Ab wann waren die römischen Bauten in den Provinzen verschwunden bzw. verfallen?

Ich vermisse hier noch die Porta Nigra in Trier und die Basilika.Allerdings dennoch ein sehr interessanter Beitrag. Heutige Gebäude werden eben auf eine relativ kurze Nutzungsdauer ausgelegt. Ich habe irgendwann mal gelesen, dass wenn der Mensch jetzt sterben würde, die Fundamente antiker und mittelalterlicher Gebäude wie Kirchen etc die längsten Zeugen unseres Daseins wären. Aber da ich kein Architekt/Statiker o.ä bin würde ich auch hier gerne fundierte Meinungen hören.

Die Porta Nigra ist ein schönes Beispiel für die Weiternutzung in anderer Verwendung: ein Toranlage wurde zur Kirche (und wurde als einziges Stadttor Triers aus der Römerzeit erhalten). Die Konstantinbasilika ? Wikipedia ist natürlich ein herausragendes Beispiel. Aber da gibt es so noch vieles (z. B. Diokletianspalast ? Wikipedia, Diokletiansthermen ? Wikipedia).

In Tulln, einer Stadt in Niederösterreich, steht noch ein römischer Turm aus der Spätantike: Tulln an der Donau | Römisches Tulln

Na immerhin als Salzlager benutzt. Ein "Turmkollege" in Köln wurde - wie in einem früheren Beitrag vermerkt - als Abort mißbraucht. =)

Vor einiger Zeit kam auf N24 oder N-tv eine Dokumentation über den Zerfall von Gebäuden. Als Beispiele wurden alte Industrieanlagen in den USA (Detroit?) gezeigt. Innerhalb weniger Jahre bis Jahrzehnte erobert sich die Natur ihren Lebensraum zurück und zerstört damit die Bauwerke.


hier ist die Doku:

Verfall der Zivilisation - Zukunft ohne Menschen - N24.de
 
Da erzählst du einem "fast" Trierer nichts neues. In diesem Sinne : Ein hoch auf die Kirche (zumindest auf diese ;)). Aber auch viele andere Trierer Gebäude wurden anders weiter genutzt, ob als kurzzeitige Fluchtburg (Amphitheater) oder Steinbruch.
 
Es kommt doch immer drauf an, aus welchem Material etwas erbaut wurde. Festgefügte Mauern aus Natursteinquadern sind etwas anderes als Fachwerkbauten, Lehm- und Holzkonstruktionen. Die halten nur zwei oder drei Generationen und sind dann reparaturbedürftig. Und römisches Gußmauerwerk, auch gern mal als Beton bezeichnet, kriegt man kaum mehr weg. Insofern sind viele der hier angeführten Bauten, Tempel, große öffentliche Bauten oder Wehrarchitektur gar nicht mit normaler Wohnbebauung zu vergleichen.
 
Es kommt doch immer drauf an, aus welchem Material etwas erbaut wurde. Festgefügte Mauern aus Natursteinquadern sind etwas anderes als Fachwerkbauten, Lehm- und Holzkonstruktionen. Die halten nur zwei oder drei Generationen und sind dann reparaturbedürftig. Und römisches Gußmauerwerk, auch gern mal als Beton bezeichnet, kriegt man kaum mehr weg. Insofern sind viele der hier angeführten Bauten, Tempel, große öffentliche Bauten oder Wehrarchitektur gar nicht mit normaler Wohnbebauung zu vergleichen.


Bei der Rekonstruktion der römischen Wohnbebauung im Archäologischen Park Xanten (APX) habe ich mich schon häufiger gefragt, wie viel aus den Funden bzw. Befunden an Ort und Stelle zur Rekonstruktion beigetragen haben mag, oder ob man sich auch an Bebauung aus Andalusien orientiert hat.:pfeif:

à propos römisches Gußmauerwerk (Opus caementitium ? Wikipedia): im APX kann man noch einen riesigen Betonblock bewundern, der das Fundament der Hafentempels bildete.

