Arminius = Siegfried ?

Übrigens: Es gibt eine Abbildung von Richard Löwenherz in einer Handschrift. Da ist ein kleines Kreuzchen auf dem Mantel gemalt. Das bedeutet, er ist Kreuzfahrer und keine Zielscheibe.
 
Langer Rede kurzer Sinn: Es fehlen der Siegfried = Arminius-Theorie die stichhaltigen Argumente, da wird mir zu viel mit irgendwelchen Analogien gearbeitet. Ich finde es nicht so arg zwingend, dass es sich ausgerechnet beim Hildesheimer Schatz um den Drachenhort handeln soll - bei zahlreichen Funden römischer Luxusgüter im freien Germanien, wenn er auch der bedeutendste Fund seiner Art sein mag. Auf solch wackligen Füßen steht aber die Theorie. Sie wird auch nicht beweisbar sein. Man könnte vielleicht grad noch den Lindwurm mit den Römern an sich vergleichen (was ich auch schon für falsch halte), aber wie in Gottes Namen will man denn beweisen, dass ein direkter Weg von den Legionen des Varus zum Siegfried-Drachen führt.
 
Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß der Lindwurm eine Metapher für den römischen Heereszug, der sich ja über mehrere Kilometer erstreckte, sein kann. Wie hier schon erwähnt, gaben die Germanen ihre Heldentaten nur mündlich weiter und man brauchte Stichwörter oder ähnliches, um die die Geschichte herum aufgebaut wurde. Und für so etwas kann man durchaus Metaphern benutzen, so braucht man nicht lang und umständlich erklären, was denn ein römisches Heer ist und wie es aussieht. Allerdings wird bei so einer Tradierung die Geschichte natürlich über die Jahre, Jahrzehnte, und Jahrhunderte verfremdet - es tritt der Stille Post Effekt ein und man kann den Ursprung nicht mehr zurückverfolgen bzw. er ist nicht mehr ohne weiteres zu erkennen.

Wie hier auch schon erwähnt, besteht das Nibelungenlied aus zwei Teilen. Der erste würde, wenn wir annehmen, daß es die Varusschlacht darstellt, im Jahre 9 n. Chr. spielen, der zweite erst zur Völkerwanderungszeit, als die Hunnen das Römische Reich bedrohten, wenn denn angenommen wird, das Etzel = Attila ist. Es sind also zwei Sagen in eine gepackt worden, was sicherlich auch seine Ursache in der mündlichen Tradierung hat. Damals hat sich sicherlich niemand Gedanken gemacht, wie alt die Geschichte ist, die vorgetragen wird, wann sie genau stattfand. War wahrscheinlich für die damaligen Leute eh' sehr unwichtig. Die Vergangenheit war Vergangenheit, egal wieviele Generationen vorher die Ereignisse stattgefunden haben.
 
Ich halte wenig von der Gleichsetzung "Arminius = Siegfried", denn keine Aussage aus Edda oder Nibelungenlied trift zu.

Der Schauplatz des Geschehens liegt am Rhein, Siegfried stammt vom Niederrhein und ist vermutlich Franke, der Hort wird von Hagen im Rhein versenkt, die Story spielt zur Völkerwanderungszeit. Alles, was davon abweicht, durch "Metaphern" zu erklären, geht mir doch etwas weit.

Viel eher könnte ich mich mit der Spekulation anfreunden, dass der fränkische König Sigibert I., der im Jahr 575 ermordet wurde, und seine Gemahlin Brunhild mit dem Sagengeschehen verknüpft sind, wobei der Streit der Todfeindinnen Brunhild und Fredegunde einen der Sagenkerne abgegeben haben könnte, was später mit Motiven der Völkerwanderung - Vernichtung der Burgunder am Rhein durch die Hunnen im Jahr 436 - verschmolzen wurde.
 
Die Nibelungensage passt doch wirklich nicht in die Zeit des Prinzipats,
eindeutig aber in die Zeit der Völkerwnderung.
Und Siegfried könnte man eher an Aetius fest machen, aber hierzu wurde bereits
schon viel geschrieben...
 
