alte deutsche Schrift

Wittichis

Mitglied
Ich hätte mal eine Frage.
Bei mir daheim liegen Kadster aus 300 Jahren Familiengeschichte. Nun sind diese logischerweise nicht mit PC geschrieben...also sprich sie sind für mich als 70ig geborenen unlesbar.
Sie sind geschrieben in "deutsch", also einer Schreibschrift die unsere Großeltern noch kannten aber durch die "DEUSTCHEN" Schrift und Sprachreformen für uns nichtmehr lesbar sind.
Hat irgendwer einen Tipp ..oder weiß was...wo die heutige Schreibweise der von damals gegenüber gestellt wird!?
Danke
 
Im "Das Josephinische A.B.C. Oder Namenbüchlein In Zweyerley Schriften ..." von 1741 findest du eine Gegenüberstellung von Schreib- und Druckschrift der Zeit. Die Druckbuchstaben des 18.Jh. sind eigentlich kein Hexenwerk. Das Buch ist antiquarisch als Nachdruck in der Reiche bibliophile Taschenbücher sicherlich über ZVAB beziehbar. Dann müsstest Du Dir nur noch die Buchstaben der Currentschrift einzeln "übersetzen" und dann zusammensetzen.

Zum Teil wurde allerdings auch in französischer Schreibschrift auch Deutsches geschrieben, wie in Kirchenbüchern oder von Leuten, die Fanzösisch zu schreiben gewohnt waren. Die Französische Schrift ist der Modernen sehr ähnlich.

Ab dem 19.Jh. änderte sich die Schrift hin zu dem, was dann noch im frühen 20.Jh. gelehrt wurde. Dazu habe ich zwar nichts, sollte sich aber noch leichter ein Zugang finden lassen.
 
Und hier kannst du die Sütterlinschrift lernen:

http://www.suetterlinschrift.de/Lese/Sutterlin.htm

http://www.uni-saarland.de/~m.hahn/slp2000.htm

http://www.diaware.de/html/schrift.html

Sie sind geschrieben in "deutsch", also einer Schreibschrift die unsere Großeltern noch kannten aber durch die "DEUSTCHEN" Schrift und Sprachreformen für uns nichtmehr lesbar sind.

Na ja ich kann sie lesen, ist Übungssache.

Noch ein Vergleich:

http://www.suetterlinschrift.de/Lese/Kanzlei1.htm

Und ein Buchtipp zum erlenen der alten Schrift:

Fritz Verdenhalven
Die deutsche Schrift
The German Script
Ein Übungsbuch
 
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@ Wittichis
Wie Du im Link von Collo erkennen kannst, muss man zwischen Sütterlin und Kurrent eben doch ein bisschen unterscheiden. Deine Großeltern konnten vermutlich nicht Kurrent, aber Sütterlin schreiben. Von Fall zu Fall gibt es schon Unterschiede, aber alle Tipps sind sicherlich hilfreich.
 
Hab ich noch ein bißchen in der Schule gelernt. Der Lehrer war der Meinung, dass man dies wenigstens lesen können sollte.
Womit er recht hatte.

Vor kurzem hat ein älterer Bekannter von mir nach langem Suchen wieder eine Stelle bekommen, gesucht war jemand mit Sütterlin + PC-Kenntnissen.
Er überträgt jetzt in "Sütterlin" abgefasste Akten eines Notariats per PC in heute lesbares Deutsch.

Grüße Repo
 
Hab noch was gefunden:

http://www.kurrent.de/_html/uebungen.htm

Ein Tipp zum lesen. Nimm das Alphabet, findest du in den Links. Und dann vergleiche die Buchstaben mit einander. Mit der Zeit kannst du die alte Schrift fliessend lesen. Manchmal muss man auch einwenig raten, weil die Handschriften ja nicht immer sehr schön sind. Aber mit Übung geht es schon, braucht einwenig Geduld
 
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Das ist eine Superübung, Ursi, mit ganzen "übersetzten" Briefen zu arbeiten empfand ich auch als hilfreich. Man bekommt auch dadurch ein Gefühl dafür wie Buchstaben ausschauen können, wenn sie undeutlich geschrieben wurden. Wenn man gleich mehrere Briefe von unterschiedlichen Verfassern vergleicht, wird das Bild der möglichen Ungenauigkeiten der Schriften noch plastischer.
 
