Alleinschuld Deutschlands an WK 1?

Köbis, mit Spekulation hat das wenig zu tun:winke:
Die w Kriegserklärungen im Jahre 1914 sind nicht nur mir wohl bekannt, aber auch ungeachtet des Faktums, dass die formellen Kriegserklärungen am 1. und 3,August 1914 von Deutschland ausgingen. ändert dies nichts an der Richtigkeit der Beurteilung-
Es ist Fakt .dass es bis zum Einmarsch in Belgien weder im englischen Ka
binett noch im englischen Parlament eine Mehrheit für einen Krieg mit Deutschland gab.
Fakt ist auch, daß die unter Bethmann-Hollweg ab 1912 begonnenen Entspannungspolitik gegenüber England 1914 gerade voll zum Tragen kam, was in einer deutsch-englischen Einigung über die Abgrenzung von Interessenssphären im Nahen Osten (übrigens zu Lasten Russlands) gipfelte.

Curchill,der ebenso wie Grey als Mitglied der englischen Falken gelten kann schrieb in seinen Memoiren zur Lage im Juni 1914: "Die Mehrheit des (britischen) Kabinetts war für Frieden .Mindestens drei Viertel seiner Mitglieder waren entschlossen, in keinen europäischen Streit hineingezogen zu werden außer wenn England selbst angegriffen würde, was nicht gerade wahrscheinlich war "
Auch die Tatsache, dass Grey noch am 1, August 1914 lediglich die Sperrung des Ärmelkanals für fremde Kriegsflotten durchsetzen konnte ,was am Tag danach zu Rücktrittsdrohungen eines großen Teils der Minister führte zeigt, daß England sich aus dem Konflikt heraushalten wollte und die britisch-französische Entente kurz vor der Auflösung stand.
Und zusammen mit England wäre auch das gesamte Empire nicht in den Konflikt involviert worden und damit wäre es auch nicht zum Krieg in den Kolonien gekommen. Frankreich alleine hatte nicht das Potential dazu..
Deutschland und Frankreich hätten sich in Europa militärisch gegenseitig defensiv neutralisiert und übrig geblieben wäre ein lokaler Konflikt auf dem Balkan zwischen Serbien, Österreich und Russland ggf. unter deutscher Beteiligung., bei dem sich England,schon aus dem Bestreben heraus, Russland nicht ans Mittelmeer zu lassen ebenfalls neutral verhalten hätte.

Zum Thema U-Boot-Krieg sei gesagt, daß zwar alle Kriegsparteien ihre "Kriegskompetenzen" zur See gegenüber neutralen Ländern überschritten , dass das aber unerheblich ist, denn lediglich die deutschen U-Boote haben im unbeschränkten U-Boot-Krieg neutrale amerikanische Handelsschiffe versenkt und dadurch wurde die vormals neutrale USA in den Krieg hineingezogen .
Und das war eine Tatsache,der sich die OHL auch von Anfang an voll bewußt war und die sie zumindest billigend in Kauf nahm. schließlich hatte man sowohl im Frühjahr 1915 als auch im Frühjahr 1916 bereits zwei Mal den unbeschränkten U-Boot-Krieg proklamiert und auf amerikanische Intervention hin die Proklamationen wieder zurückgezogen.

Daher bleibe ich dabei,dass die Ausweitung des ursprunglich lokalen Konfliktes zum Weltkrieg wesentlich auf das Konto der politischen und militärischen Führung des deutschen Reiches geht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist Fakt .dass es bis zum Einmarsch in Belgien weder im englischen Ka
binett noch im englischen Parlament eine Mehrheit für einen Krieg mit Deutschland gab.
Fakt ist auch, daß die unter Bethmann-Hollweg ab 1912 begonnenen Entspannungspolitik gegenüber England 1914 gerade voll zum Tragen kam, was in einer deutsch-englischen Einigung über die Abgrenzung von Interessenssphären im Nahen Osten (übrigens zu Lasten Russlands) gipfelte.