Octavianus schrieb:
Und Siegfried könnte man eher an Aetius fest machen, aber hierzu wurde bereits
schon viel geschrieben...
Das würde mich jetzt interessieren. Zwischen Siegfried und Aetius kann ich keine Zusammenhänge erkennen. Mich erinnert Siegfried am ehesten an die Sagengestalt Sigurd (auch ein Drachentöter, der wenn ich mich recht erinnere auch was mit Brunhilde hatte)
 
Hallo Themistokles,

wenn man sich auf derartige Spekulationen einlässt, so liegt die Verbindung Aetius-Siegfried auf der Hand.

Aetius war es, der die Burgunder um 406 n. Chr. als römische Föderaten in der Region um Worms und Mainz ansiedelte. Den Versuch König Gundahars, die römische Provinz Belgien zu erobern, beantwortete er mit der dem Nibelungenlied zugrunde liegenden Vernichtung ihres Reichs durch Hunnen, die er im Jahr 436 zu ihrem Raubzug ermutigte.

Wenn man in diese historisch verbürgten Abläufe nun den sagenhaften Siegfried einwebt, der ja mit dem Burgunderreich um Worms eng verknüpft ist, so kommt man auf die fiktive Begegnung Aetius-Siegfried.

Mit dem Hinweis zu Sigurd hast du übrigens völlig recht! An mehreren Stellen der Edda tritt er auf (z.B. Sigurdharkvida Fafnisbana, Fafnismal, Sigrdifumal usw.) und ist identisch mit unserem Siegfried.
 
Dieter schrieb:
Den Versuch König Gundahars, die römische Provinz Belgien zu erobern, beantwortete er mit der dem Nibelungenlied zugrunde liegenden Vernichtung ihres Reichs durch Hunnen, die er im Jahr 436 zu ihrem Raubzug ermutigte.
Siegfried war aber schon längere Zeit tot als die Hunnen die Burgunder vernichteten. da käme mir eher die Idee Aetius und Etzel in Verbindung zu setzen. Da hat man auch eine gewisse Namensähnlickeit.
 
Na ja, Etzel ist mit hoher Plausibilität in der Regel mit Attila gleichgesetzt. Was den Siegfried betrifft, bin ich durchaus der Meinung, dass er eigentlich eine ältere Sagenfigur ist, die in den Nibelungenkonflikt eingebaut wurde... aber halt nicht Arminius.
 
Ich bin durchaus der Meinung, dass Siegfried eine Gestalt der Völkerwanderungszeit ist, denn historische Kerne in der Edda und im Nibelungenlied deuten darauf hin. Warum sollte nicht ein junger Schlagetot namens Siegfried aus dem Frankenland gekommen sein und den burgundischen Königshof am Rhein kräftig aufgemischt haben?

Allerdings setzen sich solche Helden- und Sagengestalten meist aus mehreren historischen Figuren zusammen und erreichen erst im Lauf der Jahrhunderte ihre mythischen Qualitäten. Auf jeden Fall ist der heidnische Sigurd/Siegfried der nordischen Edda erheblich archaischer als der höfische Siegfried des Nibelungenlieds und zudem stark mit der germanischen Götterwelt verknüpft, was dem Nibelungenlied-Siegfried gänzlich fehlt.

Identitäten Siegfried-Aetius oder Siegfried-Arminius kann man meines Erachtens ausschalten, denn - wie schon oben gesagt - verbergen sich hinter dieser Sagengestalt vermutlich mehrere Figuren, sofern das ganze nicht überhaupt fiktiv ist. An völlige Fiktion glaube ich freilich nicht, da man sowohl in der Edda als auch im Nibelungenlied immer wieder auf verbürgte historische Fakten trifft, auch wenn Zeiten und Räume oft widersprüchlich auseinanderklaffen.
 
Dieter schrieb:
. An völlige Fiktion glaube ich freilich nicht, da man sowohl in der Edda als auch im Nibelungenlied immer wieder auf verbürgte historische Fakten trifft, auch wenn Zeiten und Räume oft widersprüchlich auseinanderklaffen.

