Das geheimnisumwobene AEIOU ist wohl das Auffallendste was uns von Friedrich von Habsburg (21.9.1415-19.8.1493), seit 1440 als Friedrich IV. römisch-deutscher König, seit 1452 als Friedrich III. römisch-deutscher Kaiser - der letzte in Rom gekrönte übrigens -, erhalten blieb.
Ob AEIOU (oder AEIOV) wirklich das Auffallendste ist, was Kaiser Friedrich III. (als Herzog von Österreich Friedrich V., als König hat er sich ebenfalls als Friedrich III. bezeichnet, Friedrich IV. wurde er erst durch spätere Historiker, die seinen Vorfahren Friedrich den Schönen ebenfalls zu den dt.-röm. Königen zählten) hinterlassen hat, wäre zu diskutieren.
Auf jeden Fall ist er auf diese Weise selbst bis ins Internet gelangt und sogar Menschen präsent, die wahrscheinlich nicht einmal wissen, dass es ihn gab.
Weniger bekannt ist übrigens, dass noch zwei weitere Familienmitglieder so eine Buchstabenfolge hin und wieder verwendet haben. Da sowohl Friedrichs Cousin Herzog Sigmund / Sigismund der Münzreiche (Tiroler Linie der Leopoldiner), als auch sein Neffe Ladislaus Postumus (Albrechtinische Linie) zeitweise in seinem unmittelbaren Umfeld zu finden waren, dürfte er hier das Vorbild gewesen sein.
---
Geboren wurde Friedrich III. während des Konzils zu Konstanz, gestorben ist er in dem Jahr, nach dem Columbus Amerika sozusagen entdeckte, seine Lebensdauer umfasste also fast ein ganzes Jahrhundert.
Ob die lange Lebensdauer wenigstens zum Teil als Leistung gesehen werden kann, wäre zu überlegen. Die meisten Habsburger in den Generationen um ihn starben gewöhnlich mit 40 /45 Jahren. Allerdings hatte Friedrich mindestens 8 Geschwister, von denen (mit ihm) vier das Erwachsenenalter erreichten, und seine beiden Schwestern, die Kurfürstin Margarethe von Sachsen (gest. 1486, während des Reichstages, als ihr Neffe Maximilian zum deutsch-römischen König gewählt wurde; als Geburtsdatum wird gewöhnlich 1416 angenommen, als Geburtsort Wiener Neustadt oder auch Innsbruck) und die Markgräfin Katharina von Baden (1424-1493) erreichten ebenfalls ein recht hohes Alter.
Heute gibt es zu Friedrich III. einen Wikipedia-Artikel, der als Erstinformation sehr informativ ist und seit 2013 in die Liste der sogenannten exzellenten Artikel übernommen wurde. Das war allerdings nicht immer so, als ich das erste Mal Wikipedia diesbezüglich kontaktiert habe, war es noch ein relativ kurzer Artikel, und das einzige Bemerkenswerte, was der/die Verfasserin in diesem mitzuteilen wusste, war, dass eine Regierungsdauer von 53 Jahre doch für eine gewisse Bedeutung spricht. (Damals offensichtlich das einzige Bemerkenswerte.)
-------
Tatsächlich gehört Friedrich III. zu jenen Habsburgern, bei denen eine deutliche Diskrepanz zwischen neueren wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und der Darstellung in neuerer populärwissenschaftlichen Büchern auffällt.
Man vergleiche einmal z. B.
nur die Darstellung / Interpretation zu Friedrichs Reise 1485 in den beiden folgenden Büchern:
- Hannes Etzlstorfer, Die Reisen der Habsburger. Von Kavalierstouren, Brautschau und hoher Diplomatie, 2013
- Susanne Wolf: Die Doppelregierung Kaiser Friedrichs III. und König Maximilians (1486-1493) (=Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters - Beihefte zu J.F. Böhmer, Regesta Imperii 25), 2005
Ein Vergleich der beiden Bücher ist natürlich nicht sinnvoll, da sie ganz unterschiedliche Zielsetzungen haben. Immerhin findet sich bei Wolf indirekt auch gleich die Quelle, die der Darstellung zugrundeliegen dürfte, der Etzlstorfer gefolgt ist - der Brief eines Zeitgenossens, der noch vor Antritt dieser Reise geschrieben wurde und dessen Befürchtungen zu dieser widergibt, weswegen er dem Kaiser von der Reise abrät.)