Von welcher Vereinbarung sprichst du?
Im Ürigen haben die Briten gerade im Sommer 1914 mit Russland über eine militärische Marinekonvention verhandelt, die Grey gegenüber bethma, der über einen deutschen Spion zutreffend informiert war, glatt ableugnete. Grey belog Bethmann in dieser frage ebenso wie das britische Parlament. Grey wollte zum deutschen Reich gute Beziehungen, ja aber Frankreich und Russland genossen oberste Priorität.

Ich wage zu bezweifeln, das Großbritannien tatenlos zu gesehen hätte, wie Deutschland Frankreich besiegt und als Großmacht ausschaltet. Das war mit den britischen Interessen überhaupt nicht vereinbar.

Die Neutralität der USA war formal vorhanden, aber darüberhinaus wurden Frankreich und Großbritannien in ihren Kriegsanstrengungen massiv unterstützt. House und Lansing waren froh, als der unbeschränkte U-Bootkrieg vom Deutschen Reich begonnen wurde. Nunmehr konntne sie Wilson massiv unter Druck setzten, endlich in dem Krieg einzutreten. Wilson war in der Frage des U-Bootkrieges sehr unbeweglich. Er war allen Ernstes der albernen, naiven Meinung, amerikanische Bürger könnten überall, auch in Kriegsgebieten, mit Verkehrsmitteln ihrer Wahl, reisen. Dass das nicht gutgehen kann, war klar. Die deutsche Botschaft in den USA hat in diversen Zeitungsinseraten vor der Reise auf britischen Schiffen gewarnt. Es wurde einiges getan. Aber die Seeeblockade Großbritanniens, die den amerikanischen handel schadetet, die reichte für einen lahmen protest und das war es denn auch. Oder die hinterhältigen QShips, erinnert sei hier an hinterhältigen Baralong Fall. Baralong-Zwischenfall ? Wikipedia
 
Von welcher Vereinbarung sprichst du?
Im Ürigen haben die Briten gerade im Sommer 1914 mit Russland über eine militärische Marinekonvention verhandelt, die Grey gegenüber bethma, der über einen deutschen Spion zutreffend informiert war, glatt ableugnete. Grey belog Bethmann in dieser frage ebenso wie das britische Parlament. Grey wollte zum deutschen Reich gute Beziehungen, ja aber Frankreich und Russland genossen oberste Priorität.
Was mangels einer Bedrohung des Deutsches Reiches a) objektiv nicht als Grund für die Bethmannssche Risikopolitik herhalten kann und b) selbst in subjektiver Hinsicht (Wahrnehmung in der deutschen Führung, siehe Schröder) nur als Hintergrundrauschen und nicht als kausaler Anlass der deutschen Risikopolitik gesehen wird.

Ich wage zu bezweifeln, das Großbritannien tatenlos zu gesehen hätte, wie Deutschland Frankreich besiegt und als Großmacht ausschaltet. Das war mit den britischen Interessen überhaupt nicht vereinbar.
Da sehe ich ähnlich. In der neueren Forschung zum "Kippen" der britischen Haltung im kontinentalen Kriegsfall 24.7.14/3.8.14 werden drei Wege zum britischen Kriegseintritt gesehen:
a) die politische Lageanalyse von Crowe in Folge des öu-Ultimatums, Kriegswillens und deutscher Rückendeckung: man kann weder einem Sieg der FRA/RUS-Koalition noch einer Niederlage so zusehen. Dass Grey dann eine Verständigungspolitik suchte, die weder FRA noch DR klare Absagen (Drohung) oder Zusagen (Beistand) gab, lag an dem Einschätzungsfehler, dass eine klare Positionierung GBs die Krise anheizen würde (so zB Zara Steiner und Lambert).

b) dem unerwarteten Kollaps der City (Kapitalmärkte), was klarstellte, dass GB durch den kontinentalen Krieg in jedem Fall beeinflusst würde, worauf es massiven Druck der Londoner Kreise auf Kriegseintritt gab

c) der Überzeugung in Navy und strategischen Boards (Ausgang des Strategiestreits 1905/12), durch die Blockade ein schnelles Kriegsende bewirken zu können (Lambert, Armageddon), ironisch formuliert sozusagen der "britische Schlieffenplan" mit der die Kriegsentscheidung der politischen Entscheidungsträger befördernden "Illusion des kurzen Krieges".


