfassungskrieg gewesen, daß er für das Reich eine moderatere Lösung ermöglichte.
Schweden und vor allem Frankreich waren über diese Denkweise bereits hinaus und betrieben eine erfolgreiche Expansionspolitik, die prinzipiell in der letzten Kriegsphase von allen Mächten angestrebt wurde.

Zuletzt noch vielen Dank für den Hinweis auf die Vorlesung von Herrn Burkhardt. Ich hoffe, daß ich demnächst Zeit finden werde, mich damit zu befassen.
 
Nachtrag:
Ich habe mir gerade mal den Text von Herrn Burkhardt durchgelesen, es waren ja nur zwei Seiten: Das würde ich sofort unterschreiben!
Nochmals besten Dank für den Hinweis!
 
@ timotheus
Nur macht man es sich meines Erachtens zu einfach, zu sagen, dass Sachsen als protestantischer Staat auf kaiserlicher Seite stand, um eine These kontra Religionskrieg anzuführen. Sachsen war lutherisch, das darf man nicht unterschätzen und der König von Böhmen und Kurfürst von der Pfalz war Calvinist. Es gab erheblichen Zwist zwischen Lutheranern und Reformierten, wobei sich gegenseitig zugeschoben wurde, "schlimmer als die Papisten" zu sein. Die jeweils gegeneinander laufenden Kampagnen des gerschriebenen Wortes der Zeit gerade vor dem Großen Krieg sprechen deutliche Worte. Innerhalb des lutherischen Lagers war Sachsen mit Abstand der mächtigste und größte Staat im HRR, was für das reformierte Lager im Bezug auf die Pfalz ebenso zutrifft. Also ging der Konflikt tiefer, der Kurfürst Sachsen Johann Georg I. wollte auch das calvinistische Lager schwächen, welches ja die Union dominierte. Die reformierte Dominanz innerhalb der Union mag dazu beigetragen haben, dass die Union später dann als das dominierende pfälz. Kurfürstentum bedroht war, ziemlich unmotiviert handelte, bis ein Lutheraner, der Markgraf von Baden-Durlach, aktiv wurde. (Dieses Zögern wird sehr schön in "Gegen Land und Leute" von Peter Milger verdeutlicht.)
Vor dem Großen Krieg war schon Kurbrandenburg wieder aus der Union ausgetreten, da diese ihn nicht im Händel in der Jülicher Erbfolgefrage unterstützt hatte, wobei man bei der Union, deren Führungspartei die Pfalz gewissermaßen befangen war, da selber in die Erbfrage involviert, schon eben diese Unentschlossenheit erkennen konnte, die sich dann als so fatal für die Pfalz erweisen sollte. Dabei war der Kurfürst Brandenburgs ein Glaubensgenosse des pfälzischen Kurfürsten.
Somit würde ich zwar auch gegen die mehrfach geäußerte Behauptung eines Religionskrieges sprechen, aber durchaus den konfessionellen Konflikt als einen nicht zu unterschätzenden Motor, wobei die Sache der Lager weitaus differenzierter zu sehen ist, also Katholiken-Reformierte-Lutheraner. Dabei wendeten sich die Parteien wenn sie sich Nutzen davon versprachen auch mal der anderen Konfessionspartei zu, aber eben aus den von mir erwähnten Aspekten.
 
