Andreas Hofer-Held oder Rebell?

Tidal Kraken

Neues Mitglied
Andreas Hofer - Wikipedia

Andreas Hofer wird in Tirol als Volksheld angesehen, doch es gibt einige Hinweise darauf, dass er keineswegs ein starker Führer, sondern eine entscheidungsschwacher Alkoholiker, der kein taktisches Feingefühl hatte.

Was haltet ihr davon?

MFG Tidal
 
doch es gibt einige Hinweise darauf
Bevor man das überhaupt vernünftig diskutieren kann: Welche Hinweise sollen das sein?

dass er keineswegs ein starker Führer, sondern eine entscheidungsschwacher Alkoholiker
Das ist KEIN Gegensatz.
Ein starker Führer ist einer, der von den Leuten respektiert wird, dem sie folgen und dessen Entscheidungen sie gehorchen.
Das war bei Hofer eindeutig der Fall.
Ob ihm diese Entscheidungen leicht gefallen sind - das ist eine ganz andere Frage.
Und "Alkoholiker" nach Maßstäben moderner Sozialpolitiker ist in Tirol damals wie heute fast jeder ...

der kein taktisches Feingefühl hatte.
Und hier braucht man nun wirklich Belege.
Erste Annahme ist wohl, daß jemand taktisch gut ist, wenn er immer wieder trotz Unterzahl gewonnen hat.
Wenn man diese Annahme widerlegen will, muß man Details bringen.
 
@Mercy:
Schon richtig, daß auch der Fremdenverkehr etwas mit Hofer Reklame macht.
Aber das ist nebensächlich.

Die meisten Touristen kennen den Namen nicht und lassen sich deswegen auch nicht damit anlocken.
Während umgekehrt die Tiroler ihren Helden schon sehr wichtig genommen haben, als es noch keinen Fremdenverkehr gab. Seit der Landesteilung ist seine Bedeutung als gemeinsames Symbol wohl eher noch gestiegen.
 
Interessant dazu sicher auch die Betrachtung "Andreas Hofer in der Literatur", die angibt das selbst in der Literatur Hofer facettenreich und jweeils in einem eigenen Bild dargestellt wird, das sich der jeweilige Schriftsteller von ihm macht. Andreas Hofer in der deutschen Literatur

Man schmeisse alles zusammen, mische gut, nehme die Hälfte davon weg und wird vielleicht in die Nähe der Wahrheit Kern kommen.
 
Die Bedeutung lag wohl in erster Linie darin, daß es ihm als Führer einer Volksmiliz , also von nach damaligem Verständnis militärisch eher geringwertig angesehenen Verbänden als einem der ersten gelang, napoleonische und bayrische Heere wiederholt zu schlagen.
Weder die hochgedrillte preußische Armee noch die Russen oder reguläre habsburgische Verbände hatten das bis dahin in dieser Deutlichkeit fertig gebracht.
 
Nun ja, die bayrischen und französischen Truppen in Tirol werden nicht gerade die Elite dargestellt haben... Seine Kaisergarde brauchte Napoleon woanders.
 
Zuletzt bearbeitet:
Andreas Hofer war nicht der einzige Anführer damals, nur das die Namen und Handlungen der anderen heute nicht mehr beachtet werden oder das sie nur noch als bloße Untergebene von Hofer betrachtet werden wie beispielsweise Peter Mayr, Martin Theimer und Josef Speckbacher.

Insbesondere was das taktische, die militärische Seite an sich angeht, war insbesondere der Speckbacher der eigentliche Könner bei den Aufständischen.

Wenig bekannt ist auch, daß es Einfälle der Tiroler nach Bayern hinein gab, einige Angriffe von Tirolern reichten erstaunlich weit nach Norden in das Bayerische Gebiet hinein.

Was bei Andreas Hofer meiner Ansicht nach wenig Beachtung findet ist die stark religiöse Seite seines Denkens. Nach modernen Maßstäben war ein religiöser Fanatiker. In dem von ihm kontrollierten Gebieten wurden die Gebote der katholischen Kirche mit äußerster Strenge durchgesetzt bis dahin das Impfungen verboten wurden weil sie ein Eingriff in Gottes Wirken seien.