Die Neutralität der USA war formal vorhanden, aber darüberhinaus wurden Frankreich und Großbritannien in ihren Kriegsanstrengungen massiv unterstützt.
Wie auch das Deutsche Reich bzgl. der Blockadeauswirkungen massiv "unterstützt" wurde. Die Exportketten der USA über die Niederlande und Skandinavier (die ihre Importe zwecks Weitergaben an der DR teilweise verzehnfachten - Engpass war hier der begrenzte Schiffsraum und das deutsche Zahlungsvermögen - die britischen Kontrollen konnten dies bis zum Kriegseintritt der USA, also bis Anfang 1917 nie effektiv unterbinden) sind hinreichend analysiert. Im Übrigen hatte das nichts mit einem Neutralitätsstatus zu tun, sondern mit jahrhundertealten "guten Geschäften" Neutraler mit allen Kriegsparteien.

Diese empirischen ökonomischen Analysen sollten sorgfältig von den diversen politisch-polemischen Debatten und Politik-Zitaten in den USA und GB oder im DR getrennt werden (was etliche politik-lastige historische Schriften mangels Kenntnisse leider nicht hergeben).

Auf einem völlig anderen Blatt stehen - speziell für die USA - verheerende publizistische Wirkungen (kein Novum seit dem abgelaufenen 19. Jhdt) warnungsloser Versenkungen und dem Einfluss dadurch forcierter öffentlicher Meinungen zum Kriegseintritt.

Zum publizistischen Meinungskrieg in den USA (der auch massiv pro-deutsch ausgefochten wurde: ) siehe Bethke, Macht und Ohnmacht der Worte: William Randolph Hearst und der Weg der USA zur Weltmacht, 1898-1917.

Dieser amerikanische "Pressekrieg" sorgte in den USA bis zu den ansteigenden Versenkungszahlen 1917 und dem Zimmermann-Telegramm für ein "Patt". Von daher bringt es nichts, isoliert politische Zitate der pro- oder antideutschen Fraktion aufzuzählen. Es gab 1914 weder bei Wilson noch bei Lansing etc. einen Generalplan zum Kriegseintritt. Gegen den 1917 dann entschiedenen publizistischen Krieg um den Kriegseintritt hätte keine US-Regierung bestehen können. Aber die deutsche Führung war ja in ihrer Phantasterei davon überzeugt, rasanter versenken zu können als jemals US-Truppen auf dem kontinentalen Kriegsschauplatz erscheinen würden.
 
silesia schrieb:
Was mangels einer Bedrohung des Deutsches Reiches a) objektiv nicht als Grund für die Bethmannssche Risikopolitik herhalten kann und b) selbst in subjektiver Hinsicht (Wahrnehmung in der deutschen Führung, siehe Schröder) nur als Hintergrundrauschen und nicht als kausaler Anlass der deutschen Risikopolitik gesehen wird.

Russland und Frankreich wurden ebenfalls objektiv nicht bedroht. Russland meinte eine Strafaktion Wiens nicht dulden zu können, Stichwort Prestige, und Frankreich beeilte sich mit der Zusicherung der Unterstützung. Poincare war da immer fix zur Stelle. Da befand sich das Deutsche Reich also in bester Gesellschaft.