Es gibt ein interessantes Buch "Die Nibelungen zogen nordwärts" von Heinz Ritter-Schaumburg. Er zieht nicht nur das Nibelungenlied, sondern auch die Thidreksaga in den Vergleich, da sie dieselben Begebenheiten beschreiben. Aber die Thidreksaga schildert sie auf andere Art, in anderer Umwelt und Örtlichkeit und mit abgewandelten Namen.
Ritter-Schaumburg vergleicht Beschreibungen aus der Thidreksaga mit örtlichen Begebenheiten. Zwar kommt er zu einer eigenen Ansicht, die nicht jeder teilt....aber es gibt interessante Punkte, die schon detektivisches Gedankengut voraussetzt. So kommt er zum Schluß, daß die Thidreksaga in ihrer Erzählung genau, sachkundig, geographisch und technisch genau sei und die Verhältnisse aus früheren Zeiten richtig beschreibt.
Beispiele :
Die Geschichte vom Wieland dem Schmied, der in der Schwertschmiedung einige Besonderheiten darstellte (Metallspäne für die Gänse, durch den Stickstoff und Kohlenstoff im Kot wurde eine beträchtliche zusätzliche Härtesteigerung des Metalls erreicht).

Oder der Bericht, daß die Nibelungen an der Donau (die Thidreksaga sprach hier von der Duna bzw. Dyna, die als Donau gedeutet wurde) waren, die in den Rhein floß... Normalerweise völliger Blödsinn....aber Ritter-Schaumburg entdeckt in einem alten Buch über Fluß- und Geländenamen, daß es einst einen Nebenfluß des Rheins gab, der Dhün (früher Dune) hieß und einen selbständigen Einmündung in den Rhein besaß. 1840 hat man die Dhün in die Wupper umgeleitet.

Ritter-Schaumburg bezeichnet die Thidreksaga noch als ganz heidnisch, die nur wenige christlich eingeflochtene Elemente beinhaltete. Es gibt in ihr noch die alten Ortsnamenbestände, die nicht in Norwegen aufgenommen worden sind, sondern aus Niederdeutschland mitgebracht wurden.
Als die älteste Thidreksaga-Handschrift wird noch heute in der Stockholm aufbewahrt und als MEMBRANE bezeichnet wird. Die Entstehung wird für ca. 1260 angenommen. Es werden aber noch viel ältere Schriften angenommen, die aber nicht überliefert worden sind. Die Membrane soll das letzte sichtbare Exemplar sein.

Ritter-Schaumburg erwähnt, daß Sigfrids Vater Sigmund König im Tarlungaland war, das jenseits des Teutoburger Waldes gen Osten lag. Leider erwähnt er die Gegend um den Harz (Halberstadt) :rolleyes: , das hat wohl einen gewissen Herrn aus der Gegend zu seinen wilden Varusschlachttheorien ermutigt? =) .... :grübel:
Sigfrid stammt somit nicht vom Rhein und hat nichts mit Xanten zu tun. Er wurde von dem Schmied Mime (Nähe zum Harz?) aufgezogen.
Ritter-Schaumburg geht nicht davon aus, daß Arminius der Sigfrid aus der Sage ist. Aber ganz ausschließen will er es auch nicht. Die Ereignisse (Varusschlacht) können noch Jahrhunderte später nachgewirkt haben. :grübel:

Ob in dem Buch die Phantasie mit Heinz Ritter-Schaumburg durchgegangen ist oder ob er doch die Wahrheit herausgefunden hat?....Das kann jeder so beurteilen, wie er lustig ist. ;)
 
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Besten Dank, Cherusker, für deinen interessanten und informativen Beitrag. Zwar habe ich hier eine umfangreich kommentierte Edda stehen, doch weiß ich über die von dir zitierte Thidreksaga nur wenig, abgesehen davon, dass sie das Schicksal des Dietrich von Bern behandelt, und auch Sagenstoff von Sigurd/Siegfried eingeflossen ist. Im übrigen sind die Spekulationen des von dir genannten Autors gewiss überlegenswert und ein weiterer Mosaikstein in der schier unendlichen Reihe der Siegfried-Verortungen.

Wie du schreibst, hält auch Ritter-Schaumburg eine Identität Siegfried-Arminius für eher unwahrscheinlich, was auch meine Meinung ist. Für mich ist die Figur allzu stark mit der Völkerwanderungszeit und dem Untergang des Wormser Burgunderreichs verknüpft, als dass ich sie rund 400 Jahre früher in Arminius erkennen könnte. Es lässt sich freilich nicht völlig von der Hand weisen, dass Details aus dem Leben des Arminus mit Siegfried verknüpft wurden.