Damit hast Du hervorragend die konfessionellen Probleme innerhalb des Reiches umrissen. Ich wollte auch keineswegs für die katholische Borniertheit Ferdinands II. Ausschließlichkeit beanspruchen, aber er war nun einmal der wichtigste Akteur im Reich und seine fatal unrealistische Politik hat entscheidend zur Fortdauer dieses Krieges beigetragen.
Sehr wichtig ist der Aspekt, daß das protestantische Lager in zwei Kofessionen gespalten war, die sich gegenseitig noch weniger leiden konnten als beide wiederum die Katholischen. Auf dieser Seite war Sachsen sicherlich der wichtigste Part, allein schon aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung, wozu ich mich nicht allzu genau äußern kann.
So wurden beide Seiten, obwohl es um Verfassungsfragen ging, doch durch ihre Konfession in ihrem Handeln beeinflußt, weil Land und Konfession einfach noch untrennbar waren.
Unser westlicher Nachbar Frankreich führte zur gleichen Zeit seinen abschließenden Kampf um dieses Problem und Richelieu trennte ganz klar Staat und Politik: Unterwerfung der Hugenotten unter die Staatsgewalt bei gleichzeitiger freier Religionsausübung. Diese moderne Haltung ermöglichte überhaupt erst das enge Zusammengehen mit Schweden. Dieser Schritt ist im Reich nicht einmal durch den Westfälischen Freiden vollständig gemacht worden und das Problem flackerte bis ins 18. Jahrhundert immer wieder auf.
In Summa, man könnte wohl ein Buch über die Bedeutung der Religion für den Dreissigjährigen Krieg schreiben.
 
Wie es scheint, werden meine Beiträge hier leider anders ausgelegt als sie gedacht waren... schade eigentlich, aber sei's drum...

Ich halte das Restitutionsedikt für den wichtigsten Grund der antikaiserlichen Politik der protestantischen Reichsfürsten und insbesondere Sachsens.
...
Mit dem Restitutionsedikt wird dieses Vorgehen der Habsburger Partei auf das ganze Reich ausgedehnt: Sämtliche Kirchengüter, die niemals formell übereignet wurden, sollten zurückgegeben werden. Hinter einer weltlichen Forderung verbergen sich religiöse Ziele: Die tatsächliche Konsequenz daraus wäre die Rekatholisierung des Reiches gewesen, das haben die protestantischen Kurfürsten richtig erkannt.

Nun, da steckte schon ein wenig mehr dahinter, denn nicht nur die protestantischen Reichsfürsten gingen daraufhin in Opposition zum Kaiser, sondern alle Reichsstände.
Vgl. dazu auch folgende Abhandlung: http://geschichtsverein-koengen.de/DreissigKrieg.htm
Anm.: Auf der Seite bitte zum Jahr 1629 herunterscrollen...

Zuletzt noch vielen Dank für den Hinweis auf die Vorlesung von Herrn Burkhardt. Ich hoffe, daß ich demnächst Zeit finden werde, mich damit zu befassen...
...
Ich habe mir gerade mal den Text von Herrn Burkhardt durchgelesen, es waren ja nur zwei Seiten: Das würde ich sofort unterschreiben!

Keine Ursache; und ich stimme dem Text ebenfalls zu, wiewohl ich dann nicht ganz verstehen kann, weshalb Du dann immer noch das Religiöse bzw. Konfessionelle derart vordergründig hältst.
Oder habe ich jetzt Dich mißverstanden?
Wie dem auch sei, hier noch ein Text dazu: http://extern.historicum.net/m30jk/staatsbildungskrieg.htm

Nur macht man es sich meines Erachtens zu einfach, zu sagen, dass Sachsen als protestantischer Staat auf kaiserlicher Seite stand, um eine These kontra Religionskrieg anzuführen.

Bitte lies noch einmal in meinen früheren Beiträgen die Beispiele, die ich gebracht habe, genau nach: ich hatte ursprünglich ebenso Aussagen zu Frankreich getroffen.
Ich hätte auch noch Hessen-Darmstadt mit Ludwig V. und Georg II. als Beispiel kaisernaher Lutheraner bringen können oder den katholischen Kurfürsten von Trier, Philipp Christoph von Sotern, der sich mit Frankreich verband.
Außerdem verneine ich ja nicht das konfessionelle Element als Motivationsfaktor - mE kann man es durchaus auch als "Katalysator" betrachten.
ABER: Der Dreißigjährige Krieg war ja nun einmal keine rein deutsche Angelegenheit, sondern erfaßte große Teile Europas, wenn auch zugegebenermaßen das Reich die Hauptlast des Krieges zu tragen hatte.
Und in diesem Kontext überlagerte der seit vorreformatorischer Zeit bereits existierende Machtgegensatz Habsburg-Frankreich die konfessionell bedingte Lagerbildung recht deutlich.