Schröder vorzügliches Werk steht bei mir im Regal. Allerdings bin ich mit dem Begriff "Hintergrundrauschen" im Silberwald nicht einverstanden. Nachdem Grey so dreist gelogen hatte, kann man wohl getrost von einem Vertrauensverlust sprechen. Die Behtmannsche Risikopolitik ist ohnehin absurd, ja geradezu unfassbar naiv gewesen; sofern Riezlers Ausführungen Glauben zu schenken ist. Aber gleiches gilt für die aberwitzige Politik Petersburgs.

Berlin wird ja wohl nicht in Stockholm oder Den Haag direkt Bestellungen mit der Bitte besorgt uns bitte dies und das aufgegeben haben. Die Röhre Niederlande wurde auf erheblichen Druck Großbritanniens und Frankreichs auch dicht gemacht.

Ja, und ein paar Jahre später haben die USA genau das gleiche warnungslose versenken gegen Japan praktiziert. Da hat kein Hahn mehr danach gekräht. Die USA waren hier vollkommen weltfremd und ihre Stellungnahme war zugunsten der Westmächte. Sie haben sich in der Frage der Aushungerung des Deutschen Reiches auch keine großen Sorgen gemacht. Und das unschuldige US-Bürger einen schrecklichen Tod serben mussten, ist nicht zuletzt der Naivität und Weltfremdheit Wilsons und seiner berater geschuldet. Das hätte leicht vermieden werden können, in man US Bürger verboten hätte, britische oder französische Dampfer zu nutzen. Vor allem wenn diese auch noch Waffen und Munition geladen hatten.
 
Zum Thema U-Boot-Krieg sei gesagt, daß zwar alle Kriegsparteien ihre "Kriegskompetenzen" zur See gegenüber neutralen Ländern überschritten , dass das aber unerheblich ist, denn lediglich die deutschen U-Boote haben im unbeschränkten U-Boot-Krieg neutrale amerikanische Handelsschiffe versenkt und dadurch wurde die vormals neutrale USA in den Krieg hineingezogen .
Und das war eine Tatsache,der sich die OHL auch von Anfang an voll bewußt war und die sie zumindest billigend in Kauf nahm. schließlich hatte man sowohl im Frühjahr 1915 als auch im Frühjahr 1916 bereits zwei Mal den unbeschränkten U-Boot-Krieg proklamiert und auf amerikanische Intervention hin die Proklamationen wieder zurückgezogen.

Ich glaube, die Problematik um die Handelskrieg mit Ubooten war im 1. WK wesentlich komplexer als Du annimmst. In den ersten Kriegsjahren wurde hier sogar der Ubootkrieg von deutscher Seite nach Prisenkommando durchgeführt, nachdem aber viele Handelsschiffe sich z.B. mit Falschen Flaggen tarnten oder gar mit verborgenen Geschützen ausgerüstet worden, ging es auch hier querab von einer so ehrenvollen Seekriegsführung. Die Konsequenz der Ubootführung war, die defensive Wirkung des Ubootes nun für den offensiven Einsatz voll zu entfalten.
Das soll jetzt nicht relativierend klingen, der Ubootkrieg war in der Tat keine Ruhmeshandlung der Marine, da bin ich voll bei Dir, aber die Aufgabe für die Ubootfahrer war klar und nach Prisenkommando war dieser Handelskrieg nicht mehr zu führen.
In wieweit jetzt auch noch Handelsschiffe vorsätzlich als Kriegsschiffe genutzt worden, bleibt bei vielen Fällen offen. Böse Zungen könnten sogar behaupten, dass die britische Seekriegsleitung neutrale Fahrgäste als Schutzschilde wissentlich der Gefahr des Ubootkrieges aussetzte.

Aber dieser Ubootkrieg hat aus dem Weltkrieg keinen Weltkrieg gemacht. Der war er von Anfang an ... ich kann Dir z.B. auch mal Aufführen, welche maritimen Mittel zusammengestellt worden sind, dass deutsche Ostasiengeschwader zu jagen und zu versenken. Das waren nicht nur Briten, Franzosen oder Russen und das schon im Spätsommer 1914.
 