Die Herkunft des Siegfried bestimmt das Nibelungenlied mit Rheinfranken und auch die Edda spricht im "Sinfiötlalok" eindeutig davon, dass der Wälsung Sigmund "König in Frankenland" und Sigurd/Siegfried sein Sohn war. Diese doch sehr konkreten und an das Burgunderreich gekoppelten Hinweise halte ich für wahrscheinlicher als andere Vermutungen - alles vor dem Hintergrund, dass unsere Diskussion ohnehin nur Spekulation ist und man höchstens von mehr oder weniger glaubwürdigen Hypothesen sprechen kann.

Einiges für sich hat meines Erachtens auch die Spekulation, dass das Schicksal des historischen Frankenkönigs Sigibert I., der sich 567 mit der westgotischen Königstochter Brunhild vermählte und im Jahr 575 ermordet wurde, in das Nibelungenepos bzw. die Edda eingeflossen ist. Der andere Zeitrahmen schließt das keineswegs aus, da Sagengestalten meist aus verschiedenen Zeiten und Personen zusammenfließen.
 
In der Edda und der Siegfriedsage stammt der Held aus Rheinfranken. Insoweit ist sicherlich davon auszugehen, dass es ein Mann der Völkerwanderungszeit war. Wie das natürlich in Verbindung mit dem Arminius der Geschichte zu bringen ist, bleibt die Frage? :confused:
 
Hallo heinz, schön, mal wieder von dir zu hören!

Wie schon bemerkt, stammt Siegfried für mich - falls es ihn jemals gab - vom Niederrhein und war wohl Franke. Das sagen Nibelungenlied und Edda ziemlich eindeutig aus. Mit Arminius hängt er meines Erachtens nicht zusammen, denn dafür sehe ich keine Anhaltspunkte, oder doch nur sehr konstruierte.
 
Dieter schrieb:
Mit Arminius hängt er meines Erachtens nicht zusammen, denn dafür sehe ich keine Anhaltspunkte, oder doch nur sehr konstruierte.

So...jetzt komme ich mit so einer konstruierten These: ;)

Ich verweise auf die "zweiteilige" Geschichte dieser Sagen. Im ersten Teil gibt es viel mystische Elemente (Lindwurm, Zwerge, Tarnkappen, usw.), während der zweite Teil sich mit den höfischen Ränkespiele der Völkerungswanderung bzw. der späteren Franken befaßt. Dort gibt es keine mystische Personen bzw. Gegenstände mehr! Also kann hier von einem älteren Teil einer Sage ausgehen, die mit einer zweiten Geschichte verbunden wurde.

In der EDDA (Ausgabe Grimm) steht doch geschrieben, daß es sich um einen Lindwurm handelt und nicht um einen Drachen (ein römischer Troß, der sich kilometerweit durch das Land zieht, gleicht der nicht einem riesigen Wurm?)
Dieser Lindwurm zieht immer auf bekannten Wegen an das Wasser (taten das nicht auch die Römer, die z.B. an der Lippe zum Rhein zogen?).
Auf diesem Weg legt sich der Held (hier Siegfried) in eine Grube um den Lindwurm zu überraschen (hat Arminius nicht auch den Varus auf seinem Weg ins Winterlager angegriffen?). Siegfried soll im Besitz einer Tarnkappe gewesen sein (war Arminius nicht auch ein römischer Ritter und wurde daher nicht von Varus und den Römern als Feind erkannt?).

Der Lindwurm kann in der EDDA sprechen und unterhält sich noch mit Siegfried (gab es nicht auch einen Austausch zwischen Varus und Arminius?). Ferner soll der Lindwurm einen Bruder gehabt haben, der eine menschliche Gestalt hatte und nicht dem Lindwurm zur Hilfe kam, ganz im Gegenteil sogar an der Verschwörung beteiligt war (hier ist der Bezug zu Arminius schon schwieriger.....da hilft nur ein Verweis auf Asprenas, der mit 2 Legionen im Gebiet der Chatten zu den Winterlagern zog. Zur gleichen Zeit befand sich Varus in der allseitsbekannten Situation. Allerdings hat Asprenas wohl nicht von dem Angriff gewußt.)
usw.