Mir ist noch ein weiteres Gebäude aus der Römerzeit (4. Jhdt. n. Chr.) eingefallen, welches ich leider (noch) nicht besichtigt habe: Das Palatiolum ? Wikipedia in der Nähe von Trier. Das ist doch mal ein richtiger Altbau!:autsch:
 
Ich vermisse hier noch die Porta Nigra in Trier...
Wieso vermisst du sie? Ich hatte sie doch bereits in Beitrag 19 genannt ;)


Ja Amphitheater konnten zu vielem werden: Ob Burgen oder „Wohnfläche“. Das schöne Beispiel von Carolus für Arles hat mich an Lucca in Italien erinnert.
Lucca ? Wikipedia
http://www.albergo-bellavista.com/images/160320100832luccacpiazzacanfiteatro1.jpg
…die „mittelalterliche“ Innenbebauung des ehemaligen römischen Ovals wurden erst in der Neuzeit auf „fürstlichen Wunsch“ entfernt und die frei gewordene Fläche lange Zeit als Marktplatz genutzt.

Und wie ältere, antike Wehrbauten später noch ihrem Zweck dienen konnten, findet sich in der sehr schönen umbrischen Stadt Perugia in Italien. Das noch im Mittelalter verwendete Stadttor, stammte eigentlich schon aus der Etruskerzeit in römischer „Zweitverwendung“! Das zweite Bild zeigt mit der Porta Marzia sogar eine „Drittverwendung“ für einen Festungsbau nach 1540!
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/Perugia_Arco_Etrusco.jpg
http://www.webumbria.it/galleriaimmagini/images/Foto/Perugia-RoccaPaolina.JPG

In Assisi steht der sogenannte Minerva-Tempel, der heute eine Kirche ist, aber im hohen Mittelalter zumindest zeitweilig ein Gefängnis gewesen sein soll.
http://www.goedartpalm.de/monte/goethetemplum.jpg

Zu den unauffälligsten Bauwerken römischer Zeit, die teilweise noch sehr lange in Gebrauch bleiben gehören im Mittelmeerraum häufig noch Zisternen, aber die sieht man ja normalerweise eher selten.

Letztlich komme ich immer wieder an meinen alten Punkt: Wenn den jeweiligen Zeitgenossen irgendeine „sinnvolle Nutzung“ eingefallen war, konnten antike Baustrukturen weiter bestehen. Wenn nicht verfielen sie oder wurden geplündert. Aber da brauchen wir nicht nur auf „römische Zeiten“ oder in den Süden zu sehen. Der „Reiter von Hornhausen“ wurde von einem Bauern gefunden und einige Zeit als Eingangsplatte für seinen Kuhstall verwendet, ehe er der Wissenschaft gerettet werden konnte!
http://www.pictokon.net/bilder/09-0...reiter-von-hornhausen-7-jahrhundert-halle.jpg
 
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Zu den unauffälligsten Bauwerken römischer Zeit, die teilweise noch sehr lange in Gebrauch bleiben gehören im Mittelmeerraum häufig noch Zisternen, aber die sieht man ja normalerweise eher selten.
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Letztes Jahr habe ich in der Gegend südlich von Valencia einen Weinkeller besucht, eine Ringförmige unterirdische Konstruktion. Es gibt Dokumente die diesen Keller schon um 1500 belegen, die Archäologen gehen aber von einem Römischen Ursprung aus.
 

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Ja Amphitheater konnten zu vielem werden: Ob Burgen oder „Wohnfläche“. Das schöne Beispiel von Carolus für Arles hat mich an Lucca in Italien erinnert.
Lucca ? Wikipedia
http://www.albergo-bellavista.com/images/160320100832luccacpiazzacanfiteatro1.jpg
…die „mittelalterliche“ Innenbebauung des ehemaligen römischen Ovals wurden erst in der Neuzeit auf „fürstlichen Wunsch“ entfernt und die frei gewordene Fläche lange Zeit als Marktplatz genutzt.