Unser westlicher Nachbar Frankreich führte zur gleichen Zeit seinen abschließenden Kampf um dieses Problem und Richelieu trennte ganz klar Staat und Politik: Unterwerfung der Hugenotten unter die Staatsgewalt bei gleichzeitiger freier Religionsausübung.

Dies ist aber ziemlich vereinfacht, denn es beschreibt lediglich dem Umgang Frankreichs mit den Hugenotten, also seinen eigenen Calvinisten, nach dem Edikt von Nantes 1598. Die darin zugesicherten Sicherheitsplätze, verbrieften Sonderrechte und damit ihre politische Macht wurden ihnen dennoch bis 1628 genommen, wobei sie nach dem Gnadenedikt von Ales 1629 jedoch immer noch religiös geduldet wurden. Den Abschluß unter die Auseinandersetzungen mit den Hugenotten setzte dann - freilich erst nach dem Dreißigjährigen Krieg - das Edikt von Fontainebleau 1685, welches den Katholizismus zur französischen Staatsreligion deklarierte und den protestantischen Glauben verbot, so daß sich die Hugenotten gezwungen sahen, Frankreich zu verlassen.
Zum Nachlesen des Kontextes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Edikt_von_Nantes
http://de.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_La_Rochelle
http://de.wikipedia.org/wiki/Gnadenedikt_von_Alès
http://de.wikipedia.org/wiki/Edikt_von_Fontainebleau

PS @Brissotin & Eusebius:
Ich bitte um Nachsicht, daß sich einige Sätze wahrscheinlich schärfer lesen als sie gemeint sind. Danke.
 
Ich bemühe mich immer um Textverständnis, sowohl bei den Texten, die ich lese, als auch bei denen, die ich selbst verfasse. Allerdings gelingt mir das nicht immer, wofür auch ich um Nachsicht ersuchen muß.

Da wir uns auf ein äußerst kompelexes Thema eingelassen haben, möchte ich versuchen, uns wieder von den Einzelheiten zu einer mehr generellen Betrachtung zu bringen.
Ich möchte nochmal betonen, daß ich das konfessionelle Moment für einen wichtigen Faktor im und für den Dreissigjährigen Krieg halte, der Krieg als solcher aber kein Religionskrieg war, sondern ein wesentlich komplexerer Vorgang, auf den eher der von Dir gewählte Begriff Staatenbildungskrieg zutrifft.
Aber gerade deswegen habe ich versucht, die wichtigen Hebelpunkte, an denen die konfessionelle Zugehörigkeit oder die religiöse Überzeugung eine Rolle spielte, aufzuzeigen, wobei ich keinen Anspruch auf annähernde Vollständigkeit erhebe.
Nochmal zum Restitutionsedikt und dem Widerstand der Reichsstände: Ja, da steckte mehr dahinter. Auch katholische Reichsstände waren gegen das Edikt oder mahnten zumindest vor den Folgen. Allen Reichsständen war die Angst vor einer gestärkten habsburgischen oder gar kaiserlichen Macht gemeinsam und es gab noch weitere Beweggründe, die ich hier keineswegs ausschließe, dennoch war meiner Ansicht nach das Restitutionsedikt die entscheidende Ursache für die Haltung vieler Fürsten, die schließlich auch explizit das Edikt zum Anlaß nahmen.

Zum Text von Burkhardt und zur Vordergründigkeit des Religiösen. Wie gesagt, beschreibt Herr Burkhardt aus seiner Perspektive die Ursachen des Krieges sehr gut und arbeitet die Konfessionalität als motivierenden Faktor bzw. mittragendes Element der Staatsgebilde sehr gut heraus. Ich habe versucht, derlei ebenfalls darzustellen, nur daß ich etwas andere Schwerpunkte gesetzt habe und mir leider nicht die Präzisierungsfähigkeit Herrn Burkhardts zu eigen ist.

