excideuil
unvergessen
Also wenn du so argumentierst dann hat die Französische Revolution schon dreimal vorher geendet mit den Verfassungen von 1791/93/95.
Jeder hat halt seinen Teil mit eingebracht. Die NV die Rechtsgleichheit, die Jakobiner die Zentralisierung und das Direktorium den Imperialismus(um charakterisierende Beispiele zu nennen).
Nappi hat das ganze übernommen und nochmal cäsarische Mythologisierung seiner Person draufgeklatscht. Erst mit Ludwig XIII. hat das ganze geendet.
Das Ende bei 1814 anzusetzen erscheint mir durchaus legitim.
Nun, es mag ungewöhnlich klingen, meine Sicht zum Ende der Revolution läßt sich sogar an der Person Talleyrand festmachen.
1792 musste er als gemäßigter Revolutionär sich entscheiden: entweder auf dem Schafott enden oder ins Ausland ausweichen. Bekanntlich tat er sehr geschickt letzteres, hielt sich erst in England auf, wurde später ausgewiesen, verbrachte dann 2 Jahre in Amerika.
Grund für sein Exil war die Radikalisierung der Revolution, deren Gründe andere Threads zum Thema haben. Robespierre und seine Genossen hatten Ziele, die ich einmal in der Summe als den "tugendhaften Menschen" bezeichnen möchte. Diese Ziele (und die Methoden ihrer Durchsetzung) gingen über das, was die Revolution erreichen sollte hinaus. Zwangsläufig daher sein Sturz.
In der Folge wurde das Directoire eingesetzt. Dieses sollte die Ziele der Revolution gegen links (Jakobiner) und rechts (Royalisten) manifestieren.
Das Wiederaufleben des gesellschaftlichen Leben darf als sicheres, Zeichen gewertet werden, dass zur "Tagesordnung übergegangen werden konnte".
In der Zeit des Directoire wurde es möglich, dass gemäßigte Revolutionäre wie Talleyrand nach Frankreich zurückkehren konnten.
Zur Erinnerung: Der damalige Bischof von Autun hatte nicht nur die Verstaatlichung der Kirchengüter durchgesetzt, sondern auch für eine Staatsbank plädiert, an einheitlichen Maßen gearbeitet und ein zukunftweisendes Bildungssystem vorgestellt.
Nach den Jahren des Exils war er nicht nur zum politischen Staatsmann gereift, sondern auch in finanziellen und wirtschaftlichen Dingen beschlagen. (vergl. Ernst, Eberhard. Talleyrand in Amerika 1794-1796, Frankfurt am Main 2000)
Kaum wieder in Paris bringt er im Nationalinstitut zwei Vorträge zu Gehör:
"Versuch über die Vorteile der Anlegung neuer Kolonien" und
"Ueber die Handelsverhältnisse der Vereinigten Staaten zu England"
(Bulwer: Talleyrand, Leipzig und Heidelberg, 1871, Seiten 305-322)
Wenig später war der Spross eines uralten französischen Geschlechts unter Zuhilfenahme des weiblichen Geschlechts Außenminister der Französischen Republik.
Wenn aber ein Mann, der sein Ziel eines starken Frankreich in einem ausgewogenen Europa nie aus dem Auge verloren hat, der dazu als Staatsform die konstitutionelle Monarchie favorisierte, an den Hebeln der französischen Außenpolitik sitzt, kann man da noch von Revolution sprechen? Wohl kaum.
Grüße
excideuil