Das ist eine Superübung, Ursi, mit ganzen "übersetzten" Briefen zu arbeiten empfand ich auch als hilfreich. Man bekommt auch dadurch ein Gefühl dafür wie Buchstaben ausschauen können, wenn sie undeutlich geschrieben wurden. Wenn man gleich mehrere Briefe von unterschiedlichen Verfassern vergleicht, wird das Bild der möglichen Ungenauigkeiten der Schriften noch plastischer.


Stimmt, ist alles nur eine Frage der Übung. Man muss nur erstmal den anfänglichen Widerstand überwinden, aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen.

Und oft liest man dann schon so, wie man es ohnehin gewohnt ist: Nicht mehr Buchstabe um Buchstabe sondern den Satz als Ganzes.

Schwierig kann es jedoch dann werden, wenn es sich um Namen handelt (von Personen, Orten usw.), die man nicht so ohne weiteres aus dem Sinn erschließen kann. Oder Worte, die heute nicht mehr üblich sind (Neulich hatte ich in einem alten Text den Begriff "stipuliertes Heirathsguth"...)

Viel Spaß beim Erlernen, Wittichis!

Jacobum
 
Schwierig kann es jedoch dann werden, wenn es sich um Namen handelt (von Personen, Orten usw.), die man nicht so ohne weiteres aus dem Sinn erschließen kann. Oder Worte, die heute nicht mehr üblich sind (Neulich hatte ich in einem alten Text den Begriff "stipuliertes Heirathsguth"...)
Jacobum
"Gestatten Euer Gnaden die submisseste Belehrung,
daß eine Morgengabe wohl vom Gatten an die Gattin,
nicht jedoch von der Gattin an den Gatten
bestellt und stipuliert zu werden fähig ist" (R. Strauss/H. von Hofmannsthal "Der Rosenkavalier", 1. Akt)
SCNR ;)
 
Vor etlichen Jahren war ich in einem Freilichtmuseum bei Salzburg. In der Museumsschule waren etliche Texte in Sütterlin, im ganzen Museum gab es an jenem Tag 2 die das lesen konnten. Ein mit mir etwa gleichalter Österreicher und ich. wobei es der Ö. besser als ich beherrschte.

Deshalb jetzt meine Frage, bis wann wurde Sütterlin, oder eben die "deutsche Schrift" in den Schulen der diversen Länder gelehrt. Meine Mutter + mein Vater Jahrgänge 1903/1902 schrieben beide "Latein", etwas später hätte man in Württemberg aber einige Jahre in den Schulen nur Sütterlin gelehrt. Hat jemand nähere Infos?

Grüße Repo

Noch ein Link: http://www.aurnh.de/suetterlin.htm
 
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Deshalb jetzt meine Frage, bis wann wurde Sütterlin, oder eben die "deutsche Schrift" in den Schulen der diversen Länder gelehrt. Meine Mutter + mein Vater Jahrgänge 1903/1902 schrieben beide "Latein", etwas später hätte man in Württemberg aber einige Jahre in den Schulen nur Sütterlin gelehrt. Hat jemand nähere Infos?

Sütterlin wurde - ebenso wie auch die Frakturschrift - 1941 von den Nazis verboten.
Näheres dazu unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sütterlinschrift
und wenn auch von Interesse
http://de.wikipedia.org/wiki/Fraktur_(Schrift)
 