Nochmals zu Sachsen: Die sächsische Haltung zeigt meiner Ansicht nach sehr schön, daß abwechselnd konfessionelle und staatsrechtliche Gründe den Krieg bestimmten, wobei die konfessionellen nur zwischen 1629 und 1635 wirklich bedeutsam waren. Zudem möchte ich nochmals darauf hinweisen, wie eng Staatsgebilde und Konfession damals vermengt waren. Auf die französisch-spanischen Gegensätze braucht man da kaum noch einzugehen.

Ja, meine Bemerkung zu Frankreich war sehr vereinfacht. Es ging mir nicht darum, den genauen Ablauf der Ereignisse darzustellen, sondern kurz aufzuzeigen, wie weit Frankreich in der "Staatsbildung" bereits gelangt war, weiter als das Reich jemals kommen würde. Daß Ludwig XIV. in absoluter Machtvollkommenheit seinem modernen Staatsgedanken auch noch eine Staatsreligion hinzufügte, ist eine neue Wendung in der Staatsentwicklung und war während unseres Betrachtungszeitraumes nicht unbedingt abzusehen.

Es geht mir zwar nicht darum, hier allgemeine Harmonie herbeizuführen, schließlich wollen wir eine fruchtbare Diskussion führen, doch scheint mir, daß wir weitgehend ähnliche Positionen vertreten und es wäre mir leid, wenn dies durch Mißverständnisse überdeckt würde.

In jedem Falle wünsche ich ein erfreuliches Wochenende!
 
Es geht mir zwar nicht darum, hier allgemeine Harmonie herbeizuführen, schließlich wollen wir eine fruchtbare Diskussion führen, doch scheint mir, daß wir weitgehend ähnliche Positionen vertreten und es wäre mir leid, wenn dies durch Mißverständnisse überdeckt würde.

Dann nehme ich einen Teil des Mißverständnisses ganz auf meine Seite; und ich bin beruhigt, wenn wir dies damit ausräumen können.
Wie Du richtig schreibst, ist das Thema sehr komplex, und ich gehe bestimmt nicht so weit zu behaupten, daß ich es in aller Tiefe durchdrungen hätte. Auch möchte ich den Begriff "Staatenbildungskrieg" nicht für mich vereinahmen, denn das gebührt mir bestimmt nicht.
Mit Deinem letzten Beitrag ist mir übrigens auch klar geworden, daß wir gar nicht so weit auseinanderliegen...

In diesem Sinne gleichfalls ein schönes Wochenende

Timo

PS: Ich räume nochmals ein, daß mein voriger Beitrag an einigen Stellen etwas scharf formuliert war...
 
Trotz eines fröhlichen Abends konnte ich mich einer gewissen Neugierde nicht erwehren....

Vielleicht sollte man ein solches Generalthema erstmal mit einer Grundnote versehen, was uns ja nun gelungen ist, und dann in einzelne Bereiche auflösen, die man dann diskutieren kann, ohne sich zu verlieren, um sie dann am Ende zu einem Bild zusammenzufügen. Möglicherweise könnte man mal erforschen, welche Bedeutung die Konfession überhaupt zu Beginn des 17. Jhdt. hatte, sowohl für den Einzelnen als auch für gesellschaftliche Systeme.
 
Staatenbildungskrieg

Ich finde es schön, dass es eine Diskussion zum Allgemeinen Thema "30-jähriger Krieg" gibt. Die Bezeichnung "Staatenbildungskrieg" finde ich höchst interessant, weil ich mich frage, in wie weit der Krieg tatsächlich zur neuzeitlichen Staatenbildung beitrug, denn dies impliziert ja auch gleichzeitig die Frage, ob der Kaiser doch noch einen Reichsstaat hätte entwerfen können. Bemühungen um den Reichsstaat durch Ferdinand II. und einer erhöhten Libertät des Fürstenstaates andererseits, das ist gerade das spannende, traten zeitgleich in einem Konflikt auf. Dass Bayern sogar an der Seite des Kaisers zur Mehrung der Macht und somit eigener Souveränität gegenüber dem Kaiser beitragen konnte, kann man als Ironie der Geschichte ansehen.

