Authentische Ausstattung in Spielfilmen

Was historische Korrektheit angeht, kann ich allen die Serie "ROM" von HBO ans Herz legen. Sie wurde wegen Derselben auch schon ausgezeichnet, wenn mich nicht alles täuscht. Bis auf einige Details kann ich mir wirklich sehr gut vorstellen, dass sie den Alltag im Rom zu Julius Caesars Zeiten recht authentisch nachstellt, natürlich trotz einer mitreißenden, frei erfundenen Geschichte.
Aber irgendwie müssen die Massen ja auch unterhalten werden, eine solch lange Serie zu produzieren ist wohl ein recht kostspieliges Unterfangen.

Klar, ROME hat sich ein bisschen mehr Mühe gegeben was die Gestaltung z. B. der Stadt anbelangt: enge, schmutzige Straßen, Kritzeleien an den Wänden. Die Klamotten sind im Durchschnitt viel zu verziert, die bedruckten "Army" T-Shirt-Tuniken der Legionäre von absurder Lächerlichkeit. Flatternde Wimpel über den Legionen. Nö, nö, nö.

Neulich habe ich mir einen genüßlichen Abend mit KLEOPATRA (niemand darf das spielen außer Liz Taylor) gemacht; überrascht fiel mir dabei auf, dass die Legionäre in diesem Film erstaunlich penibel denen der Traianssäule nachgebildet waren – selbst Ridley Scott verpasste seinen Grunts in Germanien komische Phantasiehelme.


Bzgl. der Waffen in Historienfilmen: da tragen die Westernhelden zu Zeiten des Amerikanischen Bürgerkriegs oft Winchester-Repetiergewehre, einfach weil man den Darstellern das mühselige Nachladen (womöglich mit, ugh, Ladestock) ersparen will. Moderne Schießgewohnheiten haben auch dazu geführt, dass Darstellungen des WW II immer mehr Maschinenpistolen und das unerläßliche Aus-der-Hüfte-Schießen zeigen.

Wer authentische Waffen und ihre Handhabe sehen will, darf eben nicht ins Kino gehen sondern muss nach Leipzig/Gettysburg/Waterloo/Xanten fahren.
 
Bzgl. der Waffen in Historienfilmen: da tragen die Westernhelden zu Zeiten des Amerikanischen Bürgerkriegs oft Winchester-Repetiergewehre,

Einer der erste Unterhebel-Repetierer war, wie oft angenommen, nicht die legendäre Winchester, sondern das Henry-Gewehr mit 16 Schuß. Beide Waffen sehen sich allerding sehr ähnlich. Seit Juli 1862 war der Henry-Repetierer für 42 Dollar käuflich zu erwerben. Während des Bürgerkrieges wurden davon ca. 8600 Stück hergestellt.
Bei Karl May heißt das Gewehr Henrystutzen.
 
Bzgl. der Waffen in Historienfilmen: da tragen die Westernhelden zu Zeiten des Amerikanischen Bürgerkriegs oft Winchester-Repetiergewehre, einfach weil man den Darstellern das mühselige Nachladen (womöglich mit, ugh, Ladestock) ersparen will. Moderne Schießgewohnheiten haben auch dazu geführt, dass Darstellungen des WW II immer mehr Maschinenpistolen und das unerläßliche Aus-der-Hüfte-Schießen zeigen.