Der Aspekt, das die kaislerliche Marine den U-Bootkrieg lange Zeit streng nach Prisenordnung geführt hatte, wird auch häufig schlicht übersehen. Die völkerechtlich zweifelhafte Seeblockade der Briten wurde und wird hingegen irgendwie doch insgesamt verharmlost. "Die Deutschen waren eben zu dämlich den Mangel zu organisieren."

Großbritannien hatte in der Vorkriegszeit nämlich durchaus als neutrale Großmacht die Einbehaltung von Lebensmittel als Verstoß gegen das Völkerrecht qualifiziert gehabt. So beispielsweise 1885 im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen in Indochina und 1904 während des russisch-japnaischen Krieges. Ab 1914 interessierte das alles aber nicht mehr. Wie formulierte Churchill doch gleich noch relativ harmlos, das die "wirtschaftliche Erdrosselung" Deutschlands herbei zu führen sei.

DIe USA baten am 06.August 1914 die kriegführenden Mächte um eine Stellungnahme betreff der behandlung der neutralen Schiffahrt. Das Deutsche Reich hat sofort die Einhaltung der Londoner Deklarationen zugesagt. Großbritannien wollte sich nicht auf eine Einhaltung der Londoner Deklarationen festlegen lassen. Vielmehr änderte Großbritannien in eigner Herrlichkeit diese Deklarationen eigenmächtig einfach ab.
 
Köbis, mit Spekulation hat das wenig zu tun:winke:
Die w Kriegserklärungen im Jahre 1914 sind nicht nur mir wohl bekannt, aber auch ungeachtet des Faktums, dass die formellen Kriegserklärungen am 1. und 3,August 1914 von Deutschland ausgingen. ändert dies nichts an der Richtigkeit der Beurteilung-
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Noch ein Punkt, der sehr gern zur Thematik - Weltkrieg - vernachlässigt wird.
Japan - warum hat Japan dem Deutschen Reich nach der Problematik in Europa den Krieg erklärt? War es letztlich der Griff des expansiven Japans nach den deutschen Stützpunkten und einen weiteren/leichteren Gegner aus seiner Einflusssphäre langfristig zu vertreiben? Oder warum erklärte Japan Deutschland den Krieg?

Ist es wirklich das Deutsche Reich, welches den Krieg ach so vorsätzlich in einen Weltenbrand stürzt?
 
Großbritannien hatte Japan um Mithilfe gebeten, die Deutschen aus dem Pazifik zu vertreiben. Auf der Kabinettssitzung am 08.August 1914 wurde beschlossen auf Seite der westlichen Alliierten in den Krieg einzutreten. Die Briten haben sich also sehr beeilt, den Krieg auszudehnen.
 
Die tatsächliche Kriegserkärung Japans an das Deutsche Reich erfolgte am 23.August 1914, nachdem die Japaner das Ultimatum gestellt hatten,Tsingtau Japan zu übergeben und sämtliche deutschen Soldaten und Schiffe aus dem japanischen und chinesischen Meer abzuziehen. Im Prinzip war das ganze für die Japaner eine hochwillkommene Gelegenheit um den eigenen Einfluss in China zu stärken. Und die Gelegenheit war ja überaus günstig, denn es war niemand in Sicht, der Ihnen hätte in die Arme fallen können bzw. wollen. Ja, sie wurden ja sogar on den Briten um Unterstützung gebeten. Die Marianen, Marschall und Karolinen wurden auch gleich mit eingesammelt; man war schneller als die Australier, die ebenfalls die Möglichkeit sahen Beute zu machen. Wenn man auf der richtigen Seite steht, ist das ja auch alles nicht so schlimm.
 