Man muß das allerdings im damaligen Umfeld sehen und Tirol war einfach damals von Grund auf tief religiös was die Volkskultur anging. Hofer war damit nur ein typischer Tiroler jener Zeit.

Ob Andreas Hofer ein Held war? Diese Frage stellt sich gar nicht, schon für seine Zeitgenossen war er ein Held und ob jemand dergleichen ist entscheidet das Urteil der Menge. Und heute ist der Hofer Ander immer noch in Tirol die Figur schlechthin.
 
Natürlich IST Andreas Hofer ein Held. Er hat einen glanzvollen Volkskampf gegen fremde Invasoren - Erzfeinde gar! - geführt, ist durch Verrat gefangen, durch Bosheit zum Tode verurteilt worden und als Märtyrer für eine gute Sache gestorben.

Natürlich ist Andreas Hofer ein thumber Bauer, ungebildet, konnte gewiss nicht lesen, schießt mit einer Bande gewissenloser Verbrecher aus dem Hinterhalt auf brave reguläre Truppen, mordet, plündert und stiehlt und begeht allerhand Verbrechen gegen das Kriegsrecht. Ein Held? Nein, ein Mörder und Aufrührer, den nach fairer Verhandlung sein gerechtes Schicksal ereilt hat, den anderen zur Mahnung.

Es kommt halt jeweils auf die besonderen Umstände an, die man mit der jeweiligen Person verbindet. Man erinnere sich an einen Winston Churchill: In UK ist er der "Blut, Schweiß und Tränen"-MP, der das Land erfolgreich durch die dunkle Zeit des Zweiten Weltkrieges geführt hat. In Neuseeland und Australien erinnert man sich an den Schwätzer, der das Galipoli-Disaster vom Zaun gebrochen hat. In der deutschen Propaganda wurde er als verbrecherischer Säufer und Bettnässer verunglimpft. Heute delektiert man sich daran, dass er ein fauler Schulversager war. Trotzdem hat er einen Literaturnobelpreis und war begeisterter Hobbygärtner. Was ist falsch, was ist richtig? Wo liegt nun die "Wahrheit"?

Dass also antifranzösische Freiheitskämpfer sich eine Symbolfigur suchen, ist klar. In Spanien führten vorrangig Banden von vogelfreien und gesetzlosen feigen Wegelagerern den Freiheitskampf gegen die Invasoren, die mit Soldaten (und z. T. eigenen Zivilisten), die ihnen in die Hände fielen, nicht gerade zimperlich umgingen. Kriegsverbrecher? Jeder Angehörige der napoleonischen Armeen sagen ja, viele Spanier nein. Ebenso die Bauern, die die Etappe der Grande Armée in Rußland verwüsteten. Diebe und Mörder die aus dem Hinterhalt kriegsvölkerrechtlich sauber agierende reguläre Truppen überfielen und in Jauchegruben ersäuften und die weder für Demokratie, noch für Freiheit, sondern für ihr rückständiges, menschenverachtendes Zarentum und für eine alte Greisin, das Mütterchen Rußland kämpften. Der charismatischste aller britischen Admiräle, Lord Nelson, wird in Italien als Kriegsverbrecher gesucht. Dito der perfide und heimtückische karthagische Brigant Hannibal, der am Trasimenischen See eine Gruppe römischer Sportler, die sich auf einem Ausflug befanden, anfiel, niedermetzelte und ihrer persönlichen Habseligkeiten beraubte.

Schönheit oder Häßlichkeit liegen eben immer im Auge des Betrachters.

*Dieses Posting kann Spuren von Ironie und Zynismus enthalten.*
 
Ich sitze gerade im Kurs über Napoleon und wir haben gerade ein Referat über Andreas Hofer. Jetzt hab ich mir die Frage gestellt wie Andreas Hofer in der NS - Zeit dargestellt wurde...weiß wer was genaueres???
 
Ich sitze gerade im Kurs über Napoleon und wir haben gerade ein Referat über Andreas Hofer. Jetzt hab ich mir die Frage gestellt wie Andreas Hofer in der NS - Zeit dargestellt wurde...weiß wer was genaueres???