Wer authentische Waffen und ihre Handhabe sehen will, darf eben nicht ins Kino gehen sondern muss nach Leipzig/Gettysburg/Waterloo/Xanten fahren.
Vielleicht war das bei den alten Filmen weniger attraktiv, Vorderlader mit Ladestock zu verwenden, weil dort das mit den Schnitten noch nicht so exessiv genutzt wurde wie heute. In dem Film "Piraten" habe ich den Eindruck, dass das aufwändige Nachladen als Mittel zur Spannungssteigerung - hat der Pirat/Soldat geladen bevor der Gegner mit dem Säbel/Entermesser heran ist? - verwendet wurde. Bei einigen noch neueren Filmen scheint es mir so, dass gerade der Effekt, dass diese kleine Explosion in der Pfanne vor dem Lösen des Schusses im Lauf an den Steinschlossmusketen für Schnitt und Kamera einen besonderen Reiz darstellt. Auch solche Aspekte wie die Anfälligkeit der alten Steinschlosspistolen für Aussetzer, z.B. wenn der Feuerstein schlichtweg keinen Funken schlägt, taugt eigentlich gut für Spannungsmomente (kommt einmal mindestens bei der "Hornblower"-Serie vor).

Ich frage mich bisweilen ob dieser Aspekt, dass bspw. bei Sharpe und Hornblower in den Serien immer wieder bzw. überwiegend Soldaten ohne aufgeplanzte Bajonette mit gefällten Gewehren (also so als hätten sie Bajonette drauf) angreifen, vielleicht aus der Reenactmentszene kommt, weil bspw. in den Niederlanden das Aufpflanzen von Bajonetten auf Napo-Events verboten ist.
Auch ändert die Verwendung von Replikas nichts an der Vorliebe der Filmemacher die Soldaten selbst schwere Steinschlossmusketen aus der Hüfte abschießen zu lassen (wie in "Hornblower"-"The Frogs and the Lobsters").

Ich kann mich entsinnen, dass schon vor "Barry Lyndon" in "Tom Jones" (1963) vom Zeitschnitt her passende Waffen zu sehen waren. Gibt es noch frühere Beispiele, wo darauf geachtet wurde?
 
da gerade Sharpe genannt wurde:

in einer Szene nimmt er jemandem die Pistole ab, und "klopft" sie sanft am nächsten Baum in einzelteile...
In anderen Filmen wird damit zur Not zugeschlagen -

was davon ist nun authentisch?
 
da gerade Sharpe genannt wurde:

in einer Szene nimmt er jemandem die Pistole ab, und "klopft" sie sanft am nächsten Baum in einzelteile...
In anderen Filmen wird damit zur Not zugeschlagen -

was davon ist nun authentisch?
Kommt auf das Modell an. Ein Terzerol (eher kleine Pistole) lässt sich vielleicht so kaputt schlagen. Eine schwere Reiterpistole ist schon ein massives Teil und sicher als Schlagwaffe auch verwendbar.
 
Ich werd versuchen mal nen screenshot zu machen.
Es war eine ganz normale Offizierspistole , kein sonderlich langer Lauf.
 
so ich habs gefunden. episode 14 Waterloo ab minute 54
 

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Ich frage mich bisweilen ob dieser Aspekt, dass bspw. bei Sharpe und Hornblower in den Serien immer wieder bzw. überwiegend Soldaten ohne aufgeplanzte Bajonette mit gefällten Gewehren (also so als hätten sie Bajonette drauf) angreifen, vielleicht aus der Reenactmentszene kommt, weil bspw. in den Niederlanden das Aufpflanzen von Bajonetten auf Napo-Events verboten ist.
Aus einem vergleichbaren Grund haben wohl auch die Roßstirne der Turnierpferde bei der Landshuter Hochzeit kein "Einhorn":
http://www.landshuter-hochzeit.de/fileadmin/images/medien/bildergalerie/we_I_2013/lp130630270.jpg
 
da gerade Sharpe genannt wurde:

in einer Szene nimmt er jemandem die Pistole ab, und "klopft" sie sanft am nächsten Baum in einzelteile...
In anderen Filmen wird damit zur Not zugeschlagen -

was davon ist nun authentisch?