Für mich besteht die Sage aus 2Teilen. Es wurden auch später viele christliche Elemente in die Sage mit einbezogen. Die ganzen Streitereien zwischen Brunhild und Krimhild spiegeln doch nur die Machtgeflogenheiten einer späteren Zeit wieder.

Und wenn das hier so weitergeht, dann muß ich mir die Sagen doch nochmal durchlesen (das letzte Mal ist schon einige Zeit her). :p :)
 
Den "Lindwurm" der Siegfriedsage als römischen Heerzug zu interpretieren, halte ich - mit Verlaub - für an den Haaren herbeigezogen. Märchen und Sagen strotzen geradezu von Lindwürmern und Drachen, so z.B. auch die Artussage. Will man das jedesmal mit einem Tross erklären - statt mit schlichtem Sagenstoff?

Im übrigen ist der "Lindwurm" mit dem "Drachen" etymologisch identisch. Die Bezeichnung des Fabelwesens "Lindwurm" ist eine verdeutlichende Zusammensetzung. Als das alte Wort für "Schlange, Drache" = althochdeutsch "lint" (entsprechend altisländisch "linnr") unüblich und nicht mehr verstanden wurde, verdeutlichte man es mit den bekannten Wörtern "Wurm" oder "Drache" (vgl. mhd. lintwurm und linttrache).

Ob also Drache oder Lindwurm: eine Identität mit einem römischen Tross muss man in das Reich der Fantasie verweisen.

Nibelungenlied und Edda enthalten natürlich im Umkreis von Siegfried/Sigurd noch weitere Fabelwesen. Neben dem Drachen Fafnir und Zwergen wie Alberich und Mime auch die Rheinnixen, die Erdmutter Urd (Erda) usw. Soll man das nun alles mit römischen Phänomenen gleichsetzen oder - wie es gerade passt - einmal den Mythos einmal die römische Realität annehmen? Das ist mir denn doch allzu konstruiert!

Ich will dir, Cherusker, den Glauben an den arminischen Siegfried natürlich nicht nehmen, denn angesichts der nebelhaften Existenz dieser Figur ist es müßig, sich darüber zu streiten. Wir und ganze Legionen von Historikern und Germanisten werden diesen Mythos ohnehin niemals zweifelsfrei entwirren.
 
Dieter schrieb:
Den "Lindwurm" der Siegfriedsage als römischen Heerzug zu interpretieren, halte ich - mit Verlaub - für an den Haaren herbeigezogen. Märchen und Sagen strotzen geradezu von Lindwürmern und Drachen, so z.B. auch die Artussage. Will man das jedesmal mit einem Tross erklären - statt mit schlichtem Sagenstoff?

Im übrigen ist der "Lindwurm" mit dem "Drachen" etymologisch identisch. Die Bezeichnung des Fabelwesens "Lindwurm" ist eine verdeutlichende Zusammensetzung. Als das alte Wort für "Schlange, Drache" = althochdeutsch "lint" (entsprechend altisländisch "linnr") unüblich und nicht mehr verstanden wurde, verdeutlichte man es mit den bekannten Wörtern "Wurm" oder "Drache" (vgl. mhd. lintwurm und linttrache).

Ob also Drache oder Lindwurm: eine Identität mit einem römischen Tross muss man in das Reich der Fantasie verweisen.

Das stimmt, daß der Lindwurm und Drache etymologisch identisch sind. Allerdings wollte ich hier darauf hinweisen, daß der Lindwurm/Schlange mit einem Troß gleichsetzbar ist und nicht die Darstellung des Drachen, wie er auf Bildern erscheint. So kann sich der Leser ein besseres Urteil bilden.

Übrigens ist das alles nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern u.a. findet man auch eine Veröffentlichung von Otto Höfler "Siegfried, Arminius und der Nibelungenhort" (Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte, 332.Band, 1978). :fs:
Wenn man das durchliest, dann ist das alles nicht mehr "an den Haaren herbeigezogen". ;)
 
Der Wiener Germanist Otto Höfler ist ja auch der, auf den sich dieser Spiegel-Artikel bezieht, aufgrund dessen ja diese Diskussion hier losgetreten wurde.