Freiheitskampf: Ein Held für jeden Anlass | Politik | ZEIT ONLINE

Daraus:

Von 1933 an versuchten auch die Austrofaschisten den Volkshelden zur Symbolfigur für die Eigenstaatlichkeit des geschrumpften Österreichs zu erheben. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, ein Tiroler, verkitschte Hofer zu einem christlichen Märtyrer, der Gott und Heimat bis zu seinem letzten Atemzug gegen die »gottlosen Schergen der französischen Revolution« verteidigt und ganz wie Engelbert Dollfuß »für Gott und Vaterland« sein Leben gelassen habe.

Dieses Heldenbild rief schnell Konkurrenz auf den Plan. Im Frühjahr 1938 bedienten sich sowohl Austrofaschisten als auch Nationalsozialisten des Volkshelden, um einerseits für ein Unabhängigkeitsplebiszit und andererseits für den Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland zu werben. In beiden Fällen musste das berühmteste Hofer-Zitat herhalten: »Mander ’s isch Zeit!« Ohrenzeugen für dieses geflügelte Wort sind zwar nicht nachweisbar, dennoch ist der Appell bis heute ein goldenes Zitat aus dem tiefsten Herzen Österreichs.

Der NS-Gauleiter Franz Hofer sah in Andreas Hofer hingegen einen Pionier des Nationalsozialismus. »Mit der Heimholung Österreichs ins Reich aller Deutschen hat allein die große Sehnsucht Andreas Hofers ihre Erfüllung gefunden«, verkündete er in einer Rede am Bergisel 130 Jahre nach den verlustreichen Schlachten.

Diese sollte noch aufgestellt werden: 39. SS-Gebirgsdivision „Andreas Hofer“ Dazu kam es aber nicht mehr
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sitze gerade im Kurs über Napoleon und wir haben gerade ein Referat über Andreas Hofer. Jetzt hab ich mir die Frage gestellt wie Andreas Hofer in der NS - Zeit dargestellt wurde...weiß wer was genaueres???
Hast Du mal den Film mit Luis Trenker "Der Rebell" gesehen? Hierin wird der Kampf der Tiroler enorm glorifiziert, am Ende marschieren die Geister der toten Tiroler mit wehenden Fahnen gen Himmel.
Kein Wunder, dass Goebbels 1933 notierte:
„Abends Film. Luis Trenker ,Der Rebell. Die Spitzenleistung. Ein nationalistischer Aufbruch. Ganz große Massenszenen . . . Hitler ist Feuer und Fett.“.
Luis Trenker ? Wikipedia

Es geht in diesem propagandistischen Film nicht direkt um Andreas Hofer, aber die Tiroler werden insgesamt als herorische Gestalten und wahre Vorbilder dargestellt und natürlich die Franzosen als Bösewichte in einem klaren Schwarz/Weiß Schema abgestempelt.

Ich glaube "Peter Mayr, der Wirt an der Mahr" von Peter Rosegger, zwar von 1891, aber auch schon mit antisemitischen, chauvinistischen Zügen, erfreute sich auch einiger Beliebtheit. Es schildert auch den Kampf der Tiroler, fokusiert sich allerdings auf den Wirt Peter Mayr, eine historische Figur.
 
Ich sitze gerade im Kurs über Napoleon und wir haben gerade ein Referat über Andreas Hofer. Jetzt hab ich mir die Frage gestellt wie Andreas Hofer in der NS - Zeit dargestellt wurde...weiß wer was genaueres???
Da lohnt ein Blick in den "Nazi-Meyer" [1]:
"H. war das Vorbild eines deutschen Mannes, der damals mit den Seinen allein Freiheit und Ehre mit letztem Einsatz verteidigte und damit den übrigen dt. Stämmen und ihren Fürsten ein ... Beispiel gegeben hat." Als Person war ein "mannhaft", "arglos" und "gutgläubig".

[1] Meyers Lexikon. 8. Aufl. Bd. 5 (1938), Sp. 1311 f.
 