Besondere Beachtung verdient für mich der Aspekt, dass wenn es sich um einen Staatenbildungskrieg handelte, wie weit diese dann nach dem Krieg abgeschlossen war? Legte nicht der Westfälische Friede zeitgleich die Fundamente für eine weitere Loslösung der Reichsfürsten vom Reich, wie auch die einer Reichsrenaissance? Letzteres wurde ja durch die Bedrohung des Reiches durch Frankreich befördert, welche durch den 30-jährigen Krieg in einer Form Gestalt angenommen hatte, die selbst den Konflikt zwischen Karl V. und Francois Ier noch überstieg.:fs:
 
Zeitalter der Allianzkrieg

Für mich läutet der 30-jährige allerdings auf jeden Fall das Zeitalter der Allianzkriege ein, welches dann im 7-jährigen Krieg gipfelte.
 
Zum Thema Staatenbildungskrieg möchte ich nachdrücklich die Verbindung empfehlen, die Timotheus am 23.11. hier veröffentlicht hat, denn dort wird das Thema sehr gut und trotzdem kurz behandelt:

http://www.bunddertraenen.de/studium/daten/2004.01.04.staatenbildungskrieg.pdf

Auf dieser Grundlage ließe sich sicherlich aufbauen. Ich hatte zwar zuerst an die Frage der Konfessionalität gedacht, aber in diesem Zusammenhang wird das Thema auch aufgegriffen.

Ich persönlich würde die meisten Kriege dieser Epoche als Staatenbildungskriege bezeichnen, nehmen wir z.B. die Englischen Bürgerkriege, die endgültig die Verfassung des Staates und das politische Miteinander regelten, auch wenn solches nie in einem einheitlichen Regelwerk codifiziert wurde.

Für das Reich als politischer Akteur war der Dreißigjährige Krieg sicherlich auch ein Staatenbildungskrieg, nur daß der Effekt eben keine Verfestigung, sondern eine Zersetzung der Reichshoheit war. Die im in die Hand gegebenen Mittel wurde von Ferdinand II. weder erkannt, noch genutzt. Ferdinand III. hatte keine vergelichbaren Möglichkeiten mehr und konnte nur noch Schadensbegrenzung betreiben, inwieweit er das Format zu einer richtungsweisenden Reichspolitik gehabt hätte, bleibt ohnehin fraglich.

Von der modernen Meinung (zu der ich zu meiner Schande keine Zitate vorweisen kann), daß der Große Krieg dem Reich zu einer Staatsform eigener Qualität verholfen habe halte ich nichts. Im Grunde ist dies nur eine mißglückte Umdeutung der langsamen Auflösung, die nach 1648 das Reich zersetzte. Sicher konnte man während folgenden Kriege gegen Ludwig XIV. eine gewisse Reichsanhänglichkeit in Deutschland feststellen, aber das hat doch recht wenig mit effektiver Staatlichkeit gemein. Nach 1648 hat das Reich immer dort, wo es dann doch noch als Akteur einspringen mußte, politisch versagt. Ja, wenn ich recht überlege, hat es wohl immer versagt.
Und weil ich gerade so schön in Fahrt bin, möchte ich an dieser Stelle gerne ein Zitat aus einem kleinen Uniformbuch anbringen ("Reiter, Husaren und Grenadiere", Hans Bleckwenn, die bibliophilen Taschenbücher 1985), welches meine Ansicht recht poetisch untermauert, wenn es auch eine etwas spätere Zeit behandelt:
"Die Reichsarmee - denn noch immer führt auch im 18. Jahrhundert das "Heilige Römische reich Deutscher Nation" die Rangliste der Statten an - ehrwürdig noch im Sterben, und seine Reichsarmee ist zugleich die typische Musterkarte seines Abstiegs in die Zersplitterung..... Aber noch lebt das Reich und erst nachdem es 1757 gegen Preußen - bei Roßbach - und schließlich gegen die Heere der Französischen Revolution versagt hat, wird es 1802/03 sein müdes Haupt endlich zur Ruhe legen - trotz allem ein bleibendes Symbol der letzten wirklichen Heimstatt aller Deutschen."
 