Der Kopf der meisten Menschen ist etwas weicher als ein Baumstamm.
 
das schon, aber er schlägt ungefähr so ambitioniert zu als wollte er eine Schnecke von einem Ast schütteln.
ich vermute das die pistole nicht ganz montiert war sondern nur lose zusammengesteckt.
 
in einer Szene nimmt er jemandem die Pistole ab, und "klopft" sie sanft am nächsten Baum in einzelteile...
So eine Pistole ist sehr fest und wirklich nur mit roher Gewalt zu zerstören. Das Modell auf dem Screenshot hat sogar einen Schaft, der bis weit unter den Lauf reicht. Die Läufe sind durch einen Keil oder mehrere Stifte im Holzschaft verankert. Am Laufende gibt es das sogenannte Schwanzschraubenblatt, das zusätzlich am Schaft verschraubt ist. Da müsste schon der Schaft (Hartholz) zersplittern oder brechen.
 
Aus einem vergleichbaren Grund haben wohl auch die Roßstirne der Turnierpferde bei der Landshuter Hochzeit kein "Einhorn":
http://www.landshuter-hochzeit.de/fileadmin/images/medien/bildergalerie/we_I_2013/lp130630270.jpg
Mag schon stimmen, aber bei nem Film werden die Szenen ja eh x-mal gedreht bis sie so im Kasten sind, wie es sein soll und daher können allerhand Sicherheitsmaßregeln getroffen werden. Bei den TV-Produktionen sind ja auch seltenst mal mehr als 20-30 Leute auf einmal im Bild, die Instrukteure etc. also gleich zur Stelle, abgesehen davon, dass man auch was mit gefakten Bajonetten machen kann.
 
Im Moment läuft "Der Untergang des Röm. Reiches" auf 3sat. Die Handlung ist nicht besser als im Gladiator. Sehr gelungen ist aber der Nachbau des Forums. Da stimmen wirklich alle Gebäude mit den bekannten Rekonstruktionen überein.
 
Im Moment läuft "Der Untergang des Röm. Reiches" auf 3sat. Die Handlung ist nicht besser als im Gladiator. Sehr gelungen ist aber der Nachbau des Forums. Da stimmen wirklich alle Gebäude mit den bekannten Rekonstruktionen überein.

Ich habe den Film das erste Mal als Kind / Teenager gesehen, und ich erinnerte mich immer nur an den zweiten Teil dieses Films, wo zumindest einiges los war. Als ich den Film als Erwachsene noch einmal gesehen habe, wurde mir wenigstens klar, warum ich mich an den ersten Teil nicht mehr erinnert habe.
Weil ich ihn als Kind schlicht langweilig fand - Alec Guiness war ein großartiger Schauspieler und seine philosophischen Monologe sind ausgezeichnet sowie seine Diskussionen mit seinem Freund (James Mason) - aber als Kind bin ich dabei wahrscheinlich eingeschlafen.=)

Ich habe irgendwo gelesen, dass der Regisseur in diesem Film eigentlich Commodus als Zentralfigur gesehen hat, der es sozusagen nicht schafft, den Schatten seines Vaters zu überwinden ... (Jedenfalls war der Commodus von Christopher Plummer als Figur wesentlicher differenzierter angelegt als der Commodus bei Ridley Scott, was allerdings durch dessen Schauspieler Joaquin Phoenix wesentlich ausgeglichen wird, dem mit dieser Rolle der Durchbruch gelang. Angeblich soll ihn Johnny Cash deswegen für die Titelrolle in der Biopic über ihn ausgewählt haben ... Insgesamt aber sind aber beide Darstellungen gelungen, solange nicht die Frage nach der tatsächlichen Historizität gestellt wird.)

Mein Eindruck zum Film: Ein für die 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts typischer Monumentalstreifen, mit entsprechenden Schauwerten, einigen großartigen Schauspielern und einigen ganz guten Einfällen. Sicher nicht der beste dieser Filme, aber eindeutig unterhaltsamer als das meiste, was heute im Kino ist.