Vielleicht noch ergänzend:
Hauptsächlich hat der Andreas Hofer gegen die "deutschen Brüder" aus dem Land der Bayern gekämpft.
Was zu NS-Zeiten auch nicht so sehr betont wurde.:scheinheilig:

Wird meist vergessen:
Die Vorarlberger haben sich dem Tiroler Aufstand angeschlossen.
Sie sind bis in die Gegend von Wangen/Allg. vorgestossen, haben Konstanz und Buchhorn (Friedrichshafen) geplündert. Lindau belagert.
Gegen sie standen Württemberger, die hier den facettenreichsten Feldzug der württ. Kriegsgeschichte führten. (Land- Gebirgs- Seekrieg:))
Der Führer der Vorarlberger, Dr. Schneider, hat sich schließlich den Württembergern ergeben, die ihn vor Bonapartistischer Rache schützten.
Was ihm das Leben rettete, und die Vorarlberger um den erschossenen Freiheitshelden brachte.
 
Auch zur Ergänzung:

In der Napoleon-Biografie von Philipp Bouhler, zur NS-Zeit kein Unbekannter:

Philipp Bouhler ? Wikipedia

findet Andreas Hofer 2 Mal statt, einmal im Text:

"Auch die Bayern setzten sich in erbitterten Kämpfen mit den Tiroler Bauern, die von dem Sandwirt Andreas Hofer und von Speckbacher immer von neuem zum Freiheitskampf um die Heimat aufgerufen wurden, wieder in den Besitz Tirols. [1]

und einmal in den Anmerkungen:

"Da sich die Tiroler der Abtretung ihres Landes an die Franzosen nicht fügen wollten, schritt Napoleon von neuem zur gewaltsamen Eroberung. Mit bayrischen, französischen und italienischen Truppen rückte Marschall Lefèvbre in Tirol ein und besetzte am 30. Juli Innsbruck. Andreas Hofer aber gab den Kampf noch immer nicht verloren. Mit Speckbacher und Haspinger entfesselte er von neuem den Sturm. Noch einmal drangen die Tiroler auf der ganzen Linie siegreich vor. Endlich aber mussten sie der Übermacht weichen. Andreas Hofer musste fliehen und fiel im Januar 1810 durch den Verrat Raffls in die Hände der feindlichen Soldaten. Er wurde in Mantua von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und am 20. Februar erschossen." [2]

Grüße
excideuil

[1] Bouhler, Philipp: „Napoleon – Kometenbahn eines Genies“, Verlag Georg D.W. Callway, München, 1943, Seite 177
[2] [1] Seite 188
 
Wir haben das Thema noch in der Stunde auch besprochen...und unser Prof meinte, dass in der NS - Zeit besonders auch das Thema der Religion, welches ja für Hofer der Antrieb war, unter den Tisch fallen gelassen...
Auch wird der Sandbauer noch heute als Held gefeiert, obwohl er nicht DER war, für was er heute gehalten wird.
 
...das Thema der Religion, welches ja für Hofer der Antrieb war...
...wird ganz unterschiedlich bewertet: für die einen war Hofer ein kreuzbraver Gottesmann, für andere ein religiöser Fanatiker; für die einen ist das Motiv ausschlaggebend, für andere vernachlässigbar.

Wie immer hängt viel vom "Interesse" ab. In einem in der DDR erschienenen Werk ist auch vom Widerstand gegen Steuerpflichten und Geldentwertung die Rede [1], aber es fehlt auch nicht der Hinweis auf den "patriotisch und zugleich religiös motivierten Widerstandsgeist" der Tiroler, "der die herkömmliche Kirchenverfassung [!] verteidigte und Tirols Rückkehr zu Österreich anstrebte."

Ein ausgewogene Bewertung, zugleich eine "Arbeit am Mythos" ist dieses Buch: Andreas Hofer: seine Zeit - sein ... - Google Books


[1] Schmidt u.a.: Die bürgerliche Umwälzung von 1789 bis 1871, S. 96
 
Wir haben das Thema noch in der Stunde auch besprochen...und unser Prof meinte, dass in der NS - Zeit besonders auch das Thema der Religion, welches ja für Hofer der Antrieb war, unter den Tisch fallen gelassen...
Auch wird der Sandbauer noch heute als Held gefeiert, obwohl er nicht DER war, für was er heute gehalten wird.


Au, Vorsicht!

Sandwirt! nicht Sandbauer
 
Zurück
Oben