------------------
Mit 53 Regierungsjahren übertrifft Friedrich III. jeden anderen deutschen Herrscher des Alten Reiches
wie auch mit 77 Lebensjahren; lediglich zwei andere Habsburger kommen ihm insofern fast gleich: Rudolf I., der 1291 starb, wurde 73; Philipp II., König von Spanien und sein Ururenkel, erreichte das 71. Lebensjahr.
Was ist eigentlich mit Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916), zwar kein dt.-röm. Kaiser, aber immerhin Kaiser von Österreich (1848-1916, bis zu seinem Tod) und ein Habsburger, Regierungszeit: 68 Jahre.
Zum Vergleich: Friedrich III. war dt.-röm. König / Kaiser: 1440-1493, also für 53 Jahre. Herzog von Österreich wurde er offiziell nach dem Tod seines Vaters (1424), die Herrschaft in einem Teil der österreichischen Länder (Innerösterreich) hat er seit ca. 1435 selbst ausgeübt, das ergibt eine Herrschaft in Österreich von 69 Jahre bzw. 57 oder 58 Jahren.
Es gibt sogar einige interessante Parallelen zwischen beiden. Friedrich stand am Beginn des Aufstiegs der Habsburger (der unter seinem Nachfolger Maximilian I. begann) zu einer der ersten Herrscherfamilien in Europa, und Franz Joseph I. am Ende. (Mit seinem Nachfolger, dem österr. Kaiser Karl I., ging die Herrschaft der Habsburger endgültig in Österreich und ihren anderen Ländern zu Ende.)
Friedrich III. wurde 1415 während des Konzils von Konstanz (das war von 14
14-14
18) geboren, Franz Joseph I. ist 1916 während des Ersten Weltkrieges (das war 19
14-19
18) gestorben.
Beide haben als Herrscher sicher sehr viel durch ihre lange Lebensdauer und durch ihre lange, durchgehende Herrschaftsdauer erreicht bzw. bewahren können.
Beiden wird außerdem nachgesagt, dass sie persönlich eher anspruchslos waren und ihr Privatleben dürfte für ihre damalige Zeit einigermaßen das gewesen sein, was als seriös (bzw. was noch als) seriös) gewertet wird.
-------------------
Friedrich III. hat relativ spät geheiratet, seine Eheschließung mit Eleonore (Leonor, Leonora) von Portugal wurde 1452 in Rom geschlossen, einige Tage vor der (gemeinsamen) Krönung.
Bei einem Vergleich mit Eheschließungen anderer zeitgenössischer Fürsten fällt auf, dass Friedrich seine erste und einzige Ehe in einem Alter eingegangen ist, wo andere Fürsten gewöhnlich bereits ihre zweite oder sogar dritte Ehe schlossen.
Das Paar hatte 5 (oder vielleicht sogar 6 Kinder), von denen allerdings nur zwei das erste Lebensjahr überlebten und für die damalige Zeit auch relativ alt wurden: König / Kaiser Maximilian I. (1459-1519) und Herzogin Kunigunde von Bayern(-München) (1465-1520).
(Interessant ist, dass Friedrich bzw. Eleonore keinem ihrer Kinder einen Namen gegeben haben, der zuvor ihren Familien vorgekommen ist. Der Name Maximilian taucht hier überhaupt zum ersten Mal in einer Herrscherdynastie auf.)
Die Ehe, in der populärwissenschaftlichen Literatur als unglücklich (für die Ehefrau), in der neueren wissenschaftlich fundierten Literatur als schwierig bezeichnet, endete bereits 1467 mit dem Tod der Kaiserin. Der Fortbestand der Dynastie war zwar durch einen Thronfolger gesichert, aber keineswegs besonders, sodass es durchaus überrascht, dass Friedrich III. nicht noch einmal geheiratet hat und offensichtlich auch gar keine weitere Eheschließung angestrebt hat. (Das lässt natürlich Raum für Spekulationen, hinzu kommt noch, dass Friedrichs Beraterstab sich später vor allem aus Männern bestand, von denen die meisten unverheiratet oder verwitwet waren.)