Brissotin schrieb:
Legte nicht der Westfälische Friede zeitgleich die Fundamente für eine weitere Loslösung der Reichsfürsten vom Reich, wie auch die einer Reichsrenaissance
Spielt in den Begriff Staatenbildungskrieg nicht auch noch die gegenseitige Anerkennung der europäischen Großmächte rein? Die weitreichende Souveränität der Staaten und der Unabhängigkeit der Niederlande und der Schweiz. Also das ist schon richtig, was du beschreibst nur sollte man auch Europa als Ganzes mit einbeziehen. Des Weiteren bildet der Westfällische Friede, wie du gesagt hast, die Grundlage des modernen Staates.
 
Zuletzt bearbeitet:
Obwohl hier Brissotin zitiert wurde und ihm daher wahrscheinlich das Recht der ersten Antwort gebührt, erlaube ich mir, einen kleinen Beitrag einzusschieben:

Die genauen Auswirkungen des Krieges auf die innere Verfassung der anderen europäischen Staaten außerhalb des Reiches möchte ich für den Moment außen vor lassen, wenn man sich darüber auch im Einzelnen unterhalten sollte, denn für Europa hatte dauerhaft vor allem der Westphälische Friede als Grundlage des Umgangs der Staaten miteinander, also völkerrechtliche Bedeutung.
Die Auswirkungen für die militärische Entwicklung ist bereis angerissen worden, ich bitte um Nachsicht, wenn ich den genauen Fundort gerade nicht angeben kann.
Außerdem wurden tatsächlich Staaten neugebildet, worauf mit Recht hingewiesen wurde, allerdings gehören die Neubildungen (Niederlande, Schweiz und ehem. Reichsitalien) zum langandauernden Zersetzungsprozeß des Reiches und waren 1648 de facto längst vollzogen.
 
Ich denke, dass die Auswirkungen des Friedens von Münster und Osnabrück für die Staaten, die sich nach 1648 innerhalb des Reiches bildeten ungleich geringer sind, als für die Niederlande. Diese wurden mit dem Kriegsende eine unabhängige Republik und ein unabhängiger Staat, der sogleich mit den ehemaligen Feinden Spanien - Habsburg weitreichende Verhandlungen aufnahm, um das goldene Zeitalter in den Niederlanden einzuläuten. Die staatliche Anerkennung war also mit einem Schlag nach einem lange währenden Krieg erreicht.

Anders sah es dann mit den Reichsfürsten aus, deren Mächtigste zwar eine rege wie erfolgreiche Außenpolitik betreiben konnten, was man aber nicht mit staatlicher Anerkennung gleichsetzen bzw. verwechseln darf. Nicht umsonst strebten die Kurfürsten, Landgrafen etc. nach Kronen, da sie als Reichsfürsten innerhalb des Reichsverbandes eben doch nicht die gewünschte Unabhängigkeit und staatliche Souveränität und die Anerkennung als selbstständige Staaten genossen. Interessant in der Hinsicht ist die geringe Anzahl von ausländischen Vertretungen, die sich die Reichsfürsten an fremden Höfen leisten konnten. Selbst Frankreich mag zwar die deutschen Reichsfürsten in den libertären und kontra dem Kaiserhaus gerichteten Bestrebungen unterstützt haben, aber eben nicht unbedingt die Staatlichkeit dieser fürstlichen Territorien. Bis zum Beginn des 18.Jh. mit der tatsächlichen Herauslösung Preußens war noch ein langer Weg und die Beispiele Sachsens und Bayerns zeigten auch die Gefahren in dieser Entwicklung und dass manch ein Staat an den neuzeitlichen Anforderungen scheitern konnte, später auch keine souveräne Staatlichkeit entwickelte.
Hui, jetzt sind wir aber schon wieder sehr weit weg.