Offiziell gab es die Begründung, die "Schwabacher" (also die Druckschrift) sei eine "Judenschrift" ; inoffiziell war es wohl so, daß die Schrift im neu zu errichtenden "Großgermanischen Reich" wohl von zu wenigen Leuten hätte gelesen werden können und man lieber auf die "poyglottere" Antiqua umstieg.
Um aus wikipedia zu zitieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Antiqua-Fraktur-Streit )
Eine besondere Überhöhung erfuhren die Fraktur-Schriften dann im Nationalsozialismus. Nachdem sie zunächst von einigen als einzig wahre „deutsche Schrift“ propagiert worden war, wurde sie am 3. Januar 1941 mit dem folgenden, von Martin Bormann unterzeichneten Schrifterlass als angebliche „Schwabacher Judenlettern“ verboten (siehe auch Weblinks):
Rundschreiben (Nicht zur Veröffentlichung). Zu allgemeiner Beachtung teile ich im Auftrage des Führers mit: Die sogenannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen oder zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher Judenlettern. Genau wie sie sich später in den Besitz der Zeitungen setzten, setzten sich die in Deutschland ansässigen Juden bei Einführung des Buchdrucks in den Besitz der Buchdruckereien und dadurch kam es in Deutschland zu der starken Einführung der Schwabacher Judenlettern. Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, daß die Antiqua-Schrift künftig als Normal-Schrift zu bezeichnen sei. Nach und nach sollen sämtliche Druckerzeugnisse auf diese Normal-Schrift umgestellt werden. Sobald dies schulbuchmäßig möglich ist, wird in den Dorfschulen und Volksschulen nur mehr die Normal-Schrift gelehrt werden. Die Verwendung der Schwabacher Judenlettern durch Behörden wird künftig unterbleiben; Ernennungsurkunden für Beamte, Strassenschilder u. dergl. werden künftig nur mehr in Normal-Schrift gefertigt werden. Im Auftrage des Führers wird Herr Reichsleiter Amann zunächst jene Zeitungen und Zeitschriften, die bereits eine Auslandsverbreitung haben, oder deren Auslandsverbreitung erwünscht ist, auf Normal-Schrift umstellen. gez. M. Bormann. Verteiler:
Reichsleiter,
Gauleiter,
Verbändeführer.
Am 13. Januar leitete Hans Heinrich Lammers diesen Beschluss an die obersten Reichsbehörden weiter, allerdings mit einer etwas anderen Begründung, nämlich dass „die Verwendung der fälschlicherweise als gotische Schrift bezeichneten Schriftzeichen den deutschen Interessen im In- und Auslande schade, weil Ausländer, die die deutsche Sprache beherrschen, diese Schrift meist nicht lesen können“.
Als Motiv für diesen radikalen Sinneswandel wurde vermutet, dass die Antiqua in den besetzten Gebieten besser lesbar sein würde, da die Frakturschriften außerhalb des deutschen Sprachraums nur noch wenig bekannt waren. Gegen diese Hypothese spricht, dass die Nationalsozialisten auch zuvor schon Bücher, Zeitungen und sonstige Texte, die für das Ausland bestimmt waren, in Antiqua gedruckt hatten; so hätte man auch alle Drucksachen für die besetzten Gebiete in Antiqua drucken können. Eine Notwendigkeit, den Schriftgebrauch im deutschsprachigen Raum zu ändern, ergibt sich daraus nicht.
Es liegt näher, den Grund für das Verbot bei Adolf Hitler zu suchen, der offenbar eine Abneigung gegen die Fraktur hatte. Auf dem Reichsparteitag von 1934 erklärte er:
„Eure vermeintliche gotische Verinnerlichung passt schlecht in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas und Beton, von Frauenschönheit und Männerkraft, von hochgehobenem Haupt und trotzigem Sinn … Unsere Sprache wird in hundert Jahren die europäische Sprache sein. Die Länder des Ostens, des Nordens wie des Westens werden, um sich mit uns verständigen zu können, unsere Sprache lernen. Die Voraussetzung dafür: An die Stelle der gotisch genannten Schrift tritt die Schrift, welche wir bisher die lateinische nannten…“ Durch Bormanns Erlass vom 3. Januar 1941 wurden zunächst nur die gebrochenen Druckschriften (insbesondere die Fraktur) verboten. Mit einem zweiten Rundschreiben vom 1. September 1941 wurde auch die Verwendung der deutschen Schreibschriften untersagt. Damit war auch die bis dahin übliche deutsche Kurrentschrift verboten, sowie die erst in den 1920ern eingeführte Sütterlinschrift. Seit Beginn des Schuljahres 1941/42 durfte an den deutschen Schulen nur noch die so genannte „Normalschrift“ verwendet und gelehrt werden, die bis dahin als „lateinische Schrift“ zusätzlich zur Sütterlinschrift unterrichtet worden war.
 
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Warum eigentlich?

Eigentlich hätte man der völkischen Ideologie zufolge der "deutschen" Schrift den Vorzug vor der "lateinischen" geben müssen, oder?

Jacobum

Vielleicht konnten sie es nicht lesen :fs:

Nein im ernst, die Sütterlin-Schrift galt ab 1941 als "jüdisches Machwerk". Deshalb das Verbot.
 
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Die Nazis und die Fraktur

Die sogenannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen oder zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher Judenlettern. Genau wie sie sich später in den Besitz der Zeitungen setzten, setzten sich die in Deutschland ansässigen Juden bei Einführung des Buchdrucks in den Besitz der Buchdruckereien und dadurch kam es in Deutschland zu der starken Einführung der Schwabacher Judenlettern.

Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, dass die Antiquaschrift künftig als Normal-Schrift zu bezeichnen sei.
...
Obersalzberg, den 3.1.41


http://home.arcor.de/lutz.schweizer/schrifterlass.html
 
Also das Ende von Sütterlin ist klar. September 1941.
Andererseits, wir haben ja eine Föderalstrujtur im schulischen Bereich auch in der Nazizeit. Hmmmmmmmmmm
Nun habe ich aus Freude meine ältere Schwester Jg. 1930 gefragt. Grundschule Latein und Sütterlin. Gymnasium nur noch Latein, aber das müsste ja gerade 1941 gewesen sein. Ältere Schwester Jg 27, geht nur der Anrufbeantworter ran.
OK Ende war 1941
Aber der Beginn?
Auch mein Grossvater Jg. 1874 schrieb Latein, habe ich gerade mal nachgesehen. Großmutters Postkartensammlung, ca. 1890 bis ca. 1925, nix. alles Latein! im alten Württemberg schrieb kein Mensch "Deutsche Schrift".

Also in Württemberg wurde Sütterlin irgendwann zwischen 1915 und 1922 eingeführt. Vorher ausschließlich Latein.
Wie war es in den anderen Ländern des Reichs?
In Österreich wurde ja anscheinend auch zeitweilig Sütterlin geschrieben. (Siehe Salzburg) Von wann bis wann?
Wie war es in der Schweiz?
Hat Jemand Infos?

Noch etwas zur Abschaffung, man darf den Modernisierungsschub, den die Nazis zweifellos auf etlichen Gebieten brachten, nicht unterschätzen! Die breite Zustimmung die sie sich innert 5 Jahren einholten, geht auch darauf zurück.

Grüße Repo
 
... mein Grossvater Jg. 1874 schrieb Latein, habe ich gerade mal nachgesehen. Großmutters Postkartensammlung, ca. 1890 bis ca. 1925, nix. alles Latein! im alten Württemberg schrieb kein Mensch "Deutsche Schrift".

Also in Württemberg wurde Sütterlin irgendwann zwischen 1915 und 1922 eingeführt. Vorher ausschließlich Latein.
Wie war es in den anderen Ländern des Reichs?

Sütterlin wurde erst 1911 als Schreibschrift bzw. Schulausgangsschrift in Preußen entwickelt; dort wurde sie übrigens auch ab 1915 eingeführt.
Anm.: Das steht übrigens auch in dem Wiki Artikel zur Sütterlinschrift, den ich weiter oben verlinkt hatte...
Ich vermute, dies wird im Deutschen Reich demnach überall ab 1915 Usus gewesen sein.

Noch etwas zur Abschaffung, man darf den Modernisierungsschub, den die Nazis zweifellos auf etlichen Gebieten brachten, nicht unterschätzen! Die breite Zustimmung die sie sich innert 5 Jahren einholten, geht auch darauf zurück.

Dazu zitiere ich meinen Deutschlehrer der Abiturstufe (Wichtig: EOS in der DDR; und der Mann war ein überzeugter SED Genosse!):
"Diese deutsche Schrift (er meinte Sütterlin - Anm. von mir) erforderte ein hohes Maß an technischer Versiertheit des Schreibens. Beherrschte man dies, sah sie natürlich aus wie gestochen; beherrschte man dies aber nicht, war das Schriftbild jämmerlich - eine Schrift eben für 'Schönschreiber'. Die Nazis schafften sie dann während des Krieges ab - das war eine der wenigen positiven Leistungen von ihnen..."
 
Auch mein Grossvater Jg. 1874 schrieb Latein, habe ich gerade mal nachgesehen. Großmutters Postkartensammlung, ca. 1890 bis ca. 1925, nix. alles Latein! im alten Württemberg schrieb kein Mensch "Deutsche Schrift".

Also in Württemberg wurde Sütterlin irgendwann zwischen 1915 und 1922 eingeführt. Vorher ausschließlich Latein.

Das kann ich nicht bestätigen. Ich kenne eine Reihe von amtlichen und geschäftlichen Schriftstücken aus der Zeit um 1900 (auch württembergischer Herkunft), die ein anderes Bild ergeben: Fast alles ist in deutscher Kurrentschrift; Latein spielt eine bescheidene Rolle.
 
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