Man warf ihm mangelndes Interesse an der Politik vor; so hielt er sich von 1452 bis 1471 nicht ein einziges mal im Reich auf, sondern kümmerte sich um seine Erblande.
Wenn er sich um seine Erblande in diesem Zeitraum gekümmert hat, wird ihm wohl kaum mangelndes Interesse an der Politik vorzuwerfen sein. (Das wäre wohl nur der Fall, wenn er sich zu dieser Zeit z. B. nur um den Obstgarten in Wiener Neustadt gekümmert oder Handschriften gesammelt hätte.
)
In diesem Zusammenhang wäre wohl zu überlegen, dass sich z. B. auch Kaiser Sigismund (Friedrichs Vorgänger als Kaiser) oft jahrelang nicht im Reich aufgehalten hat. (Aber Besuche an anderen Höfen außerhalb des HRR / Glänzen auf dem Internationalen Parkett oder Krieg mit den Hussiten in Böhmen bzw. ein Abwehrkampf gegen das Osmanische Reich dürfte vielen Historiker/innen vielleicht in der Biographie eines Kaisers des HRR besser gefallen.)
Ein Problem dürfte allerdings bei beiden Herrschern gewesen sein, dass ihre Hausmacht an der Peripherie des HRR lag. (Als König von Ungarn war Sigismund eigentlich nicht einmal ein Reichsfürst.)
Fakt ist jedenfalls, trotz langer Abwesenheit konnte Friedrich III. sich in der Position des Kaisers behaupten. Zwar gab es in den 1450er-Jahren mindestens zweimal einen Plan, ihn durch die Wahl eines dt.-röm. Königs zu entmachten, doch keiner dieser Pläne brachte es wenigstens ansatzweise zur Umsetzung. Letztlich war es der Kaiser selbst, der 1485/86 die Wahl seines eigenen Sohnes zum dt.-röm. König durchsetzte und damit diesem seine Nachfolge sichern konnte.
Daß er ohne Tatkraft gewesen sei, wird auch durch folgendes widerlegt: 1474, als Karl der Kühne Neuß belagerte, entsetzte Friedrich die Stadt an der Spitze eines starken Reichsheeres.
1485 fiel Wien zwar an Matthias I. von Ungarn, doch nach dessen Tod 1490 konnte es Maximilian, der 1486 zum römischen König gewählt wurde, zurückerobern.
Zumindest der Kampf mit Matthias Corvinus taugt wohl kaum als Beweis für die Tatkraft des Kaisers. (Er bestätigt wohl eher dessen Neigung zu Stursinn bzw. Kompromisslosigkeit, in einer Sache nachzugeben, bevor sie tatsächlich entschieden war, und damit Verluste zu haben, die nicht mehr zu korrigieren waren.)
-------
Mit der Entsetzung von Neuss gelang Friedrich III. seine Rehabilitierung, nachdem ihm im Westen des HRR der "Alte Zürichkrieg" und vor allem die "Armagnakenplage" (für die er nach neuerer Forschung nur bedingt persönlich verantwortlich war) in den 1440er-Jahren ziemlich viel von seinem Ansehen als Herrscher gekostet hatten. (Die lange Dauer seiner Herrschaft gab ihm offensichtlich auch die Chance, frühere Fehler wieder auszugleichen.)
Ein Beweis für die Tatkraft des Kaisers ist der Kriegszug in die Niederlande 1488 (während Maximilians Gefangenschaft in Brügge). Friedrich III. war damals immerhin schon über 70 Jahre, es mag sein, dass es die Zeitgenossen durchaus beeindruckt haben dürfte, dass der Kaiser sich, wenn notwendig, noch zu solchen Unternehmungen aufraffen konnte.
----------------
Was den Kampf mit Matthias Corvinus betrifft, lässt sich an ihm auch ganz gut untersuchen, wie gewisse Legenden entstanden sein dürften.