Bei dem Amphitheater von Lucca mußte ich an andere Beispiele denken, bei denen das ursprüngliche Amphitheater bzw. Stadion (fast)verschwunden ist, aber bis heute die Form im Stadtbild zu erkennen ist:

Zum einen die Piazza Navona ? Wikipedia in Rom, zum anderen ist auch im französischen Tours das Amphithéâtre de Tours - Wikipédia verschwunden, aber es hat seine Form im Stadtplan verewigt: 47.3954,0.6964 - Google Maps

In Arles gibt es auch vom Forum noch einen architektonischen Überrest einer Tempelfront: Datei:Arles Hotel und Forum 20040828-255.jpg ? Wikipedia

Dort kann man auch einen römischen Kryptoportikus ? Wikipedia besichtigen: man muß eine kleine Kirche besuchen, dort sitzt eine Nonne und gewährt einem Einlaß in die "Unterwelt" (fast filmreif). In noch beachtlicher Höhe stehen in Arles die Thermenanlagen.

In Regensburg ist ja noch ein Rest der Porta Praetoria vorhanden: Datei:Regensburg-porta-praetoria 2.jpg ? Wikipedia

Und auch in Duisburg (sic!) befinden sich die Überreste eines römischen Tempels (zumindest eines halben Säulenfragments:pfeif:): http://www.geschichtsforum.de/384994-post11.html
 
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Paßt zwar nicht ganz zur gefragten Provinzialität, ist aber strukturell von höchster Bedeutung:
Wer mal nach Rom kommt, sollte sich auf jeden Fall das kleine Museum der Crypta Balbi anschauen, meiner Meinung nach eines der schönsten Museen in Rom, und sich dort mit dem wundervollen Katalog beschenken. Dort kann man mustergültig und auch gut verständlich nachvollziehen, wie sich die antike Bebauung durch das Mittelalter und die frühe Neuzeit hindurch verändert hat.
 
Bei der Rekonstruktion der römischen Wohnbebauung im Archäologischen Park Xanten (APX) habe ich mich schon häufiger gefragt, wie viel aus den Funden bzw. Befunden an Ort und Stelle zur Rekonstruktion beigetragen haben mag, oder ob man sich auch an Bebauung aus Andalusien orientiert hat.:pfeif:

Bis auf die Grundrisse - sehr wenig. Die Mauern im Innenraum der CUT waren praktisch pulverisiert. Selbst von der großen spätrömischen Festung waren größtenteils nur die Ausbruchgräben der Grundmauern zu finden.
 
In Tulln an der Donau (Österreich, bei Wien), steht noch immer ein Römischer Wachturm, im Original erhalten, er wurde sogar noch im Mittelalter genutzt, das einzige was man durch die Zeiten erneuern musste war das Dach, der rest ist noch Original.

Vom Legionslager dort, Comagena (Reiter Hilfstruppen) ist nichts mehr erhalten.
 
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In Tulln an der Donau (Österreich, bei Wien), steht noch immer ein Römischer Wachturm, im Original erhalten, er wurde sogar noch im Mittelalter genutzt, das einzige was man durch die Zeiten erneuern musste war das Dach, der rest ist noch Original.

Vom Legionslager dort, Comagena (Reiter Hilfstruppen) ist nichts mehr erhalten.

Das spricht für die Qualität römischer Festungsbauten. Hier ist ein vergleichbares Beispiel von der römischen Rheingrenze, das als das besterhaltene Römerkastell Deutschlands gilt:

Kastell Boppard ? Wikipedia


Tourist Information Boppard | Römerkastell

Im Buch "Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit" von Rudolf Pförtner auf S. 152 wird davon berichtet, daß einer der Türme während des Zweiten Weltkriegs einen Bombentreffer erhielt: die mittelalterliche Bekrönung wurde zerstört, "das Kernstück aber, der römische Gußmauerblock, hatte sozusagen nicht einmal mit der Wimper gezuckt".
 
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