Ansonsten stimme ich Eusebius zu. Die entscheidensten Folgen für die direkte Staatenbildung hatte der Ausgang des Krieges sowohl für die Niederlande, als auch die Schweiz und die Staaten in Italien. In allen drei Gebieten hatte der Kaiser während des Krieges noch einmal die Unabhängigkeit anzweifeln können, was gerade in der Anfangsphase in Italien/Schweiz geschah. Dass die Niederlage der Union auch mit der der Niederlande verbunden gewesen sein könnte, beweisen die spanischen Opperationen in den 1620ern. Die Schweden banden da sicherlich auch nicht unbedeutende Kräfte der Kaiserlichen, die sonst gegen die Niederlande und eine Reichsrestauration zur Verfügung gestanden hätten.
 
Ich möchte an dieser Stelle noch etwas auf die neugewonnene Unabhängigkeit der Staaten nach dem Dreißigjährigen Krieg eingehen. Ich würde in Bezug auf die Bedeutung des Westphälischen Friedens für die diversen Staaten und Reichsterritorien die Gewichtung etwas anders wählen:

Ohne Zweifel ist das Vertragswerk für ganz Europa von großer Bedeutung, weil es eine neue umfassende Rechtsgrundlage schafft, an der sich die Souveräne orientieren können. Reichsitalien, die Schweiz und die Niederlande werden rechtlich in die Unabhängigkeit entlassen, was vorher aber faktisch längst vollzogen war, daher war die Entlassung aus dem Reichsverband lediglich eine Bestätigung der bestehenden Verhältnisse. Am wichtigsten war dies wohl noch für die Generalstatten, da diese nunmehr auch von Spanien anerkannt wurden und so auch dem achtzigjährigen Krieg ein Ende gesetzt werden konnte. Ob die kaiserliche Armee bei einem Sieg über die Schweden den Spaniern erfolgreich geholfen hätte oder hätte helfen können, die verlorenen Provinzen zurückzuerobern, ist schwer abzuschätzen, in jedem Falle waren die Niederlande für Spanien allein mit oder ohne Frieden unbezwingbar und daher de facto selbstständig.

Für das Reich und seine Territorien hat der Westphälische Frieden meiner Ansicht nach die allergrößte Bedeutung, denn er schreibt endgültig die Handlungsunfähigkeit der zentralen Reichsorgane fest und macht das Reich von den Garantien ausländischer Mächte abhängig, was sich später als wirkungslos erweisen sollte. Zwar wird heute immer wieder hervorgehoben, daß z.B. endlich ein dauerhafter Reichstag an einem festen Ort etabliert wurde, doch dieser Reichstag hatte nichts zu entscheiden. Die folgenden Reichskriege sind kaum noch als solche erkennbar, sie werden vom Kaiser geführt, der sich auf diplomatischem Wege (als verhandelte er mit ausländischen Mächte, was die Reichsfürsten de facto waren) ausreichende Unterstützung der großen Reichsterritorien sichert. Natürlich klammern sich gerade die kleinen Territorien aus Hilflosigkeit an die Reichsorgane (was die Lächerlichkeit, man sehe mir dieses Wort bitte nach, der ganzen Reichsverfassung aufdeckt), aber allen Reichsständen steht nun de jure eine Selbstständigkeit zu, die vorher de facto in einer rechtlichen Grauzone nur von den Kurfürsten ausgeübt wurde. Die Auswirkungen dieser Verfassungslage werden allerdings erst vollständig im 18. Jahrhundert bemerkbar, dennoch ist der Westphälische Friede der entscheidende Punkt, an dem die um sich greifende ständische Selbstständigkeit endgültig etabliert wird.
 
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