Wenn man den Artikel aufmerksam liest, wird dort aber auch die Gegenposition genannt, die es sich nicht vorstellen kann, daß Siegfried was mit Arminius zu tun hat, namentlich der Freiburger Germanist Alois Wolf.

Wie ich hier schon früher andeutete, kann ich es mir auch durchaus vorstellen, daß der Lindwurm eine Metapher für den römischen Heereszug sein kann. Ich finde also zumindest die im Spiegel erwähnten Theorien von Herrn Höfler nicht abwegig.

@Cherusker: Weißt Du, ob es diese Veröffentlichung von Höfler auch im Internet irgendwo als Download (z.B. in Form einer pdf-Datei) gibt? Würde mich nämlich mal interessieren, das ganze Ding zu lesen und nicht nur die Zitate daraus in einem Nachrichtenmagazin.
 
Cherusker schrieb:
Allerdings wollte ich hier darauf hinweisen, daß der Lindwurm/Schlange mit einem Troß gleichsetzbar ist
Metaphern gibt es viele, daraus eine Berechtigung zu ziehen entbehrt nach wie vor jeder sicheren Zusage. So sind die prallelen Lindwurm und Heerzug bei seinem langen schmalen Körper aussterbend. Zudem wissen wir von dne Römern, dass sie meist mehrere Körper bildeten, die nebeneinander marschierten (sonst käme der Heertroß bei 3 Legionen und zivilem Anhang auch auf weit mehr als nur ein paar km).
Die Ähnlichkeiten enden also recht schnell. Natürlich kann man nun sagen: das weiß aber der einfache Mann nicht. Dem sei entgegengehalten, es ist auch höchst fraglich ob der einfache Mann etwas von Varus und Arminius wußte, oder wie man eine Metapher erkennt und interpretiert.

Von dem Menschen, der germanischen Elite sozusagen, die unmittelbar danach existierte und die im spätantiken römischen Reich die Führung übernahm ist jedenfalls nichts, aber auch kein noch so kleiner Schnippsel der sagenhaften Berichterstattung über Arminius oder Sigfried zu finden. Nachfolgende Generationen werden sich mit weitaus direkteren Problemen beschäftigt haben, und so paßt mehr oder minder der Lindwurm als Metapher für einen Heerwurm auch auf viele andere Völker.

Übrigens ist das alles nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern u.a. findet man auch eine Veröffentlichung von Otto Höfler "Siegfried, Arminius und der Nibelungenhort" (Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte, 332.Band, 1978). :fs:
Wenn man das durchliest, dann ist das alles nicht mehr "an den Haaren herbeigezogen". ;)

Was das ganze nun nicht unbedingt wissenschaftlich absegnet. Herbert Illig, der Mann mit seinen plausibel erklärten "erfundenen Jahrhunderten" ist ebenfalls Germanist, publizierte schon und findet seine Anhänger. Das macht seine Theorien darob aber nicht standfester oder zur Wahrheit.

Betrachten wir die Fülle an Literatur, die sich mit Gewyrm und Drachen in dne vergangenen Jahrhunderten beschäftigt hat, und auch schon in mittelalterlicher Zeit existierte, dann wird uns klar, dass man keineswegs gezwungener Weise nach Synonymen und versteckten Botschaften suchen muß. Es gibt geradezu naturwissenschaftliche Abhandlungen, die sich mit Würmern verschiedener Größe, Farbe und Art beschäftigen. Für uns heute kaum ein schmunzeln wert, damals fest im glauben verankert.

Letztlich muß man auch sagen, dass diese Überlegungen aus den 70ern stammen, Höfler ist schon lange verstorben.
 
Dieter schrieb:
Hallo heinz, schön, mal wieder von dir zu hören!

Wie schon bemerkt, stammt Siegfried für mich - falls es ihn jemals gab - vom Niederrhein und war wohl Franke. Das sagen Nibelungenlied und Edda ziemlich eindeutig aus. Mit Arminius hängt er meines Erachtens nicht zusammen, denn dafür sehe ich keine Anhaltspunkte, oder doch nur sehr konstruierte.

Höchstens die Vornamen der Cheruskerfürsten wie den von Siegfrieds Schwiegervater, der auch ein "Sieg" im Namen hat. :rolleyes:
 
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