bott's these ist für mich darum interessant, weil ich viel vom übergang des regenfeldbaus zum bewässerungsfeldbau (höherer aufwand) als auslöser der bildung von hirarchischen gesellschaftsstrukturen lese, obwohl es dafür keine notwendigkeit gab, ausser eben bevölkerungswachstum, der aber auch erst durch das MEHR an ertrag dadurch zustande gekommen sein kann, aber nichts von der bedeutung des übergangs der rinderdomestikation zur rinderzucht, der mit wesentlich weniger mehraufwand zu erreichen war
dieses MEHR (als andere und als ich brauche) haben zu können scheint mir ein ausschlaggebender faktor zu sein
Der Unterschied zwischen Regenfeldbau und Bewässerungskultur liegt in der örtlichen Begrenzung. Während Regen überall in einem Gebiet fällt, sind Bewässerungskanäle nur in der Nähe von natürlichen Flüssen und Bächen möglich, jedenfalls mit den damaligen Hilfsmitteln und vertretbarem Arbeitsaufwand.
So finden wir dichter besiedelte Gebiete in den Flusstälern von Nil, Euphrat, Tigris, Indus u.a. Sogar im gut mit Regen versorgtem Europa siedelten die Bandkeramiker in den Flussauen, das lag u.a. an der längeren Fruchtbarkeit der Böden.
Dichtere Besiedlung führt zu Regelungsbedarf und Organisation, wenn sie einigermaßen friedlich bleiben soll.
Wenn Du den suchst, dann liegt der mMn in dem Moment, wo zwischen Aussaat und Ernte Zeit vergeht.
Wenn man Pflanzen oder Nutztiere "aussät", anstatt diese zu jagen und zu sammeln, man also zum Zeitpunkt x investiert und erst zum späteren Zeitpunkt y den Ertrag einfährt, funktioniert die alte Gesellschaftsordnung nicht mehr, wo sich am Morgen eine Gruppe zur Jagd oder zum Sammeln von Feldfrüchten zusammengetan und ihre Beute am Abend geteilt hat.
Es musste nun irgendeine Form von Eigentum am Acker geben, damit er nicht im Herbst von irgendeinem dahergelaufenen Nomaden oder seinen Rindviechern leergefressen wurde.
Ist der Unterschied bei den Eigentumsverhältnissen wirklich so groß? Bzw. können die Übergänge nicht viel fließender gewesen sein zwischen den Streifgebieten der Sammler und Jagdrevieren der Jäger einerseits und den ersten Feldern, wo man nahe der Häuser ein paar Samen verstreut hatte.
Außerdem ist für mich Vorratshaltung keine Erfindung des Neolithikums.
Auch gesammelte Früchte, Nüsse und Knollen sind nicht überall und jederzeit erntereif. Einige Jagdtiere wandern jahreszeitabhängig. Trockenfleisch -fisch und -obst muß es schon bei den paläolithischen Jägern und Sammlern gegeben haben.
Ein Punkt bei Vorratshaltung ist aber, wer teilt die Vorräte ein, damit sie bis zur nächsten Jagd reichen.
In den frühen Bewässerungskulturen spricht man oft von Tempelwirtschaft, d.h. die Vorräte wurden unter den Schutz der Götter gestellt.
Vielleicht hatten die Familien- oder Dorfältesten in den frühen neolithischen Dörfern wie Cayönü ein Auge auf die Vorräte, damit sie bis zur nächsten Erntesaison und für die Aussaat reichten. Vielleicht drohten sie den Jüngeren mit göttlichen Strafen, um sich durchzusetzen...wer weiß.
Aus meiner Sicht kann man nicht zwingend argumentieren, das Mehrwert zur Ausbildung von differenzierten Gesellschaften führt.
Das Neidargument von Klaus ist mir noch nicht ganz klar bzw. sehe ich nicht als eindeutiges Indiz für individuelle Eigentumsverhältnisse.
Wenn Vorratshaltung im eigenen Haus für das eigene Feld betrieben wurde, es also familienbezogene Besitzverhältnisse gab, neben Gemeinschaftsweiden und -wäldern, kommt es zwangsläufig zu verschieden großen Vorräten, weil Arbeitsleistung und Feldgröße und -güte sich von Familie zu Familie unterscheiden. Reicht es bei allen mindestens bis Aussaat und nächster Ernte können die besser wirtschaftenden einen Mehrwertvorrat in ihren Speichern behalten. Die Frage ist, was machen sie damit?
Reicht der Vorrat nicht bei allen, werden die armen Familien die reicheren um eine Spende bitten und sie wahrscheinlich bekommen, woraus sich ein gewisses moralisches Abhängigskeitsverhältnis begründen könnte durch versprochene Gegenleistung "Du hast was bei mir gut". Diese Geschenk und Gegengeschenkkultur ist noch für die Hochkulturen des 4-3. Jahrtausends belegt aus den Schriftwechseln der Herrscher.
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Wer die meisten Rinder hat, ist am angesehensten, hat die meisten Frauen usw. Das fördert natürlich das Bestreben, noch mehr Rinder zu besitzen.
Typisches Schneeballsystem, das so lange gut geht, wie es die örtlichen Ressourcen zulassen. Dann muß weitergezogen und neues Land in Besitz genommen werden.
Du meinst also der Besitz von Rindern war der Umschlagpunkt zu Akkumulation von Privatbesitz und damit verbundenem Ansehen?
Es mag zwar Unterschiede geben zwischen dem Besitz von Rindern oder Körnervorräten, prinzipiell ist es aber gleichgültig, ob der Mehrwert, den man nicht selbst zum leben braucht, im Kornspeicher lagert oder in der Herde wandert.
Der Mehrwert muß als nützlich und erstrebenswert empfunden worden sein und nicht als Belastung, weil er soziale Verpflichtungen nach sich zog.