Der Vergleich mit "Gladiator" liegt nahe (und Ridley Scott bzw. seine Drehbuchautoren dürften sich einiges von dem älteren Film abgeschaut haben), aber ich würde beide Filme nicht vergleichen, da sie doch deutlich unterschiedliche Akzente haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einer meiner Lieblingsfilme aus den 1970er Jahren ist der Spielfilm "Die Duellisten" von dem Regisseur Ridley Scott aus dem Jahr 1977.
Link: Die Duellisten – Wikipedia

Der Film ist wie eine Zeitreise in die napoleonische Zeit, alles stimmt, die Darsteller, die Kamera, die Waffen, es gibt keinen Fehler in diesem Film, ein perfekter Historienfilm, ein Meisterwerk.

Man findet Ausschnitte, und auch den kompletten Film Online, sehr zu empfehlen! Sechs von sechs möglichen Sternen!

Gruß zum Wochenende

Micha
PS Ich habe den Film in den 1970er Jahren in einem Programmkino in Oldenburg erstmals gesehen. In den großen Kinos wurde der Film nicht gezeigt. Er fühlte sich an wie "Barry Lyndon" von Kubrick aus dem Jahr 1975. Ein Zeitgemälde, phantastisch fotografiert. Ich denke, die Zeit für diese "langsamen" Filme ist schon lange vorbei, sehr schade.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einer meiner Lieblingsfilme aus den 1970er Jahren ist der Spielfilm "Die Duellisten" von dem Regisseur Ridley Scott aus dem Jahr 1977.
Link: Die Duellisten – Wikipedia

Der Film ist wie eine Zeitreise in die napoleonische Zeit, alles stimmt, die Darsteller, die Kamera, die Waffen, es gibt keinen Fehler in diesem Film, ein perfekter Historienfilm, ein Meisterwerk.
Ja, komisch dass er dann später, z.B. in Gladiator, keinen Wert mehr darauf gelegt hat.
 
Vielleicht, aber es war auch eine andere Zeit in Hollywood. Vergleicht man irgendeinen Historienfilm der letzten zwanzig Jahre mit einem Film aus der Hochzeit des "Mantel-und-Degen"-Kinos, fällt meistens auf, dass die Ausstattung früher viel prächtiger war. Nicht unbedingt authentischer, aber prächtiger.
 
Vielleicht, aber es war auch eine andere Zeit in Hollywood. Vergleicht man irgendeinen Historienfilm der letzten zwanzig Jahre mit einem Film aus der Hochzeit des "Mantel-und-Degen"-Kinos, fällt meistens auf, dass die Ausstattung früher viel prächtiger war. Nicht unbedingt authentischer, aber prächtiger.
Es war einfach noch kein Mittelalterfilter drüber. Den Mittelalterfilter gibt es ja nicht nur beim Mittelalter sondern auch bei der Antike (siehe die neue "Alexander"-Serie auf Netflix mit rostigen Rüstungen, die eigentlich garnicht rosten könnten) und in der Frühen Neuzeit (Kleidung oft in Matschgrau, verschlammte Straßen etc.) oder bei Napi (da bei Scott mit Blau-, Grau oder Gelbfilter). Früher ging es darum, dass man den Aufwand bei den Stoffen etc. auch erkennt. Heute wird in so einer Dunkelheit gedreht, dass man kaum die Farben der Kleidung sehen kann. Ich denke, das kommt daher, dass man ab den 1960ern in der Filmbranche den Eindruck bekam, dass dreckig=authentisch ist.
Modernere Filme sind ja nicht persé authentischer. Manchmal bin ich überrascht wiesehr sich schon in den Anfängen der Filmgeschichte um Authenzittät bemüht wurde. Ich erinnere hier an die beiden Musketier-Verfilmungen mit Douglas Fairbanks in denen die - auch im Film erkennbare - historische Beratung von einer der Ikonen unter den Historikern dieser Zeit im Vorspann voll Stolz erwähnt wurde: Leloir.
 
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