Ein paar Sätze zu Belgien

Es waren die belgischen Botschafter in Petersburg, Paris und auch Berlin, die von der zunehmenden Aggressivität der Entente berichteten und dies als Bedrohung des Friedens wahrnahmen. (1)


(1)A.Doren: Amtliche Aktenstücke zur Geschichte der Europäischen Politik. Hier Auszüge aus Berichten aus St. Petersburg, 27.März 1914 S.249-251, aus Paris, 08.Mai 1914 S.259-261 und aus Berlin 24.Juni 1914 S.277-279.
 
Ich wage zu bezweifeln, das Großbritannien tatenlos zu gesehen hätte, wie Deutschland Frankreich besiegt und als Großmacht ausschaltet. Das war mit den britischen Interessen überhaupt nicht vereinbar.
Soweit ich Haffners "Die sieben Todsünden des Deutschen Reichs im Ersten Weltkriegs" verstehe, ist - nach Punkt 1. der Abkehr von Bismarcks Politik des "saturierten" Deutschen Reichs - die Ausführung des Schlieffenplans der Punkt 2 auf der Liste der Todsünden. Dadurch versuchte das Reich in einem Anlauf die Hegemonialstellung in Europa gegen Rußland und Frankreich zu erzwingen, wie auch die Vormachtstellung Englands in der Welt zu brechen. Der Krieg war doch als Ostkrieg angelegt, man wollte doch den Verpflichtungen des Bündnisses mit Österreich-Ungarn nachkommen? Bei östlicher Ausrichtung hätte England, ohne die Verletzung der belgischen Neutralität durch das Reich, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Seiten Rußlands in den Krieg eingegriffen. Bei defensiver Haltung des Reichs an der Westgrenze hätte entweder Frankreich die belgische Neutralität verletzen müssen um die Front zu vergrößern, oder sich nach Plan 17 an der deutschen Defensive eine sehr blutige Abfuhr abgeholt. Beide Szenarien - vorausgesetzt die Deutschen unterlassen es in Frankreich einzumarschieren - lassen einen englischen Kriegseintritt als unwahrscheinlich erscheinen. Bei einem Krieg zwischen Deutschland und Russland konnte England selbst in der Rolle des passiven Zuschauers doch nur gewinnen? "...Aber ein Balkankonflikt zwischen Rußland und Österreich, bei dem sich Rußland ungebeten in einen österreich-serbischen Krieg einmischte und Deutschland nur ganz indirekt beteiligt war - dafür sollte England die ganze hoffnungsvolle Entspannung mit Deutschland wieder zerstören? Unwahrscheinlich, höchst unwahrscheinlich. Schließlich war der alte Gegensatz zwischen England und Rußland gerade an dieser Stelle noch nicht bereinigt, die alte Interessensgemeinschaft zwischen England und Österreich noch nicht vergessen. England sollte einen Krieg führen, nur um womöglich am Ende Rußland ans Mittelmeer zu lassen? Nein, wenn sich die Frage stellte, durfte man es auf den Kontinentalkrieg getrost ankommen lassen, ja, man mußte es geradezu auf ihn anlegen. Eine solche Gelegenheit, England und Rußland auseinanderzubringen, kam soleicht nicht wieder..." Haffner, Die sieben Todsünden, S.29ff.

Sebastian Haffner, "Die sieben Todsünden des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg", Anaconda Verlag Köln 2014.
 
Haffner schreibt in diesem Werk auch "Blödsinn". So behauptet er allen Ernstes, die serbische Regierung sei über das Attentat entsetzt gewesen. Oder auch die serbische Regierung stünde nicht hinter den Mördern. Zumindest hat die serbische Regierung herzlich wenig getan, um die Mörder daran zu hindern, ihr blutiges Handwerk zu erledigen. Auch seine Ausführungen zur Schuldfrage sind auf Berlin fokussiert. Wien war quasi Opfer des deutschen Willens und Wollens und Peterburg und Paris kommen erst gar nicht vor. Und das in einem Buch, das schon zig Auflagen erfahren hat.
 
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