Die verbreitete Darstellung beschränkt sich darauf, dass Friedrich Matthias überlebte und daher die von ihm besetzten (bzw. eroberten) Teile der österreichischen Erblande wieder zurückerhielt. Dass diese zuerst einmal von Maximilian wieder zurückerobert werden mussten (auch wenn das offensichtlich recht komplikationslos durchgeführt wurde), wird gewöhnlich weggelassen.
Fakt ist, dass sich Matthias zum Sterben für Friedrich und Maximilian einen recht guten Zeitpunkt ausgesucht hatte.
- Ein Waffenstillstand war nur wenige Wochen vor seinem Tod verlängert worden. (Der wurde mit seinem Tod hinfällig, und aus der Sicht der Zeit war eine offizielle Kriegserklärung nicht notwendig, was bei einem Friedensschluss sehr wohl der Fall gewesen wäre.)
- Maximilian befand sich zu diesem Zeitpunkt in Innsbruck und bereitete gerade einen Kriegszug gegen das damalige Frankreich vor. Von Innsbruck ist es geografisch nicht so weit nach Niederösterreich, und da er ohnehin einen Feldzug plante, war es nicht notwendig, erst einmal überhaupt ein Heer zusammenzubringen. Maximilian konnte also die Rückeroberung sofort angehen.
Nur eine Überlegung: Wäre die "Rückeroberung" auch so "glatt" verlaufen, wenn Matthias erst einige Monate später gestorben wäre? (Der auf diese Rückeroberung folgende Einfall in Ungarn, um habsburgischen Erbansprüche, die sich aus dem Vertrag von Wiener Neustadt / Ödenburg aus dem Jahr 1463 ergaben, zu verwirklichen, war zwar nicht erfolgreich, bot aber eine gute Ausgangsbasis für Verhandlungen mit dem neuen Herrscher, der auch auf die Eroberungen seines Vorgängers und weitere Besitzungen der Habsburger (im damaligen Ungarn) verzichtete und einen neuen Erbvertrag schloss, dem Jahre später noch ein weiterer Erbvertrag, eine Doppelhochzeit und zuletzt tatsächlich der Erbfall folgen sollten.)
Es war also keineswegs (oder nicht nur) so, dass die eroberten Teile der österreichischen Erblande wieder an die Habsburger gingen, nur weil Friedrich III. Matthias eben überlebt hatte (und dieser es nicht geschafft hatte, zum Zeitpunkt seines Todes seine Nachfolge zu sichern).
Dass das später von der Nachwelt so gesehen wurde, dürfte folgende Gründe haben:
- Es wurde zumindest in der älteren Forschung davon ausgegangen, dass nur der Starrsinn des Kaisers einen Friedensschluss verhindert hatte. Maximilian selbst hätte mit Matthias lieber Frieden geschlossen, statt den Waffenstillstand erneut zu verlängern, um freie Hand für den Krieg mit Frankreich zu haben und daher hätte er auch auf Teile von Niederösterreich verzichtet.
- Dass Friedrich III. Matthias (1443-1490), dessen Vater er aufgrund seines Alters hätte sein können, tatsächlich überlebte, wäre wohl eher nicht zu erwarten gewesen.
- Friedrich III. hatte ungefähr 30 Jahre zuvor eine Auseinandersetzung (um Niederösterreich und Wien) für sich entscheiden können, da der (eigentlich siegreiche) Gegner [sein jüngerer Bruder Erzherzog Albrecht VI. (1418-1463)] überraschend gestorben war.
-------------
Ich persönlich halte Kaiser Friedrich III. für eine sehr spannende Persönlichkeit, obwohl er offensichtlich nicht über das verfügt, was gewöhnlich bei einer interessanten Persönlichkeit erwartet wird: Charisma, Überdurchschnittlichkeit, Faszination.
Aber er gehört eindeutig zu jenen historischen Figuren, bei denen es bis heute nicht gelungen ist, zu einer insgesamt einheitlichen Beurteilung zu kommen, wobei zurzeit zu beobachten ist, dass seine Einschätzung als fähiger Politiker inzwischen zunimmt, während er als Mensch sozusagen an Sympathie verliert.